Jetzt ist schon wieder was passiert ... Diesmal in Salzburg. Der Schwiegersohn des Festspielpräsidenten ist tot. Angeblich Selbstmord. Für die Kirche eine glückliche Fügung. Hat doch der Tote erst vor kurzem mit skandalträchtigen Erinnerungen an seine Jugend im Knabenkonvikt aufhorchen lassen. Brenner hat andere Sorgen. Doch die attraktive Witwe des soeben Verblichenen macht ihm schöne Augen und ein finanziell verlockendes Angebot. Sie glaubt, dass ihr Mann ermordet wurde. Und Brenner soll es beweisen. Ein Glück, dass ihm sein alter Freund Berti zu Hilfe kommt. Ihre Ermittlungen führen sie in die verschwiegene Welt des Konvikts und hinter die Kulissen der Festspiele. Dabei gerät Brenner unter Mordverdacht und kommt um ein Haar ums Leben. Am Ende ist der Fall gelöst, doch die Spitzen der Gesellschaft haben ihre ganz eigene Auffassung vom Lauf der Gerechtigkeit ...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Interviews - Szenen in anderen SchnittfassungenFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.03.2005Das elfte Gebot
Weichgesotten, sturzbetrunken, sexbesessen: Der gemeine Salzburger in Wolfgang Murnbergers Film "Silentium"
"Meerstern, ich dich grüße", singen die asiatischen Frauen, die nach Salzburg kommen, um in den Dienst der katholischen Kirche zu treten. Das Marienlied stimmt sie ein auf das Marianum, ein Internat für Jungen, die schon in der Pubertät auf das Priesteramt vorbereitet werden sollen. Duschen gilt in diesem Institut als geistliche Übung, ebenso das Schweigen danach: "Silentium" ist in Salzburg das elfte Gebot. In Wolfgang Murnbergers gleichnamiger Krimikomödie wird es ständig gebrochen. Das liegt an Brenner, einem ausrangierten Polizisten, der auch als Privatdetektiv nicht mehr viel taugt, aber ständig auf Mordfälle stößt, die er widerwillig aufklärt. Der Schriftsteller und Werbetexter Wolf Haas hat diese archetypische österreichische Figur erfunden - einen hellhörigen Sprachskeptiker und unerschütterlichen Misanthropen.
"Silentium" ist nach "Komm, süßer Tod" der zweite abendfüllende Spielfilm, in dem der Kabarettist Josef Hader den Brenner spielt. Wer Haders Bühnenprogramm "Privat" kennt, wird die Wahlverwandtschaft verstehen. Eingeweideschau und forensischer Bericht sind zwei Facetten desselben Positivismus für einen Detektiv, der aus dem Bauch heraus agiert. Die Groteske ist die österreichische Version des Film noir. Es mangelt an Femmes fatales, deswegen trinken die Männer häufig das entscheidende Glas zuviel. Weil es am Ende des Abends um nichts geht. Brenner ist nicht "hard-boiled", sondern weichgesotten.
Die Stadt Salzburg wird von Klerus und Festspielbürgertum einträchtig regiert. "Silentium" beginnt damit, daß ein Mann vom Mönchsberg in die Tiefe stürzt. Der Schwiegersohn des Festspielpräsidenten hat Selbstmord begangen. So lautet die offizielle Version. Das Kinopublikum weiß es besser: Zwei Handlanger haben ihn über die Kante gestoßen. Die Witwe Konstanze Dornhelm (Maria Köstlinger) hat auch so eine Ahnung und betraut ausgerechnet Brenner mit diskreten Recherchen, die ihn schnell in die besten Kreise der Stadt führen. Wie es aussieht, sind die asiatischen Frauen nicht nur für Reinigungsarbeiten und Küchendienst im Marianum importiert worden. Sie werden gelegentlich auch für Spezialaufträge herangezogen. Der Sportpräfekt Fitz (Joachim Król) ist dem Festspielpräsidenten (Udo Samel) gern behilflich, wenn es um eine kleine Aufmerksamkeit für einen launischen Sänger geht.
Das Drehbuch, das Wolf Haas zusammen mit Wolfgang Murnberger und Josef Hader verfaßt hat, enthält eine interessante Verschiebung: Während der Mord an Dornhelm anfänglich noch im Zusammenhang mit einem Pädophilie-Skandal zu stehen scheint, geht es in Wahrheit um Mädchenhandel und Zuhälterei. Der (reale) sexuelle Mißbrauch, der die österreichische katholische Kirche in den neunziger Jahren bis in die Grundfesten erschütterte, liegt immer noch auf dem vorbewußten Grund von "Silentium". Auf der manifesten Ebene aber wurde er verdrängt zugunsten einer spekulativen Sexgeschichte, in der alle Klischees über die Hochkultur als gesellschaftliche Perversion bekräftigt werden. Christoph Schlingensief, der einen Gastauftritt als Opernregisseur hat, bekräftigt als Hofnarr nur die abgestandene Ironie in diesem Sittenbild.
Brenner und sein Freund Berti (Simon Schwarz) müssen über viele Wendeltreppen und durch manchen Bierkeller, um schließlich zu den Urszenen der Salzburger Bourgeoisie vorzudringen. Es geht in diesem Moment nicht mehr darum, einen Kriminalfall zu lösen, sondern mit heiler Haut davonzukommen. In der Defensive entwickelt Brenner jene Entschlossenheit, die dem Film fehlt: "Silentium" verwandelt den rhetorischen Slapstick des Romans von Wolf Haas zurück in eine biedere Posse.
BERT REBHANDL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Weichgesotten, sturzbetrunken, sexbesessen: Der gemeine Salzburger in Wolfgang Murnbergers Film "Silentium"
"Meerstern, ich dich grüße", singen die asiatischen Frauen, die nach Salzburg kommen, um in den Dienst der katholischen Kirche zu treten. Das Marienlied stimmt sie ein auf das Marianum, ein Internat für Jungen, die schon in der Pubertät auf das Priesteramt vorbereitet werden sollen. Duschen gilt in diesem Institut als geistliche Übung, ebenso das Schweigen danach: "Silentium" ist in Salzburg das elfte Gebot. In Wolfgang Murnbergers gleichnamiger Krimikomödie wird es ständig gebrochen. Das liegt an Brenner, einem ausrangierten Polizisten, der auch als Privatdetektiv nicht mehr viel taugt, aber ständig auf Mordfälle stößt, die er widerwillig aufklärt. Der Schriftsteller und Werbetexter Wolf Haas hat diese archetypische österreichische Figur erfunden - einen hellhörigen Sprachskeptiker und unerschütterlichen Misanthropen.
"Silentium" ist nach "Komm, süßer Tod" der zweite abendfüllende Spielfilm, in dem der Kabarettist Josef Hader den Brenner spielt. Wer Haders Bühnenprogramm "Privat" kennt, wird die Wahlverwandtschaft verstehen. Eingeweideschau und forensischer Bericht sind zwei Facetten desselben Positivismus für einen Detektiv, der aus dem Bauch heraus agiert. Die Groteske ist die österreichische Version des Film noir. Es mangelt an Femmes fatales, deswegen trinken die Männer häufig das entscheidende Glas zuviel. Weil es am Ende des Abends um nichts geht. Brenner ist nicht "hard-boiled", sondern weichgesotten.
Die Stadt Salzburg wird von Klerus und Festspielbürgertum einträchtig regiert. "Silentium" beginnt damit, daß ein Mann vom Mönchsberg in die Tiefe stürzt. Der Schwiegersohn des Festspielpräsidenten hat Selbstmord begangen. So lautet die offizielle Version. Das Kinopublikum weiß es besser: Zwei Handlanger haben ihn über die Kante gestoßen. Die Witwe Konstanze Dornhelm (Maria Köstlinger) hat auch so eine Ahnung und betraut ausgerechnet Brenner mit diskreten Recherchen, die ihn schnell in die besten Kreise der Stadt führen. Wie es aussieht, sind die asiatischen Frauen nicht nur für Reinigungsarbeiten und Küchendienst im Marianum importiert worden. Sie werden gelegentlich auch für Spezialaufträge herangezogen. Der Sportpräfekt Fitz (Joachim Król) ist dem Festspielpräsidenten (Udo Samel) gern behilflich, wenn es um eine kleine Aufmerksamkeit für einen launischen Sänger geht.
Das Drehbuch, das Wolf Haas zusammen mit Wolfgang Murnberger und Josef Hader verfaßt hat, enthält eine interessante Verschiebung: Während der Mord an Dornhelm anfänglich noch im Zusammenhang mit einem Pädophilie-Skandal zu stehen scheint, geht es in Wahrheit um Mädchenhandel und Zuhälterei. Der (reale) sexuelle Mißbrauch, der die österreichische katholische Kirche in den neunziger Jahren bis in die Grundfesten erschütterte, liegt immer noch auf dem vorbewußten Grund von "Silentium". Auf der manifesten Ebene aber wurde er verdrängt zugunsten einer spekulativen Sexgeschichte, in der alle Klischees über die Hochkultur als gesellschaftliche Perversion bekräftigt werden. Christoph Schlingensief, der einen Gastauftritt als Opernregisseur hat, bekräftigt als Hofnarr nur die abgestandene Ironie in diesem Sittenbild.
Brenner und sein Freund Berti (Simon Schwarz) müssen über viele Wendeltreppen und durch manchen Bierkeller, um schließlich zu den Urszenen der Salzburger Bourgeoisie vorzudringen. Es geht in diesem Moment nicht mehr darum, einen Kriminalfall zu lösen, sondern mit heiler Haut davonzukommen. In der Defensive entwickelt Brenner jene Entschlossenheit, die dem Film fehlt: "Silentium" verwandelt den rhetorischen Slapstick des Romans von Wolf Haas zurück in eine biedere Posse.
BERT REBHANDL
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