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Überall in Frankreich gibt es noch einige Schulen, die aus nur einer Klasse bestehen. Alle Kinder eines Dorfes, vom Kindergartenalter bis zum letzten Jahr der Grundschule, werden von einem Lehrer unterrichtet. Zwischen Isolation und Weltoffenheit teilen diese abgeschiedenen kleinen Gruppen den Alltag, im Guten wie im Schlechten. In einer von ihnen, irgendwo im Herzen der Auvergne, wurde dieser Film gedreht: Es ist Winter. Lehrer Georges Lopez unterrichtet seit über 20 Jahren in der Schule des kleinen Dorfes. Im Klassenraum befinden sich um einen runden Tisch versammelt die Kleinen im…mehr

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Produktbeschreibung
Überall in Frankreich gibt es noch einige Schulen, die aus nur einer Klasse bestehen. Alle Kinder eines Dorfes, vom Kindergartenalter bis zum letzten Jahr der Grundschule, werden von einem Lehrer unterrichtet. Zwischen Isolation und Weltoffenheit teilen diese abgeschiedenen kleinen Gruppen den Alltag, im Guten wie im Schlechten. In einer von ihnen, irgendwo im Herzen der Auvergne, wurde dieser Film gedreht: Es ist Winter. Lehrer Georges Lopez unterrichtet seit über 20 Jahren in der Schule des kleinen Dorfes. Im Klassenraum befinden sich um einen runden Tisch versammelt die Kleinen im Vorschulalter. Auf den Schulbänken sitzen die älteren Kinder. Die Vorschüler lernen lesen, während die älteren Kinder Mathematik haben. Es wird Sommer. In den letzten Tagen vor den großen Ferien heißt es Abschied nehmen.

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Interview mit Nicolas Philibert - Fotogalerie - Kartengalerie - Kritiken - - Filmografie - Informationen zum französischen Schulsystem - Trailer - Kapiteleinteilung - Links
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.01.2003

Der gute Hirte und seine rechtschreibende Herde
Rechnen für ein besseres Leben: Nicolas Philiberts Dokumentarfilm "Sein und Haben" erzählt von einer Schulklasse im Zentralmassiv

Rechnen ist die wichtigste Anforderung in der europäischen Landwirtschaft geworden. Die Kühe stehen auf der Wiese, das Getreide wächst auf dem Feld, die Jahreszeiten ziehen ins Land; in der Stube aber sitzt die Familie und plagt sich mit Multiplikation und Subtraktion, damit der Sohn, um dessen Hausaufgaben es geht, es einmal besser haben wird.

"Sein und Haben" lautet der Titel des Dokumentarfilms von Nicolas Philibert, in dem diese Szene ein anrührender und komischer Höhepunkt ist. Zuerst ist es nur der Junge, der da unter den Augen der Mutter in sein Schulheft schreibt. Allmählich mischen sich immer mehr Familienmitglieder ein; plötzlich gibt es auch Ratschläge aus dem Off. Am Ende sind alle über das Schulheft gebeugt, als müßten sie Modell stehen für ein Stück Genremalerei.

Es geht um elementare Vorgänge in "Sein und Haben", allerdings in einer Weise, die nicht - wie in einem ähnlich vollmundigen Romantitel von Gustav Freytag - auf Entwicklungsgesetze und Expansion zielen, sondern auf die Bedingungen der Kultur. "Etre" und "avoir" sind die Hilfszeitwörter, die es erst erlauben, mit Hilfe der Sprache aus der reinen Gegenwart herauszutreten. Die beiden Worte liegen allen Äußerungen zugrunde, in denen die Menschen sich entwerfen, in denen sie von sich eine Vorstellung bekommen.

Nicolas Philibert, der in "Sein und Haben" von einem Schuljahr in einer Grundschulklasse im französischen Zentralmassiv erzählt, geht es nicht um die Essentialismen einer ländlichen Lebensform, sondern um eine Struktur in den vielen kleinen Bildungsromanen, aus denen er seinen Film zusammensetzt. Die Klasse versammelt Kinder unterschiedlichsten Alters, die während der Grundschule gemeinsam unterrichtet werden. Der Lehrer ist ein eleganter, älterer Herr kurz vor der Pensionierung, der mit mönchischer Geduld und einer in vielen Jahren erworbenen Weisheit seine Aufgabe versieht. Monsieur Lopez geht ganz in seinem Beruf auf - jedenfalls zeigt Philibert nur ein einziges Bild aus dem Privatleben; darin kümmert sich der Lehrer um die Pflanzen auf dem Schulhof. Die Kinder sind eine kleine Herde, der Lehrer ist der gute Hirte.

"Sein und Haben" ist eine erbauliche Fabel. Der Raum der Schule (und des Films) bietet noch Sicherheit vor den Schwierigkeiten des Lebens, deren Vorzeichen jedoch bereits unübersehbar sind. Es ist kein privilegiertes Milieu, von dem Philibert erzählt: Weder sind die Landwirtschaftsbetriebe besonders idyllisch, noch haben die Kinder ein Auge für die Schönheiten der Natur. Sie lernen nicht für die Schule, sondern für ein Leben, mit dessen Widersprüchen sie auch deswegen früher konfrontiert werden, weil die Klassengemeinschaft sich jedes Jahr in einer ganz neuen Zusammensetzung vorfindet.

Nicolas Philibert filmt dieses Jahr, das im Winter beginnt und mit der Zeugnisverteilung im Sommer endet, mit demselben philosophischen Staunen, mit dem er schon eine Reihe anderer Institutionen beobachtet hat: das Kunstmuseum in "La ville Louvre" (1990) und das Museum für Naturgeschichte in "Un animal, des animaux" (1994) oder die psychiatrische Klinik La Borde in "La moindre des choses" (1996). Von der außergewöhnlichen Erfahrungsstudie "La pays de sourds" (1992), in der die Kommunikation von Gehörlosen erforscht wurde, bis zu den Schülern in der Auvergne führt eine Linie, in der sich ein anthropologisches Interesse immer mehr zu verstärken scheint. Nicolas Philibert, der Ende der siebziger Jahre mit Porträts von Wirtschaftstreibenden begonnen hat, arbeitet sich langsam zu den Ursprüngen der Gesellschaftsverträge vor, aus denen das moderne Frankreich entstanden ist. Insofern ist er ein republikanischer Filmemacher par excellence.

BERT REBHANDL

Das Berliner Kino Arsenal zeigt im Januar eine Auswahl der Filme von Nicolas Philibert.

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