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Bei Recherchen lernt der TV-Journalist Lowell Bergman (Al Pacino) den Wissenschaftler Wigand (Russell Crowe) kennen. Der ist gerade von seinem Arbeitgeber, einem Tabakkonzern, gefeuert worden und hat vertrauliche Informationen über die Geschäftspraktiken der Zigarettenindustrie. Bergman will ihn zu einem exklusiven Interview vor der Kamera überreden.
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DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Animiertes DVD-Menü - Interviews - Vergleich Drehbuch - Filmszene - Hintergrundinfos

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Produktbeschreibung
Bei Recherchen lernt der TV-Journalist Lowell Bergman (Al Pacino) den Wissenschaftler Wigand (Russell Crowe) kennen. Der ist gerade von seinem Arbeitgeber, einem Tabakkonzern, gefeuert worden und hat vertrauliche Informationen über die Geschäftspraktiken der Zigarettenindustrie. Bergman will ihn zu einem exklusiven Interview vor der Kamera überreden.

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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.12.1999

Respekt vor der Wahrheit
In Medienkonzernen sind Journalisten einsam: "The Insider", der neue Film von Michael Mann

NEW YORK, im Dezember.

Geschichten, die das Leben schreibt, wie man so sagt und damit schon ein gewisses Dilettantentum andeutet, sind meistens keine guten Kinogeschichten. Oft fehlt ihnen die Pointe, fast immer der Held. Auch tröpfelt das Leben gemeinhin lange Zeit einfach vor sich hin, ohne dass dabei narrativ oder auch visuell Nennenswertes herauskäme. Wenn es also um wahre Geschichten geht, gibt's für den Filmregisseur nur eines: dramatisieren, beschleunigen, Aktion erzeugen, also schwindeln, was das Zeug hält.

Michael Mann, der mit der Fernsehserie "Miami Vice" berühmt wurde und als Filmregisseur zuletzt mit dem Thriller "Heat" einige Begeisterung auslöste, weil er wie kaum ein anderer überraschende Handlungsfäden knüpfen und mit Farbe ungefähr alles machen kann, was das Auge zu erfassen fähig ist, hat sich eine wahre Geschichte ausgesucht, die, oberflächlich betrachtet, wie es dem Medium eigen ist, unfotogener nicht sein könnte: Im November 1995 setzte die Geschäftsführung des Fernsehsenders CBS einen Beitrag des Nachrichtenmagazins "60 Minutes" ab, in dem ein Informant aus den oberen Forschungsetagen des Tabakkonzerns Brown & Williamson detailliert darüber Auskunft gab, wie der Konzern durch chemische Manipulation die Wirksamkeit des Nikotins in seinen Zigaretten verstärkt, um die Abhängigkeit der Konsumenten zu erhöhen. Das ist nicht nur ethisch bedenklich, sondern auch justitiabel, denn vor Gericht hatten die Geschäftsführer von Brown & Williamson ebenso wie die von sechs anderen Tabakkonzernen im April 1994 unter Eid ausgesagt, dass ihres Wissens ihre Produkte keine Suchtstoffe enthielten. Die Geschichte wurde von "60 Minutes" penibel recherchiert, doch die Rechtsabteilung von CBS warnte eindringlich vor einem möglichen Rechtsstreit, der den Sender viele Milliarden Dollar kosten könnte. CBS stand kurz vor dem Verkauf an Westinghouse, und die Geschäftsleitung wollte diese Übernahme keinesfalls gefährden. Der Beitrag wurde also abgesetzt, später allerdings, nachdem der Vorgang in der "New York Times" haarklein dargelegt worden war, doch noch gesendet.

"The Insider" hat Michael Mann den Film genannt, den er auf der Grundlage dieser Ereignisse und ihrer minuziösen Darstellung durch Marie Brenner in "Vanity Fair" im Jahr 1996 gedreht hat, und die Heftigkeit, mit der sein Film in den amerikanischen Medien diskutiert wurde, zeigt an, wie sehr diese in der Zeitrechnung des Fernsehens uralte Geschichte an die Substanz des Nachrichtengeschäfts ging. Bis heute wird bei jeder neuen Übernahme eines Fernsehsenders durch einen Großkonzern neuerlich die Gefahr beschworen, welche die Konzentration und vertikale Integration von Medienund Unterhaltungskonzernen - verniedlicht zur Synergie, was, wie Realisten meinen, etwa gleichbedeutend ist mit Interessenkonflikt - für die Freiheit der Presse und die Vielfalt der Information bedeuten, und immer wieder wird abgewiegelt und aus den Führungsetagen vermeldet, dass es keinerlei Einflussversuche von der Geschäftsleitung in die journalistischen Sphären geben werde. Es besteht begründeter Zweifel, dass dies anders ist. Der Vorfall um "60 Minutes" war einer der ersten, der das sinnfällig werden ließ.

Es ist eine Geschichte über die Macht der großen Konzerne, der Tabak- wie der Medienkonzerne, und über den Niedergang des unabhängigen Journalismus. Die Botschaft, die der Skandal um die abgesetzte Geschichte damals verbreitete, war verheerend: Wenn schon CBS den Druck der Konzerne nicht aushält, weil es sich nicht leisten kann, für die Wahrheit möglicherweise einen Prozess zu führen, wer kann es dann? Natürlich hat Michael Mann dramatisiert, beschleunigt und auch geschwindelt, um daraus eine kinotaugliche Geschichte zu machen, und das ist gut so. Er hat Szenen erfunden und Dialoge, aber in den wesentlichen Ereignissen ist er ziemlich nahe an der Wirklichkeit geblieben. Selbstverständlich haben sich, mit Ausnahme der beiden zentralen Gestalten, alle, die in dem Film vorkommen, laut und medienwirksam über ihr unrealistisches Porträt beschwert.

Michael Mann stellt die Beziehung zwischen Jeffrey Wigand, dem Informanten, und Lowell Bergman, einem Produzenten von "60 Minutes", in den Mittelpunkt und verlagert erst im letzten Akt das erzählerische Gewicht auf die Auseinandersetzungen innerhalb des Senders, die zur Absetzung des Beitrags führen. So hat er einen Helden, den aufrechten Journalisten Bergman, der für seine Geschichte kämpft und kündigt, als er gegen die Geschäftsleitung verliert (was nicht ganz stimmt), einen Verräter, nämlich Mike Wallace, den Moderator von "60 Minutes", der Bergman in den Rücken fällt (was ziemlich stimmt), und die Bösen, die Geschäftsleitung also, vertreten durch ihre Anwältin Helen Caperelli, die für die Absetzung verantwortlich ist (was völlig stimmt). Und er hat die Figur des Jeffrey Wigand, um dessen Entscheidung, vor der Kamera auszusagen oder sich an sein Schweigeabkommen mit Brown & Williamson zu halten, sich alles dreht. Mit Al Pacino, der den Produzenten Bergman spielt, und Russell Crowe, der seine Darstellung des Jeffrey Wigand förmlich ausschwitzt, hat Michael Mann ein Paar gefunden, das sich offensichtlich gegenseitig inspiriert, und die Nebenrollen, vor allem mit Christopher Plummer als Fernsehlegende Mike Wallace, kongenial besetzt.

Nun ist ein Entscheidungsprozess kein sichtbares Ereignis, und so mobilisiert Michael Mann sein ganzes Können, um die Zuschauer bei der Stange und die Entwicklung der Geschichte in Gang zu halten. Er umkreist die Akteure, er wechselt die Aufnahmegeschwindigkeit. Er beobachtet Wigand von ganz nah und von sehr fern, aus verschiedenen Perspektiven mit unterschiedlicher Tiefenschärfe, und er erreicht im Schnitt eine komplexe visuelle Partitur, die alle Einwände und Skrupel, alle Ängste, den Kleinmut, aber auch seine Überwindung zum Schwingen bringt und doch niemals den harmonischen Schlussakkord anstrebt, der den Ausgang der Geschichte triumphal begleitete. Es gibt, wie im realen Fall, kein glückliches Ende, sondern nur eine für den Augenblick befriedete Situation und einige ramponierte Profis.

"The Insider" ist ein historischer Film. Er spielt am Ende jener Epoche, in der ohne Erröten selbst in den Fernsehsendern noch von der Würde der Nachricht gesprochen wurde. Damals waren die Nachrichten das Herzstück des Fernsehens, heute sind sie nur noch eine marginale Unterabteilung im Gesamtkonzept der Medienkonglomerate. Inzwischen ist die Boulevardisierung des Nachrichtengeschäfts so weit fortgeschritten, dass, wie die jüngste Studie des Pew Research Center for the People and the Press zeigt, nicht nur das Publikum, sondern auch die Journalisten selbst von einem Niedergang ihres Berufsstands sprechen. Sie spüren den immer härteren Druck aus der Geschäftsführung, die immer sensationellere Geschichten fordert, die immer schneller geliefert werden müssen, um die Konkurrenz zu überrunden. Deshalb wird schlampig recherchiert, und das, was in besseren Tagen einmal als Respekt vor der Wahrheit, soweit sie herauszufinden war, die Grundlage der Profession bildete, ist kaum mehr als ein sentimentales Stück Erinnerung der älteren Kollegen.

Michael Mann hat "The Insider" als unabhängige Produktion gedreht, verliehen allerdings wird der Film von Touchstone, einem Verleih des Disney-Konzerns. Und für Disney sind die Probleme, die der Film darlegt, keineswegs neu. Denn auch ABC, der Fernsehsender, den die Disney Company im Jahr 1995 übernommen hatte, hatte gegen die Tabakindustrie recherchiert und war bereits 1994 in seinem Magazin "Day One" mit einer Geschichte herausgekommen, die dem Philip-Morris-Konzern und Reynolds die suchtverstärkende Anreicherung des Nikotins in seinen Zigaretten nachweisen konnte. So jedenfalls dachten alle Beteiligten. Philip Morris und Reynolds klagten gegen die Sendeanstalt, und nach der Übernahme durch Disney stimmte ABC einem Vergleich zu. ABC musste nicht nur alle Kosten des Verfahrens zahlen, etwa fünfzehn Millionen Dollar, sondern sich auch zu prominenter Sendezeit bei Philip Morris und Reynolds entschuldigen - eine erschütternd peinliche Niederlage der Presse. Schon damals wussten alle, dass der Bericht der Wahrheit entsprach. Es wurde nur nicht rechtskundig, weil die Zigarettenindustrie sich Jahre später ihrerseits durch einen Milliardenvergleich aus der Affäre zog.

VERENA LUEKEN

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