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Auch wenn man ihm sein notorisches Lügen buchstäblich an der Nasenspitze ansieht: Pinocchio zählt zu den beliebtesten Helden des Zeichentricks. Wer kennt ihn nicht, den liebenswerten Marionetten-Jungen, der auf seiner Reise durch die weite Welt ständig neue Abenteuer bestehen und dabei unzählige Lektionen lernen muss? Seit nunmehr 30 Jahren zählt die legendäre TV-Serie "Pinocchio" zu den Klassikern des deutschen Kinderfernsehens.
1. Wie Pinocchio auf die Welt kam Der Holzschnitzer Geppetto findet ein besonders schönes Stückchen Holz. Er will eine Marionette daraus fertigen und geht mit
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Produktbeschreibung
Auch wenn man ihm sein notorisches Lügen buchstäblich an der Nasenspitze ansieht: Pinocchio zählt zu den beliebtesten Helden des Zeichentricks. Wer kennt ihn nicht, den liebenswerten Marionetten-Jungen, der auf seiner Reise durch die weite Welt ständig neue Abenteuer bestehen und dabei unzählige Lektionen lernen muss? Seit nunmehr 30 Jahren zählt die legendäre TV-Serie "Pinocchio" zu den Klassikern des deutschen Kinderfernsehens.

1. Wie Pinocchio auf die Welt kam
Der Holzschnitzer Geppetto findet ein besonders schönes Stückchen Holz. Er will eine Marionette daraus fertigen und geht mit besonders viel Liebe an die Arbeit. Die Arbeit an der Puppe ist noch nicht abgeschlossen, da beginnt sie schon zu sprechen. Pinocchio ist geboren!

2. Das Riesenei ist eine Ente
Pinocchio stellt in der Stadt so viel Unsinn an, dass Geppetto viel Zeit darauf verwenden muss, die Schäden zu beheben. Pinocchio hegt keine bösen Absichten, aber seine Tollpatschigkeit scheint Geppetto noch in den Wahnsinn zu treiben. Kurzerhand beschließt er, den Holzbengel in die Schule zu schicken.

3. Tanz, Püppchen, tanz!
Pinocchio soll mit dem Küken Gina zur Schule gehen. Doch der hinterlistige Fuchs und der räudige Straßenkater locken Pinocchio in ein Marionettentheater und verkaufen ihn an den Besitzer. Noch bevor Pinocchio begreift, was geschehen ist, gibt er unfreiwillig seine erste Vorstellung.

4. Wo ist Geppetto?
Pinocchio feiert große Erfolge als Marionette beim Publikum. Der Schaubudenbesitzer allerdings macht ihm das Leben zur Hölle. Während einer Vorstellung erinnert sich Pinocchio an den alten Geppetto. Mit Gina will er sich auf den Heimweg machen.

5. Das unheimliche Wirtshaus
Pinocchio und Gina sind auf dem Heimweg zu Geppetto. Endlich erreichen sie ein Wirtshaus und können sich richtig satt essen und ausschlafen. Doch Fuchs und Kater heften sich an ihre Fersen. Die Bösewichte lauern Pinocchio auf - und der tapst prompt in ihre Falle.

6. Bei der guten Fee
Im Wald erlebt Pinocchio eine schrecklich gruselige Nacht: Gespenster tauchen auf, die ihm sein Geld abjagen wollen. Doch dann entdeckt Pinocchio, dass die Gespenster nur Fuchs und Kater sind. Zum Glück greift die gute Fee rettend ein.

7. Pinocchios lange Nase
Pinocchio ist todkrank. Uhu und Rabe, die beiden Walddoktoren, müssen zur Hilfe eilen. Allerdings können sie sich nicht einigen, was Pinocchio fehlt. Und Pinocchio ist ein schwieriger Patient. Unterdessen ist der alte Geppetto vor Kummer ganz trübsinnig geworden.

8. Wo die Geldbäume wachsen
Pinocchio und Gina sind mit einem Boot auf dem Weg zu Geppetto. Bei einer Rast geschehen merkwürdige Dinge: Plötzlich verschwindet das Boot. Pinocchio begibt sich auf die Suche. Wenig später ist auch noch Gina spurlos verschwunden.

9. Geppetto bekommt Besuch
Als die gute Fee erfährt, dass Pinocchio wieder einmal Fuchs und Kater auf den Leim gegangen ist, besucht sie s Geppetto. Sie will ihn überreden, Pinocchio ihr eine Weile zu überlassen. Denn die Fee glaubt, die besseren Mittel zu haben, um Pinocchio zu erziehen.

10. Das große und das kleine Einmaleins
Pinocchio soll rechnen lernen, doch das fällt ihm noch verflixt schwer. Allzu gern lässt er sich ablenken. Gina muss ihn ständig ermahnen! Doch wie durch ein Wunder schafft es Pinocchio doch noch, alle Aufgaben zu lösen - und zwar korrekt!

11. Vom Richter, der ein Affe war
Pinocchio wird von der guten Fee zum Einkaufen geschickt. Er verspricht, vor Einbruch der Dunkelheit zurück zu sein. Alles scheint gut zu gehen - bis Fuchs und Kater auftauchen und Pinocchio einen Apfel stehlen. Schließlich landet der Fall sogar vor dem Richter.

12. Immer Ärger mit den Hausaufgaben
Alle sind erstaunt über Pinocchios Lerneifer. Doch dann entdeckt die Fee, dass der Bengel seine Aufgaben mit fremder Hilfe löst. Kurzerhand schickt sie ihn in die Stadt der Dummköpfe. Dort kommt Pinocchio aus dem Staunen nicht heraus.

13. Die abenteuerliche Nacht
Mitten in der Nacht will der hinterlistige Kater den ahnungslosen Pinocchio zu einem Fest einladen. Pinocchio findet die Idee großartig, und so machen sich beide auf den Weg zu einem Gasthaus, wo Fuchs und Kater die Zeche prellen und Pinocchio als Pfand zurücklassen wollen.

14. Wie Pinocchio ein Hofhund wird
Mitten in der Nacht wird Pinocchio von Fuchs und Kater geweckt. Zwar ist er auf der Hut vor den beiden Bösewichten - aber zu einem Freundschaftsdienst lässt er sich dennoch überreden. Angeblich wird eine brave Wieselfamilie von einem Hofhund verfolgt und wartet auf Hilfe.

15. Die hinterlistigen Wiesel
Gina ist auf der Suche nach Pinocchio. Er wurde als vermeintlicher Hühnerdieb festgenommen. Plötzlich kommen die wahren Diebe daher und bedrohen die arme Gina. Es dauert einige Zeit, bis Pinocchio in ihnen die tatsächlichen Schurken erkennt.

16. Ist Geppetto wirklich krank?
Pinocchio hat nichts aus seinen Fehlern gelernt. Fuchs und Kater gelingt es wieder einmal, Pinocchio übers Ohr zu hauen. Diesmal erzählen sie, Geppetto sei krank. Aber auch der Marionettenschnitzer selbst wird von den beiden Halunken hereingelegt.

17. Die verschwundene Fee
Pinocchio hat Fuchs und Kater gefesselt und will sie zum Haus der Fee bringen. Doch die Fee ist verschwunden und mit ihr das ganze Haus. Pinocchio macht sich bittere Vorwürfe, an dem ganzen Unglück schuld zu sein. Mit Gina begibt sich Pinocchio auf die Suche nach Geppetto.

18. Die Reise auf der Taube
Auf dem Rücken einer Taube wollen Pinocchio und Gina zum Hafen am blauen Meer fliegen, um Geppetto zu finden. Sie ahnen jedoch nicht, dass Fuchs und Kater bereits die Verfolgung aufgenommen haben. Was die Schurken nicht ahnen: Die Taube ist gar keine Taube.

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten
Autorenporträt
Carlo Collodi, geboren 1826 in Florenz. Ursprünglich zum Priester bestimmt, wurde er Journalist und gründete zwei satirische Zeitschriften, die nach kurzer Zeit verboten wurden. Außerdem verlegte er sein Wirken auch auf den Bereich der Erziehung und schrieb Kinder- und Schulbücher.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.09.2021

Die Moral des Kinos, die Moral des Lebens

Der Regisseur Dietrich Brüggemann wurde im April als einer der Initiatoren von #allesdichtmachen bekannt. Jetzt bringt der Kritiker der Corona-Politik, der schon immer etwas für Provokationen übrighatte, einen neuen Film ins Kino: "Nö". Eine Begegnung.

Natürlich trägt er eine Maske, so selbstverständlich, wie er meist eine Kappe trägt, die den zurückweichenden Haaransatz verdeckt. Und ein T-Shirt, auf dem "Metaphysica" steht und das die Köpfe von Aristoteles, Platon, Parmenides und Pythagoras zeigt. Wir sind verabredet in einem dieser Westberliner Vorwende-Café-Restaurants mit älteren, späten Mittagessern und dunklem Holz. Dietrich Brüggemann, der Regisseur und Autor, der im April als einer der Initiatoren von #allesdichtmachen bekannt wurde, ist gekommen, um über seinen neuen Film zu sprechen, der den schönen Titel "Nö" hat.

#allesdichtmachen, das war diese Aktion Ende April, bei der mehr als fünfzig prominente Schauspieler von Volker Bruch bis Ulrich Tukur, von Meret Becker bis Heike Makatsch in kurzen, irgendwie satirisch gemeinten Videos die Corona-Politik der Regierung und die Medien attackierten. Der Shitstorm kam wie bestellt, einige ruderten gleich zurück, und der 45-jährige Brüggemann, rhetorisch versiert, intellektuell beweglich und überzeugt, eine Mission zu haben, wurde zum Sprecher dieser schnell aus dem Tritt geratenen Bewegung.

Jetzt hat er gar keine Lust, über Corona zu reden, sagt er gleich, es sei alles gesagt, von ihm. Gut, zitiert man eben aus der Berliner Zeitung, wo er im August sagte, die Aktion habe "massive Auswirkungen auf das ganze Land. Es hat eingeschlagen wie selten etwas." Bescheidenheit geht anders. Man kann auch auf Facebook nachlesen, wo er kürzlich erklärte, warum er nicht zum Festival des deutschen Films in Ludwigshafen fahre: weil man dort auf Anweisung der Behörden die 2-G-Regel befolge.

"Ich halte es schon für ungut, wenn Gesunde immer erstmal per Test nachweisen müssen, dass sie keine Gefahr für ihre Mitmenschen darstellen", schreibt Brüggemann, und "wenn dann auch noch die Menschheit per Impfung in zwei Klassen eingeteilt wird, dann sollten wir alle uns fragen, ob wir das wirklich wollen." Er finde das "verheerend, und dabei spielt es noch nicht mal eine Rolle, ob es in der Sache begründbar ist (ist es nicht) und wie oft und wogegen ich selber geimpft oder ungeimpft bin . .. Ich trete vor kein Publikum, das nach irgendwelchen biologischen oder sonstigen Kriterien vorsortiert wurde."

Biologische? Sonstige? Ja was denn nun? Geht es nicht eigentlich eher ums Vorsortiertwerden? Und war Brüggemann nicht auch in Karlovy Vary, wo "Nö" den Regiepreis gewann und wo die 3-G-Regel galt? So ganz kann Brüggemann auch an diesem Nachmittag natürlich nicht von der Pandemie schweigen. Er spricht vom "allgemeinen Misstrauen, das am Anfang der gesamten Corona-Politik steht. Es ist die umgedrehte Unschuldsvermutung: Man gilt a priori als verdächtig und muss seine Unschuld permanent beweisen." Aber auch nur, wenn man Ansteckungsgefahr, die von einer Person ausgeht, als schuldhaftes Verhalten betrachtet. Brüggemann geht dann über zur nach wie vor niedrigen Mortalitätsrate, erwähnt die vielen, die gar nicht gemerkt hätten, dass sie Covid-19 hatten, sagt noch, in Schweden sei es ja auch anders gegangen. Muss man jetzt echt noch mal mit der deutlich höheren Sterblichkeitsrate in Schweden kommen?

Er redet schnell, ohne sich zu verhaspeln, pointiert, mit Nachdruck, hebt und senkt gezielt die Stimme, daraus entsteht ein dichter Zusammenhang, es gibt beim Reden keine Pausen, in die Zweifel eindringen könnten. Was nicht heißt, er reagiere nicht auf Nachfragen, er nimmt sie kurz auf, redet weiter, spielt ein paar Töne an, aber spielt dann nicht weiter. Sagt dann noch: "Jeder, der geimpft werden will, kann geimpft werden, was will man mehr?" Und fügt hinzu, Helge Braun und auch Heiko Maas hätten im Frühjahr doch sehr klar verkündet, dass die Maßnahmen enden sollten, wenn jeder ein Impfangebot bekommen habe.

Dietrich Brüggemann, Regisseur und Autor von sechs Spielfilmen und drei ziemlich originellen "Tatort"-Folgen, hat schon immer was übriggehabt für Provokationen. Als würde er sich lieber anlegen mit Leuten, als sich zu verbünden, als sei da eine Konsens-Allergie. Er hat 2014 mal einen Blogeintrag "Fahr zur Hölle, Berliner Schule" verfasst - obwohl, wie er sofort einräumt, seine Art, über Kino und Filme nachzudenken, sich nicht so sehr von der Art der Kolleginnen und Kollegen unterscheide.

Aber reden wir doch zur Abwechslung auch mal über "Nö", den Film, den er, wie die meisten, mit seiner jüngeren Schwester Anna geschrieben hat, die auch die Hauptrolle spielt. "Nö", sagt sie in der ersten Szene, als ihr Freund beim Bettgeflüster überlegt, ob man sich nicht trennen solle, wogegen sie gern ein Kind möchte. "Nö" heißt der Film, weil ein Produzent, der dann gar nicht produziert hat, in einem Telefonat fragte, ob es schon einen Arbeitstitel gebe. "Nö", sagte Brüggemann, "guter Titel" der Produzent. In "Nö" heißt das Paar, um das es geht, Dina und Martin, genauso wie 2010 in "3 Zimmer/Küche/Bad", auch die Darsteller Anna Brüggemann und Alexander Khuon sind dieselben. Wird was zu bedeuten haben. Brüggemann nickt.

"Nö" bedient nicht das übliche Szenen-einer-Ehe-Drama-Modell. Nicht nur weil die beiden es über die sieben Jahre, die der Film umfasst, nicht schaffen zu heiraten. Sondern weil die Formel nichts taugt, um das Spezifische zu erfassen. "Nö" besteht aus 15 Szenen, er ist, ähnlich wie "Kreuzweg", Brüggemanns Berlinale-Beitrag von 2014, aus Tableaus mit einer fast durchgängig unbewegten Kamera komponiert.

Dieses "Tableauprinzip", wie Brüggemann es nennt, macht die Leinwand zu einer Art Schaukasten, in dem man einer sehr komplizierten Choreographie zusieht. Es sei eine völlig andere Art, Filme zu drehen, ein Unterschied "wie zwischen Hürdenlauf und Hundertmeterlauf". Man könne nach ausgiebigen Proben zehn, zwölf Minuten Film am Tag schaffen, jedes Detail im Bild "mit der Pinzette gestalten". Und tricksen funktioniere auch nicht, weil man nicht Bilder aus zwei verschiedenen Takes montieren könne. Verdeckte Schnitte gebe es in "Nö" daher nur dort, wo es auch Kamerabewegungen gebe.

Brüggemann findet dieses Arbeiten nach wie vor "faszinierend", er würde gerne "noch weiterforschen". Und man hat auch den Eindruck, dass er und seine Schwester ihren Figuren näher und deutlich mehr zugetan sind als sonst. "Was wollen wir erzählen?", hätten sie sich gefragt und seien auf die Wünsche, die Ängste der eigenen Generation gekommen, zu einer Art "Küchensoziologie", was er dem Begriff "Küchenpsychologie" vorziehe. Wenn man so will, ist "Nö" dann auch ein Generationsporträt - noch so ein Begriff mit mäßiger Reichweite. Schwer zu sagen, ob der Film eher lustig oder giftig oder vergiftet-lustig ist, er zeigt in jedem Fall, wie eine Beziehung sich unmerklich überlebt, wie sie sich im Alltag verzettelt, wie ein Kind alles verändert und die Liebe welkt.

"Nö" lebt nicht vom Realismus dramatischer Streit- und Versöhnungsszenen. Er habe, sagt Brüggemann, "dem Surrealen zu seinem Recht verhelfen" wollen. Da ist tatsächlich eine schwarze Komik, wie sie wenige deutsche Regisseure beherrschen. Man könnte auch sagen, "Nö" zeige, dass Brüggemann die Filme des Schweden Roy Andersson bewundert und eine Phobie gegenüber Ärzten hat.

Mark Waschke hat ein großes Solo als Gynäkologe, der die schwangere Dina mit zynischen Formeln traktiert, während Martin aufs vergrößerte Ultraschallbild des Fötus starrt und auf einmal ein Monster sieht. Es gibt ein Duett zwischen dem Arzt Martin und einem Patienten (Rüdiger Vogler), der während einer Operation erwacht, um eine Zigarette bittet und mit offenem Bauch, die Schere noch in den Eingeweiden, Lebenstipps gibt. Und es gibt ein Trio mit Martin, Zahnarzthelferin und Zahnarzt, der sich einen Glenn Gould der Dentisten nennt und wütet wie Freddy Krueger.

Nicht alle Szenen oder Tableaus sind gleichmäßig gut durchgearbeitet. Da sind einige Unebenheiten. Da kommen kulturkritische Plattitüden zum Kunstbetrieb oder ein Schwiegervater als Bilderbuchtyrann, auf einmal schießt wieder ein toller Einfall dazwischen, wenn Martin und Dina nach der Geburt die Klinik verlassen, um sie herum Maschinengewehrfeuer, Brände, Kampfhandlungen, die sie voller Angst und mit aufgerissenen Augen betrachtet, während er in aller Seelenruhe Belangloses daherredet und den Fahrstuhl sucht.

Ob "Nö" nun Komödie, Tragikomödie oder Ehegroteske ist, das ist ziemlich egal. Es fällt bloß auf, dass in diesem Film ein noch besserer Film steckt, der es nicht ganz heraus geschafft hat. Brüggemann ist allerdings nicht einverstanden mit der Diagnose Ärztephobie. Er sagt, die Ultraschallszene habe sich fast so ähnlich auch zugetragen, und die Sätze des Arztes wirkten vor allem in der Ballung zynisch. Er habe "den Eindruck, dass die Moral des Kinos eine andere ist als die unseres Lebens". Ist das so? Müssen im Kino höhere moralische Standards erfüllt werden? Es falle doch auf, sagt er, wie viele Schicksalsschläge es zum Beispiel in einem Film wie "24 Wochen" brauche, in dem es um einen Schwangerschaftsabbruch wegen Schwerstbehinderung geht, damit der Abbruch legitimiert werden kann.

Brüggemann beschreibt den "Kontroll- und Machtverlust über den Körper", die sich einstellten, wenn man einen Arzt aufsuche und sich dessen Deutungshoheit ausliefere. Und auf einmal ist da wieder die Corona-Thematik, die, weil man mit Brüggemann sehr gut über Filme reden kann, in den Hintergrund gerutscht war. Geht es denn da nicht auch um Kontrolle, Macht, Deutungshoheit? Geht es nicht auch ihm darum? Brüggemann, der eigentlich nicht über Corona reden wollte, muss dann doch darüber reden. Er sagt, es habe ihn im letzten Jahr überrascht, wie viele selbständig denkende Menschen es doch noch gebe in diesem Land, er nennt auch den Bonner Philosophen und Corona-Politik-Kritiker Markus Gabriel, mit dem er Kontakt hatte. Und überrascht mit seiner Urlaubslektüre: Karl Poppers Klassiker von 1945, "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde".

Seltsam, denkt man, ein Buch, das Helmut Schmidt bewunderte, das den Neoliberalen Friedrich August von Hayek feiert und dessen hermeneutische Totalignoranz gegenüber der Philosophie von Platon bis Hegel legendär ist. Oder passt das? Wer sich nicht recht deuten lässt, reklamiert die Deutungshoheit. Dietrich Brüggemann ist jemand, der gerne auch in seinen Filmen auf falsche Fährten lockt und sich freut, wenn Leute empört reagieren. Der am Ende womöglich auch manche Kontakte nur pflegt, um die Fragwürdigkeit des Kontaktschuld-Vorwurfes zu demonstrieren; der weiß, dass Provokation nur Sinn hat, wenn Leute sich aus der Reserve locken lassen. Ganz nebenbei lässt er auch mal Begriffe wie "cancel culture" fallen, mit hörbaren Anführungszeichen, oder "geistiger Bürgerkrieg". Reagiert man nicht, redet er einfach weiter.

Von dieser Mentalität, die man auch eine Spieler- oder Zockernatur nennen könnte, sind seine Filme nicht völlig frei. Das Spiel mit der Form kann auch leicht mal die Geschichte verformen, wie in der Neonazi-Farce "Heil" (2015), wo Satire funktioniert wie ein Schrotgewehr mit extremer Streuung. Das macht Brüggemanns Filme jedoch ungleich interessanter als die Mehrzahl dessen, was im deutschen Film so getrieben wird.

Und man gerät dann gegen Ende des Gesprächs selbst kurz hinein in das Spiel, wenn es um die Bundestagswahl geht, Brüggemann eine kryptische Andeutung macht und sich dann nichts mehr entlocken lässt. Da ist dann wieder alles dicht gemacht. PETER KÖRTE.

"Nö" - ab Donnerstag im Kino

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