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Mitten in der Depressionszeit, mitten in Mississippi, mitten in einem Maisfeld: Angeführt von dem redegewandten Everett Ulysses McGill (George Clooney) gelingt drei Häftlingen die Flucht aus einer Sträflingskolonne. Everett hat seine Kumpanen Delmar (Tim Blake Nelson) und Pete (John Turturro) mit der Aussicht auf einen sagenhaften Goldschatz zur Flucht überredet. Doch zunächst hat das chaotische Trio noch ganz andere Sorgen - denn auf ihrem Weg in die Freiheit warten jede Menge seltsame Zeitgenossen auf sie. Da wären zum Beispiel verführerische Sirenen, die am Flußufer lauern, ein einäugiger…mehr

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Produktbeschreibung
Mitten in der Depressionszeit, mitten in Mississippi, mitten in einem Maisfeld: Angeführt von dem redegewandten Everett Ulysses McGill (George Clooney) gelingt drei Häftlingen die Flucht aus einer Sträflingskolonne. Everett hat seine Kumpanen Delmar (Tim Blake Nelson) und Pete (John Turturro) mit der Aussicht auf einen sagenhaften Goldschatz zur Flucht überredet. Doch zunächst hat das chaotische Trio noch ganz andere Sorgen - denn auf ihrem Weg in die Freiheit warten jede Menge seltsame Zeitgenossen auf sie. Da wären zum Beispiel verführerische Sirenen, die am Flußufer lauern, ein einäugiger Bibelverkäufer (John Goodman), dem man besser nicht trauen sollte und der blinde Chef einer Plattenfirma, bei dem das Trio so ganz nebenbei den Überraschungshit des Jahres aufnimmt. Als schließlich Delmar und Pete erfahren, dass der versprochene Goldschatz gar nicht existiert, sondern Everett nur schnellstens zu seiner Ex-Frau Penny (Holly Hunter) will, um deren neuerliche Hochzeit zu verhindern, sitzen die drei erst so richtig in der Tinte ...
Autorenporträt
Joel Coen, geboren am 29. November 1954 in Minneapolis, Minnesota, USA , ist ein Oscar-prämierter Filmregisseur, Produzent und Drehbuchautor. Er machte erstmals zusammen mit seinem Bruder Ethan 1984 mit "Blood Simple", einer Hommage an den Film noir, auf dem US-amerikanischen Sundance Film Festival von sich reden. Seither etablierte er sich mit Filmen wie "The Big Lebowski" oder "O Brother, Where Art Thou?" als schräger Geschichtenerzähler abseits des Hollywood-Mainstreams. Joel Coen und sein Bruder Ethan erhielten für ihre gemeinsame Arbeit zahlreiche Auszeichnungen.

Ethan Coen, geboren am 21. September 1957 in Minneapolis, Minnesota, USA, ist ein Oscar-prämierter Filmregisseur, Produzent und Drehbuchautor. Er machte erstmals zusammen mit seinem Bruder Joel 1984 mit "Blood Simple", einer Hommage an den Film noir, auf dem US-amerikanischen Sundance Film Festival von sich reden. Seither etablierte er sich mit Filmen wie "The Big Lebowski" oder "O Brother, Where Art Thou?" als schräger Geschichtenerzähler abseits des Hollywood-Mainstreams. Ethan Coen veröffentlichte zahlreiche Kurzgeschichten. Zusammen mit seinem Bruder Joel erhielt er zahlreiche Auszeichnungen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.10.2000

Und Menelaos wackelt mit den Hüften
Im Kinoland der Coen-Brüder: "O Brother, where art thou?" verquirlt die Mythen der Literatur und des Films

Vom postmodernen Kino hört man in letzter Zeit nicht mehr so viel, auch wenn der Begriff noch lange nicht aus dem Sprachgebrauch verschwunden ist. Peter Greenaway war ein postmoderner Regisseur, bevor er sich der Gestaltung öffentlicher Räume zuwandte, doch seine Zeit scheint vorbei zu sein; und David Lynch, der vormals zweite große Postmoderne der Kinematographie, hat sich mit seiner "Straight Story" (1999) als archaisierender Idylliker entpuppt. Das Maschinenkino des Hollywoodianers Paul Verhoeven ("Hollow Man") und die byzantinisch erstarrten Phantasien des Science-fiction-Veteranen George Lucas ("Episode I - Die dunkle Bedrohung") darf man dagegen ungestraft als postmodern bezeichnen, ohne ihnen damit irgendwie näherzurücken. An solchen Filmen wird jeder Deutungsversuch zur Reklame, weil sie selbst nichts als belichtete Reklamefläche sind.

Bleibt das Werk von Joel und Ethan Coen. Die schillernde Virtuosität ihrer Inszenierungen, die komplizierte Schönheit ihrer Schauplätze und das Netz grober und feinerer Anspielungen, mit dem sie ihre Sujets überziehen, haben die Filme der Coen-Brüder zu Lieblingsobjekten akademischer Analysen gemacht. Fast zwangsläufig ist dabei von Zitatenkino, von Manierismus und Epigonentum die Rede; ansonsten liest jeder in das Coensche OEuvre hinein, was ihm gerade paßt. Die Filme der Coens, scheint es, stacheln das Interpretationsbemühen der Kinowissenschaftler gerade deshalb an, weil sie gegen Interpretation im Grunde immun sind. Die Begriffe bleiben an ihnen kleben wie Fliegen am Leim; sie saugen sich voll mit dem Gift der filmischen Evidenz, bis sie platzen.

In einer Szene von Joel und Ethan Coens neuem Film "O Brother, where art thou?" treffen Everett Ulysses McGill und seine Kumpane Pete und Delmar, drei Kettensträflinge auf der Flucht vor dem Gesetz, auf den Gouverneur des Staates Mississippi, Menelaos "Pappy" O'Daniel. Der Ort der Begegnung ist eine gottverlassene Radiostation zwischen endlosen Kornfeldern, die Zeit etwa 1932. Everett, Pete und Delmar haben dort drinnen, wo ein hinkender Blinder über die Wellen des Äthers wacht, gerade einen Folksong eingespielt, um sich ein paar Dollars zu verdienen. O'Daniel dagegen kämpft um seine Wiederwahl, er ist nach Tishamonga gekommen, um eine Rundfunkrede aufzunehmen. Ob er nicht gleich zu dem Wahlvolk hier draußen sprechen wolle, fragt Menelaos' Sohn Junior seinen Vater, als sie vor der Station vorfahren. "Was kümmern mich diese Tramps?" bellt der Alte zurück. "Hier geht es um Massenkommunikation!" Die Tür des Senders fällt hinter ihm ins Schloß.

Die Szene ist das, was man in der Malerei des sechzehnten Jahrhunderts ein concetto nannte: ein Zusammentreffen unvereinbarer Motive, die sich durch das Nadelöhr eines räumlichen Arrangements zwängen müssen. Die Namen der Protagonisten, Ulysses und Menelaos, erinnern an die homerische "Odyssee", deren erste Verse ("Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes. . .") dem Film als Motto vorangestellt sind. Atmosphäre und Personal dagegen sind dem amerikanischen Kino der frühen Tonfilmzeit abgeschaut: die bleichen Farben, die Autos, die Gegenüberstellung dicker Männer in weißen Anzügen - Del Pentecost als Junior O'Daniel wirkt wie ein Wiedergänger von Roscoe "Fatty" Arbuckle - und dünner Männer in braunen Lumpen. Die zwei Geschichten schließlich, die sich an der Rundfunkstation begegnen, sind eine doppelte Hommage an das Werk des großen Preston Sturges - an den "Großen McGinty" von 1940, in dem Brian Donlevy vom Stimmvieh zu Bürgermeister aufsteigt, und an "Sullivans Reisen" von 1942, wo Joel McCrea einen Regisseur spielt, der sich für ein Filmprojekt namens "O Brother, where art thou?" unter die Armen und Rechtlosen von Amerika mischt.

Es ist, als wollten die Coen-Brüder sich nachträglich in die Filmgeschichte eintragen, als wären sie dort, wo Preston Sturges stand, selbst gern gestanden. So haben sie in "The Hudsucker Proxy" (1994) das New York von Sturges und Frank Capra, in "Barton Fink" (1991) das Hollywood von F. Scott Fitzgerald und Fritz Lang und in "Miller's Crossing" die finsteren Stadtwelten von Chandler und Hammett beschworen. Alle diese Orte haben nie wirklich existiert, doch gerade deshalb leuchten sie bei den Coens in den authentischsten Farben. Für die Manieristen ist die Utopie des Kinos das Kino selbst.

Auch der zweite wichtige Motivstrang des Coenschen Werks, die Erkundung der amerikanischen Provinz, wird in "O Brother, where art thou?", dem der deutsche Verleih den Untertitel "Eine Mississippi-Odyssee" verpaßt hat, fortgesetzt. In "Blood Simple" (1984) waren es die Ölfelder von Texas, in "Arizona Junior" (1987) die Wüsten des Westens, in "Fargo" (1996) die verschneiten Weiten von Minnesota, und diesmal ist es der tiefe Süden der Bayous, der Gospels und des Ku-Klux-Klan. Landschaft um Landschaft wird so ins Coen County eingemeindet, bis irgendwann die kleine Welt der beiden Brüder das ganze große Amerika umfaßt.

Dabei schrecken die Coens vor keinem Klischee zurück. Man sieht buchstäblich alles, was man von einem Südstaatenfilm erwartet, Sümpfe, Maisfelder, Lynchmobs und endlose Bahngleise, und alle Leute heißen Hogwallop oder Waldrip. Auch für den Leser Homers gibt es viel zu bemerken - einen blinden Seher, der auf einer Lore fährt, einen einäugigen Bibelverkäufer, der seine Wahrheiten mit der Keule predigt, drei wäschewalkende Sirenen und eine schlanke Walküre namens Penelope, mit der Everett McGill vor seiner Verhaftung eine Schar munterer Kinder gezeugt hat.

Und doch kann man das alles getrost vergessen, wenn man sich "O Brother, where art thou?" anschaut. Dann sieht man einen Film, der von den Irrwegen dreier flüchtiger Ganoven im Staate Mississippi und nebenbei von der Frühzeit der Massenmedien erzählt; einen Film mit George Clooney als Odysseus, Holly Hunter als Penelope und dem unglaublichen Charles Durning als Gouverneur Menelaos O'Daniel; einen Film, endlich, mit einer besonderen Art von Humor, der zum Teil, wie der wunderbare Südstaatendialekt von Tim Blake Nelson als Delmar, durch die Synchronisation verlorengeht, im großen und ganzen aber auch den deutschen Zuschauer erreicht.

Seinen Höhepunkt erreicht der Humor der Coens in jener Szene, in der die drei Ausreißer und ihr Gouverneur sich wiederbegegnen. Aus Everett, Pete und Delmar und ihrem schwarzen Freund Tommy, deren Radioaufnahme sich zum Publikumsschlager entwickelt hat, sind inzwischen die "Soggy Bottom Boys" geworden, die auf der Wahlkundgebung von O'Daniels Gegenkandidaten Homer Stokes aufspielen. Als der rassistische Biedermann Stokes die vier aus dem Saal verbannen will, wittert O'Daniel Morgenluft. Hüftschwingend erklimmt er die Bühne und gewährt den Musikern Amnestie. In diesen Einstellungen verbindet sich die filmhistorische Reminiszenz mit den scharfen Essenzen der Satire zu einer unwiderstehlichen Mischung. Die Coens lieben es, die Leinwand mit schönen Bildern einzuseifen, aber wenn es sein muß, verwenden sie auch Dynamit.

Als die Geschichte zu Ende ist, hält die Kamera inne, dann bleicht das Motiv langsam aus, bis es einer alten Postkarte ähnlich sieht. Auf die Rückseite darf nun jeder schreiben, was er will. Das Bild bleibt davon unberührt. Es trägt die Handschrift zweier Meister.

ANDREAS KILB

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