Ein schmutziges Kaff an der mexikanisch-texanischen Grenze. Zwei brutale Gangsterbanden haben hier das Sagen und schicken jeden in die Wüste, der ihren Geschäften im Wege steht. Die restlichen Einwohner verkriechen sich voller Angst in ihren Häusern. Eines Tages kommt der geheimnisvolle Fremde Smith in den Ort. Um schnell an Geld zu kommen, bietet er sich sowohl der einen als auch der anderen Bande als Söldner an und spielt beide Seiten in einem perfekt geplanten Täuschungsmanöver gegeneinander aus. Es kommt zum entscheidenden tödlichen Kampf - und es wird nur einen geben, der ihn überlebt...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - TrailerFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.10.1996Waffen, Hüte, Wind und Staub
Der gläserne Film: Bruce Willis blickt unter Walter Hills Regie als "Last Man Standing" durch
Meist sind sie völlig verdreckt vom Staub, der den ganzen Tag durch die Stadt weht, und wenn es regnet, läuft das Wasser in langen Schlieren an ihnen herab. Manchmal steht der Wind still und der Himmel ist blau, doch dann kommt gewiß jemand, zieht den Revolver und schießt in sie hinein. Es gab lange keinen Film mehr, in dem der Zuschauer so häufig durch Fenster und Scheiben sehen muß wie in "Last Man Standing", und vielleicht hat es noch nie einen Film gegeben, in dem er dabei so selten klar sieht. Die Sicht wird getrübt und der Blick gebrochen, wann immer sich die Gelegenheit bietet. Doch das geschieht nicht grundlos. Denn der einzige, der alle durchschaut, während er selbst undurchsichtig bleiben muß, ist der Held.
Der Wüstensand weht den Fremden (Bruce Willis), der sich John Smith nennt, in die texanische Stadt Jericho, die von Gott verlassen und von Gangstern übernommen wurde. Im Jahre 1931 sind die Gesetzlosen motorisiert, und so machen sich zwei Banden das Monopol geheimer Alkoholtransporte streitig. Nicht zwischen den Vereinigten Staaten und ihrem Nachbarn Mexiko, sondern zwischen den beiden Anführern Doyle (David Patrick Kelly) und Strozzi (Ned Eisenberg) verläuft hier die Grenze. Wer sie überschreitet, bezahlt normalerweise mit dem Leben. Der Fremde dagegen wechselt die Seiten schneller als die Hemden, wird gut dafür bezahlt und lebt prächtig. Während sich die anderen gegenseitig umbringen, setzt er seinen Grenzgang unbeeindruckt fort und hält nur an, um von den Kugeln, die seinen Weg kreuzen, nicht getroffen zu werden.
Bruce Willis tritt in die Fußtapfen von Toshiro Mifune und Clint Eastwood, die in Akira Kurosawas "Yojimbo" (1960) und Sergio Leones "Für eine Handvoll Dollar" (1964) den schwelenden Konflikt zweier verfeindeter Gruppen anfachten, um am Ende als alleiniger Sieger die verbrannte Erde zu verlassen. Die Augen zusammengekniffen, die Lippen aufeinandergepreßt - diese Männer lassen nichts heraus, und gerade deshalb können die anderen so viel in sie hineinlegen. In "Last Man Standing" erhält der Zuschauer jedoch weitaus mehr als einzelne Einblicke in das Innenleben des wortkargen Helden, der im Zweifelsfall eher die Waffen für sich sprechen läßt. So wie Smith im Saloon, in dem er Station bezieht, durch die zahlreichen großen Fenster die Außenwelt nach allen Seiten im Auge behalten kann, wird er selber für uns transparent: durch einen nicht enden wollenden Off-Kommentar.
Es ist fraglich, ob der Regisseur und Drehbuchautor Walter Hill seinem Helden einen Gefallen tut, wenn er ihn ständig direkt zum Zuschauer sprechen läßt. Er nimmt der Figur, die sich gerade dadurch auszeichnen müßte, daß sie niemandem vertraut, viel von ihrem enigmatischen Charakter. Zudem wirkt Smith oft nicht lakonisch, sondern aufgesetzt cool und hinterläßt neben zahllosen Patronenhülsen auch einige Worthülsen. Oft erklärt er die Handlung, die sich doch eigentlich ereignen müßte. Aber vielleicht war es Kalkül, dem Film jedes Überraschungsmoment zu entziehen, um aus der Vorhersehbarkeit eine Tugend zu machen. Hill hat stets versucht, durch Variation altbekannter Muster und Stilisierung etwas Neues zu schaffen.
Diesmal hat er sich dafür aufs neue in sein filmisches Heimatland zurückgezogen, das er von seinem Drehbuch für "The Getaway" bis zu seinen Regiearbeiten "Long Riders", "Extreme Prejudice" oder auch "Wild Bill" regelmäßig aufsuchte: den amerikanischen Südwesten. Doch wenn diese Region und ihre Geschichte nicht integrale Bestandteile der Geschichte des jeweiligen Films sind wie in "Geronimo", neigt Hill dazu, sie als bloße Kulisse für seine Ästhetik der Veräußerlichung zu nutzen. So ist "Last Man Standing" ein Film über Waffen, Hüte, Glas und Staub. Die Figuren, fast durchweg mit erstklassigen Darstellern besetzt, sind vor allem dazu da, die Waffen abzufeuern, die Hüte zu tragen, durch das Glas zu stürzen und den Staub zu schlucken.
Man kann die Begeisterung Hills und seines Kameramanns Lloyd Ahern verstehen, wenn sie die Kamera aus luftiger Höhe langsam absenken, bis die Ruine eines abgebrannten Hauses in der Totale fast schwarzweiß wirkt. Aber letztlich ist dies nur ein Experiment, das ins Leere läuft. Zu selten bringt die Inszenierung etwas zum Vorschein. Wenn sich die beiden Banden nach einer Konfrontation in der Wüste wieder auf den Weg nach Jericho machen, sehen wir, wie die Wagen rechts und links aus dem Bild fahren, während Smith als last man standing im Staub zurückbleibt, allein neben einer Leiche. Bald darauf sitzt er im Saloon der Freundin eines der beiden Anführer gegenüber. Die Kamera umkreist die beiden unablässig, bis die Frau ihr Haar zurückschiebt: Das Ohr wurde ihr abgeschnitten. In dieser Sequenz gerät in diesem Film erstmals etwas in Bewegung. LARS-OLAV BEIER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der gläserne Film: Bruce Willis blickt unter Walter Hills Regie als "Last Man Standing" durch
Meist sind sie völlig verdreckt vom Staub, der den ganzen Tag durch die Stadt weht, und wenn es regnet, läuft das Wasser in langen Schlieren an ihnen herab. Manchmal steht der Wind still und der Himmel ist blau, doch dann kommt gewiß jemand, zieht den Revolver und schießt in sie hinein. Es gab lange keinen Film mehr, in dem der Zuschauer so häufig durch Fenster und Scheiben sehen muß wie in "Last Man Standing", und vielleicht hat es noch nie einen Film gegeben, in dem er dabei so selten klar sieht. Die Sicht wird getrübt und der Blick gebrochen, wann immer sich die Gelegenheit bietet. Doch das geschieht nicht grundlos. Denn der einzige, der alle durchschaut, während er selbst undurchsichtig bleiben muß, ist der Held.
Der Wüstensand weht den Fremden (Bruce Willis), der sich John Smith nennt, in die texanische Stadt Jericho, die von Gott verlassen und von Gangstern übernommen wurde. Im Jahre 1931 sind die Gesetzlosen motorisiert, und so machen sich zwei Banden das Monopol geheimer Alkoholtransporte streitig. Nicht zwischen den Vereinigten Staaten und ihrem Nachbarn Mexiko, sondern zwischen den beiden Anführern Doyle (David Patrick Kelly) und Strozzi (Ned Eisenberg) verläuft hier die Grenze. Wer sie überschreitet, bezahlt normalerweise mit dem Leben. Der Fremde dagegen wechselt die Seiten schneller als die Hemden, wird gut dafür bezahlt und lebt prächtig. Während sich die anderen gegenseitig umbringen, setzt er seinen Grenzgang unbeeindruckt fort und hält nur an, um von den Kugeln, die seinen Weg kreuzen, nicht getroffen zu werden.
Bruce Willis tritt in die Fußtapfen von Toshiro Mifune und Clint Eastwood, die in Akira Kurosawas "Yojimbo" (1960) und Sergio Leones "Für eine Handvoll Dollar" (1964) den schwelenden Konflikt zweier verfeindeter Gruppen anfachten, um am Ende als alleiniger Sieger die verbrannte Erde zu verlassen. Die Augen zusammengekniffen, die Lippen aufeinandergepreßt - diese Männer lassen nichts heraus, und gerade deshalb können die anderen so viel in sie hineinlegen. In "Last Man Standing" erhält der Zuschauer jedoch weitaus mehr als einzelne Einblicke in das Innenleben des wortkargen Helden, der im Zweifelsfall eher die Waffen für sich sprechen läßt. So wie Smith im Saloon, in dem er Station bezieht, durch die zahlreichen großen Fenster die Außenwelt nach allen Seiten im Auge behalten kann, wird er selber für uns transparent: durch einen nicht enden wollenden Off-Kommentar.
Es ist fraglich, ob der Regisseur und Drehbuchautor Walter Hill seinem Helden einen Gefallen tut, wenn er ihn ständig direkt zum Zuschauer sprechen läßt. Er nimmt der Figur, die sich gerade dadurch auszeichnen müßte, daß sie niemandem vertraut, viel von ihrem enigmatischen Charakter. Zudem wirkt Smith oft nicht lakonisch, sondern aufgesetzt cool und hinterläßt neben zahllosen Patronenhülsen auch einige Worthülsen. Oft erklärt er die Handlung, die sich doch eigentlich ereignen müßte. Aber vielleicht war es Kalkül, dem Film jedes Überraschungsmoment zu entziehen, um aus der Vorhersehbarkeit eine Tugend zu machen. Hill hat stets versucht, durch Variation altbekannter Muster und Stilisierung etwas Neues zu schaffen.
Diesmal hat er sich dafür aufs neue in sein filmisches Heimatland zurückgezogen, das er von seinem Drehbuch für "The Getaway" bis zu seinen Regiearbeiten "Long Riders", "Extreme Prejudice" oder auch "Wild Bill" regelmäßig aufsuchte: den amerikanischen Südwesten. Doch wenn diese Region und ihre Geschichte nicht integrale Bestandteile der Geschichte des jeweiligen Films sind wie in "Geronimo", neigt Hill dazu, sie als bloße Kulisse für seine Ästhetik der Veräußerlichung zu nutzen. So ist "Last Man Standing" ein Film über Waffen, Hüte, Glas und Staub. Die Figuren, fast durchweg mit erstklassigen Darstellern besetzt, sind vor allem dazu da, die Waffen abzufeuern, die Hüte zu tragen, durch das Glas zu stürzen und den Staub zu schlucken.
Man kann die Begeisterung Hills und seines Kameramanns Lloyd Ahern verstehen, wenn sie die Kamera aus luftiger Höhe langsam absenken, bis die Ruine eines abgebrannten Hauses in der Totale fast schwarzweiß wirkt. Aber letztlich ist dies nur ein Experiment, das ins Leere läuft. Zu selten bringt die Inszenierung etwas zum Vorschein. Wenn sich die beiden Banden nach einer Konfrontation in der Wüste wieder auf den Weg nach Jericho machen, sehen wir, wie die Wagen rechts und links aus dem Bild fahren, während Smith als last man standing im Staub zurückbleibt, allein neben einer Leiche. Bald darauf sitzt er im Saloon der Freundin eines der beiden Anführer gegenüber. Die Kamera umkreist die beiden unablässig, bis die Frau ihr Haar zurückschiebt: Das Ohr wurde ihr abgeschnitten. In dieser Sequenz gerät in diesem Film erstmals etwas in Bewegung. LARS-OLAV BEIER
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