Als die Sensationsreporterin Hildy Johnson verkündet, dass sie der Zeitungswelt den Rücken kehren will, um sich mit ihrem langweiligen Verlobten an den heimischen Herd zurückzuziehen, ist ihr ehrgeiziger Chefredakteur und Ex-Mann Walter Burns wild entschlossen, sie zum Bleiben zu überreden - und ihr Herz aufs Neue zu gewinnen.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / SzenenanwahlFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.05.2000Meine Kerze brennt Dir immer
Die schnellste Komödie aller Zeiten "His Girl Friday" von Howard Hawks
Howard Hawks' "His Girl Friday" ist eine Komödie über Journalisten in freier Wildbahn. Es gelten die Gesetze der Evolution: Selektion und Mutation. Eine schnelle Reaktion sichert das Überleben, eine schnelle Redaktion sichert die beste Überschrift. Da müssen notfalls auch historische Ereignisse auf die zweite Seite rücken: "Put that man Hitler on the funny pages", herrscht der Herausgeber Walter Burns (Cary Grant) seinen Chef vom Dienst am Telefon an.
Wir schreiben das Jahr 1940. Während die Journalistin Hildy ihren Artikel in die Tasten hämmert, ist Burns schon wieder am Telefon: "Give me rewrite!" Die Ereignisse überschlagen sich, nicht ganz ohne Zutun der Berichterstatter. Für Hawks war diese Geschichte - sie beruht auf dem Theaterstück "The Front Page" von Ben Hecht und Charles MacArthur, Lewis Milestone hatte sie 1931 erstmals verfilmt - eine sportliche Herausforderung, aber sie war auch ideales Material für sein naturwissenschaftliches Weltbild, für seine als Screwball-Komödie getarnte Milieutheorie. Das ist klar von Beginn an, wenn Hildy Johnson (Rosalind Russell) ihren Abschiedsbesuch bei Burns macht, der ihr als Herausgeber nachtrauert, weil sie eine exzellente Journalistin ist, als ihr ehemaliger Ehemann aber keine Zeit für Sentimentalitäten hat. Er bietet ihr nicht etwa einen Stuhl, sondern sofort sein Knie an. "You know, I have always a candle in the window for You." "I jumped out of that window long ago", kontert Hildy, fest entschlossen, ein neues Leben in einem anderen Metier zu beginnen. Sie will Ehefrau und Mutter werden. Vor dem Büro wartet ihr neuer Mann, Bruce Baldwin, ein Vorsichtiger, der morgens einen Schirm mitnimmt, wenn es nach Regen aussieht. Als Burns ihn begrüßt, gibt er dem Regenschirm die Hand. Baldwin verkauft Versicherungen. Er ist ein Sammler. Burns ist ein Jäger, und Hildy Johnson ist es auch, sie ist nur der Beute kurzzeitig überdrüssig gewesen.
Die Kritikerin Frieda Grafe schrieb über Hawks einmal, er wäre "mehr an der menschlichen Gattung als am einzelnen Menschen interessiert". Vielleicht zeitigt diese Haltung die kuriosen Bestiarien und Laboratorien von "Bringing Up Baby", "Monkey Business" oder "Man's Favorite Sports". In "His Girl Friday" aber braucht es keine Dinosaurierskelette, um augenscheinlich zu machen, dass nicht der Mensch als solcher die Krone der Schöpfung ist, sondern einige besondere Exemplare, die so selbstverständlich ihren Platz in der Welt beanspruchen, dass sich Burns einfach auf Baldwin drauf setzt in einem Imbissrestaurant - als wäre der gar nicht vorhanden.
Lewis Milestone konnte sich dieser Welt ohne Moral und herrschaftsfreien Diskurs noch nicht so ungerührt nähern wie Hawks. Seine knapp zehn Jahre zuvor, noch unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise entstandene Verfilmung zeigte immer wieder Zeichen der Verwunderung. Milestone leistete sich kleine, exzentrische Kamerabewegungen, die beinahe wie Kopfschütteln aufzufassen wären, und Adolphe Menjou war als Herausgeber Burns eher ein Gentlemangauner als der Triebtäter, den Cary Grant spielt. Trotzdem galt schon diese Verfilmung als "fastest picture ever" und schwer zu übertreffen. Hawks nahm die Herausforderung auch deswegen an, weil er der Mediensatire mit einer einzigen genialen Idee eine neue Dimension geben konnte: Er besetzte Hildy Johnson mit einer Frau. In Cary Grants Burns hat sie einen Kavalier, der sich für kein schäbiges Manöver zu schade ist. Das Genie von Hawks lag nicht zuletzt in seinem kalten Blick: Er konnte noch zusehen in Situationen, in denen sich höflichere und politisch korrekte Regisseure schon bemüßigt gesehen hätten, einzugreifen - und sei es nur mit einem kleinen Kameraschwenk.
BERT REBHANDL
Heute Abend sowie bis 31. Mai, jeweils 22.15 Uhr, Filmkunst 66, Bleibtreustraße 12, Charlottenburg.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die schnellste Komödie aller Zeiten "His Girl Friday" von Howard Hawks
Howard Hawks' "His Girl Friday" ist eine Komödie über Journalisten in freier Wildbahn. Es gelten die Gesetze der Evolution: Selektion und Mutation. Eine schnelle Reaktion sichert das Überleben, eine schnelle Redaktion sichert die beste Überschrift. Da müssen notfalls auch historische Ereignisse auf die zweite Seite rücken: "Put that man Hitler on the funny pages", herrscht der Herausgeber Walter Burns (Cary Grant) seinen Chef vom Dienst am Telefon an.
Wir schreiben das Jahr 1940. Während die Journalistin Hildy ihren Artikel in die Tasten hämmert, ist Burns schon wieder am Telefon: "Give me rewrite!" Die Ereignisse überschlagen sich, nicht ganz ohne Zutun der Berichterstatter. Für Hawks war diese Geschichte - sie beruht auf dem Theaterstück "The Front Page" von Ben Hecht und Charles MacArthur, Lewis Milestone hatte sie 1931 erstmals verfilmt - eine sportliche Herausforderung, aber sie war auch ideales Material für sein naturwissenschaftliches Weltbild, für seine als Screwball-Komödie getarnte Milieutheorie. Das ist klar von Beginn an, wenn Hildy Johnson (Rosalind Russell) ihren Abschiedsbesuch bei Burns macht, der ihr als Herausgeber nachtrauert, weil sie eine exzellente Journalistin ist, als ihr ehemaliger Ehemann aber keine Zeit für Sentimentalitäten hat. Er bietet ihr nicht etwa einen Stuhl, sondern sofort sein Knie an. "You know, I have always a candle in the window for You." "I jumped out of that window long ago", kontert Hildy, fest entschlossen, ein neues Leben in einem anderen Metier zu beginnen. Sie will Ehefrau und Mutter werden. Vor dem Büro wartet ihr neuer Mann, Bruce Baldwin, ein Vorsichtiger, der morgens einen Schirm mitnimmt, wenn es nach Regen aussieht. Als Burns ihn begrüßt, gibt er dem Regenschirm die Hand. Baldwin verkauft Versicherungen. Er ist ein Sammler. Burns ist ein Jäger, und Hildy Johnson ist es auch, sie ist nur der Beute kurzzeitig überdrüssig gewesen.
Die Kritikerin Frieda Grafe schrieb über Hawks einmal, er wäre "mehr an der menschlichen Gattung als am einzelnen Menschen interessiert". Vielleicht zeitigt diese Haltung die kuriosen Bestiarien und Laboratorien von "Bringing Up Baby", "Monkey Business" oder "Man's Favorite Sports". In "His Girl Friday" aber braucht es keine Dinosaurierskelette, um augenscheinlich zu machen, dass nicht der Mensch als solcher die Krone der Schöpfung ist, sondern einige besondere Exemplare, die so selbstverständlich ihren Platz in der Welt beanspruchen, dass sich Burns einfach auf Baldwin drauf setzt in einem Imbissrestaurant - als wäre der gar nicht vorhanden.
Lewis Milestone konnte sich dieser Welt ohne Moral und herrschaftsfreien Diskurs noch nicht so ungerührt nähern wie Hawks. Seine knapp zehn Jahre zuvor, noch unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise entstandene Verfilmung zeigte immer wieder Zeichen der Verwunderung. Milestone leistete sich kleine, exzentrische Kamerabewegungen, die beinahe wie Kopfschütteln aufzufassen wären, und Adolphe Menjou war als Herausgeber Burns eher ein Gentlemangauner als der Triebtäter, den Cary Grant spielt. Trotzdem galt schon diese Verfilmung als "fastest picture ever" und schwer zu übertreffen. Hawks nahm die Herausforderung auch deswegen an, weil er der Mediensatire mit einer einzigen genialen Idee eine neue Dimension geben konnte: Er besetzte Hildy Johnson mit einer Frau. In Cary Grants Burns hat sie einen Kavalier, der sich für kein schäbiges Manöver zu schade ist. Das Genie von Hawks lag nicht zuletzt in seinem kalten Blick: Er konnte noch zusehen in Situationen, in denen sich höflichere und politisch korrekte Regisseure schon bemüßigt gesehen hätten, einzugreifen - und sei es nur mit einem kleinen Kameraschwenk.
BERT REBHANDL
Heute Abend sowie bis 31. Mai, jeweils 22.15 Uhr, Filmkunst 66, Bleibtreustraße 12, Charlottenburg.
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