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Abenteuerlustig streift die Häuptlingstochter Pocahontas mit ihren witzigen Freunden, dem ewig hungrigen Waschbären Meeko und dem frechen Kolibri Flit, durch die Wälder. Unbeschwert genießen sie ihre Freiheit, bis sich eines Tages plötzlich alles ändert. Die Trommeln rufen alle Indianer des Stammes der Powhatan zusammen: Ein Schiff hat in ihrer Bucht angelegt! Goldgierige Fremde aus dem fernen England betreten das Ufer - und damit treffen zum ersten Mal zwei Welten aufeinander. Nur Pocahontas und der tapfere John Smith haben den Mut, einzugreifen und einen Kampf zu verhindern. Werden sie es…mehr

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Produktbeschreibung
Abenteuerlustig streift die Häuptlingstochter Pocahontas mit ihren witzigen Freunden, dem ewig hungrigen Waschbären Meeko und dem frechen Kolibri Flit, durch die Wälder. Unbeschwert genießen sie ihre Freiheit, bis sich eines Tages plötzlich alles ändert. Die Trommeln rufen alle Indianer des Stammes der Powhatan zusammen: Ein Schiff hat in ihrer Bucht angelegt! Goldgierige Fremde aus dem fernen England betreten das Ufer - und damit treffen zum ersten Mal zwei Welten aufeinander. Nur Pocahontas und der tapfere John Smith haben den Mut, einzugreifen und einen Kampf zu verhindern. Werden sie es gemeinsam schaffen, Pocahontas Volk zu retten?

Bonusmaterial

- Trailershow - Das Abenteuerbuch zum Lesen oder Hören - Das interaktive Pocahontas – Quiz - Kurzfilm "Klein Adler-Auge" - Musikvideos "Colors of the Wind" (Vanessa Williams) und "If I never knew you" (John Secada & Shanice Williams)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.11.1995

Die mit dem Wind tanzt
Eine Eroberung Amerikas findet nicht statt: "Pocahontas", der neue Disney-Zeichentrickfilm

Virginia heißt nach Elisabeth, der jungfräulichen Königin. Den rebellischen Siedlern mußte die Erinnerung an ihre ritterliche Treuepflicht peinlich sein. Wie aber hätte man den Namen ändern können, ohne die Identität jenes Staates zunichte zu machen, der mit Berufung auf seine kurze Geschichte die Unabhängigkeit proklamierte? Umbesetzung, nicht Umsturz war das Verfahren der Revolutionäre.

Man ersetzte den König durch den Präsidenten, und man suchte eine neue jungfräuliche Schutzheilige. Die Republikaner fanden eine Patronin, deren Stammbaum edler war als der der Tochter Heinrichs VIII. Pocahontas war die Tochter von Powhatan, dem Häuptling jenes Stammes, auf den 1607 die Gründer von Jamestown stießen. Man stilisierte Powhatan zum König von Amerika; konnten die Siedler auf ihn ihr Eigentum am Boden zurückführen, konnten sie die britische Krone umgehen. Diese Übertragung der Legitimität symbolisierte in der kollektiven Erinnerung kein rechtlicher Akt, sondern eine legendäre Handlung. Ein Weißer war in die Hände der Indianer gefallen und zum Tode verurteilt worden. Er hatte den Kopf schon auf den Stein gelegt und erwartete den tödlichen Schlag. Da sprang aus den Reihen der Zuschauer die Prinzessin hervor und legte ihren Kopf auf den seinen. Und der König begnadigte den Fremden.

Der Gerettete, John Smith, hat die Geschichte selbst erzählt. Smith war ein Abenteurer, der weit herumgekommen war in der Welt. Viele Wunder hatte er erlebt, aber nichts so Wunderbares wie die Rettung durch Pocahontas. Schon früher war Amerika als Indianerin dargestellt worden. Nun personifizierte Pocahontas den Kontinent. Der Gnadenakt der vor dem Vater nicht zurückschreckenden Königstochter verwandelte sich in die Demutsgeste einer lernwilligen Wilden. Die Rettung wurde als Opfer dargestellt, als habe die Prinzessin mit einem Blick die Überlegenheit der Besatzer erkannt und ihr Volk zur Ausrottung freigegeben.

Pocahontas soll 1607 etwa zwölf Jahre alt gewesen sein; die Jungfrau wurde zum Sinnbild der Illusion, die Erschließung des Kontinents sei keine Vergewaltigung. Die Unschuld der Eroberten übertrug sich auf die Eroberer, die sich einbilden durften, sie seien das ewig junge Naturvolk. Problematisch an der Geschichte der amerikanischen Jeanne d'Arc war, daß Pocahontas keine Jungfrau geblieben war. Sie heiratete einen Engländer, John Rolfe, und gebar einen Sohn, von dem viele berühmte Familien von Virginia abstammen. Solange sich im Süden die Aristokratie behauptete, verdeckte die reale Urmutter die ideale Jungfer.

"Pocahontas", der neue Trickfilm aus den Disney-Studios, beglaubigt die Demokratisierung Amerikas. Die Prinzessin ist nun auf immer in eine Jungfrau verwandelt. Sie ist deutlich älter als zwölf, kein Mädchen mehr, aber auch noch keine Frau. Nicht nur zwei heutige Häuptlingstöchter, von denen eine als Stewardeß arbeitet, haben die Zeichner studiert, sondern auch das sogenannte Supermodel Kate Moss. Man hat Abschied genommen vom Prinzip der Disney-Ästhetik, wilde Mädchen seien immer blond und unsagbar schön, mit Augen wie Veilchen und Lippen wie Korallen. Augen und Lippen sind schmal, fast verschlossen: unberührbar wie Amerika vor Ankunft der Siedler. John Smith begegnet in Pocahontas der Natur, doch nicht der unerschöpflichen Zeugungskraft oder dem ungezähmten Begehren. Trotz aller berückenden Raumeffekte haben die Animatoren kein Gefäß erotischer Energie modelliert: Pocahontas ist ein Strich in der Landschaft.

Animation ist hier die Kunst der Linienführung. Ob Pocahontas läuft, springt oder mit dem Kanu durch die Stromschnellen gleitet, es wird eine Bewegung inszeniert, die eine Allegorie der Zeichnung ist. Wie im Zeichentrickfilm die gezeichneten Figuren sich von den gemalten Hintergründen abheben und doch durch sie erst lebendig werden, so zieht Pocahontas eine Spur durch die Landschaft, die sich in übermütigen Kurven vom natürlichen Gleichmaß entfernt und doch in den Kreislauf des Lebens zurückkehrt: Die mit dem Wind tanzt.

Die Siedler dagegen radieren: Sie holzen den Wald ab, ohne auf der tabula rasa ein Kunstwerk zu schaffen, das es mit der Natur aufnehmen könnte. Gouverneur Ratcliffe ist in Bonbonfarben ausgeführt: Die alte Welt, aus der er kommt, ist die Welt der alten Disney-Filme, eine Welt, in der man an die Macht des Willens glaubt und das Heil von materieller Befriedigung erwartet. Ratcliffe singt ein Loblied auf das Gold: ein alter Film im neuen, in jenen grellen Farben, die die Palette der Natur nicht kennt.

Wie stets predigt der Disney-Film eine konventionelle Moral, mittlerweile eine ökologische: Die Indianer leben im Einklang mit der Natur, Wilde sind eben vernünftiger. Das wird den Trickfilmfreund so wenig stören wie den Rubens-Liebhaber das konventionelle Sujet des Zyklus für Maria von Medici. Lieber bewundert man die sprechende Weide, deren Mimik von Hand gezeichnet und deren Akrobatik vom Computer generiert ist. Den immergleichen Vorwürfen erpreßter Versöhnung, wie sie auch gegen den Plan eines Geschichtsparks in Virginia laut geworden sind, kann man entgegnen, daß das jungfräuliche Gefilde dieses Films eine Ideallandschaft ist, eine klassische Utopie. Nicht nur das Wasser ist viel klarer, auch die Bäume sind viel höher - und trotzdem ist der Naturalismus zu loben, mit dem die kleinen Wunder der Natur eingefangen sind, das Zusammenspiel von Wasser und Luft, Licht und Schatten. Naturalistisch im sanften Ebenmaß ist auch eine Handlung, die auf melodramatische Höhepunkte gleichsam zugunsten einer unendlichen Melodie verzichtet. Die komischen Effekte sind in die Parallelwelt der Tiere verbannt, die ihre Sprache verloren haben, als wären sie zurückgekehrt in den Urzustand.

In diesem Film bleibt Amerika ein Paradies. Das ist das eigentliche Wunder. Seit Jahrhunderten ist an diesem Stoff die Zivilisierung erzählt worden. Hier aber endet die Geschichte Amerikas, bevor sie begonnen hat. Die Engländer verlassen die Küste des Landes wieder, dessen Jungfräulichkeit intakt bleibt. Pocahontas schaut ihnen vom höchsten Punkt aus nach. Man erwartet, daß sie ins Wasser springt und dem Geliebten nachschwimmt und noch einmal eine Linie zieht, diesmal die der linearen Geschichte, des Fortschritts. Die reale Pocahontas war mit ihrem Gatten nach England gefahren und dort bald gestorben. Aber diesmal bleibt sie stehen. Jahrhundertelang stand einer Romantisierung ihrer Geschichte entgegen, daß sie John Smith rettete, aber einen anderen heiratete. Hier heiratet sie niemanden: die unabhängige junge Frau der neunziger Jahre opfert sich nicht.

Man mag dieses emanzipatorische Pathos für anachronistisch halten. Die heutige Wissenschaft vertritt die These, die "Rettung" von Smith sei ein vom Häuptling dirigiertes Ritual der Adoption gewesen. Pocahontas wurde zur ersten Amerikanerin, weil sie die Befehle ihres Vaters, das Herkommen ihres Volkes und die Moral ihrer Zeit verwarf. Die Wissenschaft möchte an diese Freiheit nicht glauben. Daher gibt es den Zeichentrickfilm. Auch wenn er politisch korrekt und ästhetisch geschlossen daherkommt, ist er die artistische Form der Rebellion. PATRICK BAHNERS

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