Marktforscher sind ein Übel. Erst recht, wenn die Datensammler im eigenen Haus ihre Zelte aufschlagen. Für den kauzigen Isak wird dieser Alptraum wahr. Der Single nimmt an einer Studie des schwedischen Forschungsinstituts für Heim und Haushalt zum Verhalten von Junggesellen in ihrer Küche teil. In Isaks Küche wird Folke als Beobachter auf einem Hochsitz postiert. Jeglicher Kontakt zwischen den beiden ist verboten, um die Ergebnisse nicht zu gefährden. Doch schon bald macht sich Isak einen Spaß daraus, das Experiment zu boykottieren und nach und nach brechen die sorgfältig ausgetüftelten Versuchsanordnungen zusammen...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Produktionsnotizen - "Die ideale Küche" - Witzige Werbespots aus den 50er und 60er JahrenFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.02.1997Der Vater des Friseurs ist seine Mutter
Dreimal chinesische Entfremdung und ein Meisterwerk: "Küche" von Yim Ho
Am Tag nach dem Bekanntwerden des Todes Deng Xiaopings fand auf der Berlinale die Premiere des Films "Überwachung" (Mai Fu) statt. Die Volksrepublik, die dieses Werk präsentierte, konnte damit freilich die Hoffnungen auf ein modernes, weltoffenes China, die sich an Dengs Namen gemeinhin knüpfen, nicht bestätigen. Zwar kokettiert der Film mit manchen ironischen Zutaten. Der Held, ein etwas vertrottelter, aber treuherziger Hafenpolizist (Feng Gong), wird augenzwinkernd als "ideologisch zuverlässig" eingestuft, und als er einmal in ein Porno-Video hineinguckt, tut er es nach eigenen Angaben "mit kritischem, mit marxistischem Blick".
Doch je länger der verschlafene Film dauert, desto mehr merkt man, daß solche Authentizitätssplitter nur einem strategischen Ziel gehorchen: der Apotheose des sich für seine Arbeit und sein Land aufopfernden, unbestechlichen Arbeiters. Dank der alle privaten und beruflichen Hindernisse überwindenden Überwachungsarbeit des Hafenpolizisten wird am Ende ein Gauner geschnappt, der, offenbar ein Fan der heroischen Filme der frühen Volksrepublik, dem Helden seinen aufrichtigen Respekt zollt. Wie en passant treten auch zahlreiche Volkspolizisten in Uniform auf, die ausnahmslos einen attraktiven, sympathischen Eindruck machen. "Überwachung" ist ein pures Propagandawerk mit drohendem Unterton, eine Agitation gegen den schädlichen Individualismus der modernen Zeit.
Diese Moral ist nicht nur logisch für einen vor allem aufs reibungslose Funktionieren bedachten Staat, sie ist auch die hergebrachte Antwort auf die alte Frage, wie sich China der westlichen Massenkultur gegenüber verhalten soll. Alle vier chinesischen Filme im Wettbewerb trieb diese Frage um. In dem taiwanischen Beitrag "Der Fluß" (He Liu) von Tsai Ming-liang kommt die Entfremdung besonders aufdringlich daher. Eine Drei-Personen-Familie hat sich derart auseinandergelebt, daß keiner mehr einen Ton sagt, sondern lieber in lange verharrendem Stillstand vor sich hinstarrt, während ständig irgendwo Wasser rauscht (eine Chiffre unerfüllter Sehnsüchte). Den Sohn der Familie plagt aus unerfindlichen Gründen ein steifer Nacken (Metapher für wachsende Beziehungslosigkeit sowie die Rebellion dagegen). Draußen regiert die Bedeutungsleere der Großstadt Taipeh, der niemand entkommt: sterile Hotelzimmer, McDonalds, Wolkenkratzer. Am Anfang konnte man bei diesem taiwanischen Fassbinder-Verschnitt noch hoffen, daß sich in den vermeintlich unabsichtlichen, endlos langen Einstellungen etwas Realität verfängt, am Ende weiß man, es ist alles nur allegorisch gemeint, lauter bebilderte Intellektuellen-Klischees.
Den entgegengesetzten Weg geht der Film "Viva Erotica" (Seqing nannu) von Derek Yee aus Hongkong. Ein ambitionierter Filmregisseur läßt sich aus Geldmangel zum Pornofilmen verleiten. Was er widerstrebend beginnt, macht ihm am Ende Spaß: Was immer man tut, so die Moral, man muß es nur ganz tun. Dieser Fluchtversuch aus dem Elend der Kulturkritik in die totale Affirmation hat jedoch nicht den Hauch einer satirisch-sarkastischen Schärfe, sondern verplätschert in geschwätziger Harmlosigkeit und voyeuristischem Kitsch.
Auch im zweiten Hongkonger Beitrag, "Küche" (Wo Ai Chufang) von Yim Ho (dem letztjährigen Gewinner eines Silbernen Bären für die beste Regie), steht dem Helden die Veräußerlichung ins Gesicht geschrieben: Louie, ein flippiger Szene-Friseur mit überdimensionierter Tolle auf dem sonst fast kahlen Schädel, ständig mit Kopfhörer an den mit Pailletten geschmückten Ohren (Jordan Chan). Er wohnt bei seiner Mutter, die sich später als sein Vater herausstellt, der eine erfolgreiche Geschlechtsumwandlung hinter sich hat und nun auf der Suche nach einem Ehemann ist. "Ziemlich cool für sein Alter", wie der Sohn urteilt. Doch dies sind auch die einzigen Anspielungen an die aktuelle Bewußtseinsindustrie in dieser Geschichte, die gerade deshalb, weil sie sich von allem plakativen Zeitbezug fernhält, ein großartiger Film geworden ist, in dem sich Pathos und Ironie auf wunderbare Weise die Waage halten.
Eigentlich geht es nämlich um eine rätselhafte junge Frau namens Aggie (Yasuko Tomita), die zum Begräbnis ihrer Großmutter von Japan nach Hongkong kommt und der der Schmerz die Sprache verschlagen hat. Der Friseur ist der Ich-Erzähler, dessen Weisheit sich anfangs trotz dem elegischen Tonfall in Grenzen hält; doch je mehr er dem Geheimnis der Frau aus Japan auf die Schliche kommt, je mehr er nach der Ermordung der Mutter selber leiden muß, desto mehr wird auch er zum Philosophen. Am Ende zieht er sich zur Bewußtwerdung in ein Bergdorf in Festlandchina zurück, und erst dann kann aus ihm und der Frau nach zahlreichen Verzögerungen ein Paar werden.
Diese metaphysisch grundierte Liebesgeschichte, die auf einen Roman der Japanerin Banana Yoshimoto zurückgeht, steckt voller Sentimentalitätsfallen. Aber der Film umgeht sie mit seiner Lakonie und seiner skurrilen Perspektive mit Bravour. Und wie nebenbei demonstriert er, daß noch in der massivsten Massenkultur niemand zur Entfremdung verpflichtet ist. MARK SIEMONS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Dreimal chinesische Entfremdung und ein Meisterwerk: "Küche" von Yim Ho
Am Tag nach dem Bekanntwerden des Todes Deng Xiaopings fand auf der Berlinale die Premiere des Films "Überwachung" (Mai Fu) statt. Die Volksrepublik, die dieses Werk präsentierte, konnte damit freilich die Hoffnungen auf ein modernes, weltoffenes China, die sich an Dengs Namen gemeinhin knüpfen, nicht bestätigen. Zwar kokettiert der Film mit manchen ironischen Zutaten. Der Held, ein etwas vertrottelter, aber treuherziger Hafenpolizist (Feng Gong), wird augenzwinkernd als "ideologisch zuverlässig" eingestuft, und als er einmal in ein Porno-Video hineinguckt, tut er es nach eigenen Angaben "mit kritischem, mit marxistischem Blick".
Doch je länger der verschlafene Film dauert, desto mehr merkt man, daß solche Authentizitätssplitter nur einem strategischen Ziel gehorchen: der Apotheose des sich für seine Arbeit und sein Land aufopfernden, unbestechlichen Arbeiters. Dank der alle privaten und beruflichen Hindernisse überwindenden Überwachungsarbeit des Hafenpolizisten wird am Ende ein Gauner geschnappt, der, offenbar ein Fan der heroischen Filme der frühen Volksrepublik, dem Helden seinen aufrichtigen Respekt zollt. Wie en passant treten auch zahlreiche Volkspolizisten in Uniform auf, die ausnahmslos einen attraktiven, sympathischen Eindruck machen. "Überwachung" ist ein pures Propagandawerk mit drohendem Unterton, eine Agitation gegen den schädlichen Individualismus der modernen Zeit.
Diese Moral ist nicht nur logisch für einen vor allem aufs reibungslose Funktionieren bedachten Staat, sie ist auch die hergebrachte Antwort auf die alte Frage, wie sich China der westlichen Massenkultur gegenüber verhalten soll. Alle vier chinesischen Filme im Wettbewerb trieb diese Frage um. In dem taiwanischen Beitrag "Der Fluß" (He Liu) von Tsai Ming-liang kommt die Entfremdung besonders aufdringlich daher. Eine Drei-Personen-Familie hat sich derart auseinandergelebt, daß keiner mehr einen Ton sagt, sondern lieber in lange verharrendem Stillstand vor sich hinstarrt, während ständig irgendwo Wasser rauscht (eine Chiffre unerfüllter Sehnsüchte). Den Sohn der Familie plagt aus unerfindlichen Gründen ein steifer Nacken (Metapher für wachsende Beziehungslosigkeit sowie die Rebellion dagegen). Draußen regiert die Bedeutungsleere der Großstadt Taipeh, der niemand entkommt: sterile Hotelzimmer, McDonalds, Wolkenkratzer. Am Anfang konnte man bei diesem taiwanischen Fassbinder-Verschnitt noch hoffen, daß sich in den vermeintlich unabsichtlichen, endlos langen Einstellungen etwas Realität verfängt, am Ende weiß man, es ist alles nur allegorisch gemeint, lauter bebilderte Intellektuellen-Klischees.
Den entgegengesetzten Weg geht der Film "Viva Erotica" (Seqing nannu) von Derek Yee aus Hongkong. Ein ambitionierter Filmregisseur läßt sich aus Geldmangel zum Pornofilmen verleiten. Was er widerstrebend beginnt, macht ihm am Ende Spaß: Was immer man tut, so die Moral, man muß es nur ganz tun. Dieser Fluchtversuch aus dem Elend der Kulturkritik in die totale Affirmation hat jedoch nicht den Hauch einer satirisch-sarkastischen Schärfe, sondern verplätschert in geschwätziger Harmlosigkeit und voyeuristischem Kitsch.
Auch im zweiten Hongkonger Beitrag, "Küche" (Wo Ai Chufang) von Yim Ho (dem letztjährigen Gewinner eines Silbernen Bären für die beste Regie), steht dem Helden die Veräußerlichung ins Gesicht geschrieben: Louie, ein flippiger Szene-Friseur mit überdimensionierter Tolle auf dem sonst fast kahlen Schädel, ständig mit Kopfhörer an den mit Pailletten geschmückten Ohren (Jordan Chan). Er wohnt bei seiner Mutter, die sich später als sein Vater herausstellt, der eine erfolgreiche Geschlechtsumwandlung hinter sich hat und nun auf der Suche nach einem Ehemann ist. "Ziemlich cool für sein Alter", wie der Sohn urteilt. Doch dies sind auch die einzigen Anspielungen an die aktuelle Bewußtseinsindustrie in dieser Geschichte, die gerade deshalb, weil sie sich von allem plakativen Zeitbezug fernhält, ein großartiger Film geworden ist, in dem sich Pathos und Ironie auf wunderbare Weise die Waage halten.
Eigentlich geht es nämlich um eine rätselhafte junge Frau namens Aggie (Yasuko Tomita), die zum Begräbnis ihrer Großmutter von Japan nach Hongkong kommt und der der Schmerz die Sprache verschlagen hat. Der Friseur ist der Ich-Erzähler, dessen Weisheit sich anfangs trotz dem elegischen Tonfall in Grenzen hält; doch je mehr er dem Geheimnis der Frau aus Japan auf die Schliche kommt, je mehr er nach der Ermordung der Mutter selber leiden muß, desto mehr wird auch er zum Philosophen. Am Ende zieht er sich zur Bewußtwerdung in ein Bergdorf in Festlandchina zurück, und erst dann kann aus ihm und der Frau nach zahlreichen Verzögerungen ein Paar werden.
Diese metaphysisch grundierte Liebesgeschichte, die auf einen Roman der Japanerin Banana Yoshimoto zurückgeht, steckt voller Sentimentalitätsfallen. Aber der Film umgeht sie mit seiner Lakonie und seiner skurrilen Perspektive mit Bravour. Und wie nebenbei demonstriert er, daß noch in der massivsten Massenkultur niemand zur Entfremdung verpflichtet ist. MARK SIEMONS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main