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Nina, eine junge alleinerziehende Mutter, verliert in Mailand ihren Job als Restauratorin. Sie findet Arbeit auf dem Land im Institut Baratta, einem kirchlichen, luxuriösen Pflegeheim für ältere Menschen. Eine Aufgabe, die ihr Spaß macht und ihre Unabhängigkeit sichert. Doch eines Abends, nach Dienstschluss, ruft der Direktor des Instituts sie in sein Büro und bedrängt sie sexuell. Wie er es auch mit anderen Mitarbeiterinnen des Baratta gemacht hat. Während die anderen Frauen aus einer Mischung von Angst und Scham schweigen, zeigt Nina (Cristiana Capotondi) den Direktor (Valerio Binasco) an.…mehr

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Produktbeschreibung
Nina, eine junge alleinerziehende Mutter, verliert in Mailand ihren Job als Restauratorin. Sie findet Arbeit auf dem Land im Institut Baratta, einem kirchlichen, luxuriösen Pflegeheim für ältere Menschen. Eine Aufgabe, die ihr Spaß macht und ihre Unabhängigkeit sichert. Doch eines Abends, nach Dienstschluss, ruft der Direktor des Instituts sie in sein Büro und bedrängt sie sexuell. Wie er es auch mit anderen Mitarbeiterinnen des Baratta gemacht hat.
Während die anderen Frauen aus einer Mischung von Angst und Scham schweigen, zeigt Nina (Cristiana Capotondi) den Direktor (Valerio Binasco) an. Der weiß sich mit Unterstützung der Kirchenhierarchie juristisch zu wehren. Das Verfahren wird eingestellt, Nina von ihren Kolleginnen geschnitten und (vorerst) entlassen. Es kommt sogar zu einer Klage gegen sie wegen übler Nachrede.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.12.2019

Der Herr Direktor bittet ins Büro

Wenn woanders nicht genug über das Problem geredet wird, dann muss das im Kino passieren: Der Film "Nome di donna" versucht, Italiens Schweigen über sexuellen Missbrauch zu brechen.

Die Metoo-Lawine, die Harvey Weinstein unter sich begrub, mag in Amerika von zwei Italienerinnen ins Rollen gebracht worden sein, Asia Argento und Ambra Battilana Gutierrez, und Letztere mag den Blick auf Silvio Berlusconis Bunga-Bunga-Partys gelenkt haben. Doch in Italien blieb es ziemlich ruhig um die Bewegung. Zwar initiierten die Schauspielerinnen Jasmine Trinca und Alba Rohrwacher einen offenen Brief von Filmschaffenden unter dem Titel "Dissenso comune" (Gemeinsamer Widerspruch), in dem sie von systematischem Machtmissbrauch sprachen und Frauen aufforderten, ihr Schweigen zu brechen. Doch laut wurde es nicht, abgesehen von einzelnen Vorwürfen wie gegen die Regisseure Fausto Brizzi und Giuseppe Tornatore. Sichtbar dagegen ist, dass Metoo von Frauen getragene italienische Filme befördert hat: Laura Bispuris Erkundung von Mutterschaft in "Figlia mia" war dafür im vergangenen Jahr ein Beispiel.

Direkt an Metoo schließt der Regisseur Marco Tullio Giordana an. Der Mailänder hat mit seinen vielfach preisgekrönten Filmen immer wieder die Finger in italienische Wunden gelegt. Am bekanntesten dürfte sein Mafia-Drama "I cento passi" (Hundert Schritte) sein. Nun widmet er sich dem verborgenen Elend von am Arbeitsplatz sexuell belästigten Frauen und schaut sich dafür in seiner lombardischen Heimat um.

Dort liegt in einer paradiesischen Landschaft die Residenz für Senioren mit gehobenen Ansprüchen, in der die alleinerziehende Mutter Nina (Cristiana Capotondi) nach Monaten der Arbeitslosigkeit einen Job als Mädchen für alles findet. Und von der ersten Einstellung an baut Giordana unterschwelliges Unbehagen auf. Frauen in mattgrüner Schwesterntracht putzen und dienen und senken den Blick; aus dem Piano nobile und der Feldherrenperspektive des Machismo beäugt der Direktor Doktor Torri (Valerio Binasco) ihr Tun. Der Leiter der Personalabteilung, der gönnerhaft-abschätzig im Umgang mit Frauen agierende Priester Don Ferrari (Alberto Storti), hätte schon vor dem Vorstellungsgespräch bei Nina die Alarmlampen aufleuchten lassen müssen. Ihrer Tochter erst eine Lakritzstange anzubieten, um sie dann selbst zu essen und danach mit Schmierlappen-Lächeln eine weitere hervorzuzaubern - das sollte einen an die Kinderlektion erinnern: Nimm keine Süßigkeiten vom fremden Onkel an. Die Probezeit im Pflegeheim vergeht ohne besondere Vorkommnisse, die ersten zwanzig Minuten des Films tun es ebenso. Dann will der Direktor die neue Untergebene sprechen, nach Dienstschluss in seinem Büro. Beim ersten Mal schickt er sie fort und moniert, sie habe sich schon umgezogen. Beim zweiten Mal nimmt er abermals enttäuscht ihren Körper in Jeans und schwarzer Lederjacke in Augenschein, bittet sie aber hinein. Und wird zudringlich.

Von da an enthüllt sich stückweise das System des Missbrauchs, das Torri installiert hat. Ähnlich wie Don Ferrari verheißt und entzieht er Wohltaten, lockt mit Schutz oder Hilfe, um sexuelle Verfügbarkeit zu fordern, und drängt seine Opfer in die Rolle der Schwachen, Schuldigen oder Verlangenden: Du willst es doch. All das kommt nur ans Licht, weil Nina nicht mitspielt. Sie wendet sich, sanft angeleitet von der greisen Filmdiva Ines (Adriana Asti), die spitzzüngig einwirft: "Belästigungen? Früher nannte man das Komplimente!", an die Rechtshilfe der Gewerkschaft und klagt. Es folgt ein juristisches und psychologisches Hin und Her aus Abschmettern, Unterlassungserklärung und neuer Klage. Nina und ihre Tochter werden sozial geächtet. Aus den Rissen in der Mauer des Schweigens brechen unliebsame Wahrheiten hervor. Zu diesen gehört, dass es keine Solidarität unter Frauen gibt, Fremde nicht gut gelitten sind, "Nein heißt nein" nicht einmal in Liebesbeziehungen gilt und nicht jede, die einen Mann des Übergriffs bezichtigt, wirklich bedrängt wurde. Als Grundlage für das Drehbuch, das Marco Tullio Giordana mit Cristiana Mainardi geschrieben hat, diente eine anonyme Gewerkschaftsakte.

Das verleiht dem Film Authentizität, erklärt aber auch seine mangelnde Stringenz. Wer Missbrauchsfälle dieser Art aufklären will, lässt sich auf ein mühsames Geschäft ein, dem es normalerweise an überlebensgroßen Helden oder Schurken, klaren Fronten, nervenzerreißenden Zuspitzungen und dramatischen Showdowns mangelt. So normal geht es in "Nome di donna" zu. Deshalb ist dieser Film zwar bemerkenswert differenziert, lässt aber die Zeit nicht gerade schneller vergehen.

Linear schreitet Giordana die Stationen seiner Geschichte ab, Dialoge treiben sie voran. Dass sie sich in ihrem letzten Drittel in ein Gerichtsdrama verwandelt, steigert die Sachlichkeit. Nahe kommen wir den Figuren nie, dafür erfahren wir zu wenig über ihre Hintergründe und Motive. Valerio Binasco und Alberto Storti können als unauffällig zwielichtige Gestalten überzeugen, Cristiana Capotondi bleibt als Nina dagegen blass. Man kann darin die Weigerung sehen, die Hauptfigur zur Heldin aufzubauen. Aber dass sie, begleitet von Dario Marianellis Filmmusik, abwechselnd zu ins Moll rutschenden Flötentönen oder heiterem Tadidada ihrer Wege geht, hätte nicht sein müssen.

Und so bleibt das Gefühl, einen womöglich gerade seiner Zurückhaltung wegen treffenden Metoo-Film über Italien gesehen zu haben. Als Nina zum ersten Mal die Gewerkschaftsjuristin trifft, sagt diese, es habe bereits eine Befragung zu Übergriffen unter den Angestellten dort gegeben - praktisch ergebnislos.

Dann habe es keine Vorfälle gegeben, folgert Nina. Im Gegenteil, meint die Juristin. Alles deute darauf hin, dass der Missbrauch gängig, akzeptiert und gut geschützt sei.

URSULA SCHEER

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