"Schwesterlein, komm tanz mit mir "Attraktiver Mann sucht junge Frau, die Musik liebt und gerne tanzt..." - auf solche und ähnliche harmlos erscheinende Bekanntschaftsanzeigen im Internet antwortet die Schmuckdesignerin Erin Kelley, weil sie ihrer besten Freundin Darcy Scott, Redakteurin einer TV Talk Show, bei einer Untersuchung helfen will. Erin ist über ihre ersten, spannenden Blind Dates sichtlich amüsiert. Doch eine Tages ist Erin plötzlich verschwunden. Darcy macht sich Vorwürfe, leichtfertig Erins Leben aufs Spiel gesetzt zu haben. Völlig verzweifelt gibt sie eine Vermisstenanzeige bei der Polizei auf, der man zunächst nur wenig Aufmerksamkeit widmet. Wenige Tage später bestätigt sich ihr schrecklicher Verdacht: Erins Leiche wird in Manhattan gefunden - an ihren Füßen ihr eigener Schuh und eigenartigerweise ein Tanzschuh mit hohem Absatz..."
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - FotosFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.10.2020Zwei große, blühende, duftende Lilien
Glanzvoller Auftritt für Nina Hoss und Lars Eidinger: Der Film "Schwesterlein" erzählt von einem Geschwisterpaar im Theatermilieu
Wenn ein bekannter Schauspieler einen Schauspieler spielt, der an Krebs stirbt, und eine bekannte Schauspielerin seine Schwester, die Theaterstücke schreibt, dann ist klar, dass der Film, in dem die beiden auftreten, seine Fiktion nicht rein aus Eigenem schöpft. Er bedient sich bei dem Ruf, den die beiden mitbringen, bei ihren Biographien, die sich verfremdet in der Handlung, und ihren früheren Rollen, die sich in den Filmrollen spiegeln. Die Frage ist nur, ob ihm das nützt.
Sie stellt sich schon in der ersten Szene von Stéphanie Chuats und Véronique Raymonds "Schwesterlein", in der Nina Hoss im Blutspendezimmer liegt, und dann sieht man, in einem anderen Zimmer, den Mann, für den sie gespendet hat, und es ist Lars Eidinger. Sie heißt Lisa, und er heißt Sven und ist ihr Bruder und leidet an myeloischer Leukämie und hat an der Berliner Schaubühne den Hamlet gespielt. Später sieht man auch die Schaubühne selbst, wo der Regisseur David mit einer Ersatzbesetzung probt: Er wird von Thomas Ostermeier gespielt, der den legendären "Hamlet" mit Lars Eidinger inszeniert hat. Es gibt auch ein paar echte Regie-Einfälle, etwa den, dass Sven homosexuell ist, aber insgesamt ist das Als-ob des Films so dünn wie Zellophan, in dem zwei große, blühende Lilien stecken: Der Duft kommt einfach immer wieder durch.
Dann aber fällt man auf all die Tricks, die man durchschaut, doch wieder herein. Und zwar jedes Mal, wenn Nina Hoss mit Lars Eidinger allein ist. Die beiden reden viel, so wie alle in diesem Film, aber man merkt es gar nicht, weil sie so sehr ineinander vertieft sind, dass man nur staunend dabeisitzen kann. Das Geschwistermotiv hatte, außer bei Bergman, nie einen richtigen Ort im Kino, aber wenn man Eidinger und Hoss beim Spielen zusieht, wünschte man sich einen Film, der ihre Symbiose auf die Spitze triebe. Einen anderen.
Denn es gibt in "Schwesterlein" eben auch so etwas wie eine Handlung, in der Lisa mit Martin (Jens Albinus) verheiratet ist, der in der Schweiz ein Luxusinternat leitet, und Sven in Berlin bei seiner Mutter Kathy (Marthe Keller) wohnt, die aus dem Alltag im Altbau einen Sarah-Kane-Einakter macht. Und in dieser sozusagen vorschriftsmäßigen Filmerzählung geht alles schief, was schiefgehen kann: Die Betulichkeit gibt der Banalität die Klinke in die Hand, und Thomas Ostermeier steht als unverlangt eingesandter Regie-Godot dabei und erklärt mit Büßermiene, warum Theatermachen auch nur ein Geschäft ist.
Doch dann ist Lisa wieder mit Sven allein, sie schreibt, und er wird zur Stimme in ihrem Kopf. So vergeht die Nacht, und als Nina Hoss im Morgengrauen erkennt, was passiert ist, ziehen Schmerz, Erlösung und Trauer wie Wetterleuchten über ihr Gesicht. Ist es Film, ist es Theater? Es ist egal, denn es ist groß.
ANDREAS KILB
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Glanzvoller Auftritt für Nina Hoss und Lars Eidinger: Der Film "Schwesterlein" erzählt von einem Geschwisterpaar im Theatermilieu
Wenn ein bekannter Schauspieler einen Schauspieler spielt, der an Krebs stirbt, und eine bekannte Schauspielerin seine Schwester, die Theaterstücke schreibt, dann ist klar, dass der Film, in dem die beiden auftreten, seine Fiktion nicht rein aus Eigenem schöpft. Er bedient sich bei dem Ruf, den die beiden mitbringen, bei ihren Biographien, die sich verfremdet in der Handlung, und ihren früheren Rollen, die sich in den Filmrollen spiegeln. Die Frage ist nur, ob ihm das nützt.
Sie stellt sich schon in der ersten Szene von Stéphanie Chuats und Véronique Raymonds "Schwesterlein", in der Nina Hoss im Blutspendezimmer liegt, und dann sieht man, in einem anderen Zimmer, den Mann, für den sie gespendet hat, und es ist Lars Eidinger. Sie heißt Lisa, und er heißt Sven und ist ihr Bruder und leidet an myeloischer Leukämie und hat an der Berliner Schaubühne den Hamlet gespielt. Später sieht man auch die Schaubühne selbst, wo der Regisseur David mit einer Ersatzbesetzung probt: Er wird von Thomas Ostermeier gespielt, der den legendären "Hamlet" mit Lars Eidinger inszeniert hat. Es gibt auch ein paar echte Regie-Einfälle, etwa den, dass Sven homosexuell ist, aber insgesamt ist das Als-ob des Films so dünn wie Zellophan, in dem zwei große, blühende Lilien stecken: Der Duft kommt einfach immer wieder durch.
Dann aber fällt man auf all die Tricks, die man durchschaut, doch wieder herein. Und zwar jedes Mal, wenn Nina Hoss mit Lars Eidinger allein ist. Die beiden reden viel, so wie alle in diesem Film, aber man merkt es gar nicht, weil sie so sehr ineinander vertieft sind, dass man nur staunend dabeisitzen kann. Das Geschwistermotiv hatte, außer bei Bergman, nie einen richtigen Ort im Kino, aber wenn man Eidinger und Hoss beim Spielen zusieht, wünschte man sich einen Film, der ihre Symbiose auf die Spitze triebe. Einen anderen.
Denn es gibt in "Schwesterlein" eben auch so etwas wie eine Handlung, in der Lisa mit Martin (Jens Albinus) verheiratet ist, der in der Schweiz ein Luxusinternat leitet, und Sven in Berlin bei seiner Mutter Kathy (Marthe Keller) wohnt, die aus dem Alltag im Altbau einen Sarah-Kane-Einakter macht. Und in dieser sozusagen vorschriftsmäßigen Filmerzählung geht alles schief, was schiefgehen kann: Die Betulichkeit gibt der Banalität die Klinke in die Hand, und Thomas Ostermeier steht als unverlangt eingesandter Regie-Godot dabei und erklärt mit Büßermiene, warum Theatermachen auch nur ein Geschäft ist.
Doch dann ist Lisa wieder mit Sven allein, sie schreibt, und er wird zur Stimme in ihrem Kopf. So vergeht die Nacht, und als Nina Hoss im Morgengrauen erkennt, was passiert ist, ziehen Schmerz, Erlösung und Trauer wie Wetterleuchten über ihr Gesicht. Ist es Film, ist es Theater? Es ist egal, denn es ist groß.
ANDREAS KILB
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