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Paulette (Bernadette Lafont) ist eine ruppige 80-jährige Dame, die weiß, was sie will - und auch, was sie nicht will. Dass sie ganz allein in einem zwielichtigen Pariser Vorort lebt, kann sie nicht schrecken. Nur ihre allzu schmale Pension bringt Paulette immer wieder auf die Palme. Als ihr eines Abends beim Müllrausbringen ein Päckchen Marihuana in den Schoß fällt, beschließt Paulette, ihrer Geldmisere ein Ende zu machen. Paulette wird Haschisch-Dealer! Als ehemalige Konditor-Meisterin bringt sie für diesen Job neben einem ausgeprägten Geschäftssinn und echten Giftzwerg-Qualitäten auch…mehr

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Produktbeschreibung
Paulette (Bernadette Lafont) ist eine ruppige 80-jährige Dame, die weiß, was sie will - und auch, was sie nicht will. Dass sie ganz allein in einem zwielichtigen Pariser Vorort lebt, kann sie nicht schrecken. Nur ihre allzu schmale Pension bringt Paulette immer wieder auf die Palme. Als ihr eines Abends beim Müllrausbringen ein Päckchen Marihuana in den Schoß fällt, beschließt Paulette, ihrer Geldmisere ein Ende zu machen. Paulette wird Haschisch-Dealer!
Als ehemalige Konditor-Meisterin bringt sie für diesen Job neben einem ausgeprägten Geschäftssinn und echten Giftzwerg-Qualitäten auch grandiose Back-Künste und hilfreiche Freundinnen vom Nachmittagstee mit - Vorteile, die ihrer Lederjacken-tragenden Konkurrenz im Viertel eindeutig abgehen. Plötzlich gibt es nicht nur einen neuen Dealer im Quartier. Paulette wird bald zur unbezwingbaren Königin des kultivierten Drogenhandels. Erst als die mächtigen Hintermänner der lokalen Drogenversorgung Paulettes Talent für sich nutzen wollen und sogar ihren Enkelsohn als Geisel nehmen, wird die Sache ungemütlich. Doch Paulette und ihre Freundinnen haben da eine Idee, wie man sich die garstigen Mafiosis vom Hals halten kann, bevor irgendjemand ins Gras beißt...
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.07.2013

Besser als Rap: Integration mittels Haschisch
Die Filmkomödie "Paulette" war in Frankreich ein Millionenerfolg - sie zeigt, wie eine alte Rassistin umlernt

Paulette (Bernadette Lafont) ist keine nette alte Frau. Mit Pfefferspray bewaffnet, zieht sie durch die zerstörte Soziallandschaft der Pariser Banlieues und schlägt sich mit Migrantinnen um Lauch. Wenn ihre Tochter Agnes (Axelle Laffont) wieder einmal notgedrungen ihren siebenjährigen Sohn Leo bei der Großmutter unterbringen muss, sperrt diese den Kleinen (Ismael Dramé) mit Comicheften in die Küche. Fragt er sie, warum sie ihn nicht möge, sagt sie beleidigt: "Weil du schwarz bist." Da kann man nichts machen. Mit dem Enkelkind hasst Paulette natürlich den dazugehörigen dunkelhäutigen Schwiegersohn, einen Polizisten namens Ousmane (Jean-Baptiste Anoumon), der jedoch seinerseits in souverän-herziger Gutmütigkeit um die Zuneigung der verbiesterten Alten wirbt.

Paulette war einst erfolgreiche Bäckerin - zu Beginn des Filmes wird ihre Lebensgeschichte in romantisch-verstaubten Sepia-Tönen zu ebenso romantischer französischer Musik anhand von Fotografien nacherzählt. Paulette, wie sie Gästen im Garten Kuchen serviert. Paulette, wie sie stolz vor ihrer eigenen Bäckerei steht. Die hat allerdings ihr alkoholsüchtiger Mann Francis zugrunde gewirtschaftet, um dann frühzeitig zu versterben. Die Bäckerei ist nun ein asiatisches Restaurant; in Paulettes Weltinterpretation verschiebt sich die Kausalfolge allerdings zuungunsten der neuen Besitzer Chang und Kun, denen sie aus Rache regelmäßig Kakerlaken ins Essen mischt.

Nun lebt Paulette von 600 Euro Rente im Monat und klagt des Abends dem Bildnis ihres verstorbenen Mannes ihr Elend, indem sie ihm mit Sekt und Schnaps zuprostet. Manchmal klagt sie es auch im Beichtstuhl dem dunkelhäutigen Priester in der Kirche ihres Vertrauens. Wenn der dann kaum noch an sich halten kann, sagt sie: "Aber nein, Père Baptiste, ich meine doch nicht Sie. Sie hätten es wirklich verdient, weiß zu sein." Paulettes Situation ist in der Tat unerfreulich: Um in ihrem Banlieue-Wohnhaus den Fahrstuhl in Gang zu bringen, bedarf es mehrerer hüpfender alter Frauen.

So weit die Exposition. Jetzt kommt natürlich der Ruf, der das Leben dieser Antiheldin umpflügt: Als sich Paulette eines Tages hinter einer Mülltonne versteckt, fällt ihr etwas in die Hände, das ein Dealer auf der Flucht vor der Polizei in hohem Bogen aufs Geratewohl in die Luft geworfen hat: ein Päckchen Haschisch. Sie bringt es dem örtlichen Drogendealer, einem brutalen Bärtchen-Schurken namens Vito (Paco Boublard), zurück und steigt kurzerhand ins Geschäft ein, um ihre Rente aufzubessern. Anfangs steht sie noch mit Steppjacke und Kopftuch in einer runtergekommenen Bahnhofsunterführung und zischt den Leuten das Wort "Haschisch" zu, dann entwickelt sie Geschäftsmethoden, bei denen ihre Fähigkeiten als Bäckerin eine entscheidende Rolle spielen.

Auf einmal gezwungen, "geschäftlich" mit bulligen Türsteher-Typen mit Migrationshintergrund herumzuhängen, setzt bei Paulette eine Läuterung ein, die dem Zuschauer dadurch plausibel wird, dass sie rein materialistisch motiviert ist. Da kommt man eben nicht darum herum, den "kleinen Araber" ganz nett zu finden, den man zum Haschkuchen nach Hause eingeladen hat, um die Drogen-Revierkämpfe im Viertel zu klären. Und auch ihren Enkel gewinnt Paulette irgendwann lieb, nicht zuletzt, weil er ihr, ohne es zu wissen, einen wichtigen Hinweis zur Perfektionierung ihrer Deal-Methoden liefert. Schließlich nennt sie ihn liebevoll ihr "kleines Bimbolein". Da hat ihn schon die Drogenmafia entführt, weil Paulette sich an entscheidender Stelle kooperationsunwillig zeigt.

Die große Bernadette Lafont spielt die biestige Paulette ganz wunderbar und sieht dabei verdammt cool aus, sowohl am Anfang mit speckig grünem Mantel, Blumenkopftuch und Sonnenbrille als auch später, wenn sie, durch ihr Geschäft zu Geld gekommen, mit ihren drei Kartenspiel-Freundinnen durch Casinos und Luxushotels tourt. Rollenkonzeption, Spiel und Sechziger-Jahre-Outfit wirken wie ein liebevoll-ironischer Kommentar auf frühe Außenseiterrollen des Nouvelle-Vague-Stars. Und natürlich wie ein Kommentar auf die US-amerikanische Fernsehserie "Breaking Bad", in der es um einen lungenkrebskranken Chemiker geht, der, um seine Familie zu ernähren, beginnt, Drogen herzustellen. Paulette ist gewissermaßen der kuschelige Altersarmuts-Spielfilm zum Thema "Dealer aus verlorenem Einkommen".

Natürlich muss es auch einen alternden Verehrer Paulettes geben, der versucht, ihr steinernes Herz zu erweichen. Hier heißt er Walter (André Penvern), wohnt gegenüber und sieht sehr putzig-altmodisch aus, wie eine lackierte Holzfigur, die man sich ins Regal stellen möchte, um die Bücher vor dem Umfallen zu bewahren.

Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel tatsächlich "Inkorrektes" und Bösartiges dieser postaméliesche Zweig des zeitgenössischen französischen Kinos in seinen Filmen unterbringen kann, ohne dabei in irgendeiner Weise radikal zu werden: Paulette ist nicht niedlich. Sie ist wirklich eine hundsgemeine, selbstgerechte Rassistin. Und auch das Dealen wird nicht verharmlost, vielmehr haben die Verstrickungen mit der Drogenmafia mittelfristig sehr unangenehme Auswirkungen auf das Leben, auch wenn es natürlich ein utopisches Ende gibt, von dem hier nichts verraten sei. Trotz alledem ist der Film zutiefst kuschelig - einer dieser Filme, auf deren Werbeplakaten Rezensionen zitiert werden, die ihn "einfach und ehrlich" finden, "rührend" oder "herrlich unmoralisch", und die genau all das auch sind. Jérôme Enrico, Sohn des bekannten Regisseurs Robert Enrico ("Das alte Gewehr"), dreht sonst Fernsehserien; "Paulette" ist sein zweiter Spielfilm. Der davor hieß "L'origine du monde" und war ein eher düsterer und künstlerisch ambitionierter Noir-Film. Auch daher ist es ein bisschen schade, dass "Paulette" - der Film war in Frankreich ein Millionenerfolg - nur eine weitere herzige Sozialkomödie geworden ist, in der alle ein bisschen schräg, ein bisschen einsam und verrückt sind und sich in liebevoll eingerichteten Bildern so lange an ihrer Skurrilität reiben, bis ihnen allen ganz warm geworden ist. Und dem Zuschauer auch.

HANNAH LÜHMANN

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