In dieser Kriminalgeschichte voller Drehungen und Wendungen entsteht im Viktorianischen England eine brutale Rivalität zwischen zwei aufstrebenden Magiern. In einem Wettkampf der Zaubertricks riskieren sie alles, um der Beste zu sein und lassen zugleich nichts unversucht, um die Berufsgeheimnisse des Anderen aufzudecken. Als diese beiden außergewöhnlichen Männer aber Wagemut gegen Begehren, Effekthascherei gegen Wissenschaft und Ehrgeiz gegen Freundschaft ausspielen, sind die Folgen gefährlich, trügerisch und tödlich. Es beginnt alles im sich rasch wandelnden London der Jahrhundertwende. Zu einer Zeit, als Magier noch Idole und Berühmtheiten ersten Ranges waren, machen sich zwei junge Zauberer auf ihren eigenen Weg zum Ruhm. Während der raffinierte Robert Angier (HUGH JACKMAN) ein schillernder Unterhaltungskünstler in Vollendung ist, mangelt es dem ruppigen Puristen Alfred Borden (CHRISTIAN BALE) am angemessenen Stil, um seine kreativen Genieeinfälle der Öffentlichkeit zu präsentieren. Zu Beginn sind sie noch befreundete Partner, die sich gegenseitig bewundern. Doch als ihr größter Trick entsetzlich fehlschlägt, werden sie zu lebenslangen Feinden - jeder darauf versessen, den anderen zu übertrumpfen und auszustechen. Trick für Trick, Show für Show, steigert sich ihr grausamer Wettkampf, bis er keine Grenzen mehr kennt. Sogar die durch Nikola Teslas wissenschaftliche Brillanz neu entdeckten Kräfte der Elektrizität machen sie sich für ihre Magie zunutze, während das Leben aller um sie herum auf dem Spiel steht. Gespickt mit aufregenden Tricks und Enthüllungen, taucht der Film in eine fesselnde Welt ein - und geht dabei bis an die entferntesten und dunkelsten Grenzen des Glaubens, des Vertrauens und des Vorstellbaren.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Interaktive Menüs - Kapitelanwahl - Dokumentation - Bildergalerie - TrailerFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.05.2007Der Mann, der von der Bühne fiel
Wir wollen keinen Schauspieler, wir wollen David Bowie: Wie sich das Kino bemühte, einen Popstar einzufangen, der seiner Zeit stets voraus war
Christopher Nolan: "Prestige - Meister der Magie".
Warner Home Video. Englisch, Deutsch, Untertitel. Format 16:9. Extras: Fünfteilge Dokumentation, Notizbuch des Regisseurs und Bildergalerie.
Im schönsten Film mit David Bowie hat David Bowie selbst gar nicht mitgespielt. Jonathan Rhys Meyers übernahm seinen Part - in "Velvet Goldmine", einem Musical des amerikanischen Regisseurs Todd Haynes. Der verschmolz im Jahr 1998 den Popstar Bowie mit dessen real existierender Kunstfigur "Ziggy Stardust" zur fiktiven Biografie des extravaganten Brian Slade, eines androgynen, größenwahnsinnigen, höchstbegabten Rockidols. Erst sollte sich David Bowie mit sieben Liedern wie "Moonage Daydream" oder "All The Young Dudes" am Soundtrack beteiligen, lehnte das dann aber ab, weil er selbst einen Film über "Ziggy Stardust" drehen wollte. Und so entstand "Velvet Goldmine" ohne ihn mit ihm - ein absurd verzerrter Film über das Leben eines Künstlers, der David Bowie aufs regenbogenfarbene Haar gleicht, unterlegt allerdings mit dem Glamrock von "T. Rex" und "Roxy Music", seinen größten Konkurrenten in den frühen siebziger Jahren.
Aber hätte David Bowie, der in diesem Jahr seinen sechzigsten Geburtstag feierte, überhaupt in seiner eigenen Biografie mitspielen können? Und wenn ja, als was? Als Folksänger, Marsianer, Egon Schiele, Elefantenmensch? All das und noch so unendlich viel mehr ist Bowie zu verschiedenen Zeiten seines Lebens und manchmal sogar gleichzeitig gewesen. "Er ist ein netter Kerl", soll John Lennon einmal über ihn gesagt haben, "wenn man weiß, mit wem von ihm man gerade redet." Schwierig zu erkennen, was bei Bowie momentan vorne ist. Die kultivierte Oberfläche, das ist er vor allem gewesen, ein Interpret, der erst in der Performance sein Gesicht zeigt, nicht das wahre, sondern nur eines von vielen. Wie ein Fernseher ist David Bowie ein Medium zur Bilderzeugung. Und wenn er sich auch noch so sehr seit den Anfängen seiner Karriere im London der sechziger Jahre bemühte, ein Schauspieler zu sein, und dafür Unterricht beim Choreographen Lindsay Kemp nahm - es ist ihm nie geglückt, er ist es eigentlich nie gewesen.
Doch genau deshalb hatte ihn der englische Regisseur Nicolas Roeg 1976 für seinen Film "Der Mann, der vom Himmel fiel" (Criterion Collection) engagiert. Roeg und sein Drehbuchautor Paul Mayersberg suchten keinen professionellen Schauspieler für ihre Rolle des Außerirdischen Thomas Jerome Newton, der auf die Erde kommt, um für seinen verdurstenden Planeten Wasser zu finden, sondern jemanden, der Isolation und Entfremdung darstellen konnte. Der am eigenen Leib zeigen konnte, wie das ist, aus der Welt oder eben auf die Welt gefallen zu sein, humanoid auszusehen, aber zwischen den Menschen allein zu gehen, kontaktlos und fremd. Bowie, der bei den Dreharbeiten auf dem Höhepunkt seines Drogenkonsums und seiner Karriere war, passte da genau. Er war paranoid, las den Okkultisten Aleister Crowley und sah Gespenster. Er war furchtbar dünn und wog keine sechzig Kilo mehr. Seine berühmten blauen Augen - das eine dunkel, das andere hell - waren sowieso immer angsteinflößend gewesen: "Er ist schon einmal hiergewesen", soll die Hebamme nach einem Blick in diese Augen gesagt haben, als sie David Jones am 8. Januar 1947 zur Welt brachte. Also casteten Roeg und Mayersberg ihn und verlangten, dass er vor der Kamera nichts anderes tun sollte, als er selbst zu sein.
Das ist eigentlich ganz schön viel verlangt von einem Kaleidoskop wie Bowie, aber es glückte ihm, und so ist sein erster Film zugleich sein bester geworden. Roegs Filmtricks nerven zwar, die Zeitmanipulationen, dieser allgegenwärtige Kunstwille - aber dafür gibt es unvergessliche Bilder. Bowie im Dufflecoat in der Wüste New Mexicos, wie er an einem See eine Tasse Wasser trinkt. Bowie im Fliehkraftbeschleuniger. Bowie, wie er in einer Kirche mitzusingen versucht, den Text aber nicht kennt, weswegen er nur die Lippen bewegt. Eine hellsichtige Szene, denkt man an seine weitere Kinokarriere: Hier versucht einmal nicht der Sänger zu schauspielern, sondern der Schauspieler zu singen. Der Schwebezustand gibt Bowie in dieser Rolle noch Halt. Auch wenn er als Newton die Schwerkraft eigentlich im Namen trägt - er driftet körperlos durch seine Performance. "Life's a Gas", hätte sein Glamrockkollege Marc Bolan von "T. Rex" wohl dazu gesagt.
"Sie leben?", muss sich Bowie zwei Jahre später wieder und wieder vor der Kamera fragen lassen, da spielt er den preußischen Offizier Paul von Przygodski in David Hemmings' "Schöner Gigolo, armer Gigolo": einen Veteranen, der im Ersten Weltkrieg an der Front schwer verletzt wird und spät heimkehrt - nicht nach Berlin, auch wenn die Kulissen danach aussehen sollen, sondern in einen Benny-Hill-Film: Die Bilder laufen ständig schneller, dazu klimpert ein verstimmtes Klavier, und irgendeiner reißt immer einen schlüpfrigen Witz. Es ist ein Benny-Hill-Film allerdings, in dem Curd Jürgens und Kim Novak mitspielen, Maria Schell, Sydne Rome und Marlene Dietrich in ihrer letzten Rolle. Für Bowie war die Besetzung ein Triumph: Er hatte zur Drehzeit seit zwei Jahren in Berlin gelebt, um dort seine Träume von den Goldenen Zwanzigern und einer expressionistischen Boheme auszuleben, Träume, die er seit seinem zwölften Lebensjahr gehegt hatte, als er Filme von Murnau und Pabst sah, sowie Langs "M" und "Metropolis". Und jetzt das - die Dietrich an seiner Seite, als Puffmutter der preußischen Kadettenanstalt. Aber dieser Film! Monokel und schwule Nazivegetarier, Wilmersdorfer Witwen, Herrenreiter und abgedankte Prinzen, die sich Revuegirls halten, und dazwischen Bowie als Paul, der alles verloren hat und sich nun als Eintänzer an die Berliner Damenwelt verkauft. Er wirkt wie ein Automat. Er kann nicht einmal richtig "Mutti" zu seiner Filmmutter Maria Schell sagen, "Mooty!", stottert er, "Mooty!", man fragt sich, wie er wohl seinen adligen Nachnamen ausgesprochen hätte. Er musste es zum Glück nicht.
"Alle meine 31 Elvis-Filme auf einmal", sagt Bowie später, da trug er es wieder mit Humor. Dennoch ist "Schöner Gigolo, armer Gigolo" nur der Anfang einer Kette von Kostümfilmen gewesen. Es gibt, von ganz wenigen Gastauftritten in "Zoolander" mit Ben Stiller oder "Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" einmal abgesehen, nur historische oder fantastische Filme mit David Bowie. Er spielt - ein weiterer genialischer Augenblick - Andy Warhol in Julian Schnabels "Basquiat". Im Zaubererfilm "The Prestige" von Christopher Nolan mit Hugh Jackman und Scarlett Johansson kam beides kürzlich zusammen, da erfindet Bowie als Nikola Tesla auf einem kahlen Berge die Elektrizität. Für Jim Hensons "Labyrinth" verwandelt er sich in den Goblin-König Jareth. In "Begierde" spielt er neben Catherine Deneuve einen jahrhundertealten Vampir. Er ist Pontius Pilatus in Martin Scorseses "Die letzte Versuchung Christi" und ein englischer Soldat unter japanischer Kriegsgefangenschaft in "Merry Christmas, Mr. Lawrence".
So könnte man immer weiterzählen und käme schließlich bei "Absolute Beginners" (1986) heraus, Julian Temples Musicalverfilmung des gleichnamigen Pop-Romans von Colin MacInnes. Bowie spielt einen skrupellosen Werber, der Film erzählt vom Moment, als im London der späten fünfziger Jahre der Teenager erfunden wurde und sich die Straße eroberte, für mehr Partys und gegen Rassenhass - aber er wirkt mit seinen grellen Farben und scharfen Konturen wie ein Abziehbildchen. Bowie dagegen ist viel zarter und stilsicherer mit Zitaten und angeeigneten Epochen umgegangen, wenn er komponierte und sich Bühnenrollen wie "Ziggy Stardust" oder den "Thin White Duke" erfand. Er hat sie als Instrumente benutzt, die Zukunft vorauszuahnen. Er hat seinen Fans immer wieder das Gefühl gegeben, nicht im gleichen Jahr mit ihrem Star zu leben: David Bowie, eine vorgehende Uhr. Diese Scheu vor der Gegenwart hat ihn als Musiker unverwechselbar gemacht. Auf der Leinwand aber, wo er die Kontrolle abgeben musste und sein Bild nicht mehr allein beherrschte, erkennt man zu genau den genialen Dilettanten. Aus dem Zusammenhang gerissen, wird Bowie plötzlich selbst zum Zitat: Der Mann, der von der Bühne fiel. Und mitten zwischen die Stühle.
TOBIAS RÜTHER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wir wollen keinen Schauspieler, wir wollen David Bowie: Wie sich das Kino bemühte, einen Popstar einzufangen, der seiner Zeit stets voraus war
Christopher Nolan: "Prestige - Meister der Magie".
Warner Home Video. Englisch, Deutsch, Untertitel. Format 16:9. Extras: Fünfteilge Dokumentation, Notizbuch des Regisseurs und Bildergalerie.
Im schönsten Film mit David Bowie hat David Bowie selbst gar nicht mitgespielt. Jonathan Rhys Meyers übernahm seinen Part - in "Velvet Goldmine", einem Musical des amerikanischen Regisseurs Todd Haynes. Der verschmolz im Jahr 1998 den Popstar Bowie mit dessen real existierender Kunstfigur "Ziggy Stardust" zur fiktiven Biografie des extravaganten Brian Slade, eines androgynen, größenwahnsinnigen, höchstbegabten Rockidols. Erst sollte sich David Bowie mit sieben Liedern wie "Moonage Daydream" oder "All The Young Dudes" am Soundtrack beteiligen, lehnte das dann aber ab, weil er selbst einen Film über "Ziggy Stardust" drehen wollte. Und so entstand "Velvet Goldmine" ohne ihn mit ihm - ein absurd verzerrter Film über das Leben eines Künstlers, der David Bowie aufs regenbogenfarbene Haar gleicht, unterlegt allerdings mit dem Glamrock von "T. Rex" und "Roxy Music", seinen größten Konkurrenten in den frühen siebziger Jahren.
Aber hätte David Bowie, der in diesem Jahr seinen sechzigsten Geburtstag feierte, überhaupt in seiner eigenen Biografie mitspielen können? Und wenn ja, als was? Als Folksänger, Marsianer, Egon Schiele, Elefantenmensch? All das und noch so unendlich viel mehr ist Bowie zu verschiedenen Zeiten seines Lebens und manchmal sogar gleichzeitig gewesen. "Er ist ein netter Kerl", soll John Lennon einmal über ihn gesagt haben, "wenn man weiß, mit wem von ihm man gerade redet." Schwierig zu erkennen, was bei Bowie momentan vorne ist. Die kultivierte Oberfläche, das ist er vor allem gewesen, ein Interpret, der erst in der Performance sein Gesicht zeigt, nicht das wahre, sondern nur eines von vielen. Wie ein Fernseher ist David Bowie ein Medium zur Bilderzeugung. Und wenn er sich auch noch so sehr seit den Anfängen seiner Karriere im London der sechziger Jahre bemühte, ein Schauspieler zu sein, und dafür Unterricht beim Choreographen Lindsay Kemp nahm - es ist ihm nie geglückt, er ist es eigentlich nie gewesen.
Doch genau deshalb hatte ihn der englische Regisseur Nicolas Roeg 1976 für seinen Film "Der Mann, der vom Himmel fiel" (Criterion Collection) engagiert. Roeg und sein Drehbuchautor Paul Mayersberg suchten keinen professionellen Schauspieler für ihre Rolle des Außerirdischen Thomas Jerome Newton, der auf die Erde kommt, um für seinen verdurstenden Planeten Wasser zu finden, sondern jemanden, der Isolation und Entfremdung darstellen konnte. Der am eigenen Leib zeigen konnte, wie das ist, aus der Welt oder eben auf die Welt gefallen zu sein, humanoid auszusehen, aber zwischen den Menschen allein zu gehen, kontaktlos und fremd. Bowie, der bei den Dreharbeiten auf dem Höhepunkt seines Drogenkonsums und seiner Karriere war, passte da genau. Er war paranoid, las den Okkultisten Aleister Crowley und sah Gespenster. Er war furchtbar dünn und wog keine sechzig Kilo mehr. Seine berühmten blauen Augen - das eine dunkel, das andere hell - waren sowieso immer angsteinflößend gewesen: "Er ist schon einmal hiergewesen", soll die Hebamme nach einem Blick in diese Augen gesagt haben, als sie David Jones am 8. Januar 1947 zur Welt brachte. Also casteten Roeg und Mayersberg ihn und verlangten, dass er vor der Kamera nichts anderes tun sollte, als er selbst zu sein.
Das ist eigentlich ganz schön viel verlangt von einem Kaleidoskop wie Bowie, aber es glückte ihm, und so ist sein erster Film zugleich sein bester geworden. Roegs Filmtricks nerven zwar, die Zeitmanipulationen, dieser allgegenwärtige Kunstwille - aber dafür gibt es unvergessliche Bilder. Bowie im Dufflecoat in der Wüste New Mexicos, wie er an einem See eine Tasse Wasser trinkt. Bowie im Fliehkraftbeschleuniger. Bowie, wie er in einer Kirche mitzusingen versucht, den Text aber nicht kennt, weswegen er nur die Lippen bewegt. Eine hellsichtige Szene, denkt man an seine weitere Kinokarriere: Hier versucht einmal nicht der Sänger zu schauspielern, sondern der Schauspieler zu singen. Der Schwebezustand gibt Bowie in dieser Rolle noch Halt. Auch wenn er als Newton die Schwerkraft eigentlich im Namen trägt - er driftet körperlos durch seine Performance. "Life's a Gas", hätte sein Glamrockkollege Marc Bolan von "T. Rex" wohl dazu gesagt.
"Sie leben?", muss sich Bowie zwei Jahre später wieder und wieder vor der Kamera fragen lassen, da spielt er den preußischen Offizier Paul von Przygodski in David Hemmings' "Schöner Gigolo, armer Gigolo": einen Veteranen, der im Ersten Weltkrieg an der Front schwer verletzt wird und spät heimkehrt - nicht nach Berlin, auch wenn die Kulissen danach aussehen sollen, sondern in einen Benny-Hill-Film: Die Bilder laufen ständig schneller, dazu klimpert ein verstimmtes Klavier, und irgendeiner reißt immer einen schlüpfrigen Witz. Es ist ein Benny-Hill-Film allerdings, in dem Curd Jürgens und Kim Novak mitspielen, Maria Schell, Sydne Rome und Marlene Dietrich in ihrer letzten Rolle. Für Bowie war die Besetzung ein Triumph: Er hatte zur Drehzeit seit zwei Jahren in Berlin gelebt, um dort seine Träume von den Goldenen Zwanzigern und einer expressionistischen Boheme auszuleben, Träume, die er seit seinem zwölften Lebensjahr gehegt hatte, als er Filme von Murnau und Pabst sah, sowie Langs "M" und "Metropolis". Und jetzt das - die Dietrich an seiner Seite, als Puffmutter der preußischen Kadettenanstalt. Aber dieser Film! Monokel und schwule Nazivegetarier, Wilmersdorfer Witwen, Herrenreiter und abgedankte Prinzen, die sich Revuegirls halten, und dazwischen Bowie als Paul, der alles verloren hat und sich nun als Eintänzer an die Berliner Damenwelt verkauft. Er wirkt wie ein Automat. Er kann nicht einmal richtig "Mutti" zu seiner Filmmutter Maria Schell sagen, "Mooty!", stottert er, "Mooty!", man fragt sich, wie er wohl seinen adligen Nachnamen ausgesprochen hätte. Er musste es zum Glück nicht.
"Alle meine 31 Elvis-Filme auf einmal", sagt Bowie später, da trug er es wieder mit Humor. Dennoch ist "Schöner Gigolo, armer Gigolo" nur der Anfang einer Kette von Kostümfilmen gewesen. Es gibt, von ganz wenigen Gastauftritten in "Zoolander" mit Ben Stiller oder "Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" einmal abgesehen, nur historische oder fantastische Filme mit David Bowie. Er spielt - ein weiterer genialischer Augenblick - Andy Warhol in Julian Schnabels "Basquiat". Im Zaubererfilm "The Prestige" von Christopher Nolan mit Hugh Jackman und Scarlett Johansson kam beides kürzlich zusammen, da erfindet Bowie als Nikola Tesla auf einem kahlen Berge die Elektrizität. Für Jim Hensons "Labyrinth" verwandelt er sich in den Goblin-König Jareth. In "Begierde" spielt er neben Catherine Deneuve einen jahrhundertealten Vampir. Er ist Pontius Pilatus in Martin Scorseses "Die letzte Versuchung Christi" und ein englischer Soldat unter japanischer Kriegsgefangenschaft in "Merry Christmas, Mr. Lawrence".
So könnte man immer weiterzählen und käme schließlich bei "Absolute Beginners" (1986) heraus, Julian Temples Musicalverfilmung des gleichnamigen Pop-Romans von Colin MacInnes. Bowie spielt einen skrupellosen Werber, der Film erzählt vom Moment, als im London der späten fünfziger Jahre der Teenager erfunden wurde und sich die Straße eroberte, für mehr Partys und gegen Rassenhass - aber er wirkt mit seinen grellen Farben und scharfen Konturen wie ein Abziehbildchen. Bowie dagegen ist viel zarter und stilsicherer mit Zitaten und angeeigneten Epochen umgegangen, wenn er komponierte und sich Bühnenrollen wie "Ziggy Stardust" oder den "Thin White Duke" erfand. Er hat sie als Instrumente benutzt, die Zukunft vorauszuahnen. Er hat seinen Fans immer wieder das Gefühl gegeben, nicht im gleichen Jahr mit ihrem Star zu leben: David Bowie, eine vorgehende Uhr. Diese Scheu vor der Gegenwart hat ihn als Musiker unverwechselbar gemacht. Auf der Leinwand aber, wo er die Kontrolle abgeben musste und sein Bild nicht mehr allein beherrschte, erkennt man zu genau den genialen Dilettanten. Aus dem Zusammenhang gerissen, wird Bowie plötzlich selbst zum Zitat: Der Mann, der von der Bühne fiel. Und mitten zwischen die Stühle.
TOBIAS RÜTHER
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