Jack Foley (George Clooney) ist der Grund, warum so viele Menschen ihr Geld nicht in einer Bank aufbewahren. Der charmante Bankräuber will nach seinem Gefängnisausbruch noch einen letzten, großen Coup landen. Doch dann nimmt Jack die aufregende Polizistin Karen Sisco (Jennifer Lopez) während seiner Flucht als Geisel. Die Beamtin erwidert seine Gefühle, fühlt sich aber auch dem Gesetz verpflichtet - und weiß am Ende nicht, ob sie den smarten Kriminellen erschießen oder küssen soll ...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Audiokommentar vom Regisseur und Drehbuchautor - Unveröffentlichte Szenen - Hinter den Kulissen Doku - Soundtracks - Anmerkungen der FilmcrewFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.09.1998Aus den Augen, in den Sinn
Steven Soderberghs Film "Out of Sight": George Clooney als Aus-, Ein- und Herzensbrecher
Er hat zahllose Banken überfallen, wurde mehrfach verurteilt, brach stets wieder aus und nahm jedesmal den kürzesten Weg zur nächsten Bank. Wenn Jack Foley, gespielt von George Clooney, in den Rückspiegel schaut, hält er nur nach einem Ausschau: der Polizei. Doch niemals zuvor hat sich der Arm des Gesetzes so voller Anmut und Liebreiz nach ihm ausgestreckt wie jetzt. Karen Sisco, die das Gesetz mit der gleichen Leidenschaft hütet, mit der er es bricht, ist hinter ihm her. Sie (Jennifer Lopez) möchte ihn zu fassen kriegen, aber sie weiß nicht, was sie lieber täte: ihn ergreifen oder ihn umarmen. Denn Jack ist nicht nur ein raffinierter Aus- und Einbrecher, sondern auch ein charmanter Herzensbrecher.
Auch Jack, der bei keinem seiner Überfälle je eine Pistole dabei hatte, ist über beide Ohren verschossen in Karen, die über ein größeres Arsenal verfügt als manches Land der Dritten Welt. Mit den Waffen einer Frau, das bedeutet in ihrem Fall: mit einer Sig Sauer und einer Pumpgun. Im Grunde passen die beiden überhaupt nicht zusammen. Aber am Anfang des Films passen sie gerade zusammen in den Kofferraum eines Wagens, und so kommt die (Liebes-)Geschichte in Fahrt. Jack, der soeben aufs neue ausgebrochen ist, wird von seinem Freund vor dem Gefängnis erwartet, als ihnen Karen Sisco zufällig in die Quere kommt. Bevor sie die Situation erfassen kann, haben die Männer sie überwältigt und verladen. Nun liegen Karen und Jack in einem Kofferraum, der so eng ist, daß sie sich einfach näher kommen müssen.
Für einen Moment ist das Bild schwarz, und wir hören, wie die beiden anfangen zu reden über Gott und die Welt, über Filme und Stars. Über Faye Dunaway, die sich in "Bonnie und Clyde" nur zu bereitwillig vom Lausbuben-Charme eines Kleinkriminellen einwickeln ließ, die fünf Jahre später in "Die drei Tage des Condor" in die Gewalt eines von Killern verfolgten Mannes geriet und mit ihm ins Bett ging. Doch über die wichtigste und größte Rolle, die Faye Dunaway zwischen den beiden Filmen spielte, sprechen sie nicht: In "Thomas Crown ist nicht zu fassen" jagt sie als Agentin einen Gentleman-Verbrecher, und statt ihre Beute zu erlegen, erliegt sie ihr.
Auch zwei, die Katz und Maus spielen und dabei erkennen, daß sie von der gleichen Art sind. Doch in diesem Augenblick, im Kofferraum, wo der dreckige Jack dabei ist, Karens Chanel-Kostüm zu ruinieren, ist allein der Gedanke an die verführerische Eleganz Steve McQueens abwegig. Das könnte sich ändern. Die Klappe geht auf und der Film weiter.
Der amerikanische Regisseur Steven Soderbergh und sein Drehbuchautor Scott Frank geben bei ihrer Elmore-Leonard-Adaption "Out of Sight" bald darauf Vollgas, scheuen sich aber nicht, bei höchster Tourenzahl in den Rückwärtsgang zu schalten. Die Zeit kommt im Standbild zu einem jähen Halt, im Nu schießt die Vergangenheit an der Gegenwart vorbei. So lernt der Zuschauer, immer auf der Hut zu sein vor Rückblenden, die jederzeit, auch an dramatischen Höhepunkten, einfallen können. Nach fast zwei Dritteln des Films erfährt er den Grund für diese Verschachtelung der Zeiten. Sie war nur das Vorspiel für die schönste Verführungs- und Liebesszene, die das amerikanische Kino in den letzten Jahren hervorgebracht hat.
Als Karen abends allein in einer Hotelbar sitzt, tritt unversehens Jack an ihren Tisch, als Verkörperung vollendeter Umgangsformen, in einen Anzug gewandet, der so perfekt sitzt wie jeder seiner Sätze. Zwischen den beiden entspinnt sich ein wunderbarer Dialog, bei dem die Schauspieler jedes Wort mit der Zunge liebkosen, bevor sie es aussprechen. Während im Hintergrund des Bildes Schnee aus dem Detroiter Nachthimmel fällt, ereignet sich im Vordergrund, bei einem Glas Whiskey, das sich die zwei teilen, Erotik on the rocks, und beide versuchen, möglichst langsam dahinzuschmelzen.
Während vor dreißig Jahren der wahre Sex zwischen Faye Dunaway und Steve McQueen auf einem Schachbrett stattfand und am Ende der Partie, nachdem ihre Dame seinen König zu Fall gebracht hatte, der anschließende Kuß wie ein Nachspiel wirkte, macht "Out of Sight" um das Bett keinen Bogen. In einer wunderbaren Montage (die eine Weiterentwicklung der berühmten Liebesszene in "Wenn die Gondeln Trauer tragen" darstellt), werden nicht nur die Liebenden, sondern auch die Zeiten vereint, die Szenen in der Bar und im Schlafzimmer werden verbunden zu einem einzigen Zeit-Raum, der vom Boden bis zur Decke mit den Gefühlen der beiden gefüllt ist. Immer wieder halten Soderbergh und seine Cutterin Anne Coates das Bild in dieser Sequenz kurz an und lassen es dann weiterlaufen. So ist das in der Liebe: Man möchte, daß diese Augenblicke niemals zu Ende gehen.
Und doch muß es sein. Eine Auszeit hätten sie genommen, meint Jack, denn für die Liebe zwischen einem gesuchten Verbrecher und einem weiblichen U. S. Marshal gäbe es keine Zukunft. Doch der Zuschauer ahnt, daß sie sehr wohl eine Chance haben, im Gegensatz zu den zahlreichen Figuren, die im Finale des Films mit Kugeln im Leib auf der Strecke bleiben, die der Film aber am besten gar nicht erst eingeführt hätte, weil sie ohnehin vom wesentlichen ablenken. Das weite Figuren-Spektrum, das die jüngsten Leonard-Verfilmungen "Get Shorty" und "Jackie Brown" auszeichnete, gereicht "Out of Sight" zum Nachteil. Wenn der Film in der Mitte das sonnendurchflutete, in ein gelbliches Licht getauchte Florida verläßt und sich nach Detroit aufmacht, sind die Bilder fortan so blau, als wäre die Welt von einer Eisschicht überzogen. Doch nicht deshalb wird dem Zuschauer kalt ums Herz. Für fast zehn Minuten verliert der Film seine beiden Protagonisten aus dem Blick. Eine Ewigkeit, wenn man in die beiden verliebt ist. LARS-OLAV BEIER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Steven Soderberghs Film "Out of Sight": George Clooney als Aus-, Ein- und Herzensbrecher
Er hat zahllose Banken überfallen, wurde mehrfach verurteilt, brach stets wieder aus und nahm jedesmal den kürzesten Weg zur nächsten Bank. Wenn Jack Foley, gespielt von George Clooney, in den Rückspiegel schaut, hält er nur nach einem Ausschau: der Polizei. Doch niemals zuvor hat sich der Arm des Gesetzes so voller Anmut und Liebreiz nach ihm ausgestreckt wie jetzt. Karen Sisco, die das Gesetz mit der gleichen Leidenschaft hütet, mit der er es bricht, ist hinter ihm her. Sie (Jennifer Lopez) möchte ihn zu fassen kriegen, aber sie weiß nicht, was sie lieber täte: ihn ergreifen oder ihn umarmen. Denn Jack ist nicht nur ein raffinierter Aus- und Einbrecher, sondern auch ein charmanter Herzensbrecher.
Auch Jack, der bei keinem seiner Überfälle je eine Pistole dabei hatte, ist über beide Ohren verschossen in Karen, die über ein größeres Arsenal verfügt als manches Land der Dritten Welt. Mit den Waffen einer Frau, das bedeutet in ihrem Fall: mit einer Sig Sauer und einer Pumpgun. Im Grunde passen die beiden überhaupt nicht zusammen. Aber am Anfang des Films passen sie gerade zusammen in den Kofferraum eines Wagens, und so kommt die (Liebes-)Geschichte in Fahrt. Jack, der soeben aufs neue ausgebrochen ist, wird von seinem Freund vor dem Gefängnis erwartet, als ihnen Karen Sisco zufällig in die Quere kommt. Bevor sie die Situation erfassen kann, haben die Männer sie überwältigt und verladen. Nun liegen Karen und Jack in einem Kofferraum, der so eng ist, daß sie sich einfach näher kommen müssen.
Für einen Moment ist das Bild schwarz, und wir hören, wie die beiden anfangen zu reden über Gott und die Welt, über Filme und Stars. Über Faye Dunaway, die sich in "Bonnie und Clyde" nur zu bereitwillig vom Lausbuben-Charme eines Kleinkriminellen einwickeln ließ, die fünf Jahre später in "Die drei Tage des Condor" in die Gewalt eines von Killern verfolgten Mannes geriet und mit ihm ins Bett ging. Doch über die wichtigste und größte Rolle, die Faye Dunaway zwischen den beiden Filmen spielte, sprechen sie nicht: In "Thomas Crown ist nicht zu fassen" jagt sie als Agentin einen Gentleman-Verbrecher, und statt ihre Beute zu erlegen, erliegt sie ihr.
Auch zwei, die Katz und Maus spielen und dabei erkennen, daß sie von der gleichen Art sind. Doch in diesem Augenblick, im Kofferraum, wo der dreckige Jack dabei ist, Karens Chanel-Kostüm zu ruinieren, ist allein der Gedanke an die verführerische Eleganz Steve McQueens abwegig. Das könnte sich ändern. Die Klappe geht auf und der Film weiter.
Der amerikanische Regisseur Steven Soderbergh und sein Drehbuchautor Scott Frank geben bei ihrer Elmore-Leonard-Adaption "Out of Sight" bald darauf Vollgas, scheuen sich aber nicht, bei höchster Tourenzahl in den Rückwärtsgang zu schalten. Die Zeit kommt im Standbild zu einem jähen Halt, im Nu schießt die Vergangenheit an der Gegenwart vorbei. So lernt der Zuschauer, immer auf der Hut zu sein vor Rückblenden, die jederzeit, auch an dramatischen Höhepunkten, einfallen können. Nach fast zwei Dritteln des Films erfährt er den Grund für diese Verschachtelung der Zeiten. Sie war nur das Vorspiel für die schönste Verführungs- und Liebesszene, die das amerikanische Kino in den letzten Jahren hervorgebracht hat.
Als Karen abends allein in einer Hotelbar sitzt, tritt unversehens Jack an ihren Tisch, als Verkörperung vollendeter Umgangsformen, in einen Anzug gewandet, der so perfekt sitzt wie jeder seiner Sätze. Zwischen den beiden entspinnt sich ein wunderbarer Dialog, bei dem die Schauspieler jedes Wort mit der Zunge liebkosen, bevor sie es aussprechen. Während im Hintergrund des Bildes Schnee aus dem Detroiter Nachthimmel fällt, ereignet sich im Vordergrund, bei einem Glas Whiskey, das sich die zwei teilen, Erotik on the rocks, und beide versuchen, möglichst langsam dahinzuschmelzen.
Während vor dreißig Jahren der wahre Sex zwischen Faye Dunaway und Steve McQueen auf einem Schachbrett stattfand und am Ende der Partie, nachdem ihre Dame seinen König zu Fall gebracht hatte, der anschließende Kuß wie ein Nachspiel wirkte, macht "Out of Sight" um das Bett keinen Bogen. In einer wunderbaren Montage (die eine Weiterentwicklung der berühmten Liebesszene in "Wenn die Gondeln Trauer tragen" darstellt), werden nicht nur die Liebenden, sondern auch die Zeiten vereint, die Szenen in der Bar und im Schlafzimmer werden verbunden zu einem einzigen Zeit-Raum, der vom Boden bis zur Decke mit den Gefühlen der beiden gefüllt ist. Immer wieder halten Soderbergh und seine Cutterin Anne Coates das Bild in dieser Sequenz kurz an und lassen es dann weiterlaufen. So ist das in der Liebe: Man möchte, daß diese Augenblicke niemals zu Ende gehen.
Und doch muß es sein. Eine Auszeit hätten sie genommen, meint Jack, denn für die Liebe zwischen einem gesuchten Verbrecher und einem weiblichen U. S. Marshal gäbe es keine Zukunft. Doch der Zuschauer ahnt, daß sie sehr wohl eine Chance haben, im Gegensatz zu den zahlreichen Figuren, die im Finale des Films mit Kugeln im Leib auf der Strecke bleiben, die der Film aber am besten gar nicht erst eingeführt hätte, weil sie ohnehin vom wesentlichen ablenken. Das weite Figuren-Spektrum, das die jüngsten Leonard-Verfilmungen "Get Shorty" und "Jackie Brown" auszeichnete, gereicht "Out of Sight" zum Nachteil. Wenn der Film in der Mitte das sonnendurchflutete, in ein gelbliches Licht getauchte Florida verläßt und sich nach Detroit aufmacht, sind die Bilder fortan so blau, als wäre die Welt von einer Eisschicht überzogen. Doch nicht deshalb wird dem Zuschauer kalt ums Herz. Für fast zehn Minuten verliert der Film seine beiden Protagonisten aus dem Blick. Eine Ewigkeit, wenn man in die beiden verliebt ist. LARS-OLAV BEIER
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