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1996 - Oscar: Bester Hauptdarsteller (Geoffrey Rush)
Den schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn und die außergewöhnliche Macht der Liebe machte Scott Hicks zum bewegenden Thema seines Erfolgsfilms SHINE. Erzählt wird die wahre Geschichte des australischen Pianisten David Helfgott (Geoffrey Rush), der sein Leben lang unter der Autorität seines Vaters (Armin Mueller-Stahl) leidet. Nach einem totalen Zusammenbruch verbringt David über zehn Jahre in Heilanstalten und Sanatorien. Und erst als er der Astrologin Gillian begegnet, bringt diese Ruhe und Stabilität in sein inneres Chaos. Durch sie…mehr

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Produktbeschreibung
1996 - Oscar:
Bester Hauptdarsteller (Geoffrey Rush)
Den schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn und die außergewöhnliche Macht der Liebe machte Scott Hicks zum bewegenden Thema seines Erfolgsfilms SHINE. Erzählt wird die wahre Geschichte des australischen Pianisten David Helfgott (Geoffrey Rush), der sein Leben lang unter der Autorität seines Vaters (Armin Mueller-Stahl) leidet. Nach einem totalen Zusammenbruch verbringt David über zehn Jahre in Heilanstalten und Sanatorien. Und erst als er der Astrologin Gillian begegnet, bringt diese Ruhe und Stabilität in sein inneres Chaos. Durch sie wird aus dem gebrochenen Genie wieder ein Konzert-Pianist, der die Welt begeistert und endlich seine Vergangenheit hinter sich lassen kann.

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl
Autorenporträt
Armin Mueller-Stahl, geb. 1930, ist nicht nur einer der erfolgreichsten deutschen Schauspieler überhaupt, sondern auch ein begnadeter Geiger, Maler und Erzähler. Bevor er zum Schauspielberuf wechselte, absolvierte er ein Geigen- und Musikwissenschaftsstudium, das er 1949 mit dem Examen zum Musiklehrer abschloß. Seit 1952 avancierte er mit unzähligen Theater- und Filmrollen zu den bekanntesten und beliebtesten Schauspielern der DDR. Als Mitunterzeichner der Petition gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns erhielt er ab 1976 keine Engagements mehr, verließ 1980 die DDR und setzte seine Karriere nicht nur in Westdeutschland, sondern auch international erfolgreich fort. Seit langem ist Armin Mueller-Stahl auch als Erzähler bekannt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.03.1997

Der Pianist gönnt sich eine Kindheit
David Helfgott redet um sein Leben und spielt gegen den Vater: "Shine" im Kino

Ein Verlorener sucht Zuflucht im warmen Bauch des Wals: Die Eingangssequenz von Scott Hicks Film "Shine" zeigt einen schlaksigen Mann in einem abgetragenen Trenchcoat, der bei strömendem Regen durch die menschenleeren nächtlichen Straßen einer Stadt geht. Eine durchnäßte Zigarette hängt zwischen seinen Lippen, was ihn aber sowenig wie der Regen zu stören scheint. Die Aufmerksamkeit des Mannes gilt den erleuchteten Fenstern eines Lokals, das den Namen "Moby's" trägt. Ein Neonschild über der Tür zeigt den Umriß eines wasserspeienden Wals zwischen fröhlich schaukelnden blauen Wellen. Dann preßt der Mann sein Gesicht gegen die Fensterscheibe. Ein Aquarium steht dahinter, aber sonst ist es drinnen trocken, hell und freundlich. Leider hat das Lokal bereits geschlossen, und die wenigen Leute, die um den Tresen stehen, gehören zum Personal. Der Fremde beginnt gegen "Moby's" Tür zu trommeln. Als die Besitzerin ihm öffnet, klammert er sich an sie wie ein taktvoll Ertrinkender. Er öffnet den Mund, und es sprudelt aus ihm heraus wie ein Wasserfall.

Der Mann heißt nicht Noah, sondern David, und sein Dilemma besteht darin, daß er beides braucht: das selbstvergessene Einssein mit dem Wasser ebenso wie die Zuwendung der Menschen. Während er im Wasser auf fast tierhafte Weise schweigt, bedarf seine Existenz unter Menschen der unablässigen Rückversicherung durch die Sprache. Deshalb gilt seine Rede der verbalen Verdoppelung des gerade Erlebten, versetzt mit Sprichwörtern und beschwörend wiederholten Floskeln, reflexhaft unterbrochen von beschwichtigendem Lachen.

Das wirkt recht komisch und hat insbesondere auf Frauen eine bezaubernde Wirkung, verrät aber auch die Verzweiflung, die in der fortwährenden sprachlichen Verharmlosung ihren Ausdruck findet: Dieser Mann kann - sofern er nicht gerade Fisch im Wasser spielt - nicht schweigen, weil er im ersten Moment der Stille von einer nur zu ahnenden Last erdrückt würde. Er redet um sein Leben. Weil aber auch die fortgesetzte Rede diese Last nicht nimmt, sondern lediglich an andere zu delegieren versucht, tragen die Umstehenden mit an der Bürde Davids. Die großartige erste Szene von "Shine" macht die Beklemmung für den Zuschauer existentiell spürbar.

Eine "Zwangshandlung" würde die Psychologie den Sturzbach von Davids Rede wohl nennen. Was dazu führte, ist, mit Davids Worten, "eine lächerliche Tragödie". Eine weitausholende Rückblende zeichnet das Drama nach, das sich in der Kindheit Davids abspielt. Leider entgeht "Shine" dabei nicht der Vorhersehbarkeit psychologischer Erklärungsmuster - mit der Präzision eines Uhrwerks tickt die Handlung der Katastrophe entgegen. Ein Vorteil des Verfahrens liegt in der Distanz, die der Film zu seinen Figuren wahrt. Sie findet in einem nüchternen Erzählstil ihren Ausdruck. Der Nachteil liegt in der Suggestion, daß der Mensch, aus einiger Distanz, erklärbar sei.

Der nüchterne Blick gilt der Kindheit eines Hochbegabten. David Helfgott wächst als eines von mehreren Kindern polnisch-jüdischer Emigranten in Australien auf. Die Lebensverhältnisse der Familie sind beengt; um so höher zielt der Ehrgeiz des Vaters, der all seine Kinder im Klavierspiel unterrichtet. Ein harscher und selbstgerechter Mann ist dieser Peter Helfgott, dem das Spielerische am Umgang mit der Musik so fremd wie jede Leichtigkeit gegenüber dem Leben ist und dessen Wohlwollen den Kindern nicht geschenkt wird, sondern teuer erkauft werden muß. Armin Mueller-Stahl spielt den Haustyrannen, in dessen gußeiserner Fassade Brüche unübersehbar sind. Ein ums andere Mal, mit dem niemals versiegenden Tremolo auftrumpfenden Selbstmitleids erzählt er den Kindern, wie sein Vater ihm als Zehnjährigem die mühsam ersparte Geige zerstörte. Wie immer, wenn die Verständnisinnigkeit psychologischer Erklärungsmuster um sich greift, verlagern sich die Ursachen allen Übels generationsweise in die Vergangenheit. Nun, da es seine Kinder besser haben sollen, ist Peter Helfgott längst Teil der Enge, durch die er sich gehemmt fühlt. Die Musik wurde zu seiner fixen Idee und David zu seinem bevorzugten Kind und Opfer.

Der Vater treibt den Sohn von einem musikalischen Erfolg zum nächsten; Wettbewerb folgt auf Wettbewerb; das musikalische Talent des Kindes wird bis an die Grenze des Möglichen ausgebeutet. Die menschliche Entwicklung des Dressierten bleibt zurück. Noch der Halbwüchsige näßt ins Bett. Früh zeigt David eine Vorliebe für die feuchten, fraglosen Rückzugsgebiete des Organischen - nach einem Streit mit dem Vater sitzt er in seinen eigenen Fäkalien in der Badewanne. Der Erfolg des Sohnes hat sich längst gegen den Vater gerichtet. Erklärbar und verständlich ist dessen als Verachtung artikulierter Neid, als er David zu den Soireen des Melbourner Großbürgertums begleitet. Erklärbar und verständlich ist die irrationale Angst Peter Helfgotts, die Familie könnte durch Davids Weggang zerstört werden, so wie - auf freilich unvergleichliche Weise - die Familie seiner Eltern durch den Holocaust vernichtet wurde. Wie der Bruch eines Versprechens muß es wiederum David erscheinen, daß der Vater dem Kind (Alex Rafalowicz) die Ausbildung in Amerika ebenso untersagt wie später dem Jugendlichen (Noah Taylor) die Annahme eines Stipendiums am Londoner Royal College of Music. Es ist einer der großen Momente dieses Films, wenn Peter Helfgott den Sohn auf Kosten des musikalischen Fortkommens und unter Androhung, ihn auf ewig aus der Familie zu verstoßen, zu halten versucht - und sich nicht etwa Wut, sondern schiere Panik in seinen Augen abzeichnet.

David wagt als erste wirklich eigene Tat den Ausbruch aus der Familie, doch die Misere der Kindheit begleitet ihn nach London. Dort schlägt die emotionale Unreife des jungen Mannes auf die Musik zurück. "Rach 3", das dritte Klavierkonzert Rachmaninows, wurde dem Film zum Synonym für das stets zu hoch gesteckte Ziel des väterlichen Ehrgeizes, der außer acht ließ, daß nicht die technische Beherrschung, wohl aber die Interpretation von Musik wissender Einfühlung bedarf. "Rach 3" ist der Anlaß für Davids geistigen und körperlichen Zusammenbruch. Zu den Belastungen durch Vater und Vorväter kam die Last durch einen Musikprofessor, der einen musikalischen Ahnen in niemand Geringerem als Rachmaninow selbst hat.

Ist das Leben eine Rechnung, die im Guten wie im Schlechten aufgeht? Der zweite Teil von "Shine" macht einen Strich durch die psychologische Rechnung. Denn der erwachsene David Helfgott (Geoffrey Rush) ist nicht nur das Opfer seiner Kindheit. Zwar spielt er wieder Klavier, doch hat er sich nun zu einem Spezialisten für hektisch bewegte Stücke voller blitzschneller Arpeggien entwickelt. Der erwachsene David nimmt sich, was ihm vorenthalten wurde: eine Kindheit. Damit gerät der Film in Konflikt mit seinen eigenen Deutungsmustern. War die Infantilität im ersten Teil der Fluch des musikalischen Drills, so ist sie im zweiten Teil der Segen eines unbeschwerten Lebens. Mag sein, daß der innere Widerspruch von "Shine" sich der Rücksicht auf die Lebensgeschichte des real existierenden Pianisten Helfgott verdankt. Er gereicht dem Film jedenfalls zum Vorteil. Die zum Schluß hin immer harmonieseligeren Szenen sind nicht nur die glücklichsten, sondern auch die geglücktesten. Am Ende steht der zu Weltruhm gelangte Pianist am Grab seines Vaters. Seine Frau will wissen, was er fühlt, und David Helfgott sagt ohne jede Schwermut: "Ich fühle nichts." Daß Fühllosigkeit ein schönes Gefühl, daß auch ein Verrückter geheilt sein kann, ist das schöne Finale dieses wunderbar widersprüchlichen Films. STEFFEN JACOBS

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