Auf den Straßen Wiens tobt ein erbitterter Kleinkrieg der Rettungsdienste um die Opfer. Kein Wunder, dass dabei mancher auf der Strecke bleibt. Und der Rettungsfahrer Brenner von seiner Vergangenheit als Detektiv eingeholt wird, obwohl er von der eigentlich gar nichts mehr wissen will. Jetzt ist nämlich schon wieder etwas passiert. Erst ein Doppelmord im Krankenhaus, und dann einer an einem Kreuzretter-Kollegen, aber der nur einfach. Die Polizei tappt im Dunkeln und verhaftet mit dem altgedienten Rettungsfahrer Lanz den Falschen. Dessen attraktiver Tochter Angelika zuliebe macht sich Brenner an die Ermittlungen und stößt dabei inmitten des erbitterten Konkurrenzkampfes zwischen Kreuzrettern und Rettungsbund auf ein schier unentwirrbares Netz aus Intrigen, verdächtigen Unfällen, Fuhrpark-Sponsoring, seltsamen Testamenten und überraschenden Querverbindungen. Und unverhofft begegnet Brenner seiner alten Jugendliebe Klara wieder. Gordischer Knoten, nichts dagegen. "Komm, süßer Tod" ist eine rasante, rabenschwarz komische und restlos spannende Kriminalkomödie nach dem gleichnamigen unverfilmbaren Kriminal-Bestseller von Wolf Haas. Unter der Regie von Wolfgang Murnberger gibt Josef Hader, seit Indien (1993) bekannt als begnadetster Gelegenheitsschauspieler des deutschsprachigen Films, den Brenner. Ihm zur Seite steht mit Bernd Michael Lade, Reinhard Nowak, Karl Markovics, Barbara Rudnik und den Shooting-Stars Simon Schwarz (Die Siebtelbauern) und Nina Proll (Nordrand) ein hochkarätiges und lustvoll agierendes Ensemble.
Hinweis: Der deutsche Untertitel ist nicht abschaltbar!
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.09.2001Käse oder Leber
Wien fatal: Wolfgang Murnbergers Film "Komm, süßer Tod"
Auf den Straßen von Wien tobt ein Krieg, den fast niemand bemerkt. Nur gelegentlich muß ein Passant mitansehen, wie sein Hund unter die Räder eines Rettungsautos kommt - aber das ist ein Kollateralschaden, den die "Kreuzretter" gern in Kauf nehmen, wenn es gegen den "Rettungsbund" geht. Die beiden marktbeherrschenden Sanitätsunternehmen fahren um die Wette zu den Patienten, und zwischendurch führen die Einsatzfahrten meistens zu einer "Spenderleber", die in der Regel mit Brot und Senf und einem Bier eingenommen wird. Unter Umständen kommt noch eine Pfefferoni hinzu.
Vom Leberkäse zur Spenderleber ist es nur ein Kalauer (österreichisch: eine "Wuchtel"), aber dieser Schritt bezeichnet genau das Weltverhältnis der Wiener, die den Tod gern verhöhnen, weil sie das Klischee lieben, sie wären mit ihm befreundet. Das Makabre steht am Anfang von "Komm, süßer Tod", einer Kriminalgroteske von Wolfgang Murnberger, die auf einem Roman von Wolf Haas beruht. Haas hat bisher sechs Bücher geschrieben, allesamt Krimis, in denen die Versprachlichung einer spezifisch österreichischen Selbstdistanz zu ganz wunderbaren Abkürzungen in der Syntax des Deutschen führt. Die Romane klingen nach einer Stammtischunterhaltung, der das Geschwätzige ausgetrieben wurde. "Komm, süßer Tod" war das erste dieser Bücher, mit dem Haas sich auf Wiener Terrain wagte. In der zentralistischen österreichischen Filmwirtschaft lag es nahe, daraus einen Film zu machen und dann zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln: vielleicht zu einer Serie.
Im Mittelpunkt steht der Rettungsfahrer Brenner, gespielt von Josef Hader, ein eigentlich herzensguter, äußerlich aber mürrischer Herr, der seine besten Tage wohl nie gesehen hat. In einem früheren Leben war er Polizist und Privatdetektiv, nun ist er Lebensretter auf Abruf. Seinen Alltag aber bestimmen Routinefahrten, für die es ein Dialektwort gibt, das schlicht nicht zitabel ist.
Im richtigen Leben ist Josef Hader ein erfolgreicher Kabarettist, der mit seinem Programm "Privat" die Gattung Kleinkunst deutlich in Richtung Literatur getrieben hat, mit diesem Selbsterforschungsmonolog aber auch ein Niveau erreicht hat, das sich im eigenen Metier schwer überbieten läßt. Seither versucht Hader sich als Schauspieler. Er steht damit in einer ehrwürdigen Tradition des österreichischen Films, schließlich war schon Helmut Qualtinger gelegentlich als Ermittler tätig. Während der neunziger Jahre schien es zeitweise überhaupt so, als hätte die lokale Kleinkunst - mit Vertretern wie Alfred Dorfer und Roland Düringer - das Kino einfach im Handstreich übernommen.
Daß "Komm, süßer Tod" sich nicht in bloßem Gewitzel erschöpft, liegt wohl an einer Reibung zwischen Sprachvirtuosität und Bilderskepsis. Das österreichische Kino hat den Bildern nie viel zugetraut. Wolfgang Murnberger war mit seinem Debütfilm "Himmel und Hölle" eine Ausnahme, die direkt beim kindlichen Imaginären ansetzte. "Komm, süßer Tod" ist nun ein Film geworden, der aus mehrfachen Negationen etwas Originelles erzeugt: Hader, der eigentlich kein Schauspieler ist, spielt Brenner als einen zutiefst glaubwürdigen Psychoanalytiker, dessen freie Assoziationen zuletzt die Mordserie lösen helfen, um die es nebenbei auch geht. Haas, der Kriminalfälle immer nur als Vorwand für Sprachexperimente benutzt hat, entdeckt als Drehbuchautor die absurden Qualitäten, die auch ein Plot haben kann. Und Murnberger übersetzt diese Geschichte in Bilder, die den Anforderungen der Gattung in derselben Weise genügen, in der Brenner seinen Beruf ausübt: widerwillig in Klischees stochernd, aber doch mit Fleiß bemüht. Für österreichische Verhältnisse ergibt das einen Blockbuster.
BERT REBHANDL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wien fatal: Wolfgang Murnbergers Film "Komm, süßer Tod"
Auf den Straßen von Wien tobt ein Krieg, den fast niemand bemerkt. Nur gelegentlich muß ein Passant mitansehen, wie sein Hund unter die Räder eines Rettungsautos kommt - aber das ist ein Kollateralschaden, den die "Kreuzretter" gern in Kauf nehmen, wenn es gegen den "Rettungsbund" geht. Die beiden marktbeherrschenden Sanitätsunternehmen fahren um die Wette zu den Patienten, und zwischendurch führen die Einsatzfahrten meistens zu einer "Spenderleber", die in der Regel mit Brot und Senf und einem Bier eingenommen wird. Unter Umständen kommt noch eine Pfefferoni hinzu.
Vom Leberkäse zur Spenderleber ist es nur ein Kalauer (österreichisch: eine "Wuchtel"), aber dieser Schritt bezeichnet genau das Weltverhältnis der Wiener, die den Tod gern verhöhnen, weil sie das Klischee lieben, sie wären mit ihm befreundet. Das Makabre steht am Anfang von "Komm, süßer Tod", einer Kriminalgroteske von Wolfgang Murnberger, die auf einem Roman von Wolf Haas beruht. Haas hat bisher sechs Bücher geschrieben, allesamt Krimis, in denen die Versprachlichung einer spezifisch österreichischen Selbstdistanz zu ganz wunderbaren Abkürzungen in der Syntax des Deutschen führt. Die Romane klingen nach einer Stammtischunterhaltung, der das Geschwätzige ausgetrieben wurde. "Komm, süßer Tod" war das erste dieser Bücher, mit dem Haas sich auf Wiener Terrain wagte. In der zentralistischen österreichischen Filmwirtschaft lag es nahe, daraus einen Film zu machen und dann zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln: vielleicht zu einer Serie.
Im Mittelpunkt steht der Rettungsfahrer Brenner, gespielt von Josef Hader, ein eigentlich herzensguter, äußerlich aber mürrischer Herr, der seine besten Tage wohl nie gesehen hat. In einem früheren Leben war er Polizist und Privatdetektiv, nun ist er Lebensretter auf Abruf. Seinen Alltag aber bestimmen Routinefahrten, für die es ein Dialektwort gibt, das schlicht nicht zitabel ist.
Im richtigen Leben ist Josef Hader ein erfolgreicher Kabarettist, der mit seinem Programm "Privat" die Gattung Kleinkunst deutlich in Richtung Literatur getrieben hat, mit diesem Selbsterforschungsmonolog aber auch ein Niveau erreicht hat, das sich im eigenen Metier schwer überbieten läßt. Seither versucht Hader sich als Schauspieler. Er steht damit in einer ehrwürdigen Tradition des österreichischen Films, schließlich war schon Helmut Qualtinger gelegentlich als Ermittler tätig. Während der neunziger Jahre schien es zeitweise überhaupt so, als hätte die lokale Kleinkunst - mit Vertretern wie Alfred Dorfer und Roland Düringer - das Kino einfach im Handstreich übernommen.
Daß "Komm, süßer Tod" sich nicht in bloßem Gewitzel erschöpft, liegt wohl an einer Reibung zwischen Sprachvirtuosität und Bilderskepsis. Das österreichische Kino hat den Bildern nie viel zugetraut. Wolfgang Murnberger war mit seinem Debütfilm "Himmel und Hölle" eine Ausnahme, die direkt beim kindlichen Imaginären ansetzte. "Komm, süßer Tod" ist nun ein Film geworden, der aus mehrfachen Negationen etwas Originelles erzeugt: Hader, der eigentlich kein Schauspieler ist, spielt Brenner als einen zutiefst glaubwürdigen Psychoanalytiker, dessen freie Assoziationen zuletzt die Mordserie lösen helfen, um die es nebenbei auch geht. Haas, der Kriminalfälle immer nur als Vorwand für Sprachexperimente benutzt hat, entdeckt als Drehbuchautor die absurden Qualitäten, die auch ein Plot haben kann. Und Murnberger übersetzt diese Geschichte in Bilder, die den Anforderungen der Gattung in derselben Weise genügen, in der Brenner seinen Beruf ausübt: widerwillig in Klischees stochernd, aber doch mit Fleiß bemüht. Für österreichische Verhältnisse ergibt das einen Blockbuster.
BERT REBHANDL
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