Nur 20 Kilometer von der koreanischen Metropole Seoul entfernt bricht in der Stadt Bundang ein tödliches Virus aus, das sich durch die Luft verbreitet. Die hochansteckende Krankheit führt innerhalb von nur 36 Stunden zum Tod. Nachdem die Regierung drastische Quarantänemaßnahmen verordnet, eskaliert die Lage unter den eingepferchten Bewohnern Bundangs. Inmitten der öffentlichen Panik müssen die Ärztin Kim In-hye und der Rettungssanitäter Jigu den Ursprung des Virus finden, damit ein Gegenmittel entwickelt werden kann. Es wird ein verzweifelter Wettlauf gegen die Zeit. Denn im Chaos aus Tod und Gewalt droht das Militär, auch unter dem diplomatischen Druck der USA, mit einer schrecklichen Notlösung.
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- Trailershow - WendecoverFrankfurter Allgemeine ZeitungIst das ansteckend?
Vor sieben Jahren erzählte der koreanische Film "Grippe" von einer fatalen Seuche. Jetzt kommt er unter dem Titel "Pandemie" auch in deutsche Kinos
Als B-Movies noch B-Movies waren, sahen sie auch nicht so aus wie "Pandemie", der koreanische Thriller, der vor sieben Jahren ins Kino kam, damals noch einfach "Grippe" hieß und nun von einem Kleinverleih unter neuem Titel zum ersten Mal auf den deutschen Markt gebracht wird, weil wir gerade keine Grippewelle haben, sondern eine Pandemie. Kim Sung-sus Film sieht aus wie ein A-Movie, zu dem es keine B-Seite gibt. Er ist aufwendig gedreht, hat ein für koreanische Verhältnisse großes Budget, beachtliche Production Values und spektakuläre Massenszenen - es geht ihm in dieser Hinsicht also jene leichte Schäbigkeit und Billigkeit ab, die man mit B-Movies assoziiert.
Das ist, weil es um ein Katastrophenszenario geht, nicht ohne Reiz. Man kennt einen ähnlichen Appeal aus den Filmen von Roland Emmerich. In Bundang, knapp zwanzig Kilometer entfernt von Seoul, kommt ein Container mit Flüchtlingen an. Alle bis auf einen, der den beiden Schleusern entkommt, sind tot. Das Virus, das den einen Schleuser infiziert, breitet sich mit dem gebotenen Tempo aus. In Zeitlupe sieht man die Aerosole fliegen und ihre Ziele erreichen. Das ist etwas reißerisch, aber sehr umsichtig montiert, denn später wird man kurz immer mal wieder einige der Infizierten wiedersehen, wenn sie stürzen, Blut husten, unter schwerem Ausschlag leiden, der zu den Symptomen dieses Typus der Vogelgrippe gehört.
Wie sich die Panik ausbreitet, wie aus winzigen Ursachen große Wirkungen hervorgehen, wie eine Stadt mit einer halben Million Einwohner in den Ausnahmezustand taumelt, wie arrogante Politiker sich gegen den Lockdown sträuben und Wissenschaftler drangsalieren, wie Chaos im Supermarkt in Plünderungen übergeht und von schwarzuniformierten Polizisten niedergeschlagen wird, das alles ist mit einiger Verve inszeniert. Und weil das Virus sich exponentiell verbreitet, bleibt das Tempo hoch: Dem Lockdown folgen Isolationscamps, in denen Infizierte und Nichtinfizierte brutal getrennt werden. Und weil der einzige Antikörperträger lange Zeit nicht aufzufinden ist, sterben die Leute wie die Fliegen. In einer riesigen Veranstaltungshalle lagern in Plastik gehüllte Körper, unter ihnen vereinzelt noch Lebende. In Massengräbern werden sie verbrannt. Und irgendwann kommt es zu einer Rebellion der Internierten, während im Kommandobunker der Politik der Schießbefehl erteilt wird.
Das klingt, wenn man den Film so schildert, nach einer kompetenten Thrillerinszenierung, effektbewusst, hart, aber nicht grausamer oder expliziter, als es notwendig ist. Nur leider fehlt in dieser Schilderung, was dem Film seine Struktur gibt: der Plot, die Perspektivierung des Geschehens durch Protagonisten. Und da hilft dann der gehobene internationale Actionstandard nicht mehr. Da sieht man eine Geschichte, die eher aus der Internationale der Vorabendserien mit irrwitzigen Plotwendungen stammt und der man mit einer hölzernen, unfreiwillig komischen deutschen Synchronisation den Todesstoß versetzt hat.
Im Mittelpunkt steht ein Rettungssanitäter, der alles retten will, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Er rettet auch eine superzickige Virologin, in die er sich prompt verliebt, sie hat eine fünfjährige, furchtbar altkluge Tochter, deren Gunst der Retter sich mühsam erwirbt. Die Politiker, die über das Schicksal der Stadt bestimmen, stammen aus dem Bilderbuch des opportunistischen Unmenschen. Und wenn schließlich ein amerikanischer Emissär dem koreanischen Präsidenten droht und Befehle gibt, sind wir endgültig im Reich jenes Trashs angelangt, den keine noch so ironisch gestimmte Betrachtung mehr veredeln kann.
Das passt zwar zur Busch Media Group, die Perlen im Programm hat wie "Spiel mir am Glied bis zum Tod", dürfte die kommerziellen Chancen jedoch nicht sonderlich erhöhen. Am Ende taugt der Film noch nicht mal als Brutofen für Verschwörungstheoretiker wie im April die koreanische Netflix-Serie "My Secret, Terrius", die auf Facebook kurz für Tumult sorgte: Schon 2018 gedreht, war dort von einem mutierten Coronavirus mit vierzehntägiger Inkubationszeit die Rede, das zur Waffe wird und gegen das es kein Serum gibt - gemeint war jedoch ein anderes Virus aus der Coronafamilie. Kim Sung-sus "Pandemie" ist nicht ansteckender als ein Schnupfen.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Vor sieben Jahren erzählte der koreanische Film "Grippe" von einer fatalen Seuche. Jetzt kommt er unter dem Titel "Pandemie" auch in deutsche Kinos
Als B-Movies noch B-Movies waren, sahen sie auch nicht so aus wie "Pandemie", der koreanische Thriller, der vor sieben Jahren ins Kino kam, damals noch einfach "Grippe" hieß und nun von einem Kleinverleih unter neuem Titel zum ersten Mal auf den deutschen Markt gebracht wird, weil wir gerade keine Grippewelle haben, sondern eine Pandemie. Kim Sung-sus Film sieht aus wie ein A-Movie, zu dem es keine B-Seite gibt. Er ist aufwendig gedreht, hat ein für koreanische Verhältnisse großes Budget, beachtliche Production Values und spektakuläre Massenszenen - es geht ihm in dieser Hinsicht also jene leichte Schäbigkeit und Billigkeit ab, die man mit B-Movies assoziiert.
Das ist, weil es um ein Katastrophenszenario geht, nicht ohne Reiz. Man kennt einen ähnlichen Appeal aus den Filmen von Roland Emmerich. In Bundang, knapp zwanzig Kilometer entfernt von Seoul, kommt ein Container mit Flüchtlingen an. Alle bis auf einen, der den beiden Schleusern entkommt, sind tot. Das Virus, das den einen Schleuser infiziert, breitet sich mit dem gebotenen Tempo aus. In Zeitlupe sieht man die Aerosole fliegen und ihre Ziele erreichen. Das ist etwas reißerisch, aber sehr umsichtig montiert, denn später wird man kurz immer mal wieder einige der Infizierten wiedersehen, wenn sie stürzen, Blut husten, unter schwerem Ausschlag leiden, der zu den Symptomen dieses Typus der Vogelgrippe gehört.
Wie sich die Panik ausbreitet, wie aus winzigen Ursachen große Wirkungen hervorgehen, wie eine Stadt mit einer halben Million Einwohner in den Ausnahmezustand taumelt, wie arrogante Politiker sich gegen den Lockdown sträuben und Wissenschaftler drangsalieren, wie Chaos im Supermarkt in Plünderungen übergeht und von schwarzuniformierten Polizisten niedergeschlagen wird, das alles ist mit einiger Verve inszeniert. Und weil das Virus sich exponentiell verbreitet, bleibt das Tempo hoch: Dem Lockdown folgen Isolationscamps, in denen Infizierte und Nichtinfizierte brutal getrennt werden. Und weil der einzige Antikörperträger lange Zeit nicht aufzufinden ist, sterben die Leute wie die Fliegen. In einer riesigen Veranstaltungshalle lagern in Plastik gehüllte Körper, unter ihnen vereinzelt noch Lebende. In Massengräbern werden sie verbrannt. Und irgendwann kommt es zu einer Rebellion der Internierten, während im Kommandobunker der Politik der Schießbefehl erteilt wird.
Das klingt, wenn man den Film so schildert, nach einer kompetenten Thrillerinszenierung, effektbewusst, hart, aber nicht grausamer oder expliziter, als es notwendig ist. Nur leider fehlt in dieser Schilderung, was dem Film seine Struktur gibt: der Plot, die Perspektivierung des Geschehens durch Protagonisten. Und da hilft dann der gehobene internationale Actionstandard nicht mehr. Da sieht man eine Geschichte, die eher aus der Internationale der Vorabendserien mit irrwitzigen Plotwendungen stammt und der man mit einer hölzernen, unfreiwillig komischen deutschen Synchronisation den Todesstoß versetzt hat.
Im Mittelpunkt steht ein Rettungssanitäter, der alles retten will, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Er rettet auch eine superzickige Virologin, in die er sich prompt verliebt, sie hat eine fünfjährige, furchtbar altkluge Tochter, deren Gunst der Retter sich mühsam erwirbt. Die Politiker, die über das Schicksal der Stadt bestimmen, stammen aus dem Bilderbuch des opportunistischen Unmenschen. Und wenn schließlich ein amerikanischer Emissär dem koreanischen Präsidenten droht und Befehle gibt, sind wir endgültig im Reich jenes Trashs angelangt, den keine noch so ironisch gestimmte Betrachtung mehr veredeln kann.
Das passt zwar zur Busch Media Group, die Perlen im Programm hat wie "Spiel mir am Glied bis zum Tod", dürfte die kommerziellen Chancen jedoch nicht sonderlich erhöhen. Am Ende taugt der Film noch nicht mal als Brutofen für Verschwörungstheoretiker wie im April die koreanische Netflix-Serie "My Secret, Terrius", die auf Facebook kurz für Tumult sorgte: Schon 2018 gedreht, war dort von einem mutierten Coronavirus mit vierzehntägiger Inkubationszeit die Rede, das zur Waffe wird und gegen das es kein Serum gibt - gemeint war jedoch ein anderes Virus aus der Coronafamilie. Kim Sung-sus "Pandemie" ist nicht ansteckender als ein Schnupfen.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main