Zwei Boxer on the road. Ziel - Las Vegas. Da Ceasar Flugangst hat, fährt seine Freundin Grace ihn und Vince in die Showstadt. Zum ersten Mal sollen die beiden Freunde dort gegeneinander antreten. Unterwegs entbrennt aber ein ganz anderer Kampf, nämlich der um Graces Gunst...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Biografien/Filmografien - Goofs (Regiefehler) - Interaktives Menü - Interviews - Produktionsnotizen - TrailerFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.03.2000Turnvater auf Kamerafahrt
Wie ein lahmer Stier: In Ron Sheltons Boxerfilm platzt auch Augenbrauen höchstens nur der Kragen
Amerikanischer als Football ist nur ein Film über Football. Was dieses Land nach dem wiederholten Ende des Westerns von sich erwartet, ruht als durchtrainierte Hoffnung auf den Schultern der Athleten. Damit der Materialismus reiner Muskelmasse nicht allein auf weiter Kunstrasenflur kämpfen muss, unterstützt ihn die Moral mit erlaubtem Seelendoping. Zuletzt hat Oliver Stone ins eingefrorene Bild gebracht, dass wichtiger als der Sieg nur die Kabinenansprache des Trainers ist. Kein politischer Weihnachtsgruß an die Nation kann sentimentaler sein als eine solche Predigt zwischen Schweißsocken und Massageöl. "Any Given Sunday" beugte vor dem Idol demütig den Nacken und gab seine Rückgratkrümmung auch noch heuchelnd als Gymnastikübung aus. Hatte Stone in seinen gewalttätigen "Natural Born Killers" sich noch auf die Gedankenfreiheit der Satire berufen, ging er vor dem Sport auf die mit Andacht wattierten Knie. Mit großem Inszenierungsaufwand kolportierte er eine Botschaft, die sein Film mit jedem Fleißkärtchen teilen muss.
Ron Shelton hat als Regisseur gar nicht erst die Selbstaufklärung versucht und ist deshalb beim Sportfilm geblieben. Was er schon an Bällen vor der Kamera hat schlagen, treten oder werfen lassen, liest sich wie eine Rangliste nordamerikanischer Körperertüchtigungen. So unterschiedlich das Reglement auch jeweils den Zweikampf lenkte und so abwechslungsreich die Flugbahn eines Balls auch ausfallen kann, so einfältig ist Sheltons Erzählreichtum: Der amerikanische Anspruch, einem Mann gehöre eine Stimme, hat er auf die Anzahl überhaupt erzählbarer Geschichten übertragen.
Sein letzter Film, "Tin Cup", brauchte zwei Männer, einen weiblichen Katalysator und den Golfplatz, um daraus ein Geschäft zu machen. Während die Charaktere bewegungslos aus dem Stand agierten, lief alleine die Kamera. Die gleiche Konstellation wiederholt er nun auch in "Knocked Out - Eine schlagkräftige Freundschaft". Allerdings ist das löchrige Grün diesmal durch einen Boxring ersetzt, so dass die Helden kürzere Hosen und die Frauen milieubedingt ein freizügigeres Sprachkostüm tragen dürfen.
Die zu Sparringspartnern ihrer selbst heruntergekommenen Boxer Cesar (Antonio Banderas) und Vince (Woody Harrelson) reißt ein Telefonanruf aus ihrer keuchenden Lethargie. Gesucht werden für einen Vorkampf in Las Vegas zwei Veteranen, die das Publikum vor dem eigentlichen Event aufwärmen. Für die Freunde ist es die berühmte letzte Chance, noch einmal ihr Leben im Scheinwerferlicht aufzuhellen. Beide haben früher im entscheidenden Kampfmoment versagt und in der anschließenden Ohnmacht ihre Karriere verschlafen. Diese Niederlage macht sie für eine Belastung ihrer Gesundheit wie ihrer Freundschaft bereit.
Weil ein Boxkampf wie ein Filmfinale nur wenige Minuten dauern darf, braucht er ein Vorspiel. Ron Shelton hat deshalb zum Einschlagen ein road movie vorgeschaltet. Flugangst treibt beide Kämpfer in das Auto von Grace (Lolita Davidovich), die sie sich ebenso freundschaftlich wie die Kampfsumme geteilt haben. Die Fahrt durch die Wüste von Nevada zwingt die Kamera zu einer Beschränkung auf Gesichter. Und hier findet sie eine Zeit lang Halt genug, um über den vorzeitigen K. o. des Drehbuchs hinwegzukommen. Alle Filme von Shelton waren nicht zuletzt solche Schauspielervehikel. Sie haben sich ganz auf die Allüre und das sympathische Spiel konzentriert, ohne durch Charakteransprüche zu irritieren. Ein Woody Harrelson hilft über die Einfallslosigkeit anfangs hinweg, weil seine Gestik eine Brutalität ahnen lässt, die der familienfreundliche Regisseur niemals in Szene setzen würde. Es sind die Stars, die bei ihm den Film machen, und das Drehbuch versucht alles, um ihnen nicht dabei in die Quere zu kommen.
Dieses Prinzip, die Armut des Ganzen durch manche Miniatur auszugleichen, tritt bei der Ankunft in Las Vegas offen hervor. Shelton durchsetzt das Warten auf den Kampf mit einer Fülle von Cameos, sekundenlangen Auftritten aus Film und Funk bekannter Leute, die wortlos ihre reine Berühmtheit zur Verfügung stellen. Kevin Costner wird in den Zuschauerreihen begrüßt, Rod Stewart hetzt amourös engagiert an seinen Fans vorbei, Mike Tyson setzt seinen fulminanten Nacken in Szene. Auch die Kunststadt Las Vegas funktioniert nach dem gleichen Schema. Sie wird zitiert wie ein Idol, das man aus den Fanzines in- und auswendig kennt. So ist der Schauwert dieser Themenhotels groß und zugleich so leer wie die Geldbeutel der Zocker bei der Abreise.
Wie wenig ein Sportlerfilm mit Sport zu tun haben muss, zeigt der Schlusskampf. Was Höhepunkt der Auseinandersetzung sein sollte, zieht die bis dahin gerade noch erträgliche Unterhaltung gänzlich hinab. Tunlichst sollte man als Zuschauer vermeiden, an einen Klassiker wie Scorseses "Raging Bull" oder auch nur an die Schlagorgien der "Rocky"-Serie zu denken. Gänzlich von der Regie verlassen, stehen den beiden Kämpfern nur die Maskenbildner bei. Vince und Cesar schlagen sich redlich, ohne auch nur den Ansatz von Verwundbarkeit vermitteln zu können. Der Fleischfetzen, zu dem Robert De Niro sich beim Schlussgong runtergearbeitet hat, schmerzt dagegen noch in der Erinnerung. Bei Ron Shelton sieht das Ganze so schmackhaft aus wie ein hübsch angemachtes Häufchen Tartar, dem der Film sich wie ein saure Gurke beilegt.
THOMAS WIRTZ
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie ein lahmer Stier: In Ron Sheltons Boxerfilm platzt auch Augenbrauen höchstens nur der Kragen
Amerikanischer als Football ist nur ein Film über Football. Was dieses Land nach dem wiederholten Ende des Westerns von sich erwartet, ruht als durchtrainierte Hoffnung auf den Schultern der Athleten. Damit der Materialismus reiner Muskelmasse nicht allein auf weiter Kunstrasenflur kämpfen muss, unterstützt ihn die Moral mit erlaubtem Seelendoping. Zuletzt hat Oliver Stone ins eingefrorene Bild gebracht, dass wichtiger als der Sieg nur die Kabinenansprache des Trainers ist. Kein politischer Weihnachtsgruß an die Nation kann sentimentaler sein als eine solche Predigt zwischen Schweißsocken und Massageöl. "Any Given Sunday" beugte vor dem Idol demütig den Nacken und gab seine Rückgratkrümmung auch noch heuchelnd als Gymnastikübung aus. Hatte Stone in seinen gewalttätigen "Natural Born Killers" sich noch auf die Gedankenfreiheit der Satire berufen, ging er vor dem Sport auf die mit Andacht wattierten Knie. Mit großem Inszenierungsaufwand kolportierte er eine Botschaft, die sein Film mit jedem Fleißkärtchen teilen muss.
Ron Shelton hat als Regisseur gar nicht erst die Selbstaufklärung versucht und ist deshalb beim Sportfilm geblieben. Was er schon an Bällen vor der Kamera hat schlagen, treten oder werfen lassen, liest sich wie eine Rangliste nordamerikanischer Körperertüchtigungen. So unterschiedlich das Reglement auch jeweils den Zweikampf lenkte und so abwechslungsreich die Flugbahn eines Balls auch ausfallen kann, so einfältig ist Sheltons Erzählreichtum: Der amerikanische Anspruch, einem Mann gehöre eine Stimme, hat er auf die Anzahl überhaupt erzählbarer Geschichten übertragen.
Sein letzter Film, "Tin Cup", brauchte zwei Männer, einen weiblichen Katalysator und den Golfplatz, um daraus ein Geschäft zu machen. Während die Charaktere bewegungslos aus dem Stand agierten, lief alleine die Kamera. Die gleiche Konstellation wiederholt er nun auch in "Knocked Out - Eine schlagkräftige Freundschaft". Allerdings ist das löchrige Grün diesmal durch einen Boxring ersetzt, so dass die Helden kürzere Hosen und die Frauen milieubedingt ein freizügigeres Sprachkostüm tragen dürfen.
Die zu Sparringspartnern ihrer selbst heruntergekommenen Boxer Cesar (Antonio Banderas) und Vince (Woody Harrelson) reißt ein Telefonanruf aus ihrer keuchenden Lethargie. Gesucht werden für einen Vorkampf in Las Vegas zwei Veteranen, die das Publikum vor dem eigentlichen Event aufwärmen. Für die Freunde ist es die berühmte letzte Chance, noch einmal ihr Leben im Scheinwerferlicht aufzuhellen. Beide haben früher im entscheidenden Kampfmoment versagt und in der anschließenden Ohnmacht ihre Karriere verschlafen. Diese Niederlage macht sie für eine Belastung ihrer Gesundheit wie ihrer Freundschaft bereit.
Weil ein Boxkampf wie ein Filmfinale nur wenige Minuten dauern darf, braucht er ein Vorspiel. Ron Shelton hat deshalb zum Einschlagen ein road movie vorgeschaltet. Flugangst treibt beide Kämpfer in das Auto von Grace (Lolita Davidovich), die sie sich ebenso freundschaftlich wie die Kampfsumme geteilt haben. Die Fahrt durch die Wüste von Nevada zwingt die Kamera zu einer Beschränkung auf Gesichter. Und hier findet sie eine Zeit lang Halt genug, um über den vorzeitigen K. o. des Drehbuchs hinwegzukommen. Alle Filme von Shelton waren nicht zuletzt solche Schauspielervehikel. Sie haben sich ganz auf die Allüre und das sympathische Spiel konzentriert, ohne durch Charakteransprüche zu irritieren. Ein Woody Harrelson hilft über die Einfallslosigkeit anfangs hinweg, weil seine Gestik eine Brutalität ahnen lässt, die der familienfreundliche Regisseur niemals in Szene setzen würde. Es sind die Stars, die bei ihm den Film machen, und das Drehbuch versucht alles, um ihnen nicht dabei in die Quere zu kommen.
Dieses Prinzip, die Armut des Ganzen durch manche Miniatur auszugleichen, tritt bei der Ankunft in Las Vegas offen hervor. Shelton durchsetzt das Warten auf den Kampf mit einer Fülle von Cameos, sekundenlangen Auftritten aus Film und Funk bekannter Leute, die wortlos ihre reine Berühmtheit zur Verfügung stellen. Kevin Costner wird in den Zuschauerreihen begrüßt, Rod Stewart hetzt amourös engagiert an seinen Fans vorbei, Mike Tyson setzt seinen fulminanten Nacken in Szene. Auch die Kunststadt Las Vegas funktioniert nach dem gleichen Schema. Sie wird zitiert wie ein Idol, das man aus den Fanzines in- und auswendig kennt. So ist der Schauwert dieser Themenhotels groß und zugleich so leer wie die Geldbeutel der Zocker bei der Abreise.
Wie wenig ein Sportlerfilm mit Sport zu tun haben muss, zeigt der Schlusskampf. Was Höhepunkt der Auseinandersetzung sein sollte, zieht die bis dahin gerade noch erträgliche Unterhaltung gänzlich hinab. Tunlichst sollte man als Zuschauer vermeiden, an einen Klassiker wie Scorseses "Raging Bull" oder auch nur an die Schlagorgien der "Rocky"-Serie zu denken. Gänzlich von der Regie verlassen, stehen den beiden Kämpfern nur die Maskenbildner bei. Vince und Cesar schlagen sich redlich, ohne auch nur den Ansatz von Verwundbarkeit vermitteln zu können. Der Fleischfetzen, zu dem Robert De Niro sich beim Schlussgong runtergearbeitet hat, schmerzt dagegen noch in der Erinnerung. Bei Ron Shelton sieht das Ganze so schmackhaft aus wie ein hübsch angemachtes Häufchen Tartar, dem der Film sich wie ein saure Gurke beilegt.
THOMAS WIRTZ
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