In der Villa Sonnenschein zieht ein mächtiges Gewitter auf. Herr und Frau Jaconis haben einander den totalen Ehekrieg erklärt. Die eifersüchtige Hedy besteht auf die Kündigung des langjährigen Dieners Max (Theo Lingen), der das amouröse Vorleben ihres Mannes, dem erfolgreichen Schriftsteller Dr. Jaconis, zu gut zu vertuschen weiß. Max geht, und der frisch engagierte Diener Ferdinand (Hans Moser) kommt. Als sich die beiden nächtens begegnen, kommt es zu einer folgenreichen Verwechselung der Koffer. Max vermutet, dass sein Nachfolger ein kriminelles Subjekt sein muss und fühlt sich verpflichtet, seinen Ex-Dienstgeber vor Schaden zu bewahren. Heimlich kehrt er in die Villa zurück. Als auch noch Hedys Freundin Lilly und der Verleger Dr. Ravestyn eintreffen, wird das Haus zur Kampfarena. Jeder verdächtigt jeden, und Ehe- und Vertrauensbruch, Mord und Totschlag sind nur einige der Beschuldigungen, die aufgestellt werden...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Starinfos - TrailerFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.11.2003Die Zerstörung der Kindheit
Betäubungssehnsucht, Lebensgier und Schläge ins Gesicht: "Thirteen", ein Debütfilm von Catherine Hardwicke
Wir hören hämmernde Musik und einen Schlag, sehen ein Mädchengesicht, erstaunt, erregt, es folgt ein zweiter Schlag, ein anderes Mädchengesicht, noch ein Schlag, noch ein Lachen - und immer so weiter, mit immer größerer Wucht von Schlägen und Schnittfolgen schminkeverschmierter glücklicher Mädchengesichter. Dann die Kante eines Nachttischs und Blut.
Mit dieser gewaltigen Eingangssequenz, nah aus der Hand gefilmt in gleißendem Licht und auf 16-Millimeter-Material, das die Mädchen mit dem Blaustich dokumentarischer Aufnahmen umgibt, beginnt Catherine Hardwickes Film "Thirteen". Irgendwann gegen Ende des Films erleben wir die Szene noch einmal, diesmal am chronologisch richtigen Ort. Auch da erfahren wir nicht, was es ist, das die Mädchen zwischen den Schlägen aus einer Blechdose inhalieren, um sich taub zu machen gegen den Schmerz; aber inzwischen wissen wir genug von Tracy und Evie, um zu sehen, daß in den beglückten Gesichtern dieser beiden der Widerspruch zwischen Betäubungssehnsucht und Lebensgier für den Augenblick, in dem sie sich gegenseitig ins Gesicht schlagen, aufgehoben ist.
Tracy, genannt Trace, und Evie sind dreizehn Jahre alt. Trace (Evan Rachel Wood) ist, als der Film nach der klimaktischen Eröffnung von vorn zu erzählen beginnt, ein hoch aufgeschossenes ernstes Mädchen, das in der Schule Gedichte schreibt und noch einen Kinderrucksack trägt. Mit ihrem Bruder, ihrer Mutter Mel (Holly Hunter) und manchmal auch deren Freund lebt sie in Los Angeles am unteren Rand der Mittelklasse. Die Familie kommt mit den Alimenten des Vaters und dem, was Mel mit Frisierdiensten in ihrer Küche verdient, gerade über die Runden. Vielleicht hatte Mel früher ein Alkoholproblem; jedenfalls verschwindet sie einmal abends mit einer Freundin zu einem "Treffen", möglicherweise der Anonymen Alkoholiker, aber eigentlich spielt das keine Rolle. Denn was mit Trace geschieht, könnte sich so oder so ähnlich auch in sorgloseren Verhältnissen ereignen, in einer anderen Stadt, in einem anderen Land. Wohl kaum aber in einem anderen Alter.
An Trace' Schule gilt Evie, angezogen und aufgemacht wie für den Babystrich, als das begehrenswerteste Mädchen. Mit ihr freundet Trace sich an, wirft ihre Kinderkleider und den Rucksack fort, auch die Notizblöcke mit aufgemalten kleinen Hasen, lernt zu stehlen, zu rauchen, sich anzumalen und zu trinken, lernt zu küssen, und bei einer Verabredung zu viert schaut sie sich ab, was Evie für Verführungskunst hält. Daß Evie ihre neue Freundin planmäßig benutzt, um sich ein Zuhause zu erschleichen, daß sie in Not ist, weil auch sie noch ein Kind ist, daß sie Trace belügt und ihr gesamtes Drogenarsenal und Diebesgut in deren Kinderzimmer versteckt, all das legt nahe, daß Evie nicht zu retten ist. Vielleicht aber Trace, und das lenkt alle hilflose Sympathie des Zuschauers auf sie.
Nikki Reed, die Evie spielt, hat Catherine Hardwicke beim Verfassen des Drehbuchs beraten und, so heißt es, eine Reihe eigener Erfahrungen beigesteuert. In der Wirklichkeit hat sie es also geschafft, eine Distanz zwischen sich und die Ereignisse zu legen, was die Hoffnung nährt, mit vierzehn oder fünfzehn sei das Leben in jener Form, in der es die Mädchen so durcheinanderbringt, dann doch vorbei. Im Film aber ist es nur Trace, der wir eine Chance geben wollen.
Die emotionale Logik, die Evan Rachel-Wood in ihre Darstellung eines Mädchens legt, das zwischen Unsicherheit und dem unbedingten Wunsch dazuzugehören schwankt, das zwischen dem Zorn auf die Mutter und dem Übermut, endlich die Kindheit hinter sich zu lassen, zwischen Angst und Glücksgefühlen hin und her gerissen wird, tritt in diesem Film an die Stelle einer stringenten Erzählung. Die innere Logik entwickelt sich vielmehr in einer Reihe von Episoden, in denen es keinen Augenblick der Stille gibt. Die ganze Welt, wie sie Trace und Evie erleben, scheint elektrisiert, erotisiert, voller Verlockungen, aber ohne stützende Struktur. Holly Hunter zeigt in der Rolle der Mutter eine Frau, die keine Möglichkeit mehr findet, zu ihrer Tochter durchzudringen, was auch damit zu tun haben mag, daß sie nicht weiß, wie sie, immer noch jung und selbst voller Begehren, überhaupt Mutter sein könnte - und daher die nächstbeste Rolle wählt: ihrem Kind wenigstens eine Freundin zu sein.
Catherine Hardwicke war bis zum diesem Film Produktionsdesignerin, doch ihre erste Regiearbeit wirkt in ihrem unruhigen Stil, der dem Lebensgefühl ihrer Figuren entspricht, nahezu makellos. Mit ihrem Kameramann Elliot Davis nimmt sie die äußerlichen wie die inneren Bewegungen, den schwingenden Gang, die zitternde Erregung, die atemlose Neugier und den Druck auf, unter dem vor allem Trace steht und den sie nur durch heimliches Ritzen mit einer Rasierklinge am Unterarm vorübergehend loswerden kann. Die Intensität, die durch dieses rastlose Erzählen entsteht, erlaubt dem Zuschauer keine Ruhepause bis ganz zum Schluß, wenn endlich auch Trace erschöpft ist und an der Seite ihrer Mutter in den Schlaf sinkt.
"Thirteen" wirkt dadurch nicht weniger alarmierend. Denn auch in diesem Schlußbild offenbart sich niemand, der zur Verantwortung zu ziehen wäre. Es sind nicht die sozialen Verhältnisse, nicht die Mutter, nicht die Werbung, die an der Bushaltestelle per Plakat verkündet, daß in der Schönheit auch die Wahrheit liege, die Trace an den Rand der Selbstzerstörung treiben, oder sie sind es allesamt, so oder ähnlich. Es gibt also, heißt das, kein Programm, um ein Mädchen wie Trace zu schützen. Sie wird aus eigener Kraft diese Zeit überstehen und dann erwachsen sein. Das ist das einzige, worauf wir hoffen können.
VERENA LUEKEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Betäubungssehnsucht, Lebensgier und Schläge ins Gesicht: "Thirteen", ein Debütfilm von Catherine Hardwicke
Wir hören hämmernde Musik und einen Schlag, sehen ein Mädchengesicht, erstaunt, erregt, es folgt ein zweiter Schlag, ein anderes Mädchengesicht, noch ein Schlag, noch ein Lachen - und immer so weiter, mit immer größerer Wucht von Schlägen und Schnittfolgen schminkeverschmierter glücklicher Mädchengesichter. Dann die Kante eines Nachttischs und Blut.
Mit dieser gewaltigen Eingangssequenz, nah aus der Hand gefilmt in gleißendem Licht und auf 16-Millimeter-Material, das die Mädchen mit dem Blaustich dokumentarischer Aufnahmen umgibt, beginnt Catherine Hardwickes Film "Thirteen". Irgendwann gegen Ende des Films erleben wir die Szene noch einmal, diesmal am chronologisch richtigen Ort. Auch da erfahren wir nicht, was es ist, das die Mädchen zwischen den Schlägen aus einer Blechdose inhalieren, um sich taub zu machen gegen den Schmerz; aber inzwischen wissen wir genug von Tracy und Evie, um zu sehen, daß in den beglückten Gesichtern dieser beiden der Widerspruch zwischen Betäubungssehnsucht und Lebensgier für den Augenblick, in dem sie sich gegenseitig ins Gesicht schlagen, aufgehoben ist.
Tracy, genannt Trace, und Evie sind dreizehn Jahre alt. Trace (Evan Rachel Wood) ist, als der Film nach der klimaktischen Eröffnung von vorn zu erzählen beginnt, ein hoch aufgeschossenes ernstes Mädchen, das in der Schule Gedichte schreibt und noch einen Kinderrucksack trägt. Mit ihrem Bruder, ihrer Mutter Mel (Holly Hunter) und manchmal auch deren Freund lebt sie in Los Angeles am unteren Rand der Mittelklasse. Die Familie kommt mit den Alimenten des Vaters und dem, was Mel mit Frisierdiensten in ihrer Küche verdient, gerade über die Runden. Vielleicht hatte Mel früher ein Alkoholproblem; jedenfalls verschwindet sie einmal abends mit einer Freundin zu einem "Treffen", möglicherweise der Anonymen Alkoholiker, aber eigentlich spielt das keine Rolle. Denn was mit Trace geschieht, könnte sich so oder so ähnlich auch in sorgloseren Verhältnissen ereignen, in einer anderen Stadt, in einem anderen Land. Wohl kaum aber in einem anderen Alter.
An Trace' Schule gilt Evie, angezogen und aufgemacht wie für den Babystrich, als das begehrenswerteste Mädchen. Mit ihr freundet Trace sich an, wirft ihre Kinderkleider und den Rucksack fort, auch die Notizblöcke mit aufgemalten kleinen Hasen, lernt zu stehlen, zu rauchen, sich anzumalen und zu trinken, lernt zu küssen, und bei einer Verabredung zu viert schaut sie sich ab, was Evie für Verführungskunst hält. Daß Evie ihre neue Freundin planmäßig benutzt, um sich ein Zuhause zu erschleichen, daß sie in Not ist, weil auch sie noch ein Kind ist, daß sie Trace belügt und ihr gesamtes Drogenarsenal und Diebesgut in deren Kinderzimmer versteckt, all das legt nahe, daß Evie nicht zu retten ist. Vielleicht aber Trace, und das lenkt alle hilflose Sympathie des Zuschauers auf sie.
Nikki Reed, die Evie spielt, hat Catherine Hardwicke beim Verfassen des Drehbuchs beraten und, so heißt es, eine Reihe eigener Erfahrungen beigesteuert. In der Wirklichkeit hat sie es also geschafft, eine Distanz zwischen sich und die Ereignisse zu legen, was die Hoffnung nährt, mit vierzehn oder fünfzehn sei das Leben in jener Form, in der es die Mädchen so durcheinanderbringt, dann doch vorbei. Im Film aber ist es nur Trace, der wir eine Chance geben wollen.
Die emotionale Logik, die Evan Rachel-Wood in ihre Darstellung eines Mädchens legt, das zwischen Unsicherheit und dem unbedingten Wunsch dazuzugehören schwankt, das zwischen dem Zorn auf die Mutter und dem Übermut, endlich die Kindheit hinter sich zu lassen, zwischen Angst und Glücksgefühlen hin und her gerissen wird, tritt in diesem Film an die Stelle einer stringenten Erzählung. Die innere Logik entwickelt sich vielmehr in einer Reihe von Episoden, in denen es keinen Augenblick der Stille gibt. Die ganze Welt, wie sie Trace und Evie erleben, scheint elektrisiert, erotisiert, voller Verlockungen, aber ohne stützende Struktur. Holly Hunter zeigt in der Rolle der Mutter eine Frau, die keine Möglichkeit mehr findet, zu ihrer Tochter durchzudringen, was auch damit zu tun haben mag, daß sie nicht weiß, wie sie, immer noch jung und selbst voller Begehren, überhaupt Mutter sein könnte - und daher die nächstbeste Rolle wählt: ihrem Kind wenigstens eine Freundin zu sein.
Catherine Hardwicke war bis zum diesem Film Produktionsdesignerin, doch ihre erste Regiearbeit wirkt in ihrem unruhigen Stil, der dem Lebensgefühl ihrer Figuren entspricht, nahezu makellos. Mit ihrem Kameramann Elliot Davis nimmt sie die äußerlichen wie die inneren Bewegungen, den schwingenden Gang, die zitternde Erregung, die atemlose Neugier und den Druck auf, unter dem vor allem Trace steht und den sie nur durch heimliches Ritzen mit einer Rasierklinge am Unterarm vorübergehend loswerden kann. Die Intensität, die durch dieses rastlose Erzählen entsteht, erlaubt dem Zuschauer keine Ruhepause bis ganz zum Schluß, wenn endlich auch Trace erschöpft ist und an der Seite ihrer Mutter in den Schlaf sinkt.
"Thirteen" wirkt dadurch nicht weniger alarmierend. Denn auch in diesem Schlußbild offenbart sich niemand, der zur Verantwortung zu ziehen wäre. Es sind nicht die sozialen Verhältnisse, nicht die Mutter, nicht die Werbung, die an der Bushaltestelle per Plakat verkündet, daß in der Schönheit auch die Wahrheit liege, die Trace an den Rand der Selbstzerstörung treiben, oder sie sind es allesamt, so oder ähnlich. Es gibt also, heißt das, kein Programm, um ein Mädchen wie Trace zu schützen. Sie wird aus eigener Kraft diese Zeit überstehen und dann erwachsen sein. Das ist das einzige, worauf wir hoffen können.
VERENA LUEKEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main