Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 2,99 €
  • DVD

Bildformat: Vollbild Sprache / Tonformate: Deutsch (Dolby Digital 5.1 u. Dolby Surround) Ländercode: 2 Extras: Kapitelauswahl, Hintergrundinfo
Bonusmaterial
- Trailer von anderen Filmen - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Filmographie - Notizen

  • Anzahl: 1 DVD
Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Bildformat: Vollbild Sprache / Tonformate: Deutsch (Dolby Digital 5.1 u. Dolby Surround) Ländercode: 2 Extras: Kapitelauswahl, Hintergrundinfo

Bonusmaterial

- Trailer von anderen Filmen - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Filmographie - Notizen
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.10.1995

In den Straßen New Yorks

Eine Kindheit ist jedem gegeben. Unabhängig davon, ob sie nun glücklich, lau oder leidvoll verlief, dürften die Erfahrungen werdender Epheben an den entscheidenden biographischen Wendepunkten einander recht ähnlich sein: Da sind die Freundschaftsrituale der Pubertät mit ihren vieldeutigen körperlichen Signalen, da finden Mutproben und Selbstentdeckungen statt, Rebellionen mit oder ohne Grund. Es herrscht, kurzum, ein Empfindungswirrwarr zwischen Todesnähe und Lebenslust, der Befriedigung in brünstiger Rimbaud-Lektüre ebenso wie in halsbrecherischen Autorennen finden kann. Doch das Chaos der Gefühle hat System, die Etappen auf dem Marsch zur Ordnung sind psychologisch katalogisiert. Wer seine frühen Jahre zum literarischen oder filmischen Thema macht, tut gut daran, Distanz zu wahren, ohne distanziert zu wirken. Denn mit der Einzigartigkeit seiner Erlebnisse ist es nicht weit her. Das macht das Genre soviel schwieriger, als es aussieht.

Die zwischen 1963 und 1966 entstandenen "Baseball-Diaries" des nachmaligen Rockmusikers und Lyrikers Jim Carroll haben mit solchen Überlegungen wenig im Sinn. Sie sind Messungen am Epizentrum des Bebens. Als Dreizehn- bis Sechzehnjähriger protokollierte Carroll in diesen Tagebüchern seinen Abstieg vom vielversprechenden Baseball-Nachwuchsspieler an einer angesehenen New Yorker High School zum Heroinabhängigen, der die üblichen Stationen einer solchen traurigen Karriere durchläuft: Beschaffungskriminalität, Obdachlosigkeit, Prostitution. Der Autor, nach dem Drogenentzug wieder bei klarem Verstand, wußte offenbar um die Problematik der Wahrhaftigkeit. Erst 1978, als Carroll bereits ein erfolgreicher Mann war, publizierte er die "Diaries" - gerade noch rechtzeitig, möchte man sagen, denn eine Zeit, der Authentizität als literarisches Gütesiegel galt, ging in diesen Jahren zu Ende.

Daß man die Sache heute sehr viel cooler präsentieren müsse, scheint dem jungen Regisseur Scott Kalvert eine Gewißheit gewesen zu sein. Seine Verfilmung der Tagebücher, die nun unter dem Titel "Jim Carroll - In den Straßen von New York" in die deutschen Kinos kommt, zeichnet sich durch eine denkbar unauffällige Filmsprache aus, die den Versuch, für die erfahrungsgesättigte Beat Poetry der Vorlage ein cineastisches Äquivalent zu finden, nicht unternimmt. Zudem wurde das Geschehen in die Gegenwart verlegt und auch der Soundtrack um allerlei Zeitgenössisches angereichert. Doch was den Stoff für den heutigen Zuschauer interessant machen soll, bewirkt gerade das Gegenteil: Nicht die notwendige Distanz des Künstlers zu seinem Lebensstoff, sondern der kalkulierende Abstand des Filmprofis zu seinem nächsten Projekt spricht aus diesem Werk.

Mit entsprechend buchhalterischer Attitüde wird im Katalog der Ereignisse abgehakt: die Mutprobe (Sprung in den Hudson River); die ekstatische Körpererfahrung (Baseballspielen im Regen); die Todeserfahrung (ein Freund stirbt an Leukämie), der erste Heroin-Konsum (ein Tanz durchs Blumenfeld als plumper psychedelischer Abklatsch). Zu einer nicht nur durch das Leben, sondern auch ästhetisch beglaubigten Biographie will sich dieses Patchwork der Pubertätswirrungen nur selten runden. Auch der Transport in die Gegenwart beschädigte das Material. So werden Drogen vor allem als Stimulans für den Leistungssport konsumiert; nur ganz selten dürfen sie noch im Dienst der alten Schimäre Bewußtseinserweiterung die Sinne benebeln.

Es ist Leonardo DiCaprios Gestalt, die aus dem Mittelmaß herausragt. Der Zwanzigjährige, einer der begabtesten unter Hollywoods jungen Schauspielern, leiht nicht nur der Gestalt des Jim Carroll seinen zerbrechlich wirkenden Körper, er verleiht auch dem Film etwas, das ihm sonst fehlt: Empfindsamkeit. Durch ihn wird zumindest manchmal spürbar, was eigentlich das Thema von "Jim Carroll" hätte sein können: das Leiden des noch nicht verhärteten Menschen an der Welt. STEFFEN JACOBS

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr