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Pfleger Benigno und der ältere Schriftsteller Marco sitzen bei einer Tanz-Vorführung nebeneinander. Im Krankenhaus treffen sie sich wieder. Dort kümmert sich Benigno rührend um die schöne Balletttänzerin Alicia. Er widmet ihr nicht nur seine ganze Arbeitszeit, sondern auch seine gesamte Freizeit und Aufmerksamkeit. Denn Alicia tanzt nicht mehr. Sie liegt nach einem Autounfall im Koma. Auch Marco ist verliebt, in die stolze Stierkämpferin Lydia , die aber bei einem Kampf in der Arena so schwer verletzt wird, dass auch sie bewusstlos in die Klinik eingeliefert wird. Dort lernen sich die beiden…mehr

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Produktbeschreibung
Pfleger Benigno und der ältere Schriftsteller Marco sitzen bei einer Tanz-Vorführung nebeneinander. Im Krankenhaus treffen sie sich wieder. Dort kümmert sich Benigno rührend um die schöne Balletttänzerin Alicia. Er widmet ihr nicht nur seine ganze Arbeitszeit, sondern auch seine gesamte Freizeit und Aufmerksamkeit. Denn Alicia tanzt nicht mehr. Sie liegt nach einem Autounfall im Koma. Auch Marco ist verliebt, in die stolze Stierkämpferin Lydia , die aber bei einem Kampf in der Arena so schwer verletzt wird, dass auch sie bewusstlos in die Klinik eingeliefert wird. Dort lernen sich die beiden Männer besser kennen, und über das gemeinsame Schicksal entwickelt sich zwischen ihnen langsam eine verständnisvolle, tiefe Freundschaft. Als Marco von einer längeren Auslandsreise zurückkehrt, findet er Benigno in Untersuchungshaft vor. Er erfährt, dass sein Freund in Verdacht steht, Alicia geschwängert zu haben ...
Autorenporträt
Pedro Almodóvar wurde 1951 in einer kleinen Provinzstadt südöstlich von Madrid geboren. Mit 16 zog er mittellos in die Hauptstadt, wo er durch den Job bei einer Telefongesellschaft die hohe Kunst des Dialogschreibens erlernte, um die ihn Hollywood heute beneidet. Für seinen Film Alles über meine Mutter erhielt Pedro Almodóvar den Oscar.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.04.2002

Männer am Rande der Schrumpfbarkeit
Frankreich, du hast es besser - dort ist Pedro Almodóvars neuer Film "Habla con ella" schon zu sehen

Bekannt wurde er durch "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs", berühmt durch "Alles über meine Mutter". Das war vor drei Jahren, jetzt endlich zeigt Pedro Almodóvar wieder einen neuen Film. Er heißt im spanischen Original "Habla con ella" (Sprich mit ihr) und ist als "Parle avec elle" gerade in achtundzwanzig Pariser Kinos angelaufen. Übrigens zeigen zweiundzwanzig davon das Original mit Untertiteln - eine Situation, die man sich für Deutschland, wo der Film im August startet, kaum vorstellen kann.

"Parle avec elle" ist ein Meisterwerk, das auch eingefleischte Bewunderer Almodóvars überraschen wird. Nicht Frauen, sondern zwei Männer sind die Hauptfiguren, und abgesehen von einer Nebenrolle für Geraldine Chaplin ist es ein Film, der Stars nicht nötig hat. Vor allem aber fehlen ihm jene karikaturistischen, manchmal fast klamaukigen Elemente, die Almodóvars Melodramen sonst so hinreißend grotesk machten. Dabei ist "Parle avec elle" ein waschechtes Melodram voll extremer Gefühle, aber dabei doch so außergewöhnlich dezent, daß man sich manchmal geradezu an die erzählerische Askese Manoel de Oliveiras erinnert fühlt.

"Parle avec elle" erzählt von zwei erfolglos verliebten Männern. Der Journalist Mario (Dario Grandinette) verliebt sich überraschend in die Stierkämpferin Lydia (Rosario Flores), die wenige Tage später lebensgefährlich verletzt wird und bewußtlos ins Krankenhaus kommt. Mario hält Wache an ihrem Bett und lernt Benigno (Javier Camara) kennen, der ein paar Zimmer weiter die junge Tanzschülerin Alicia pflegt. Sie ist durch einen Unfall vor vier Jahren ins Koma gefallen. Benigno, die Hauptfigur des Films, hatte sich erst ein paar Tage vor dem Unfall in Alicia verliebt, die von der Tiefe seiner Zuneigung nichts ahnen konnte. Als gelerntem Krankenpfleger gelang es ihm schließlich, mit der Pflege Alicias betraut zu werden.

Von einer Kollegin assistiert, pflegt Benigno also seit vier Jahren Tag für Tag die Frau, die er liebt, ohne daß sie ihn auch nur erkennt. Er wäscht sie, er massiert sie, er reinigt ihren Unterkörper, wenn sie ihre Periode hat. Alicias Vater bemerkt diese Intimität mit einem gewissen Mißtrauen, beruhigt sich aber, als Benigno ihm vorlügt, er sei homosexuell. Benignos eigentlicher Liebesbeweis ist aber, daß er unentwegt mit Alicia spricht, als könnte sie ihn verstehen. Er erzählt ihr alles, was er erlebt, und auch der Hinweis des Arztes, daß dies sinnlos sei, kann ihn nicht davon abhalten. Wer weiß das schon genau, denkt er mit kindlicher Zuversicht und macht weiter wie bisher. Eines Tages erzählt er ihr einen kleinen Stummfilm "Der schrumpfende Liebhaber", den er am Abend zuvor im Kino gesehen habe. Darin trinkt der Liebhaber, um der geliebten Chemikerin zu imponieren, ein noch unerprobtes Elixier und schrumpft daraufhin wie in Jack Arnolds "Incredible Shrinking Man", bis er zentimeterklein ist und die Geliebte ihn im Handtäschchen transportieren kann. Eines Abends krabbelt der kleine Mann verzückt vor das Geschlecht der Schlummernden und verschwindet darin auf Nimmerwiedersehen. Über das Gesicht der Schlafenden geht in diesem Moment ein Ausdruck großen Glücks, und damit ist die groteske kleine Stummfilmparodie zu Ende.

Benigno erzählt den Film seinem geliebten Pflegefall mit der Naivität des wahren Kinofreundes, der alles ganz wörtlich nimmt. Aber je andächtiger er erzählt, desto mulmiger wird uns zumute. Was hat das zu bedeuten, daß er der Frau im Koma ausgerechnet diese Geschichte erzählt? Kleists "Marquise von O" kommt einem in den Sinn, und so ähnlich geht es dann auch weiter. Alicia, so stellt sich heraus, ist schwanger. Benigno gerät schnell in Verdacht und schließlich ins Gefängnis. Währenddessen passiert viel, ohne daß Benigno in seiner Zelle davon erfährt. Lydia stirbt, und Mario liest es im Ausland in der Zeitung. Er kehrt zurück und erfährt, daß Alicia ein totes Kind zur Welt brachte, aber durch den Schock der Geburt aus dem Koma erwacht ist. Er begreift, daß er nun Benignos einziger Freund ist, und besucht ihn im Gefängnis. Daß Alicia wieder gesund ist, wagt er ihm nicht gleich mitzuteilen, und so nimmt Benigno eine Überdosis Tabletten, um der vermeintlich noch ohnmächtigen Geliebten im Koma nahe zu sein. Aber die Dosis war zu hoch, und so steht sein neuer Freund nun an Benignos Grab und redet mit ihm, so wie Benigno all die Jahre mit Alicia geredet hatte. Und vielleicht wird dieser Mut zur Offenheit am Ende sogar aus Mario und Alicia jenes Paar machen, das Mario und Lydia nicht hatten werden können und Benigno und Alicia auch nicht.

Keine Inhaltsangabe wird Almodóvars Meisterschaft gerecht. Er strukturiert die Handlung durch Rückblenden und Träume, und wir erleben eine Art virtuelle Biographie der beiden verhinderten Paare. Virtuos vermengt er Realität und Traum, souverän gehen Einst und Jetzt und Niemals ineinander über. Ganz nach Belieben beschleunigt er das Tempo oder verlangsamt es wieder, so daß die Handlung, als wäre sie ein Traum, in reglos schönen Tableaus zur Ruhe kommen kann. Und stets gelingt ihm, scheinbar ohne Mühe, ein musikalischer, geschmeidig schöner Rhythmus.

Die Aufforderung "Sprich mit ihr" meint nicht nur unsere gesprochene Sprache, die nur der hörbare Teil einer viel tieferen Art des Mitteilens ist. Hat denn die gesprochene Sprache Alicia zum Leben erweckt? Oder war es nicht vielmehr die Körpersprache der sexuellen Liebe? Wir wissen es nicht, aber ein Wunder wäre es so oder so. In Dreyers "Ordet" wird mitten im heutigen Leben ein Toter durch das Bibelwort zum Leben erweckt, aber das Wunder, das Almodóvar zeigt, ist nicht geringer. Denn das Wunder ist immer nur die unfaßbare Tatsache, daß wir tatsächlich lebendig sind und nicht einfach tot. Das Leben ist das einzige Wunder. Kein Mensch kann es erklären, aber die Künste können es behutsam umkreisen, und je stummer sie sind, desto näher kommen sie dem Geheimnis. Deshalb sind Musik und Tanz in diesem Film so wichtig. Ein Tanzdrama Pina Bauschs eröffnet die Handlung, und ein stummer Film darf aussprechen, was kein Gesetzbuch je begreifen kann. Aber auch die vielen wortlosen Rituale unseres Lebens hüten Geheimnisse, der Stierkampf nicht anders als die Zeremonien der Religion. Und selbst auf der Einkleidung des hilflosen Patienten in seinem Krankenhausbett liegt ein Abglanz davon - zumindest wenn Pedro Almodóvar sie filmt.

WILFRIED WIEGAND

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