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  • Hersteller: Dynamic
  • Erscheinungstermin: 28. August 2007
  • FSK: ohne Alterseinschränkung gemäß §14 JuSchG
  • EAN: 8007144335120
  • Artikelnr.: 23071449
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.09.2003

Siebenundfünfzig Jahre Verspätung
Was darf man bei Dalís Uhren auch anderes erwarten? Disney präsentiert den legendären "Destino"

Das Animationsfestival von Annecy, 1960 als Forum der internationalen Trickfilmvereinigung Asifa gegründet und deshalb erste Adresse für die gesamte Branche, hat immer wieder für Überraschungen gesorgt. So auch in diesem Jahr, als dort zum Auftakt des Festivals am 2. Juni ein Film zur Uraufführung kam, dessen Produktion vor siebenundfünfzig Jahren begonnen und nur wenig später wieder abgebrochen worden war: "Destino". So hieß seinerzeit eine in Amerika überaus populäre Schnulze der Sängerin Dora Luz, die der argentinische Komponist Armando Dominguez geschrieben hatte. Kein Geringerer als Walt Disney hatte sich sofort die Rechte an dem Musikstück gesichert, um es zur Grundlage einer seiner "gezeichneten Symphonien" zu machen. Experimentierfreudig, wie Disney seinerzeit noch war, engagierte er einen prominenten Mitarbeiter für die Filmgestaltung: Salvador Dalí. Im Februar 1946 trat der Maler für drei Monate seinen Dienst im Studio an.

Das war denkbar gewagt, denn Dalí war im Amerika der vierziger Jahre berüchtigt. 1939 war er festgenommen worden, weil er eine Schaufensterscheibe zerschlagen hatte; zwei Jahre später machte eines seiner Feste unter dem Motto "Surrealistischer Wald" skandalträchtig Furore. Disney, sonst immer auf familienkompatible Selbstdarstellung bedacht, schreckte davor ebensowenig zurück, wie er 1930 Sergej Eisenstein oder 1938 Leni Riefenstahl wieder auslud, als deren bevorstehende Besuche Gegenstand teils heftiger Kritik in Hollywood geworden waren.

Leider sprudelte Dalí nur so vor Ideen und erwies sich als ähnlich wankelmütig und kompromißlos wie Disney selbst, weshalb nicht mehr als eine siebzehn Sekunden lange Probesequenz nach Dalís Entwürfen gezeichnet wurde, obwohl bereits mehr als hundert Skizzen und mehrere Ölstudien zum Ablauf des Films fertig waren. Dieser Bestand wurde von den Mitarbeitern des Studios geplündert, als das Projekt zu den Akten gelegt wurde. Erst vor zwei Jahren hat der deutsche Trickfilmspezialist Daniel Kothenschulte erstmals eine größere Zahl der in den Disney-Archiven verwahrten Fotos von Dalís Storyboards veröffentlicht und sich an einer Rekonstruktion der Handlung von "Destino" versucht, die sich allerdings auf keine durch Dalí festgelegte Bildfolge stützen konnte.

Zur gleichen Zeit war Roy E. Disney, ein Neffe Walts und als werbewirksames Familienmitglied Teil des Unternehmensvorstands bei Disney, gerade mit "Fantasia 2000" gescheitert, einem aus mehreren Zeichentrickepisoden zusammengesetzten Musikfilm nach dem Vorbild des berühmten Originals von 1940. In seinem Bemühen, Kunst und Trickfilm zu verbrämen (womit Onkel Walt bereits Schiffbruch erlitten hatte), ließ sich Roy E. Disney durch den Mißerfolg seines Lieblingsprojekts nicht bremsen. Als nächstes nahm er die Vollendung von "Destino" in Angriff.

Die tricktechnische Umsetzung von Dalís Zeichnungen, die 1946 der damals blutjunge Animator John Hench hätte leisten sollen, wurde nun in die Hände Dominique Monferys gelegt, der an "Hercules", einem der innovativsten Disneyfilme der neunziger Jahre, mitgearbeitet hatte. Weniger Probleme als Kothenschulte wird auch er bei der Rekonstruktion der Handlung nicht gehabt haben. Allerdings beschränkt sich die nunmehr fertiggestellte Verfilmung des Entwurfs auf bloße fünf Minuten, während das Original wohl deutlich länger ausgefallen wäre. Und um den angeblichen Sehbedürfnissen des modernen Publikums Rechnung zu tragen, wurde ein Fünftel der Animation in dreidimensionalem Computertrick angelegt - just jene Kompositionen Dalís natürlich, von denen man sich die spektakulärsten (und populärsten) Bilder erhoffte: zerfließende Uhren oder eine plötzlich belebte Venusstatue. Eines jedenfalls ist sicher: So perfekt hätte "Destino" 1946 nie aussehen können.

Aber wohl auch nicht so glatt und blutleer. Die moderne Technik verstärkt die Kälte der Dalíschen Entwürfe noch. Dennoch hat der Film seinen ersten Festivalpreis bereits im August gewonnen, als er in Melbourne als bester Kurzfilm ausgezeichnet wurde. Nun lief er in Venedig, und er wird gewiß noch weiter herumkommen. Der eigentliche Grund für seine Fertigstellung dürfte jedoch banal sein: Als Disney vor drei Jahren die alten Verträge mit Dalí prüfte, stellte das Unternehmen fest, daß es die Bildrechte an dessen Entwürfen erst nach Abschluß von "Destino" erhalten würde. Nunmehr steht der großen Vermarktung des Paars Dalí/Disney in Büchern und auf DVDs nichts mehr im Wege.

ANDREAS PLATTHAUS

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