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Um ihre Arbeit in einem Zürcher Obdachlosenheim zu leisten, muss die gehörlose Nonne Antonia (Emmanuelle Laborit) täglich mit dem Fahrrad vom Kloster ins nächste Dorf radeln und von dort mit dem Zug in die Stadt fahren. Dort begegnet ihr Mikas (Lars Otterstedt), ein junger Mann aus Litauen. Für Antonia öffnet sich eine neue, spannende Welt, denn Mikas ist ebenfalls gehörlos. Die beiden, die auf den ersten Blick so unterschiedlich sind, können sich in ihrer gemeinsamen Sprache, der Gebärdensprache, unterhalten. Mikas, der vom Leben gebrannte aber gewitzte Taschendieb, gibt sich der jungen Nonne…mehr

Produktbeschreibung
Um ihre Arbeit in einem Zürcher Obdachlosenheim zu leisten, muss die gehörlose Nonne Antonia (Emmanuelle Laborit) täglich mit dem Fahrrad vom Kloster ins nächste Dorf radeln und von dort mit dem Zug in die Stadt fahren. Dort begegnet ihr Mikas (Lars Otterstedt), ein junger Mann aus Litauen. Für Antonia öffnet sich eine neue, spannende Welt, denn Mikas ist ebenfalls gehörlos. Die beiden, die auf den ersten Blick so unterschiedlich sind, können sich in ihrer gemeinsamen Sprache, der Gebärdensprache, unterhalten. Mikas, der vom Leben gebrannte aber gewitzte Taschendieb, gibt sich der jungen Nonne gegenüber als Zirkusartist aus. In ihm findet Antonia einen Freund, der sie bei ihren ersten, zaghaften Schritten in eine Welt jenseits der Klostermauern begleitet und sie ermutigt. Mikas ist es auch, der dafür sorgt, dass Antonia sich über das Verbot der Ordensschwestern hinwegsetzt und sich ihren Traum erfüllt, in Luzern eine Aufführung des amerikanischen Gehörlosentheaters zu besuchen. Der Tabubruch wird für Antonia zum Schlüsselerlebnis. Sie erkennt, dass ihr die Welt außerhalb des Klosters nicht verschlossen ist, dass sie tanzen, sich verlieben und Spaß am Leben haben kann. Antonia ist hin und her gerissen zwischen ihren neu erwachten Gefühlen für Mikas und dem über Jahre gewachsenen Pflichtgefühl gegenüber den Ordensschwestern und deren sozialem Werk...

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Interview mit Christoph Schaub (Texttafeln) - Zur Geschichte der Gebärdensprache (Texttafeln)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.09.2003

Im Off: Christoph Schaubs Film "Stille Liebe"

Ein Liebespaar im Hotelbett. Draußen hämmert der Manager gegen die Tür. Aber die beiden hören ihn nicht. Nicht, weil sie die Musik aufgedreht hätten - im Gegenteil, es ist ganz still -, sondern weil sie gehörlos sind. Dafür hört der Mann auf dem Flur ihre Liebesgeräusche. Er hämmert weiter, und nach einer endlosen Weile öffnet sich von drinnen die Tür. Der Manager erklärt den Liebenden, sie müßten ihr Zimmer verlassen. Die Frau beginnt sich anzuziehen. Über einem Stuhl hängt ihr Kleid, ein Ordenskleid. Die Frau ist Nonne.

Man könnte "Stille Liebe" ganz in solchen kurzen Szenen nacherzählen, denn der Film schildert vom Anfang bis zum Ende immer wieder die gleiche Situation. Eine Frau, Antonia (Emmanuelle Laborit), allein in der großen Stadt. Sie ist dem Treiben um sie herum auf doppelte Weise fremd, einerseits, weil sie Nonne, andererseits, weil sie gehörlos ist, taubstumm. In einem Obdachlosenheim, in dem Antonia in der Küche arbeitet, trifft sie den ebenfalls gehörlosen Litauer Mikas (Lars Otterstedt), der mit seinem Bruder ein Taschendiebsduo bildet, das auf seinem Beutezug durch Europa in Zürich gelandet ist. Die beiden reißen sich, einer den anderen, aus ihrer gewohnten Welt: Antonia flieht aus ihrem Kloster, Mikas verliert seinen Bruder und sein Talent als Dieb.

Als ihn einer der von ihm Beklauten erkennt und verfolgt, fällt Mikas, der nicht schwimmen kann, in den Fluß und ertrinkt. Die Beiläufigkeit, mit der die Kamera diesen Tod und das Entsetzen der zuschauenden Frau betrachtet, ist eine angemessen kühle Haltung für eine Love Story mit schweizerischen Akzenten, aber sie schwächt den Film auch, weil sie den Blick des Zuschauers von den Personen weglenkt auf die Szenerie, die alltägliche, untragische Fassade des Lebens in der Stadt.

Der Schweizer Regisseur Christoph Schaub hat Ende der achtziger Jahre mit filmischen Schlüsselgeschichten seiner Generation ("Wendel", 1987; "Dreißig Jahre", 1989) auf sich aufmerksam gemacht. Dann wurde es eine Weile still um ihn. "Stille Liebe" ist seit vierzehn Jahren der erste Film Schaubs, der in Deutschland verliehen wird. An dem Stoff, sagt der Regisseur, habe ihn vor allem die Gebärdensprache der Gehörlosen fasziniert - "eine visuelle Sprache im Raum". Es gibt kein Off in diesem Sprechen: was gesagt wird, muß auch zu sehen sein. Deshalb ist "Stille Liebe" zugleich beredter und schweigsamer als andere Filme. Die langen Blick- und Gebärdenwechsel zwischen der Französin Laborit und dem Schweden Otterstedt, die sich in einem internationalen Zeichenidiom verständigen, betonen die Isolation der Liebenden: Sie sind beide im Off der anderen.

Und deshalb ist "Stille Liebe" am Ende doch kein Film, den man leicht wieder vergißt. Seine Bilder sehen einfach zu ungewohnt aus, zu unerwartet. Etwa die Szene, als die beiden zum ersten Mal miteinander geschlafen haben: Da tritt die Nonne im Morgengrauen vor den Spiegel und betrachtet ihren nackten Körper. Ähnliches hat man schon hundertmal gesehen, aber hier wirkt es wie neu entdeckt. Aus solchen Momenten speist sich die Faszination des Films, weniger aus der Geschichte, die er erzählt. Am Ende fährt Antonia nach Washington, um an einer Universität für Gehörlose Theater zu studieren. Sie will jetzt raus aus dem Off; sie möchte sich wiederfinden in fremden Blicken.

ANDREAS KILB

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