1911 in Italien: Die junge Contessa Cristina degli Astaldi lebt zusammen mit ihrem alternden Vater, Graf Umberto Astaldi, und ihrer jungen Stiefmutter Amalie auf dem Schloss der Familie. Als Cristina sich beim Sturz durch eine Falltür das Bein bricht, engagiert Amalie den jungen Professor Paolo Salvati als Privatlehrer für ihre Stieftochter. Cristina verliebt sich Hals über Kopf in Paolo und beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit ihm. Amalie ist sofort eifersüchtig, denn sie hat ihren ehemaligen Liebhaber Paolo ins Haus geholt, um ihre Affäre mit ihm fortzusetzen. Auch die Haushälterin Margherita und ihr Mann Filippo sind nicht besonders glücklich über die leidenschaftliche Verbindung. Paolo beginnt sich für die Hintergründe von Cristinas Unfall zu interessieren und kommt hinter böse Intrigen um das Erbe des Grafen Umberto...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / SzenenanwahlFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.02.2001Sonja Zekri
Die erste halbe Stunde zeigt den bloßen Akt, wort- und atemlos, schockierend deutlich. Die Kamera verharrt auf jedem Haar, jeder Falte, jedem Handgriff. Jay (Mark Rylance) und Claire (Kerry Fox) tun es jeden Mittwoch auf dem Boden seines schäbigen Londoner Apartments. Ihre Begegnungen sind Termine. Sie wechseln keine Liebesschwüre und kaum ein Wort zum Abschied. Dieser Anfang von Patrice Chéreaus Film "Intimacy" mag manchen abstoßen, und die Szenen sind vielleicht etwas lang geraten, aber eines sind sie nicht: pornographisch. "Intimacy" ist ein zutiefst unerotischer Film über die Macht und die Grenzen der Sexualität. Das Werk beruht auf zwei Geschichten von Hanif Kureishi und erzählt von der Tragödie eines Mannes, der nicht lieben kann. Jay ist Barmixer und hat seine Frau und seine Kinder verlassen. Von Claire weiß er nicht einmal den Namen. Irgendwann wird ihm auch dieses "Mittwochsding" lästig, und er will die Sache beenden. Doch es ist zu spät. Am nächsten Mittwoch räumt er die Zigarettenkippen fort, zieht ein sauberes Hemd an und wartet am Fenster. In diesem Augenblick scheint zum ersten Mal die Ahnung auf, daß er, der vor der eigenen Familie geflohen ist, von einem Menschen mehr braucht als zwei Stunden am Mittwoch. Das ist der schönste Moment des Films. Claire aber kommt nicht. Deshalb dringt Jay in ihr Leben ein, in den Pub, wo sie Theater spielt, in ihre Familie. Er lernt ihren Mann kennen und ihren Sohn. Nur Claire kommt er nicht näher. Sie verfolgen und verfehlen, streiten und verletzen sich. Als sie am Ende geht, ist er einsamer denn je. "Intimacy" ist nicht deshalb so beunruhigend, weil Mark Rylance und Kerry Fox so überwältigend schonungslos spielen. Nicht wegen Marianne Faithfull in der Rolle einer Laien-Schauspielerin, deren Stimme allein ein Grund ist, sich den Film im Original anzusehen. In der Pressekonferenz geißelten die amerikanischen Journalisten, deren eigene Filmindustrie Kindern auf der Leinwand gespaltene Schädel zumutet, die aber Liebesszenen nur an der Zigarette danach erkennen, Chéreau für zuviel nackte Haut und zuwenig Glamour. Das ist borniert, und doch liegt darin die Wirkung von "Intimacy". Selten war ein Film seinen Menschen - richtigen, echten Menschen - so nah wie dieses Londoner Melodrama des Franzosen Chéreau. Vielleicht war das für die Amerikaner einfach zuviel.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die erste halbe Stunde zeigt den bloßen Akt, wort- und atemlos, schockierend deutlich. Die Kamera verharrt auf jedem Haar, jeder Falte, jedem Handgriff. Jay (Mark Rylance) und Claire (Kerry Fox) tun es jeden Mittwoch auf dem Boden seines schäbigen Londoner Apartments. Ihre Begegnungen sind Termine. Sie wechseln keine Liebesschwüre und kaum ein Wort zum Abschied. Dieser Anfang von Patrice Chéreaus Film "Intimacy" mag manchen abstoßen, und die Szenen sind vielleicht etwas lang geraten, aber eines sind sie nicht: pornographisch. "Intimacy" ist ein zutiefst unerotischer Film über die Macht und die Grenzen der Sexualität. Das Werk beruht auf zwei Geschichten von Hanif Kureishi und erzählt von der Tragödie eines Mannes, der nicht lieben kann. Jay ist Barmixer und hat seine Frau und seine Kinder verlassen. Von Claire weiß er nicht einmal den Namen. Irgendwann wird ihm auch dieses "Mittwochsding" lästig, und er will die Sache beenden. Doch es ist zu spät. Am nächsten Mittwoch räumt er die Zigarettenkippen fort, zieht ein sauberes Hemd an und wartet am Fenster. In diesem Augenblick scheint zum ersten Mal die Ahnung auf, daß er, der vor der eigenen Familie geflohen ist, von einem Menschen mehr braucht als zwei Stunden am Mittwoch. Das ist der schönste Moment des Films. Claire aber kommt nicht. Deshalb dringt Jay in ihr Leben ein, in den Pub, wo sie Theater spielt, in ihre Familie. Er lernt ihren Mann kennen und ihren Sohn. Nur Claire kommt er nicht näher. Sie verfolgen und verfehlen, streiten und verletzen sich. Als sie am Ende geht, ist er einsamer denn je. "Intimacy" ist nicht deshalb so beunruhigend, weil Mark Rylance und Kerry Fox so überwältigend schonungslos spielen. Nicht wegen Marianne Faithfull in der Rolle einer Laien-Schauspielerin, deren Stimme allein ein Grund ist, sich den Film im Original anzusehen. In der Pressekonferenz geißelten die amerikanischen Journalisten, deren eigene Filmindustrie Kindern auf der Leinwand gespaltene Schädel zumutet, die aber Liebesszenen nur an der Zigarette danach erkennen, Chéreau für zuviel nackte Haut und zuwenig Glamour. Das ist borniert, und doch liegt darin die Wirkung von "Intimacy". Selten war ein Film seinen Menschen - richtigen, echten Menschen - so nah wie dieses Londoner Melodrama des Franzosen Chéreau. Vielleicht war das für die Amerikaner einfach zuviel.
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