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Tati und die Tücken der Technik: Gemeinsam mit Monsieur Hulot fällt eine amerikanische Touristengruppe im modernen Paris ein, das sein ursprüngliches Gesicht völlig verloren hat. Ob Flughafengebäude, Wohnungen oder Restaurants - die futuristische Metropole scheint nur aus Beton, Plastik, Stahl und Glas zu bestehen. Monsieur Hulot irrt durch ein Paris, das ihm völlig fremd ist. Er tastet nach der gläsernen Tür an einer Glaswand, wundert sich über die seltsamen Geräusche der Plastiksessel und sucht seinen Weg durch das Labyrinth eines Großraumbüros. Alles ist lupenrein sauber. Überall regiert…mehr

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Produktbeschreibung
Tati und die Tücken der Technik: Gemeinsam mit Monsieur Hulot fällt eine amerikanische Touristengruppe im modernen Paris ein, das sein ursprüngliches Gesicht völlig verloren hat. Ob Flughafengebäude, Wohnungen oder Restaurants - die futuristische Metropole scheint nur aus Beton, Plastik, Stahl und Glas zu bestehen. Monsieur Hulot irrt durch ein Paris, das ihm völlig fremd ist. Er tastet nach der gläsernen Tür an einer Glaswand, wundert sich über die seltsamen Geräusche der Plastiksessel und sucht seinen Weg durch das Labyrinth eines Großraumbüros. Alles ist lupenrein sauber. Überall regiert der Fortschrittswahn. Von den Wirrungen des Sprachendschungels am Flughafen, über die eiskalte Atmosphäre in einem gigantischen Bürogebäude, bis hin zu seinen chaotischen Erlebnissen in einem Luxusrestaurant - Monsieur Hulot erleidet den ganzen Wahnsinn wahrhaft herrlicher Zeiten.

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.01.2003

Alles Fleisch, es ist wie Glas
Tatis rekonstruierte "Playtime" in Berlin

Das Kino war von jeher immer auch eine Geschichte des Größenwahns, von hochfliegenden Träumen und katastrophalen Abstürzen. Jacques Tati hatte schon in "Mon Oncle" die Segnungen der Moderne persifliert und dafür 1958 den Oscar für den besten ausländischen Film gewonnen. Seit Beginn der sechziger Jahre träumte er deshalb von einem Projekt, das sich mit den modernen Errungenschaften im großen Stil befaßt, von einem Film, "in dem die Stadt selbst die Hauptrolle spielt". Zwei Millionen Franc sollte "Playtime" kosten, als Tati 1964 mit den Dreharbeiten begann; als der Film im Dezember 1967 ins Kino kam, hatte er 15 Millionen und das gesamte Privatvermögen des Regisseurs verschlungen.

Vor den Toren von Paris hatte Tati einen gigantischen Set bauen lassen. Mit 50000 Kubikmeter Zement, 4000 Quadratmeter Kunststoff und 1200 Quadratmeter Spiegelglas errichtete er im Wald von Vincennes auf 15 000 Quadratmetern eine Stadt aus verschiebbaren Hochhausattrappen, die schon schwanen ließ, was später in Trabantenstädten wie La Défense Wirklichkeit werden sollte. Und weil nicht die einzelne Figur im Vordergrund stehen, sondern es ums Ganze gehen sollte, drehte er im kostspieligen Prachtformat 70 Millimeter. Wie stark es ihm darauf ankam, daß der Hintergrund hervortreten möge, belegt sein Wunsch, man möge die roten Rosetten am Revers der Honoratioren erkennen, deren Photos in einer Einstellung hinten an der Wand hängen.

Aber weil der Teufel im Detail steckt, kam es, wie es kommen mußte. Als der Film exklusiv im Pariser Empire-Kino startete, war er 153 Minuten lang, und selbst Tati, der zwei Wochen lang bei jeder Vorstellung anwesend war, merkte, daß er damit die Geduld des Publikums überstrapaziert hatte. Also nahm er direkt an der Kopie Schnitte vor, die er dann am Negativ nachvollziehen ließ. Danach war "Playtime" nur noch 135 Minuten lang - und trotzdem ein Flop. Als man 1978 den Film zur Wiederaufführung brachte, mußte Tati ihn gar auf weniger als zwei Stunden kürzen. Erst in den Neunzigern haben die mittlerweile verstorbene Tochter Sophie Tatischeff und François Ede, der schon "Jour de fête" rekonstruiert hat, begonnen, soviel wie möglich wiederherzustellen. Die Fassung, die vergangenes Jahr in Cannes mit einer Gala gefeiert wurde, hatte immerhin 124 Minuten - und kann an diesem Freitag im Berliner Arsenal-Kino in voller Pracht besichtigt werden. (Um 21 Uhr, mit einer Einführung der Filmwissenschaftlerin Gertrud Koch.)

Natürlich ist "Playtime" eine Kritik am Fortschrittsoptimismus seiner Zeit, an der Anonymität der Großstadt, an der Einförmigkeit und Sprachlosigkeit einer Moderne, die längst schon überholt ist. Aber die Hingabe und der Aufwand, mit dem Tati das in Szene gesetzt hat, beschwören diese Welt auf eine Weise, daß einem fortwährend die Augen übergehen. Wie die kuriose Villa Arpel aus "Mon Oncle" besticht auch die Tativille in "Playtime" durch ihre eigentümliche Eleganz, durch die Klarheit der Formen und Flächen aus Glas, Chrom und Beton. Tati folgt einer Gruppe von Touristen, die eigentlich Paris sehen wollten, aber vom Eiffelturm bestenfalls die Reflektion in einer Glastüre erhaschen. Und wenn sie sich umdrehen, um endlich das Vorbild zu Gesicht zu kriegen, sehen sie nichts. Was Städte einst waren, ist nur noch eine Illusion, und so zeigen die Plakate von Reisezielen im Hintergrund alle dasselbe Hochhaus, ob Mexico, London oder sonstwo. Die Einförmigkeit des Lebens und Arbeitens, die Tati ins Bild setzt, besticht gerade durch ihre modellhafte Klarheit. Auch wenn die wabenhaften Büros und vitrinenartigen Wohnungen an Kafka gemahnen sollen, ist ihnen eine bizarre Schönheit zueigen, ein cooler Chic, von dem man heute nur träumen kann. Das Meisterstück des Films ist der Eröffnungsabend des Restaurants Royal Garden, in dem die Handwerker noch zugange sind, während die ersten Gäste kommen. Was Tati da an hintergründiger Choreographie zwischen Gästen und Kellnern inszeniert, die langsam ins Chaos mündet, wird nur noch übertroffen von Blake Edwards "Party", die ein Jahr später ins Kino kam.

Am Ende blickt man auf einen Kreisverkehr, auf dem die Autos wie im Karussell immer rundherum fahren, wie auf einer Spieluhr, mit der Tati seiner Welt ihre eigene Melodie vorspielt, um die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen. Und weil kaum Sätze fallen, sondern ein austauschbares internationales Kauderwelsch gesprochen wird, ist "Playtime" im Grunde ein Musical - alles darin ist Rhythmus, Bewegung, Choreographie.

MICHAEL ALTHEN

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