London, 1937: Obwohl Lady Laura Henderson gerade erst Witwe geworden ist, kauft sich die reiche Adelige mit guten Beziehungen und schlechten Manieren zum Zeitvertreib das leer stehende Windmill-Theater im Herzen von Soho - und macht daraus eine Weltsensation: Das Windmill präsentiert die erste Nacktrevue Großbritanniens! Die Show ist ein Erfolg - vor allem beim männlichen Publikum. Doch hinter den Kulissen brodelt es: Mit ihrem dickköpfigen Manager Vivian Van Damm liegt Lady Henderson ständig im Clinch, und als der Zweite Weltkrieg ausbricht, will die Regierung alle Theater schließen. Lady Hendersons Kampfgeist ist entfacht...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Audiokommentar von Regisseur Stephen Frears - Making Of Lady Henderson präsentiert - Fotogalerie - KinotrailerFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.02.2006Einfach eine gute Geschichte
Stephen Frears zeigt exklusiv neue Filme bei den "Frankfurter Positionen"
Muß die Kunst anstrengend, sperrig und eine Zumutung sein? Oder kann sie nicht genauso ganz leichtfüßig sich gebärden und dennoch Saiten zum Klingen bringen, Gedanken anstoßen, den Kunst-Konsumenten tief bewegen? Mit diesen Fragen beschäftigen sich in diesem Jahr die nun zu Ende gehenden "Frankfurter Positionen" der BHF-Bank-Stiftung unter dem "Titel "Gut ist, was gefällt". Der britische Regisseur Stephen Frears schlug gewissermaßen das ganze Spektrum dieser Frage auf, als er nun zur Filmreihe der "Positionen" mit zwei seiner jüngsten Werke anreiste, die in Deutschland nicht - oder noch nicht - im Kino gezeigt wurden.
Kaum jemand wie der 1941 geborene Frears könnte die Brücke zwischen diesen beiden Erwartungen an die Kunst besser schlagen: Hat der vielfach ausgezeichnete Regisseur doch mit Filmen wie "Mein wunderbarer Waschsalon" (1985) immer wieder eine realistische Darstellung aktueller gesellschaftlicher Phänomene, sozialer Umbrüche und Randgruppen thematisiert - oft genug als einer der ersten. Und gleichzeitig bediente Frears immer wieder auch das Mainstream-Kino mit Hochglanz-Produktionen wie "Gefährliche Liebschaften" (1988). Ob als Vertreter jener "Idioten, die immer noch Filme machen, in denen England so aussieht, wie es eben aussieht", oder in eher massenkompatiblen Genres: Frears zieht nicht nur viele Zuschauer an - ihm gelingt es, Leichtigkeit, Humor und Ironie mit tiefem Ernst virtuos zu verbinden und dabei Qualität zu liefern.
Einen "spielerischen, unernsten" Film habe er mitgebracht, kündigte Frears den ersten Teil dieses von der Filmkritikerin dieser Zeitung, Verena Lueken, moderierten Abends an. Also nichts, so setzte der Regisseur in seiner kurzen Eröffnungsansprache ironisch fort, was zum Thema der Reihe, die Ästhetik und Moral im europäischen Kino behandle, passe. Daß "Mrs. Henderson presents", der erst im Juni in die deutschen Kinos kommen soll und gerade für zwei Oscars nominiert ist, tatsächlich so ein leichtfertiges Filmchen ist, wie es der Regisseur in sehr britischem Understatement behauptete, darf mit Recht bezweifelt werden.
Auf einer wahren Begebenheit beruht Frears' Geschichte des Windmill Theatre, das nicht nur legendär ist, weil es als erstes britisches Revuetheater - unter dem Deckmantel der Kunst - nackte Damen zeigte, sondern auch, weil es in unbeugsamem Trotz auch im schlimmsten Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges nicht einen Tag geschlossen blieb. Eine reiche Witwe, ebenjene Mrs. Henderson, hatte sich das Theater Ende der dreißiger Jahre als Zeitvertreib zugelegt. Wie es, mit einem hochbegabten Manager an ihrer Seite, zum Lebenswerk wurde, zeigt die brillante, nun für einen Oscar als beste Hauptdarstellerin nominierte Judi Dench mit ihrem Partner Bob Hoskins, der den Film auch mitproduziert hat. "Mrs. Henderson presents" bedient souverän die Bedürfnisse der Unterhaltung, gleichzeitig zitiert er als Musikfilm wiederum das Genre selbst, mit opulenten Kostümen, Gesangs- und Tanzeinlagen, großartigen Darstellern und viel Gefühl. Daß es um mehr geht, zeigt nicht nur das eingefügte dokumentarische Material von der Bombardierung Londons. Es sind kleine Szenen, in denen Dench die Zwänge, die Ängste und die Trauer zeigt, denen die vermeintlich so frivole Upper-class-Lady unterliegt. Frears, der "Mrs. Henderson presents" als "Angestellter" der Produktion filmte, wie er sagte, ist indes dabei keineswegs daran gelegen, eine Problemgeschichte zu erzählen: Herausgekommen ist etwas Gutes, das gefällt und deutlich signalisiert, daß es gefallen will.
Diesen Anspruch trägt Frears' zweiter Film an diesem Abend keineswegs so ostentativ vor sich her. Der 2002 entstandene "Dirty Pretty Things" gab der Filmreihe der "Positionen" ihren Untertitel - vordergründig ein mit einer Liebesgeschichte verwobener Thriller, dessen Intensität zuweilen den Atem stocken läßt: Es geht um Organhandel. Zugleich ist "Dirty Pretty Things" sehr wohl auch ein "politischer" Film, spielt er doch vollständig im Milieu jener Heerscharen illegaler Einwanderer, die, wie der Regisseur sagte, die Stütze der britischen Wirtschaft seien, aber von der Politik negiert würden. Und auch wenn Frears Fragen nach der "Moral" beharrlich auswich, so steht doch die Frage, in welchem Verhältnis äußerste Verzweiflung und Not zu Mut, Tugend und Moral stehen, den Kern des Films aus. Daß es, trotz des französischen Stars Audrey Tautou in der Rolle der Türkin Senay, die sich in den nigerianischen Flüchtling Okwe (Chiwetel Eijofor) verliebt, ein "kleiner" Film, also mit eher niedrigem Budget ist, verband auch Frears in der Diskussion mit Verena Lueken mit dessen Thematik.
Natürlich hätte man das Ganze auch als Hollywood-Hochglanzversion drehen können, behauptete Frears, der selbst nicht viel Lust hatte, seine Arbeit im Kontext von Ästhetik und Moral zu betrachten. Doch widerlegte der Regisseur sich selbst, etwa, als er davon sprach, wie er bewußt nicht in England ansässige Darsteller, die zum Teil auch kein Englisch sprachen, ausgewählt habe, um ihr Fremdsein in den Film zu bringen. Einfach eine "gute Geschichte" sei "Dirty Pretty Things", so Frears, gedreht und gespielt von wunderbaren Leuten. Er als Regisseur habe versucht, der Geschichte alle Ehre angedeihen zu lassen. Wie seine Filme so würden, wie sie sind, könne er nicht erklären: Mehr war zum Stilwillen Frears' nicht zu erfahren, dafür aber sehr viel an britischer Ironie und Understatement. Daß Ästhetik und Moral eine große Rolle spielen bei einem Mann, der seit mehr als 20 Jahren immer wieder den Finger in die Wunden der britischen Gesellschaft legt und dafür Bilder findet, die ein großes Publikum sowohl unterhalten als auch bewegen: Dafür standen die beiden Filme.
EVA-MARIA MAGEL
Die "Frankfurter Positionen" schließen morgen um 20 Uhr im Schauspiel Frankfurt mit einem Vortrag des Frankfurter Philosophen Axel Honneth zu den "moralischen Grundlagen moderner Gesellschaften".
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Stephen Frears zeigt exklusiv neue Filme bei den "Frankfurter Positionen"
Muß die Kunst anstrengend, sperrig und eine Zumutung sein? Oder kann sie nicht genauso ganz leichtfüßig sich gebärden und dennoch Saiten zum Klingen bringen, Gedanken anstoßen, den Kunst-Konsumenten tief bewegen? Mit diesen Fragen beschäftigen sich in diesem Jahr die nun zu Ende gehenden "Frankfurter Positionen" der BHF-Bank-Stiftung unter dem "Titel "Gut ist, was gefällt". Der britische Regisseur Stephen Frears schlug gewissermaßen das ganze Spektrum dieser Frage auf, als er nun zur Filmreihe der "Positionen" mit zwei seiner jüngsten Werke anreiste, die in Deutschland nicht - oder noch nicht - im Kino gezeigt wurden.
Kaum jemand wie der 1941 geborene Frears könnte die Brücke zwischen diesen beiden Erwartungen an die Kunst besser schlagen: Hat der vielfach ausgezeichnete Regisseur doch mit Filmen wie "Mein wunderbarer Waschsalon" (1985) immer wieder eine realistische Darstellung aktueller gesellschaftlicher Phänomene, sozialer Umbrüche und Randgruppen thematisiert - oft genug als einer der ersten. Und gleichzeitig bediente Frears immer wieder auch das Mainstream-Kino mit Hochglanz-Produktionen wie "Gefährliche Liebschaften" (1988). Ob als Vertreter jener "Idioten, die immer noch Filme machen, in denen England so aussieht, wie es eben aussieht", oder in eher massenkompatiblen Genres: Frears zieht nicht nur viele Zuschauer an - ihm gelingt es, Leichtigkeit, Humor und Ironie mit tiefem Ernst virtuos zu verbinden und dabei Qualität zu liefern.
Einen "spielerischen, unernsten" Film habe er mitgebracht, kündigte Frears den ersten Teil dieses von der Filmkritikerin dieser Zeitung, Verena Lueken, moderierten Abends an. Also nichts, so setzte der Regisseur in seiner kurzen Eröffnungsansprache ironisch fort, was zum Thema der Reihe, die Ästhetik und Moral im europäischen Kino behandle, passe. Daß "Mrs. Henderson presents", der erst im Juni in die deutschen Kinos kommen soll und gerade für zwei Oscars nominiert ist, tatsächlich so ein leichtfertiges Filmchen ist, wie es der Regisseur in sehr britischem Understatement behauptete, darf mit Recht bezweifelt werden.
Auf einer wahren Begebenheit beruht Frears' Geschichte des Windmill Theatre, das nicht nur legendär ist, weil es als erstes britisches Revuetheater - unter dem Deckmantel der Kunst - nackte Damen zeigte, sondern auch, weil es in unbeugsamem Trotz auch im schlimmsten Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges nicht einen Tag geschlossen blieb. Eine reiche Witwe, ebenjene Mrs. Henderson, hatte sich das Theater Ende der dreißiger Jahre als Zeitvertreib zugelegt. Wie es, mit einem hochbegabten Manager an ihrer Seite, zum Lebenswerk wurde, zeigt die brillante, nun für einen Oscar als beste Hauptdarstellerin nominierte Judi Dench mit ihrem Partner Bob Hoskins, der den Film auch mitproduziert hat. "Mrs. Henderson presents" bedient souverän die Bedürfnisse der Unterhaltung, gleichzeitig zitiert er als Musikfilm wiederum das Genre selbst, mit opulenten Kostümen, Gesangs- und Tanzeinlagen, großartigen Darstellern und viel Gefühl. Daß es um mehr geht, zeigt nicht nur das eingefügte dokumentarische Material von der Bombardierung Londons. Es sind kleine Szenen, in denen Dench die Zwänge, die Ängste und die Trauer zeigt, denen die vermeintlich so frivole Upper-class-Lady unterliegt. Frears, der "Mrs. Henderson presents" als "Angestellter" der Produktion filmte, wie er sagte, ist indes dabei keineswegs daran gelegen, eine Problemgeschichte zu erzählen: Herausgekommen ist etwas Gutes, das gefällt und deutlich signalisiert, daß es gefallen will.
Diesen Anspruch trägt Frears' zweiter Film an diesem Abend keineswegs so ostentativ vor sich her. Der 2002 entstandene "Dirty Pretty Things" gab der Filmreihe der "Positionen" ihren Untertitel - vordergründig ein mit einer Liebesgeschichte verwobener Thriller, dessen Intensität zuweilen den Atem stocken läßt: Es geht um Organhandel. Zugleich ist "Dirty Pretty Things" sehr wohl auch ein "politischer" Film, spielt er doch vollständig im Milieu jener Heerscharen illegaler Einwanderer, die, wie der Regisseur sagte, die Stütze der britischen Wirtschaft seien, aber von der Politik negiert würden. Und auch wenn Frears Fragen nach der "Moral" beharrlich auswich, so steht doch die Frage, in welchem Verhältnis äußerste Verzweiflung und Not zu Mut, Tugend und Moral stehen, den Kern des Films aus. Daß es, trotz des französischen Stars Audrey Tautou in der Rolle der Türkin Senay, die sich in den nigerianischen Flüchtling Okwe (Chiwetel Eijofor) verliebt, ein "kleiner" Film, also mit eher niedrigem Budget ist, verband auch Frears in der Diskussion mit Verena Lueken mit dessen Thematik.
Natürlich hätte man das Ganze auch als Hollywood-Hochglanzversion drehen können, behauptete Frears, der selbst nicht viel Lust hatte, seine Arbeit im Kontext von Ästhetik und Moral zu betrachten. Doch widerlegte der Regisseur sich selbst, etwa, als er davon sprach, wie er bewußt nicht in England ansässige Darsteller, die zum Teil auch kein Englisch sprachen, ausgewählt habe, um ihr Fremdsein in den Film zu bringen. Einfach eine "gute Geschichte" sei "Dirty Pretty Things", so Frears, gedreht und gespielt von wunderbaren Leuten. Er als Regisseur habe versucht, der Geschichte alle Ehre angedeihen zu lassen. Wie seine Filme so würden, wie sie sind, könne er nicht erklären: Mehr war zum Stilwillen Frears' nicht zu erfahren, dafür aber sehr viel an britischer Ironie und Understatement. Daß Ästhetik und Moral eine große Rolle spielen bei einem Mann, der seit mehr als 20 Jahren immer wieder den Finger in die Wunden der britischen Gesellschaft legt und dafür Bilder findet, die ein großes Publikum sowohl unterhalten als auch bewegen: Dafür standen die beiden Filme.
EVA-MARIA MAGEL
Die "Frankfurter Positionen" schließen morgen um 20 Uhr im Schauspiel Frankfurt mit einem Vortrag des Frankfurter Philosophen Axel Honneth zu den "moralischen Grundlagen moderner Gesellschaften".
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main