Auf die Männer Mario und Jo, Luigi und Bimba wartet ein brenzliger Job. Um einen Ölbrand mit Nitroglyzerin zu bekämpfen, sollen sie die explosive Fracht an ihren Bestimmungsort bringen. Schlecht ausgestattete Lastwagen und unwegsames Gelände machen den Männern das Unternehmen zur Hölle. Und sie müssen damit rechnen, dass nicht jeder von ihnen das Ziel lebend erreichen wird ...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Produktionsnotizen: "Vom Äquator in die Camargue" - Deutscher Vor- und Abspann - Cast & Crew Infos - FotogalerieFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.2007Mit Nitroglycerin unterm Hintern
Ein dauernder Wettlauf gegen die Zeit: Hundert Jahre Henri-Georges Clouzot
Henri-Georges Clouzot Collection.
Concorde. 3 DVDs: "Lohn der Angst", "Die Teuflischen", "Spione am Werk". Französisch, Deutsch, Untertitel. Extras: Produktionsnotizen.
Das Interessanteste sind natürlich immer die Filme, die nie gemacht wurden, die nur als Gespenster in der Phantasie herumspuken und dabei eine verheißungsvolle Gestalt annehmen, die sie in Wirklichkeit womöglich nie gehabt hätten. 1964 wollte Henri-Georges Clouzot also "L'enfer" drehen, ein ambitioniertes Projekt über die Hölle der Eifersucht, für das er mit drei Kameramännern arbeiten wollte und für dessen experimentelles Sound-Design er sogar Karlheinz Stockhausen in München besuchte. Aber erst erkrankte Serge Reggiani und musste durch Jean-Louis Trintignant ersetzt werden, und dann erlitt der Regisseur selbst einen Herzinfarkt, und das Projekt musste begraben werden, ehe es Claude Chabrol dreißig Jahre später mit Emmanuelle Béart in der Hauptrolle reanimierte. Aber als Wiedergängerin konnte sie nur hinter dem erträumten Original zurückbleiben, von dem nur die Storyboards (www.bifi.fr) übrig geblieben sind und ein paar Bilder der Testaufnahmen mit Romy Schneider, die allerdings zu den kühnsten Hoffnungen berechtigen. Da sieht man sie als weiße Braut vor bläulichem Hintergrund, den Kopf in Zellophan erstickt, von weißen Handschuhen gewürgt, ein surreales Bild wie vom Meeresgrund unserer Albträume.
Ambitioniert war jedes der Projekt von Henri-Georges Clouzot, der am 20. November hundert Jahre alt geworden wäre, und natürlich führte das zu einer gewissen Hybris, mit der besonders die jungen Türken der Nouvelle Vague wenig anfangen konnten. Clouzot, das war Papas Qualitätskino in Reinkultur, dabei konnte Truffaut eine gewisse Bewunderung für "Le Mystère Picasso" (nur in Frankreich auf DVD erhältlich) nicht verhehlen. Mit speziellen Tinten und transparenten Maluntergründen gelang es Clouzot da, den Zeichnungen beim Entstehen zuzusehen, eine Serie von kleinen Animationsfilmen quasi, die den Schöpfungsprozess ganz unkommentiert beseelen sollten.
Aber wenn man so will, dann kann es sich Clouzot auch hier nicht verkneifen, sich mit einem kleinen Virtuosenstück in den Vordergrund zu spielen. Einmal droht die Filmspule ans Ende zu gelangen, ehe Picasso mit seiner Zeichnung fertig ist, und man sieht Clouzot mit seiner unvermeidlichen Pfeife im Mund, wie er dem Meister zuruft, es bleibe nur noch eine Minute. Der bleibt jedoch ganz gelassen und sagt nur " Ça va, ça va" und pinselt weiter, während Clouzot immer wieder das Zählwerk der Kamera dazwischenschneidet, und auf einmal geht es nicht mehr um den Strich des Künstlers, sondern um einen Wettlauf gegen die Zeit. Und man versteht wieder einmal, warum Hitchcock den Franzosen auf dem Feld der Suspense als einen der wenigen gelten ließ.
Das konnte Clouzot wirklich, quasi auf kleinstem Raum Spannung erzeugen und sie bis zum Letzten auszureizen. Sein Klassiker "Lohn der Angst" ist zwar eigentlich ein Roadmovie, aber kaum jemandem ist es gelungen, auf offener Straße so eine Klaustrophobie zu erzeugen. Dass es zwei Laster sind, die hochexplosives Nitroglycerin durch unwegsames Gelände transportieren müssen, ist dabei sein genialster Schachzug. Nicht nur, weil er deswegen die komplizierte Kehre an den morschen Resten einer Holzbrücke zweimal in Szene setzen kann, sondern auch, weil er dadurch die Explosion des einen Lasters sozusagen ins Off legen konnte. Man sieht nur kurz, wie es Kilometer entfernt den Tabak vom Papier weht, dann eine Rauchwolke in der Ferne und später den Krater, den die Explosion gerissen hat und der sich mit breiigem Öl füllt, in dem Clouzots pechschwarze Weltsicht ihren passenden Ausdruck findet.
Auch in "Die Teuflischen" versteht er es, die Spannung auszukosten, wenn die zum Giftmord entschlossene Ehefrau (Vera Clouzot) minutenlang sich nicht entschließen kann, ihrem sadistischen Gatten (Paul Meurisse) den tödlichen Whiskey einzuschenken. Auch die quälende Posse um die Beseitigung des Leichnams, sein Verschwinden und die grausame Schlusspointe sind ein Beweis dafür, wie es Clouzot verstand, mit den Erwartungen der Zuschauer zu spielen.
Dennoch würde man ihm nicht gerecht, wenn man in ihm nur den großen Manipulator sähe, weil sich seine Filme durch ausgesprochen genaue Milieuschilderungen auszeichnen, die es überhaupt erst ermöglichen, das Räderwerk der Intrigen in Gang zu setzen: das Klima dörflichen Misstrauens in "Le Corbeau" (bei Criterion erhältlich), die Polizeiarbeit und Music-Hall-Tristesse in "Quai des Orvèvres" (nur in Frankreich), das lateinamerikanische (in Wahrheit bei Nîmes gedrehte) Elendsdorf in "Lohn der Angst", das Internat in "Die Teuflischen", die Klinik in "Spione am Werk" oder die Machenschaften der Justiz in "La verité" (nur in Frankreich). Und es ist fast schon anrührend, wie er in diesem Bardot-Film von 1960 versuchte, das Milieu der Bohème einzufangen, was die Nouvelle Vague naturgemäß erst mal als Angriff auf ihre Deutungshoheit bei Gleichaltrigen empfand, ehe sie sich selbst dann auf die Bourgeoisie stürzte.
Einen Film drehte Clouzot nach seinem Herzinfarkt noch, "La prisonnière", der 1968 ähnlich deplaziert wirkte, außerdem eine Serie von Konzertmitschnitten von Karajan, ehe er am 12. Januar 1977 starb.
MICHAEL ALTHEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein dauernder Wettlauf gegen die Zeit: Hundert Jahre Henri-Georges Clouzot
Henri-Georges Clouzot Collection.
Concorde. 3 DVDs: "Lohn der Angst", "Die Teuflischen", "Spione am Werk". Französisch, Deutsch, Untertitel. Extras: Produktionsnotizen.
Das Interessanteste sind natürlich immer die Filme, die nie gemacht wurden, die nur als Gespenster in der Phantasie herumspuken und dabei eine verheißungsvolle Gestalt annehmen, die sie in Wirklichkeit womöglich nie gehabt hätten. 1964 wollte Henri-Georges Clouzot also "L'enfer" drehen, ein ambitioniertes Projekt über die Hölle der Eifersucht, für das er mit drei Kameramännern arbeiten wollte und für dessen experimentelles Sound-Design er sogar Karlheinz Stockhausen in München besuchte. Aber erst erkrankte Serge Reggiani und musste durch Jean-Louis Trintignant ersetzt werden, und dann erlitt der Regisseur selbst einen Herzinfarkt, und das Projekt musste begraben werden, ehe es Claude Chabrol dreißig Jahre später mit Emmanuelle Béart in der Hauptrolle reanimierte. Aber als Wiedergängerin konnte sie nur hinter dem erträumten Original zurückbleiben, von dem nur die Storyboards (www.bifi.fr) übrig geblieben sind und ein paar Bilder der Testaufnahmen mit Romy Schneider, die allerdings zu den kühnsten Hoffnungen berechtigen. Da sieht man sie als weiße Braut vor bläulichem Hintergrund, den Kopf in Zellophan erstickt, von weißen Handschuhen gewürgt, ein surreales Bild wie vom Meeresgrund unserer Albträume.
Ambitioniert war jedes der Projekt von Henri-Georges Clouzot, der am 20. November hundert Jahre alt geworden wäre, und natürlich führte das zu einer gewissen Hybris, mit der besonders die jungen Türken der Nouvelle Vague wenig anfangen konnten. Clouzot, das war Papas Qualitätskino in Reinkultur, dabei konnte Truffaut eine gewisse Bewunderung für "Le Mystère Picasso" (nur in Frankreich auf DVD erhältlich) nicht verhehlen. Mit speziellen Tinten und transparenten Maluntergründen gelang es Clouzot da, den Zeichnungen beim Entstehen zuzusehen, eine Serie von kleinen Animationsfilmen quasi, die den Schöpfungsprozess ganz unkommentiert beseelen sollten.
Aber wenn man so will, dann kann es sich Clouzot auch hier nicht verkneifen, sich mit einem kleinen Virtuosenstück in den Vordergrund zu spielen. Einmal droht die Filmspule ans Ende zu gelangen, ehe Picasso mit seiner Zeichnung fertig ist, und man sieht Clouzot mit seiner unvermeidlichen Pfeife im Mund, wie er dem Meister zuruft, es bleibe nur noch eine Minute. Der bleibt jedoch ganz gelassen und sagt nur " Ça va, ça va" und pinselt weiter, während Clouzot immer wieder das Zählwerk der Kamera dazwischenschneidet, und auf einmal geht es nicht mehr um den Strich des Künstlers, sondern um einen Wettlauf gegen die Zeit. Und man versteht wieder einmal, warum Hitchcock den Franzosen auf dem Feld der Suspense als einen der wenigen gelten ließ.
Das konnte Clouzot wirklich, quasi auf kleinstem Raum Spannung erzeugen und sie bis zum Letzten auszureizen. Sein Klassiker "Lohn der Angst" ist zwar eigentlich ein Roadmovie, aber kaum jemandem ist es gelungen, auf offener Straße so eine Klaustrophobie zu erzeugen. Dass es zwei Laster sind, die hochexplosives Nitroglycerin durch unwegsames Gelände transportieren müssen, ist dabei sein genialster Schachzug. Nicht nur, weil er deswegen die komplizierte Kehre an den morschen Resten einer Holzbrücke zweimal in Szene setzen kann, sondern auch, weil er dadurch die Explosion des einen Lasters sozusagen ins Off legen konnte. Man sieht nur kurz, wie es Kilometer entfernt den Tabak vom Papier weht, dann eine Rauchwolke in der Ferne und später den Krater, den die Explosion gerissen hat und der sich mit breiigem Öl füllt, in dem Clouzots pechschwarze Weltsicht ihren passenden Ausdruck findet.
Auch in "Die Teuflischen" versteht er es, die Spannung auszukosten, wenn die zum Giftmord entschlossene Ehefrau (Vera Clouzot) minutenlang sich nicht entschließen kann, ihrem sadistischen Gatten (Paul Meurisse) den tödlichen Whiskey einzuschenken. Auch die quälende Posse um die Beseitigung des Leichnams, sein Verschwinden und die grausame Schlusspointe sind ein Beweis dafür, wie es Clouzot verstand, mit den Erwartungen der Zuschauer zu spielen.
Dennoch würde man ihm nicht gerecht, wenn man in ihm nur den großen Manipulator sähe, weil sich seine Filme durch ausgesprochen genaue Milieuschilderungen auszeichnen, die es überhaupt erst ermöglichen, das Räderwerk der Intrigen in Gang zu setzen: das Klima dörflichen Misstrauens in "Le Corbeau" (bei Criterion erhältlich), die Polizeiarbeit und Music-Hall-Tristesse in "Quai des Orvèvres" (nur in Frankreich), das lateinamerikanische (in Wahrheit bei Nîmes gedrehte) Elendsdorf in "Lohn der Angst", das Internat in "Die Teuflischen", die Klinik in "Spione am Werk" oder die Machenschaften der Justiz in "La verité" (nur in Frankreich). Und es ist fast schon anrührend, wie er in diesem Bardot-Film von 1960 versuchte, das Milieu der Bohème einzufangen, was die Nouvelle Vague naturgemäß erst mal als Angriff auf ihre Deutungshoheit bei Gleichaltrigen empfand, ehe sie sich selbst dann auf die Bourgeoisie stürzte.
Einen Film drehte Clouzot nach seinem Herzinfarkt noch, "La prisonnière", der 1968 ähnlich deplaziert wirkte, außerdem eine Serie von Konzertmitschnitten von Karajan, ehe er am 12. Januar 1977 starb.
MICHAEL ALTHEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main