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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.06.2005

Auch Tapfere haben Lieder
Akustisches Kriegstagebuch: Das Debüt des Briten James Blunt

Es gibt zwei Versionen der Geschichte: Die erste, heroischere besagt, daß James Blunt, Sohn eines kriegserprobten britischen Offiziers, seinen Wunschtraum, Musiker zu werden, über den Haufen warf, um es seinem Vater gleichzutun - und darum in den Kosovo-Krieg zog. Die zweite, eher profane ist die, daß Blunt - der im Alter von sieben Jahren in den Genuß von Violin-und Klavierunterricht kam, ehe er mit vierzehn obendrein Gitarre lernte - den militärischen Umweg bloß einschlug, um sich von der Armee vorab die Studiengebühren bezahlen zu lassen.

Fest steht, daß der Multiinstrumentalist nach seiner Zeit an der Bristol University 1999 mit seiner Gitarre im Gepäck am Kosovo-Krieg teilnahm, wo er seinerzeit als gerade mal zweiundzwanzigjähriger Aufklärungsoffizier in Prishtina 30 000 Friedenshelfer kommandierte und nach Dienstschluß die Songs seines Debütalbums "Back To Bedlam" schrieb - Lieder, die teils offen, teils verschlüsselt seine Erfahrungen im Krisengebiet bilanzieren.

So mutet Blunts erstes, von dem ehemaligen "The Smith"- und "Beck"-Produzenten Tom Rothrock in Los Angeles abgemischtes Album wie ein persönlicher Befreiungsschlag an. Es versammelt zehn in Schmerz und Enttäuschung wurzelnde Songs voller Vitalität und Ausdrucksstärke wie das elegische, von Hammondorgelklängen getragene "So long, Jimmy", die mal nach Jim Morrison klingen, mal nach dem späten John Lennon. Und es finden sich Liebeslieder darunter, die Ohrwurmqualitäten entfalten, hat man sich erst einmal gewöhnt an diesen mal mit flehender Stimme gehauchten, mal lauthals angestimmten Weltschmerz.

Dabei lebt "Back To Bedlam", dem eine wärmende Retroseligkeit zu eigen ist und das an Don McLean, Leo Sayer oder den anderen Soldatensohn Rick Springfield denken läßt (der auf "Comic Book Heroes" einst ebenfalls von Krieg und Verheerung sang), keineswegs nur von melodiösem Tiefsinn. Vielmehr gewinnen die Stücke Eigenständigkeit, indem Blunt ganz auf seinen ansprechenden, berührenden Gesang vertraut.

Unter dem Strich stehen zehn Lieder, die der Macht der Phantasie und der Fähigkeit zu überdauern geschuldet sind; Songs wie das überwältigende "Cry" oder das herzzerreißende "No Bravery", denen das Kunststück gelingt, stellenweise so zu klingen, als hätten die Noise-Veteranen "Sonic Youth" mit einem von allen klanglichen Schadstoffen gereinigten Robbie Williams für eine kleine musikalische Ewigkeit gemeinsame Sache gemacht.

PETER HENNING

James Blunt, Back To Bedlam. Atlantic/Custard 83752 (Warner)

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