Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 11,00 €
  • DVD

Technische Angaben: Bildformat: 16:9 (2.35:1) Sprache / Tonformat: Deutsch DD 1.0/Französisch DD 1.0 Untertitel: Deutsch Extras: Trailer

Produktbeschreibung
Technische Angaben:
Bildformat: 16:9 (2.35:1)
Sprache / Tonformat: Deutsch DD 1.0/Französisch DD 1.0
Untertitel: Deutsch
Extras: Trailer
Autorenporträt
Oskar Werner (geboren 1922 in Wien, gestorben 1984 in Marburg an der Lahn), eigentlich Josef Bschließmayer gab bereits im Alter von 18 Jahren sein Bühnendebüt am berühmten Wiener Burgtheater, dessen Ensemble er bis 1949, 1951-55 und 1960-61 angehörte. Seine anschließende internationale Filmkarriere führte ihn bis nach Hollywood.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.09.2023

Gegen die geleckte Fotografie

In Truffauts "Jules et Jim" zeigt sich, warum die Nouvelle Vague auf uns noch heute so anziehend wirkt.

Bevor wir zum Film kommen, kommen wir zum Genre. Nein, falsches Wort! Die Nouvelle Vague war kein "Genre". Sie war ein epochaler Stil, ein kultureller Befreiungsschlag. Eine der faszinierendsten Bewegungen des modernen Kinos. Benannt nach einer Artikelserie der jungen Journalistin Françoise Giroud, die 1957 im Magazin "L'express" erschien und die zeitgenössische Jugend in ihrem Freiheitsdrang porträtierte. Gegründet in den späten Fünfzigerjahren durch eine Gruppe von Filmkritikern. Ihre Namen? Jean-Luc Godard, François Truffaut, Claude Chabrol, Eric Rohmer, Jacques Rivette. Ihre Heimat? Das Kino. Und die Filmzeitschrift "Cahiers du cinéma". Hier schrieben sie über ihre Helden. Alfred Hitchcock, Ingmar Bergman, Otto Preminger, Howard Hawks, Fritz Lang. Die Kenntnis der Filmgeschichte war für sie unabdingbare Voraussetzung für das eigene Filmemachen. In ihren Texten formulierten sie ihr eigenes Programm.

Es umfasste eine scharfe Kritik am formal Konventionellen, gut Ausgestatteten, brillant Ausgeleuchteten. Truffaut offenbarte seinen Widerwillen gegen die "geleckte Fotografie" traditioneller Filmemacher und setzte im Gegensatz dazu einen neuen Willen zum Subjektiven, Wahrhaftigen. Ihm ging es darum, die Menschen aus der abgeschlossenen Welt der Formeln ausbrechen zu lassen und sie so zu zeigen, wie sie wirklich sind. Sein Gründungsgefährte Godard brachte das im April 1959 auf die anklagende Formel: "Wir können euch nie verzeihen, dass ihr nie Mädchen gefilmt habt, so wie wir sie mögen, Jungen, denen wir täglich begegnen, Eltern, die wir verachten, Kinder, die uns überraschen, kurz, die Dinge, so wie sie sind."

Einher mit den inhaltlichen Schwerpunkten gingen auch formale Veränderungen. Die Kamera bekam eine zentrale Rolle und wurde, geführt von Männern wie Néstor Almendros oder Raoul Coutard, zu dem, was "dem Schriftsteller sein Federhalter ist" (Godard). Die Parole lautete: Straße statt Studio, Kerzenlicht statt Lichtmaschine, subjektive Erzählerstimme statt objektiver Kommentarton. All das, was die Nouvelle Vague auszeichnet, was sie so besonders und heute noch anziehend macht, kann man in Truffauts Film "Jules et Jim" aus dem Jahr 1961 erleben. Basierend auf dem Roman von Henri-Pierre Roché, erzählt der Film von zwei Freunden, die sich in dieselbe Frau verlieben, aber darüber nicht unglücklich werden. Jeanne Moreau spielt diese Cathérine und verleiht ihr einen rauen Liebreiz. Henri Serre spielt den französischen Jim, Oskar Werner den deutschen Jules. Gegen die traditionellen Beziehungsvorstellungen rennen die drei jungen Menschen an - im wahrsten Sinne des Wortes. Die ikonographische Einstellung des Films ist ein Wettrennen der drei Liebenden über eine Brücke. Auch sonst spielt Schnelligkeit eine große Rolle in diesem knapp hundertminütigen Film. An unterschiedlicher Stelle fahren dampfende Lokomotiven durchs Bild, es wird viel gerannt, getanzt und hastig geredet. Alles in diesem Film macht den Anschein, dass die Zeit knapp ist. Deshalb die dringende (eben nicht aufdringliche) Erotik, die vielen hektischen Gesten und raschen Augenaufschläge, die heimlichen Berührungen in Großaufnahme. Aber es ist noch etwas, das diesen Film so wunderbar riskant macht in unseren Tagen: Es ist die große Gelassenheit gegenüber der Geschlechtlichkeit, die sich hier vor allem im sanften Gesichtsausdruck von Oskar Werner spiegelt. Die Selbstverständlichkeit, mit der hier polyamourös geliebt wird, die Freiheit, in der sich Jeanne Moreau als Mann verkleidet und gegen die ihr zugeschriebenen Besitzansprüche wehrt - sie entscheidet, wen der beiden Männer sie lieben will -, all das erzeugt eine große Anziehung über die Zeiten und Typen hinweg.

Mit seiner novellenartigen Erzählweise bekennt sich "Jules et Jim" zu einem wesentlichen Strukturprinzip der Nouvelle Vague: dem Episodenhaften. Gilles Deleuze hat die "Verlangsamung der Zeit" einmal als zentrale Eigenart dieser Filmströmung benannt und dabei auch auf die magische Sensibilität hingewiesen, die vielen Filmen innewohnt. 1952 erklärte Godard auf die Frage, was das Kino für ihn sei: "der Ausdruck der schönen Gefühle".

Aus dieser Überzeugung zieht auch "Jules et Jim" seine Kraft. Dem Film ist nichts wichtiger als die Freiheit der Liebe und die Bedeutung der Freundschaft. Beides zusammen macht, dass sogar der Erste Weltkrieg, in dem beide Freunde auf unterschiedlichen Seiten kämpfen, hier nur zu einer ungünstigen Episode wird. Auch darin zeigt sich das anarchistische Potential einer Kunstrichtung, die mit den Zerklüftungen der Politik nichts zu tun haben will. Und doch ging auch diese Kunstrichtung am politischen Meinungskampf zugrunde: 1968 beschritt der sich politisch radikalisierende Godard einen Weg, auf dem ihm die anderen nicht folgen wollten. 1973 erschien ein Briefwechsel zwischen Truffaut und Godard, in dem sie sich gegenseitig der Lüge bezichtigten. Damit brach die Welle und verlief im Sand. Da sitzen wir heute noch immer und staunen über das, was dort vorne einmal zu sehen war. SIMON STRAUSS

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr