Sam (Sam Rockwell) und Eddie (Steve Zahn) sind zwei hoffnunglos untalentierte Sänger, die sich mit ihrer Arbeit kaum über Wasser halten können. Als sie von einem Gangster (Paul Giammati, "Sideways") irrtümlich für begnadete Safeknacker gehalten werden, bleibt ihnen keine andere Wahl, als mitzuspielen, wenn ihnen ihr Leben lieb ist. Damit beginnt die vermutlich chaotischste Einbruchstour aller Zeiten ...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Audiokommentar mit Regisseur John Hamburg und mit den Darstellern Sam Rockwell und Steve Zahn - Entfallene Szenen (teilweise mit optionalem Kommentar) - Tick: Studentenfilm von Regisseur John HamburgFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.05.1998Allergisch gegen das Sofa
"Frauen und Wahnsinn im Film": Eine Wiener Reihe
Julianne Moore war im Film "Safe" von Todd Haynes perfekt besetzt. Nicht nur, weil sie eine gute Schauspielerin ist, sondern wegen ihrer naturgegebenen Farben: eine Rothaarige, Blasse, die, wie man zugleich mit dem behandelnden Arzt zu sehen bekam, am ganzen Körper diese zarten, wie mit Wasserfarbe aufgetragenen Sommersprossen hat, die oft charmant aussehen, im falschen Licht aber eklig. So einer glaubt man schnell, daß sie, von einem Tag auf den anderen, gegen Umweltgifte allergisch wird. Sie liegt im Bett, der Mann steht im Bad. Wir sehen ihn dort großzügig Treibhausgase versprühen: unter die Achseln, übers schüttere Haar. Dann nimmt er seine Frau in die Arme. Und sie übergibt sich.
Trotzdem stimmt irgend etwas an der Geschichte nicht. Julianne Moores Allergien können medizinisch nicht schlüssig nachgewiesen werden, obwohl ihre Erstickungsanfälle, ihr Nasenbluten, ihre Ohnmachten nicht wegzudiskutieren sind, nicht einmal vom verständnislosen Ehemann. Auch ein halbherziger Versuch mit einem Psychiater bringt keine Lösung. Schließlich endet die von der Schauspielerin verkörperte Carol in der ländlichen Kommune eines fragwürdigen New-Age-Gurus, der der letzte Ausweg ist für nicht einzuordnende Allergiker wie sie. Da ist sie schon völlig verfallen: Begleitet nur noch von ihrem Sauerstoffgerät, lebt sie fortan in einem keimfreien Iglu aus weißem Porzellan.
Ein bestürzender Film, ein Horrorfilm ohne Monster und ohne billige Erklärungen. Absichtlich offen bleibt bis zuletzt, ob es sich bei Carols Beschwerden um Einbildungen, also um eine schauerliche Neurose, handelt oder um einen nachweisbaren Fehler ihres Immunsystems. Wie so oft gilt: Der Körper ist von der Seele eben nicht leicht zu trennen.
Todd Haynes' "Safe" (Vereinigte Staaten, 1995) lief in der Wiener Schau "Frauen und Wahnsinn im Film" (veranstaltet von "Sixpack Film", konzipiert von Wilbirg Donnenberg und Astrid Ofner), und diese Tatsache zeigt, daß viele der hier versammelten Filme auf überraschende und produktive Weise über das nur scheinbar eng und spekulativ formulierte Thema hinausreichten. Kein Festival der Psychiatriefilme, wie sie gerade Nachkriegs-Hollywood so gern produzierte - mit ebenso bereitwilliger wie wirkungsloser Unterstützung namhafter amerikanischer Psychiater und Analytiker übrigens (die kalifornische Filmwissenschaftlerin Janet Walker, Referentin beim begleitenden Symposion, wies auf das schön bissige Fachadjektiv "holly-wooden" für deren Bemühungen um Authentizität hin). Aber auch kein Minderheitenprogramm voller anstrengender Independent-Werke, die, als Selbsttherapie, psychische Probleme formal, also avantgardefilmisch, umsetzen - zweifellos ästhetisch interessant für avancierte Filmkritiker und Psychologen, für ein allgemeines Publikum aber ohne großen Erkenntniswert.
Es gab zwar aus beiden Kategorien Arbeiten zu sehen (für erstere, als positives Beispiel, sei nur Robert Rossens "Lilith", für zweitere die experimentellen "Super-8-Diaries" von Anne Charlotte Robertson genannt); das Spannende an dieser Filmschau war aber, Klassiker und altbekannte Meisterwerke der Filmgeschichte unter diesem Aspekt "Frauen und Wahnsinn" neu zu betrachten - und da gerade solche, die man spontan nie unter diesen Titel gereiht hätte. Wer hätte bei einer solchen Schau etwa Hitchcocks "Marnie" vermutet, den Film mit Tippi Hedren als Kleptomanin? Oder "Gertrud", Carl Th. Dreyers verstörendes Werk über eine Frau zur Jahrhundertwende, die skandalöserweise mit allen Konventionen bricht, weil sie, ebenso naiv wie bewunderungswürdig, an die wahre Liebe glaubt? Oder, wieder etwas ganz anderes, Joseph Mankiewicz' sehr liebenswürdigen "The Ghost and Mrs. Muir"? Da sichert sich Gene Tierney als junge Witwe Mrs. Muir ihr unabhängiges Einkommen mit einem Buch, das ihr der Geist eines toten Kapitäns (sehr leibhaftig: Rex Harrison) als seine Memoiren diktiert - oder war es doch ihr eigenes Werk? Einmal geht es also um Verbrechen und den Umstand, daß "das Patriarchat gegen ,das Rätsel Frau' ermittelt", wie E. Ann Kaplan schrieb, die anderen Male um Emanzipation oder um die Anerkennung weiblicher Kreativität.
In ihrem medizinisch-philosophischen Einführungsvortrag zum Symposion äußerte die australische Philosophieprofessorin und Autorin des Buches "Women, Crime and Madness", Denise Russell, überdeutlich ihre Skepsis an somatischen Erklärungen für psychische Krisenzustände. Als Beispiel führte sie die bis heute nicht schlüssig erforschte Schizophrenie an: Sie sei oft einfach eine psychische Strategie, um mit sexuellem Mißbrauch fertig zu werden. Die meisten Filme, die da unter "Frauen und Wahnsinn" liefen, kreisen auch gar nicht um nachvollziehbare "Geisteskrankheiten", sondern um die fatalen Folgen, die Rollen- und Identitätskonflikte haben können. Sie behandeln entweder die Auflehnung von Frauen oder ihr Scheitern an den Ansprüchen ihrer Umgebung, was deutlich für die Carol in "Safe" gilt: Sie reagiert zuerst ausgerechnet auf jene Sofas allergisch, deren passender Auswahl sie, die zuwenig ausgelastete Hausfrau, sich früher hingebungsvoll widmete.
Die Diagnose für solche Frauen heißt dann oft eilig "Wahnsinn", und der wiederum kann, wie die Filme zeigen, die verschiedensten Ausprägungen haben: Ingrid Bergman (als Lady Henrietta in Hitchcocks prachtvollem Kostümschinken "Under Capricorn") trinkt. Geena Rowlands (als Mabel in John Cassavetes' Meisterwerk "A Woman Under The Influence") trinkt auch. Und mehr als das: In Zuständen höchster Not, wenn ihr der Mann mit seinen Vorwürfen und der Arzt mit seinen Spritzen zu Leibe rücken, bellt sie auch und knurrt und schnappt. Das gleiche tut Geneviève Lemon (als "Sweetie" in Jane Campions gleichnamigem Film), die sonst ebenfalls trinkt und ein heftiges, vergnügtes Sexualleben hätte, wenn man sie nur ließe. Weit weniger vergnügt sieht dagegen Harriet Anderson als Karin (in Ingmar Bergmans "Wie in einem Spiegel") aus, wenn unsichtbare Mächte von ihr Besitz, auch deutlich sexuellen, ergreifen, sie mit dem sofortigen Erscheinen von Gott rechnen lassen und Karin dann vermeint, durch Wände gehen zu können.
Je mehr man jedenfalls von diesem gut gemischten Programm gesehen hatte, desto mehr unerwartete Parallelen und Zusammenhänge ergaben sich und desto klarer zeichneten sich vor allem drei Dinge ab: einmal die ungebrochene Faszination der Menschen von der weiblichen Psyche. Zum anderen, wie sehr doch Filme, zusammen geschaut, ein Spiegel, wenn schon kein Abbild realer Verhältnisse sind. Und drittens die fließenden Grenzen zwischen dem, was von unserer Gesellschaft noch als "normal", und dem, was bereits als "abnormal", versponnen, verrückt empfunden wird. Das können ja oft nicht einmal Ärzte unterscheiden. EVA MENASSE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Frauen und Wahnsinn im Film": Eine Wiener Reihe
Julianne Moore war im Film "Safe" von Todd Haynes perfekt besetzt. Nicht nur, weil sie eine gute Schauspielerin ist, sondern wegen ihrer naturgegebenen Farben: eine Rothaarige, Blasse, die, wie man zugleich mit dem behandelnden Arzt zu sehen bekam, am ganzen Körper diese zarten, wie mit Wasserfarbe aufgetragenen Sommersprossen hat, die oft charmant aussehen, im falschen Licht aber eklig. So einer glaubt man schnell, daß sie, von einem Tag auf den anderen, gegen Umweltgifte allergisch wird. Sie liegt im Bett, der Mann steht im Bad. Wir sehen ihn dort großzügig Treibhausgase versprühen: unter die Achseln, übers schüttere Haar. Dann nimmt er seine Frau in die Arme. Und sie übergibt sich.
Trotzdem stimmt irgend etwas an der Geschichte nicht. Julianne Moores Allergien können medizinisch nicht schlüssig nachgewiesen werden, obwohl ihre Erstickungsanfälle, ihr Nasenbluten, ihre Ohnmachten nicht wegzudiskutieren sind, nicht einmal vom verständnislosen Ehemann. Auch ein halbherziger Versuch mit einem Psychiater bringt keine Lösung. Schließlich endet die von der Schauspielerin verkörperte Carol in der ländlichen Kommune eines fragwürdigen New-Age-Gurus, der der letzte Ausweg ist für nicht einzuordnende Allergiker wie sie. Da ist sie schon völlig verfallen: Begleitet nur noch von ihrem Sauerstoffgerät, lebt sie fortan in einem keimfreien Iglu aus weißem Porzellan.
Ein bestürzender Film, ein Horrorfilm ohne Monster und ohne billige Erklärungen. Absichtlich offen bleibt bis zuletzt, ob es sich bei Carols Beschwerden um Einbildungen, also um eine schauerliche Neurose, handelt oder um einen nachweisbaren Fehler ihres Immunsystems. Wie so oft gilt: Der Körper ist von der Seele eben nicht leicht zu trennen.
Todd Haynes' "Safe" (Vereinigte Staaten, 1995) lief in der Wiener Schau "Frauen und Wahnsinn im Film" (veranstaltet von "Sixpack Film", konzipiert von Wilbirg Donnenberg und Astrid Ofner), und diese Tatsache zeigt, daß viele der hier versammelten Filme auf überraschende und produktive Weise über das nur scheinbar eng und spekulativ formulierte Thema hinausreichten. Kein Festival der Psychiatriefilme, wie sie gerade Nachkriegs-Hollywood so gern produzierte - mit ebenso bereitwilliger wie wirkungsloser Unterstützung namhafter amerikanischer Psychiater und Analytiker übrigens (die kalifornische Filmwissenschaftlerin Janet Walker, Referentin beim begleitenden Symposion, wies auf das schön bissige Fachadjektiv "holly-wooden" für deren Bemühungen um Authentizität hin). Aber auch kein Minderheitenprogramm voller anstrengender Independent-Werke, die, als Selbsttherapie, psychische Probleme formal, also avantgardefilmisch, umsetzen - zweifellos ästhetisch interessant für avancierte Filmkritiker und Psychologen, für ein allgemeines Publikum aber ohne großen Erkenntniswert.
Es gab zwar aus beiden Kategorien Arbeiten zu sehen (für erstere, als positives Beispiel, sei nur Robert Rossens "Lilith", für zweitere die experimentellen "Super-8-Diaries" von Anne Charlotte Robertson genannt); das Spannende an dieser Filmschau war aber, Klassiker und altbekannte Meisterwerke der Filmgeschichte unter diesem Aspekt "Frauen und Wahnsinn" neu zu betrachten - und da gerade solche, die man spontan nie unter diesen Titel gereiht hätte. Wer hätte bei einer solchen Schau etwa Hitchcocks "Marnie" vermutet, den Film mit Tippi Hedren als Kleptomanin? Oder "Gertrud", Carl Th. Dreyers verstörendes Werk über eine Frau zur Jahrhundertwende, die skandalöserweise mit allen Konventionen bricht, weil sie, ebenso naiv wie bewunderungswürdig, an die wahre Liebe glaubt? Oder, wieder etwas ganz anderes, Joseph Mankiewicz' sehr liebenswürdigen "The Ghost and Mrs. Muir"? Da sichert sich Gene Tierney als junge Witwe Mrs. Muir ihr unabhängiges Einkommen mit einem Buch, das ihr der Geist eines toten Kapitäns (sehr leibhaftig: Rex Harrison) als seine Memoiren diktiert - oder war es doch ihr eigenes Werk? Einmal geht es also um Verbrechen und den Umstand, daß "das Patriarchat gegen ,das Rätsel Frau' ermittelt", wie E. Ann Kaplan schrieb, die anderen Male um Emanzipation oder um die Anerkennung weiblicher Kreativität.
In ihrem medizinisch-philosophischen Einführungsvortrag zum Symposion äußerte die australische Philosophieprofessorin und Autorin des Buches "Women, Crime and Madness", Denise Russell, überdeutlich ihre Skepsis an somatischen Erklärungen für psychische Krisenzustände. Als Beispiel führte sie die bis heute nicht schlüssig erforschte Schizophrenie an: Sie sei oft einfach eine psychische Strategie, um mit sexuellem Mißbrauch fertig zu werden. Die meisten Filme, die da unter "Frauen und Wahnsinn" liefen, kreisen auch gar nicht um nachvollziehbare "Geisteskrankheiten", sondern um die fatalen Folgen, die Rollen- und Identitätskonflikte haben können. Sie behandeln entweder die Auflehnung von Frauen oder ihr Scheitern an den Ansprüchen ihrer Umgebung, was deutlich für die Carol in "Safe" gilt: Sie reagiert zuerst ausgerechnet auf jene Sofas allergisch, deren passender Auswahl sie, die zuwenig ausgelastete Hausfrau, sich früher hingebungsvoll widmete.
Die Diagnose für solche Frauen heißt dann oft eilig "Wahnsinn", und der wiederum kann, wie die Filme zeigen, die verschiedensten Ausprägungen haben: Ingrid Bergman (als Lady Henrietta in Hitchcocks prachtvollem Kostümschinken "Under Capricorn") trinkt. Geena Rowlands (als Mabel in John Cassavetes' Meisterwerk "A Woman Under The Influence") trinkt auch. Und mehr als das: In Zuständen höchster Not, wenn ihr der Mann mit seinen Vorwürfen und der Arzt mit seinen Spritzen zu Leibe rücken, bellt sie auch und knurrt und schnappt. Das gleiche tut Geneviève Lemon (als "Sweetie" in Jane Campions gleichnamigem Film), die sonst ebenfalls trinkt und ein heftiges, vergnügtes Sexualleben hätte, wenn man sie nur ließe. Weit weniger vergnügt sieht dagegen Harriet Anderson als Karin (in Ingmar Bergmans "Wie in einem Spiegel") aus, wenn unsichtbare Mächte von ihr Besitz, auch deutlich sexuellen, ergreifen, sie mit dem sofortigen Erscheinen von Gott rechnen lassen und Karin dann vermeint, durch Wände gehen zu können.
Je mehr man jedenfalls von diesem gut gemischten Programm gesehen hatte, desto mehr unerwartete Parallelen und Zusammenhänge ergaben sich und desto klarer zeichneten sich vor allem drei Dinge ab: einmal die ungebrochene Faszination der Menschen von der weiblichen Psyche. Zum anderen, wie sehr doch Filme, zusammen geschaut, ein Spiegel, wenn schon kein Abbild realer Verhältnisse sind. Und drittens die fließenden Grenzen zwischen dem, was von unserer Gesellschaft noch als "normal", und dem, was bereits als "abnormal", versponnen, verrückt empfunden wird. Das können ja oft nicht einmal Ärzte unterscheiden. EVA MENASSE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main