Der Ring in Weimar geht als Aufklärungsmärchen und Erziehungsdrama eines Helden und Antihelden, der seine Ursprünge sucht und seine Geschlechtlichkeit entdeckt, in die dritte Runde. Was mit als heiteres Satyrspiel gedacht war, wird zum Traum und Trauma von Wiederbegegnungen und Entdeckungsreisen im atemberaubenden Zeitraffer. Wotan und Alberich können nicht vom Hass aufeinander lassen. Das Menetekel, das Alle und Alles umfasst, heißt Erinnerung. Das erste musikalische Motiv, das Wagner für Siegfried entwirft, ist jenes, das den Ring hütenden Fafner charakterisiert, zu dem es alle Figuren wie zu einer Keimzelle ihres Lebensdramas zieht. Siegfried, der unschuldige Schlagetot, rast durch eine Existenz zwischen Horrorfilm und Slapstickkomödie. In der heiß ersehnten Rückkehr zu Erda bekommt Wotan erbarmungslos den Spiegel des endgültigen Scheiterns vorgehalten. "Wie über der dampfenden Erdspalte von Delphi", so Wagner, "ist alles erhabene Grauen nur noch in Rätseln ansprechbar." Im Kampf der Generationen wird Mythos zum Lebensgleichnis. "Nicht eher sind wir das, was wir sein können und sollen, bis das Weib nicht erweckt ist", schreibt Wagner über den Übergang seines Märchens ins erotische Gleichnis. Während Brünnhilde und Siegfried als Paar der Paare ekstatisch ihre Loslösung vom Schicksalsdrama der Väter feiern, kündigt sich bereits das apokalyptische Ende in der Tragödie der ewig verlassenen Kinder an.