Als Eloise (Thomasin McKenzie) vom Land nach London zieht, läuft es alles andere als wie erträumt, doch ihre Verbindung zu Sandy (Anya Taylor-Joy) bietet ihr den ersehnten Glamour: Mode von Mary Quant, Sean Connery als James Bond im Kino und der berühmte Nachtclub "Café de Paris" im West End. Aber was sind die Absichten des attraktiven, jedoch undurchsichtigen Mannes an Sandys Seite? Als ein Mord geschieht, wird aus dem wahr gewordenen Traum ein Albtraum, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint.
In dem ungewöhnlichen Psychothriller des gefeierten Regisseurs Edgar Wright gelingt es der jungen Modedesignerin Eloise (Thomasin McKenzie, "Jojo Rabbit", "Old"), in ihren Träumen in die 1960er Jahre zurückzureisen, wo sie der schillernden Sängerin Sandie (Anya Taylor-Joy, "Emma","Das Damengambit") begegnet. Doch der Glamour ist trügerisch, und die Träume der Vergangenheit bekommen Risse, hinter denen etwas Dunkleres zutage tritt.
Der britische Erfolgsregisseur Edgar Wright ("Baby Driver", "Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt", "Shaun of the Dead") legt mit "Last Night in Soho" einen ebenso albtraumhaften wie kurzweiligen Thriller mit Starbesetzung vor, der das London der Swinging Sixties wieder lebendig werden lässt.
In dem ungewöhnlichen Psychothriller des gefeierten Regisseurs Edgar Wright gelingt es der jungen Modedesignerin Eloise (Thomasin McKenzie, "Jojo Rabbit", "Old"), in ihren Träumen in die 1960er Jahre zurückzureisen, wo sie der schillernden Sängerin Sandie (Anya Taylor-Joy, "Emma","Das Damengambit") begegnet. Doch der Glamour ist trügerisch, und die Träume der Vergangenheit bekommen Risse, hinter denen etwas Dunkleres zutage tritt.
Der britische Erfolgsregisseur Edgar Wright ("Baby Driver", "Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt", "Shaun of the Dead") legt mit "Last Night in Soho" einen ebenso albtraumhaften wie kurzweiligen Thriller mit Starbesetzung vor, der das London der Swinging Sixties wieder lebendig werden lässt.
Bonusmaterial
Gelöschte Szenen Der Blick hinter die Kulissen mit den Filmschaffenden & Darstellenden verrät...Frankfurter Allgemeine ZeitungWelche Musik würde ein Spiegel gern hören?
Wenn der Traum sich die Wirklichkeit unterwirft: Edgar Wrights "Last Night in Soho" im Kino
Wenn Eloise in einem selbst entworfenen Kleid aus Zeitungspapier zu einer alten Platte von Peter & Gordon durchs Zimmer tanzt, könnte man das für den Beginn eines Musicals halten. Dann wäre "World without Love" das musikalische Leitmotiv der jungen Modestudentin, die vom englischen Land nach London ziehen will. Sie posiert vor dem Spiegel in Audrey-Hepburn-Pose, sie dreht sich mit einer Schneiderbüste im Kreis, sie stolpert vor lauter guter Laune fast über den Plattenspieler, und erst da fällt auf, dass zwischen dem fröhlichen Rhythmus des Songs und seinem Text ("Please lock me away and don't allow the day here inside where I hide with my loneliness") eine emotionale Lücke klafft.
Regisseur Edgar Wright spielt in seinen Filmen gern mit solchen Lücken, genauso gern, wie er sich vor Genres verbeugt. So verprügeln die Helden der Actionkomödie "Shaun of the dead" Zombies im Takt von Queens "Don't stop me now", für den Polizisten-Thriller "Hot Fuzz" schrieb James-Bond-Komponist David Arnold die Songs, die wilde Verfolgungsjagden über ruhige englische Landstraßen beschleunigen halfen, und im Diebesfilm "Baby Driver" ist ein gesamter Bankraub auf den Sechs-Minuten-Song "Bellbottoms" von The Jon Spencer Blues Explosion abgestimmt. Kurzum, Edgar Wright liebt Filme, in denen Musik mehr bedeutet als Dekoration, mindestens so sehr, wie er Musik an sich liebt.
In "Last Night in Soho" bringt er nun zur Perfektion, was sich in seinen frühen Filmen schon andeutete: die komplette Synchronisation von Bewegung zu Musik, nur dass er den Schwierigkeitsgrad der Vermittlung zwischen Handlung und Empfindung dabei noch einmal erhöht hat. Dafür schickt er Eloise (Thomasin McKenzie), einmal in der Großstadt angekommen und von der harschen Realität des Mode-Studentenlebens enttäuscht, in ihren Träumen ins London der Swinging Sixties. Dort trifft sie Sandie (Anya Taylor-Joy), eine selbstbewusste junge Frau, die ebenfalls nach London gekommen ist, um Karriere zu machen. In einem Nachtclub lernt sie Jack (Matt Smith) kennen, der sich anbietet, ihr mit seinen Kontakten eben dabei zu helfen.
Sandie wird zu Eloises Alter Ego, in den Spiegelwänden des Nachtklubs sieht man die Blondine im pfirsichfarbenen Seidenkleidchen die Treppe hinabtigern, während ihr die Brünette im Pyjama als Spiegelbild folgt. Beim Tanz mit Jack gehen die beiden Frauen fließend ineinander über, Sandie dreht sich ein, Eloise bringt die Drehung zu Ende - das alles nahtlos geschnitten, perfekte Traumillusion. Nur die Haltung der beiden Frauen zum Partner könnte unterschiedlicher nicht sein: Während aus Eloises Gesicht beim Tanz mit Jack unschuldige Schwärmerei spricht, weiß Sandies Blick bereits, dass der Preis für die Gefälligkeiten mit Sex zu bezahlen sein wird.
Wright hat sich für "Last Night in Soho" nicht nur eine ganze Plattenkiste mit Musik der Sechzigerjahre vorgenommen, er hat auch die Filme jener Zeit durchgearbeitet, die sich mit der Beatnik-Generation, jungen Frauen in der Großstadt und dem Sündenpfuhl Soho beschäftigen. Da sieht Eloises Zimmer mit seiner Blümchentapete und dem alten Bett aus wie jenes, in dem Karlheinz Böhm in "Peeping Tom" (deutsch: "Augen der Angst", 1960) den Mord an einer Prostituierten filmt. Da wirft das Neonlicht eines Bistros gegenüber grelle Farbtöne in Pink und Blau, wie man sie in ähnlicher Intensität in Mario Bavas Hochglanz-Model-Mörder-Horror "Blutige Seide" (1964) fand. Da taucht eine Werbetafel Eloise beim ersten Traumausflug in blinkendes Licht, mit dem Sean Connery als James Bond in "Feuerball" beworben wird, und die gesamte nass glänzende Straße gleicht der Anfangsszene in "Die Peitsche" (1960), jenem Soho-Krimi um skrupellose Gangster, in dem Connery seine erste Hauptrolle hatte.
Obendrein taucht auch noch Terence Stamp als Soho-Legende auf, dessen blaue Augen zu viel gesehen haben; ihn umweht die unheilvolle Aura des Mädchen mordenden Psychopathen, den er vor rund 60 Jahren in "Der Fänger" spielte. Es geht hier bei alledem nicht um platte Hommage oder Demonstration von Filmwissen. Der Regisseur hat das Genre auseinandergenommen, von allen Seiten betrachtet und aktualisiert.
So thematisiert der Film die Oberflächlichkeit von Nostalgie als solcher, also der Vorstellung, früher sei alles besser gewesen, was gerade im Post-Brexit-Großbritannien fast schon als politischer Kommentar anmuten muss. Und Wright erkennt in den populären Psychothrillern der Sechzigerjahre einen Trend, der erst in der Retrospektive auffällt: die Verhandlung von Sex, Moral, Mord und Psychologie auf weit über Ratgeberliteratur liegendem Niveau. Nicht nur Alfred Hitchcock, zeigt sich, war fasziniert von Freuds Psychoanalyse, die er in seinen Filmen immer wieder zur Lösung von Verbrechen heranzieht. Impotenz, Triebtäter, Zwangsneurosen und vor allem die Traumata, die Eltern ihren Kindern mitgegeben haben und die sich dann als Gewalt gegen andere Bahn brechen, sind Themen, die sich von "Psycho" über "Peeping Tom" bis hin zu "Der Fänger" durch die Filme ziehen.
Wright legt dieses Thema wie ein fein gesponnenes Tuch über seine Handlung, dunkelt damit die grellen Lichter ab. Wenn Eloise naiv durchs nächtliche Soho stolpert, bleibt die Kamera einen Moment an den Sexanzeige-Aufklebern in einer Telefonzelle hängen. Ein schmieriger Taxifahrer verabschiedet sie mit den unheilvollen Worten: "Ich bin dann dein erster Stalker." Und schon bald wird sie merken, dass auch die von ihr verklärten Sechzigerjahre kein Paradies für junge Frauen waren; die Schatten vergangener Verbrechen werden sie in ihrer Gegenwart einholen.
Das Problem, dass der Film als Verbeugung vor Filmen gelesen werden könnte, in denen Frauen gern als leichte Beute für Verbrecher dargestellt wurden, löst Wright zum einen mit seinen beiden exzellenten Hauptdarstellerinnen, und für die letzte halbe Stunde findet er zum anderen einen intelligenten Dreh, der das Dilemma löst. Nicht umsonst erhielt er großen öffentlichen Beifall von Horrorfilm-Meister Dario Argento und von Stephen King, der sagte, er wolle den Film noch einmal sehen. Wenn es die Lösung am Ende kennt, wird es dem Publikum genauso gehen. MARIA WIESNER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wenn der Traum sich die Wirklichkeit unterwirft: Edgar Wrights "Last Night in Soho" im Kino
Wenn Eloise in einem selbst entworfenen Kleid aus Zeitungspapier zu einer alten Platte von Peter & Gordon durchs Zimmer tanzt, könnte man das für den Beginn eines Musicals halten. Dann wäre "World without Love" das musikalische Leitmotiv der jungen Modestudentin, die vom englischen Land nach London ziehen will. Sie posiert vor dem Spiegel in Audrey-Hepburn-Pose, sie dreht sich mit einer Schneiderbüste im Kreis, sie stolpert vor lauter guter Laune fast über den Plattenspieler, und erst da fällt auf, dass zwischen dem fröhlichen Rhythmus des Songs und seinem Text ("Please lock me away and don't allow the day here inside where I hide with my loneliness") eine emotionale Lücke klafft.
Regisseur Edgar Wright spielt in seinen Filmen gern mit solchen Lücken, genauso gern, wie er sich vor Genres verbeugt. So verprügeln die Helden der Actionkomödie "Shaun of the dead" Zombies im Takt von Queens "Don't stop me now", für den Polizisten-Thriller "Hot Fuzz" schrieb James-Bond-Komponist David Arnold die Songs, die wilde Verfolgungsjagden über ruhige englische Landstraßen beschleunigen halfen, und im Diebesfilm "Baby Driver" ist ein gesamter Bankraub auf den Sechs-Minuten-Song "Bellbottoms" von The Jon Spencer Blues Explosion abgestimmt. Kurzum, Edgar Wright liebt Filme, in denen Musik mehr bedeutet als Dekoration, mindestens so sehr, wie er Musik an sich liebt.
In "Last Night in Soho" bringt er nun zur Perfektion, was sich in seinen frühen Filmen schon andeutete: die komplette Synchronisation von Bewegung zu Musik, nur dass er den Schwierigkeitsgrad der Vermittlung zwischen Handlung und Empfindung dabei noch einmal erhöht hat. Dafür schickt er Eloise (Thomasin McKenzie), einmal in der Großstadt angekommen und von der harschen Realität des Mode-Studentenlebens enttäuscht, in ihren Träumen ins London der Swinging Sixties. Dort trifft sie Sandie (Anya Taylor-Joy), eine selbstbewusste junge Frau, die ebenfalls nach London gekommen ist, um Karriere zu machen. In einem Nachtclub lernt sie Jack (Matt Smith) kennen, der sich anbietet, ihr mit seinen Kontakten eben dabei zu helfen.
Sandie wird zu Eloises Alter Ego, in den Spiegelwänden des Nachtklubs sieht man die Blondine im pfirsichfarbenen Seidenkleidchen die Treppe hinabtigern, während ihr die Brünette im Pyjama als Spiegelbild folgt. Beim Tanz mit Jack gehen die beiden Frauen fließend ineinander über, Sandie dreht sich ein, Eloise bringt die Drehung zu Ende - das alles nahtlos geschnitten, perfekte Traumillusion. Nur die Haltung der beiden Frauen zum Partner könnte unterschiedlicher nicht sein: Während aus Eloises Gesicht beim Tanz mit Jack unschuldige Schwärmerei spricht, weiß Sandies Blick bereits, dass der Preis für die Gefälligkeiten mit Sex zu bezahlen sein wird.
Wright hat sich für "Last Night in Soho" nicht nur eine ganze Plattenkiste mit Musik der Sechzigerjahre vorgenommen, er hat auch die Filme jener Zeit durchgearbeitet, die sich mit der Beatnik-Generation, jungen Frauen in der Großstadt und dem Sündenpfuhl Soho beschäftigen. Da sieht Eloises Zimmer mit seiner Blümchentapete und dem alten Bett aus wie jenes, in dem Karlheinz Böhm in "Peeping Tom" (deutsch: "Augen der Angst", 1960) den Mord an einer Prostituierten filmt. Da wirft das Neonlicht eines Bistros gegenüber grelle Farbtöne in Pink und Blau, wie man sie in ähnlicher Intensität in Mario Bavas Hochglanz-Model-Mörder-Horror "Blutige Seide" (1964) fand. Da taucht eine Werbetafel Eloise beim ersten Traumausflug in blinkendes Licht, mit dem Sean Connery als James Bond in "Feuerball" beworben wird, und die gesamte nass glänzende Straße gleicht der Anfangsszene in "Die Peitsche" (1960), jenem Soho-Krimi um skrupellose Gangster, in dem Connery seine erste Hauptrolle hatte.
Obendrein taucht auch noch Terence Stamp als Soho-Legende auf, dessen blaue Augen zu viel gesehen haben; ihn umweht die unheilvolle Aura des Mädchen mordenden Psychopathen, den er vor rund 60 Jahren in "Der Fänger" spielte. Es geht hier bei alledem nicht um platte Hommage oder Demonstration von Filmwissen. Der Regisseur hat das Genre auseinandergenommen, von allen Seiten betrachtet und aktualisiert.
So thematisiert der Film die Oberflächlichkeit von Nostalgie als solcher, also der Vorstellung, früher sei alles besser gewesen, was gerade im Post-Brexit-Großbritannien fast schon als politischer Kommentar anmuten muss. Und Wright erkennt in den populären Psychothrillern der Sechzigerjahre einen Trend, der erst in der Retrospektive auffällt: die Verhandlung von Sex, Moral, Mord und Psychologie auf weit über Ratgeberliteratur liegendem Niveau. Nicht nur Alfred Hitchcock, zeigt sich, war fasziniert von Freuds Psychoanalyse, die er in seinen Filmen immer wieder zur Lösung von Verbrechen heranzieht. Impotenz, Triebtäter, Zwangsneurosen und vor allem die Traumata, die Eltern ihren Kindern mitgegeben haben und die sich dann als Gewalt gegen andere Bahn brechen, sind Themen, die sich von "Psycho" über "Peeping Tom" bis hin zu "Der Fänger" durch die Filme ziehen.
Wright legt dieses Thema wie ein fein gesponnenes Tuch über seine Handlung, dunkelt damit die grellen Lichter ab. Wenn Eloise naiv durchs nächtliche Soho stolpert, bleibt die Kamera einen Moment an den Sexanzeige-Aufklebern in einer Telefonzelle hängen. Ein schmieriger Taxifahrer verabschiedet sie mit den unheilvollen Worten: "Ich bin dann dein erster Stalker." Und schon bald wird sie merken, dass auch die von ihr verklärten Sechzigerjahre kein Paradies für junge Frauen waren; die Schatten vergangener Verbrechen werden sie in ihrer Gegenwart einholen.
Das Problem, dass der Film als Verbeugung vor Filmen gelesen werden könnte, in denen Frauen gern als leichte Beute für Verbrecher dargestellt wurden, löst Wright zum einen mit seinen beiden exzellenten Hauptdarstellerinnen, und für die letzte halbe Stunde findet er zum anderen einen intelligenten Dreh, der das Dilemma löst. Nicht umsonst erhielt er großen öffentlichen Beifall von Horrorfilm-Meister Dario Argento und von Stephen King, der sagte, er wolle den Film noch einmal sehen. Wenn es die Lösung am Ende kennt, wird es dem Publikum genauso gehen. MARIA WIESNER
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