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Bildformat: 4:3 (1.66:1 Widescreen) Sprache / Tonformate: Deutsch (Dolby Digital 5.1 Surround) Ländercode: 2 Extras: Audiokommentar, Behind-the-Scenes Material, Filmmakers Portrait, Drehbuch-Storyboards-Film Vergleich, Isolierte Filmmusik, Musikvideo, Interviews, Fotogalerie, Trailer, Biografien, Wendecover
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DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Trailer - Bildergalerie - Filmographien - Interviews

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Produktbeschreibung
Bildformat: 4:3 (1.66:1 Widescreen) Sprache / Tonformate: Deutsch (Dolby Digital 5.1 Surround) Ländercode: 2 Extras: Audiokommentar, Behind-the-Scenes Material, Filmmakers Portrait, Drehbuch-Storyboards-Film Vergleich, Isolierte Filmmusik, Musikvideo, Interviews, Fotogalerie, Trailer, Biografien, Wendecover

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Autorenporträt
Sandra Borgmann arbeitet seit 1997 für Film und Fernsehen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.10.2000

Wir bleiben lieber dreckig
Das faszinierende Filmdebüt der Brüder Reding: "Oi! Warning"

Man kann es kaum anders als zynisch betrachten: Vielleicht hat dem Film "Oi! Warning" die Ochsentour durch die ausländischen Festivals gutgetan. Denn diese Arbeit der Brüder Reding ist dort nicht nur mit Preisen überschüttet worden, sondern ihre späte Entdeckung für das deutsche Kino läßt sie nun zu einer Zeit auf die Leinwand kommen, in der Gewalt von rechts in aller Munde ist. Nur einmal als Gedankenspiel: Was wäre geschehen, wenn "Oi! Warning" vor einem Jahr direkt einen Verleih gefunden hätte, als der Film auch schon in Los Angeles und Montreal Aufmerksamkeit erregt hatte? Die Kritik hätte ihn gefeiert, das Publikum gemieden. Wer will schon wissen, wie ein Skinhead lebt?

"Oi! Warning" ist zudem kein Dokumentar-, sondern ein Spielfilm. Er hat keine bekannten Schauspieler zu bieten, und Axel Henschel fotografierte ihn in tristem Schwarzweiß. Aber der Verzicht auf Farbe und publikumsträchtige Namen verleiht dem Werk die Aura eines Dokumentarfilms. Und wenn die einunddreißigjährigen Spielfilmdebütanten Dominik und Benjamin Reding ihrer eigenen Regiearbeit mehr vertraut und nicht nachträglich einen Off-Kommentar über einige Szenen gelegt hätten, wäre vor dem Abspann unklar geblieben, ob hier überhaupt gespielt wird. So authentisch hat lange kein Film mehr ausgesehen.

Wer auch nur einmal die Skinhead-Szene besucht hat, der kennt die Kegelbahnen und Vereinssäle der Dorfgasthöfe, in denen die einschlägigen Bands und Liedermacher auftreten. In "Oi! Warning" gibt es mehrere Konzertausschnitte der Musikgruppe "Räumkommando"; über der Bühne hängen Rehgeweihe zwischen Blümchentapeten, die biederen Gastronomen servieren literweise Bier - einfache Leute, aber herzensgut. Behutsam versuchen sie, den übelsten Alkoholexzessen zu steuern, die perfidesten Ausfälle zu kaschieren. Aber es sind diese Biedermänner, dank derer eine Szene überlebt, die allein aus der Beschwörung von Gemeinschaftlichkeit entstehen kann. Sie braucht ihren Ort. Sosehr in der Selbstdarstellung von Skinheads die Stilisierung zum einsamen Kämpfer gegen die Masse der Bürgerlichkeit dominiert, so unentbehrlich ist ihnen doch das Kameradschaftserlebnis, bei dem sie ihre dumpfen Maximen immer wieder bestätigt bekommen. Der Starke ist am mächtigsten zu zweien.

Die Redings illustrieren diese Verführungskraft am Beispiel des sechzehnjährigen Janosch, den Sascha Backhaus, dessen Biographie Stationen in Punkrockbands, Bauwagensiedlungen und Sozialwohnungen umfaßt, mit einer stillen Ausdruckskraft spielt, die als Gegengewicht zu seinem aggressiven Mentor Koma angelegt ist. Den gibt mit Simon Goerts gleichfalls ein Schauspielnovize mit derartiger Überzeugungskraft, daß die Darstellung etwas Unheimliches bekommt: Die Freude am Prügeln, der Stolz auf das private Refugium im Steinbruch, die ambivalente Erwartung der Zwillingsgeburt seiner Freundin Sandra - all diese Facetten lassen aus dem so eindimensional scheinenden Skinhead die faszinierendste Figur des Films werden.

Janosch vollzieht in "Oi! Warning" eine mehrschichtige Ablösung: vom schwäbisch-provinziellen Elternhaus, vom heimatlichen Idiom, vom vorbestimmten Weg zum Abitur. Mit dem Motorroller fährt er nach Dortmund zu seinem Cousin Koma und erschafft sich dort nach dessen Vorbild eine neue Welt: Er läßt sich die Haare abrasieren und die Brust tätowieren, er provoziert Lehrer und Mitschüler, verliebt sich in Blanca, eine Beziehung, die jedoch an seiner Treue zur Skinhead-Szene zerbricht. In der ist kein Platz für Frauen, aber eigentlich auch nicht für einen wie Janosch. In einer der stärksten Szenen des Films sehen wir die pogotanzenden Skins um Koma, und dann schwenkt die Kamera auf die Rückwand des Saals, wo die teilnahmslosen Freundinnen der Tänzer lehnen, neben ihnen Janosch.

Allerdings scheitert seine Liebesaffäre nicht nur an der viril-brutalen Skinhead-Welt. Janosch ist überdies schwul und findet in dem Punker Zottel einen neuen Bezugspunkt bei seiner Ich-Suche. Koma, in seiner begrenzten Skin-Welt schon Spießbürger, muß in Janoschs Leben als Vorbild Platz machen für diesen dreckigen Lebenskünstler, der in einem Bauwagen haust. Daß diese abermalige Absetzbewegung nicht konfliktfrei verlaufen wird, daran läßt "Oi! Warning" keinen Zweifel. Jedoch selbst die unangenehmsten Darstellungen der ersten Stunde bereiten nur unzureichend auf das grauenhafte Finale vor, in dem ganz im Sinne Dürrenmatts die Geschichte zu Ende gedacht wird.

Daß die Redings aber noch über dem Schlußbild mit seiner etwas aufdringlichen Pietà-Symbolik Janosch von einer zweiten Chance schwadronieren lassen, die doch jeder erhalten müsse, das beschädigt die Konsequenz der Entwicklung, die "Oi! Warning" nachgezeichnet hat. Hätten sie doch gegen ihr pädagogisches Ethos dem ursprünglichen stummen Schluß vertraut! Aber auch so ragt der Film über die schier endlose Ebene der deutschen Kinoproduktion hinaus wie ein Tafelberg. Wenn sie von dieser Basis aus weiterarbeiten, könnten die Redings zu Himmelsstürmern werden.

ANDREAS PLATTHAUS

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