1972. Auf dem Höhepunkt der sexuellen Revolution kommt in den USA mit dem spektakulären Pornofilm "Deep Throat" einer der größten Kassenerfolge aller Zeiten in die Kinos. Ein Film, der weit mehr auslöste als schlüpfrige Neugier und der bewirkte, dass der Kauf einer Kinokarte für eine ganze Generation zu einem politischen und gesellschaftlichen Statement wurde. Mitten hinein in die sexuelle Befreiungs- und Bürgerrechtsbewegung platzte der Film wie ein Bombe und löste eine bis dahin ungesehene politische und gesellschaftliche Lawine aus, die die Nation teilte und deren kulturelle Auswirkungen bis heute spürbar sind. Mit einem Produktionsbudget von nur 25.000 Dollar spielte der Film weltweit 600 Millionen Dollar ein und ist damit mit Abstand der erfolgreichste Independent Film, der jemals gedreht wurde.
Heute, mehr als dreißig Jahre später, beleuchtet INSIDE DEEP THROAT die anhaltenden gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen dieses Meilensteins der Pop-Kultur. Der Film wirft gleichzeitig einen schonungslosen Blick auf die schmerzlichen menschlichen Konsequenzen und Schicksale der Protagonisten. Neben den beiden ehemaligen Hauptdarsteller Linda Lovelace und Harry Reems kommen zahlreiche Größen und Meinungsmacher wie der Star-Anwalt und O.J. Simpson-Verteidiger Alan Dershowitz, Norman Mailer, Gore Vidal, Erica Jong sowie Playboy-Legende Hugh Hefner zu Wort. Die vielschichtigen, oft auch geistreichen und witzigen Statements entfachen die brisante kulturelle Auseinandersetzung in den USA um künstlerische Freiheit und konservative moralische Werte aufs Neue und zeigen, wie wenig sich in Sachen politischer Zensur seit Nixon verändert hat.
Heute, mehr als dreißig Jahre später, beleuchtet INSIDE DEEP THROAT die anhaltenden gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen dieses Meilensteins der Pop-Kultur. Der Film wirft gleichzeitig einen schonungslosen Blick auf die schmerzlichen menschlichen Konsequenzen und Schicksale der Protagonisten. Neben den beiden ehemaligen Hauptdarsteller Linda Lovelace und Harry Reems kommen zahlreiche Größen und Meinungsmacher wie der Star-Anwalt und O.J. Simpson-Verteidiger Alan Dershowitz, Norman Mailer, Gore Vidal, Erica Jong sowie Playboy-Legende Hugh Hefner zu Wort. Die vielschichtigen, oft auch geistreichen und witzigen Statements entfachen die brisante kulturelle Auseinandersetzung in den USA um künstlerische Freiheit und konservative moralische Werte aufs Neue und zeigen, wie wenig sich in Sachen politischer Zensur seit Nixon verändert hat.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Deep Throat Special (ca. 60 Min.) - Interviews (ca. 13 Min.) - Dennis Hopper;im Synchronstudio (ca. 4 Min.) - Der Stab (Textseiten)Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.02.2005Keine Schluckbeschwerden
"Wenn sich doch bloß all die Terroristen davonmachten, statt das Justizministerium in Atem zu halten", seufzt der Strafverfolger, "dann wäre endlich mehr Zeit, gegen Pornographie vorzugehen." Larry Parrish, der in den siebziger Jahren zahlreiche Mitwirkende an dem Pornofilm "Deep Throat" vor Gericht brachte, ist ein Kreuzzügler mit Babyface, der ganz tapfer gesteht, einige Bilder des Films gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf, und der ernsthaft glaubt, die Welt wäre ein besserer Ort, hätte es diesen Film nie gegeben. Das klingt 33 Jahre nach dem legendären Porno, der erst Prominenz von Jackie Kennedy bis Truman Capote und dann die Staatsanwaltschaft ins Kino lockte, fast so absurd wie die anatomische Prämisse des Films, dessen Heldin ihre Klitoris tief im Hals, irgendwo hinter den Mandeln, hat. Und dann auch wieder nicht, wenn man bedenkt, daß in einigen amerikanischen Bundesstaaten Oralverkehr unter Eheleuten noch immer eine strafbare Handlung ist.
Die Dokumentation "Inside Deep Throat" (in der Panorama-Sektion) von Fenton Bailey und Randy Barbato versammelt ein prominentes Aufgebot, um des großen Skandals zu gedenken: Dennis Hopper als Off-Erzähler und Norman Mailer, Gore Vidal ist dabei, John Waters, Hugh Hefner, Larry Flynt und natürlich Regisseur Gerard Damiano und Hauptdarsteller Harry Reems, der damals fast für fünf Jahre im Gefängnis verschwunden wäre. Nur Linda Lovelace, die Frau ohne Schluckbeschwerden, ist bloß ein Geist auf Archivmaterial, weil sie 2002 bei einem Autounfall ums Leben kam. Es gibt viele kuriose Anekdoten und Typen, wie es sich für den erfolgreichsten Film der Kinogeschichte gehört, der rund 25 000 Dollar kostete und 600 Millionen einspielte. Die Dokumentation ist originell gemacht, sie schneidet zwischen die talking heads immer wieder lustige Ausschnitte aus amerikanischen Aufklärungsfilmen und aus "Deep Throat", und tritt solide-liberal für freie künstlerische Meinungsäußerung ein. Die feministische Kritik wird nicht vergessen, und alle freuen sich, daß der Watergate-Informant nach dem Film benannt wurde - aber der Film strengt sich nicht sonderlich an, die desaströse Ehe und den traurigen Weg der Linda Lovelace näher zu betrachten oder die trostlose Mechanik der Sexindustrie, die auch bei den Dreharbeiten zu "Deep Throat" natürlich nicht durch Spaß und Rebellion ersetzt wurde.
Statt dessen sprechen alte Männer mit ledrigen Gesichtern, die damals ihren Spaß hatten, sie erzählen sehr vage von der Mafia (die den großen Profit machte) und von ihrem Traum, daß eines Tages Porno- und Hollywoodfilme miteinander verschmelzen würden. Es ist eine amüsante Reunion von Pornoveteranen und alten Hipstern, die eigentlich Schluckbeschwerden bekommen müßten, wenn sie sich mal gefragt hätten, warum eigentlich Janet Jacksons nackte Brust eine Nation hysterisieren konnte und was das mit "Deep Throat" zu tun hat, der eher Teil eines Problems als dessen Lösung war. Und wenn man etwas über die dunkle Seite der Pornoindustrie wissen will, schaut man sich doch besser einen Spielfilm wie "Boogie Nights" an.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Wenn sich doch bloß all die Terroristen davonmachten, statt das Justizministerium in Atem zu halten", seufzt der Strafverfolger, "dann wäre endlich mehr Zeit, gegen Pornographie vorzugehen." Larry Parrish, der in den siebziger Jahren zahlreiche Mitwirkende an dem Pornofilm "Deep Throat" vor Gericht brachte, ist ein Kreuzzügler mit Babyface, der ganz tapfer gesteht, einige Bilder des Films gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf, und der ernsthaft glaubt, die Welt wäre ein besserer Ort, hätte es diesen Film nie gegeben. Das klingt 33 Jahre nach dem legendären Porno, der erst Prominenz von Jackie Kennedy bis Truman Capote und dann die Staatsanwaltschaft ins Kino lockte, fast so absurd wie die anatomische Prämisse des Films, dessen Heldin ihre Klitoris tief im Hals, irgendwo hinter den Mandeln, hat. Und dann auch wieder nicht, wenn man bedenkt, daß in einigen amerikanischen Bundesstaaten Oralverkehr unter Eheleuten noch immer eine strafbare Handlung ist.
Die Dokumentation "Inside Deep Throat" (in der Panorama-Sektion) von Fenton Bailey und Randy Barbato versammelt ein prominentes Aufgebot, um des großen Skandals zu gedenken: Dennis Hopper als Off-Erzähler und Norman Mailer, Gore Vidal ist dabei, John Waters, Hugh Hefner, Larry Flynt und natürlich Regisseur Gerard Damiano und Hauptdarsteller Harry Reems, der damals fast für fünf Jahre im Gefängnis verschwunden wäre. Nur Linda Lovelace, die Frau ohne Schluckbeschwerden, ist bloß ein Geist auf Archivmaterial, weil sie 2002 bei einem Autounfall ums Leben kam. Es gibt viele kuriose Anekdoten und Typen, wie es sich für den erfolgreichsten Film der Kinogeschichte gehört, der rund 25 000 Dollar kostete und 600 Millionen einspielte. Die Dokumentation ist originell gemacht, sie schneidet zwischen die talking heads immer wieder lustige Ausschnitte aus amerikanischen Aufklärungsfilmen und aus "Deep Throat", und tritt solide-liberal für freie künstlerische Meinungsäußerung ein. Die feministische Kritik wird nicht vergessen, und alle freuen sich, daß der Watergate-Informant nach dem Film benannt wurde - aber der Film strengt sich nicht sonderlich an, die desaströse Ehe und den traurigen Weg der Linda Lovelace näher zu betrachten oder die trostlose Mechanik der Sexindustrie, die auch bei den Dreharbeiten zu "Deep Throat" natürlich nicht durch Spaß und Rebellion ersetzt wurde.
Statt dessen sprechen alte Männer mit ledrigen Gesichtern, die damals ihren Spaß hatten, sie erzählen sehr vage von der Mafia (die den großen Profit machte) und von ihrem Traum, daß eines Tages Porno- und Hollywoodfilme miteinander verschmelzen würden. Es ist eine amüsante Reunion von Pornoveteranen und alten Hipstern, die eigentlich Schluckbeschwerden bekommen müßten, wenn sie sich mal gefragt hätten, warum eigentlich Janet Jacksons nackte Brust eine Nation hysterisieren konnte und was das mit "Deep Throat" zu tun hat, der eher Teil eines Problems als dessen Lösung war. Und wenn man etwas über die dunkle Seite der Pornoindustrie wissen will, schaut man sich doch besser einen Spielfilm wie "Boogie Nights" an.
PETER KÖRTE
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