Der skrupellose texanische Geschäftsmann Cosmo (Tommy Lee Jones) will sich und das marode Hafenviertel im englischen Newcastle mit einer großangelegten Grundstücksspekulation sanieren. Doch Jazzclub-Besitzer Finney (Sting) stört das Geschäft, da er seinen kleinen, gut laufenden Club nicht verkaufen will. Cosmos Plan, Finney durch seine Handlanger mit Gewalt zur Vertragsunterzeichnung zu zwingen, kann Brendan (Sean Bean), ein junger Angestellter des Jazzclubs, vereiteln. Doch damit bringt er sich und seine Freundin Kate (Melanie Griffith), Cosmos Exgeliebte, in Lebensgefahr ...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Gesprochene Hintergrundinformationen - Trailer - SlideshowFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.06.2001Im Land der Zubodengucker
"Monday": Sabus märchenhafte Satire über das Japan der Neurotiker im Kino
Wer zu früh seine Erinnerung modelliert, den bestraft die Gegenwart mit Blut, Gewalt und Sturzbächen von Alkohol: Schön ist ein junger Mann, solange er im Sarg vor sich hin döst, solange Herren in identischen dunklen Anzügen und weißen Hemden geometrisch geordnet vor ihm knien, um ihn trauern. Ein "Haarmodel" ist der Verblichene gewesen, schluchzend gedenkt die Schwester seiner Verdienste. Wenigstens, so tröstet sie sich beim Blick in den Sarg, wird er nun für alle Zeiten adrett und hübsch gekämmt in ihrer Erinnerung bleiben. Vier Minuten später jedoch ist der Leichnam explodiert, weil der Arzt des Bruders den Herzschrittmacher auszustellen vergaß und weil der Trauergast Takagi das falsche Kabel durchtrennte. Dahin ist die Schönheit, geschändet die Erinnerung, noch ehe sie begann.
Im Japan dieses Films ist selbst der Tod ein künstliches Ereignis. Erst wenn die Batterie dem Herzen zu schlagen untersagt, hat es ein Ende mit dem normierten Dasein. Millimetergenau wahren die knieenden Herrschaften Distanz, peinlich genau im rechten Winkel zum Geschehen ist die Kamera plaziert. Der Regisseur Sabu und der Kameramann Kazuhiko Sato zeichnen das bekannte Bild eines allzu engen Landes, das fehlende Weite durch akribisch gestaffelte Innenräume ersetzt hat. Die Gesellschaft und ihr Interieur gehorchen demselben Gesetz der paarweise angeordneten Zahl; jedem Angestellten ist ein Vorgesetzter, jedem Stuhl ein Platzhalter, jedem Verhalten eine Regel zugewiesen. Daß der Hauptdarsteller gegen diese Welt rebelliert, kann nicht behauptet werden. Anders als der von Michael Douglas 1993 verkörperte Arbeitslose mit dem Bürstenhaarschnitt, der in "Falling down" den amerikanischen Traum nicht minder brutal, aber ungleich reflexionsfreudiger beerdigte, scheut Koichi Takagi das Philosophieren. Doch wenn der Alkohol die Sinne des Modellautosammlers umfängt, lacht er unbändig, wird albern und schießt.
Glücklich muß sich deshalb seine Freundin schätzen. Yuki sagt sämtliche dreiundzwanzig Stadtteile Tokios fehlerfrei auf, als sitze ihr der Dorflehrer aus Grundschulzeiten gegenüber. Statt dessen aber blickt Yuki in das tranige Gesicht von Koichi (Shinichi Tsutsumi), der mit jedem Stadtteil, der ihren Mund verläßt, nur tiefer noch zu Boden schaut und stiller wird. Wäre Koichi Takagi damals im Restaurant, wenige Stunden nachdem der Leichnam explodierte, schon im Vollbesitz seiner alkoholischen Kräfte gewesen, hätte die Freundin wenig, er aber unendlich viel zu lachen gehabt. Männer, die ihre Frauen stumm gewähren lassen, neigen in Japan offenbar zu kompensatorischen Amokläufen.
Den Montag verbringt Koichi zwischen Hotelbett und Whiskyflasche, denn am trauervollen Sonntag durchmaß er feixend, wankend, schießend Tokio. Im Zimmer 5122 will er vom Rausch genesen und sein Gedächtnis wiederfinden, das aber ohne die Hilfe des Fernsehens verschwunden bliebe. Das kleine Gerät im einundfünfzigsten Stock zeigt nämlich Koichis sonntägliche Tat. Nachrichtensendungen und Expertenrunden erfreuen sich an dem, was er am Vorabend mit dem Gewehr in der Hand vollbrachte. Das Hotel, muß Koichi erfahren, ist längst umstellt und geräumt. Zimmer 5122 ist zur Einzelzelle geworden in Tokios bestbewachtem Gefängnis.
Einen Gesandten Gottes nennt der Rächer ohne Willen sich selbst in einer märchenhaften Szene voll tanzender Polizisten und schwebender Frauen. Diese Worte, daran läßt Regisseur Sabu keinen Zweifel, würde Koichis whiskygetriebenes Hirn gerne entäußern, die große Revolte gegen den Konformismus würde der Massenmensch gerne vollziehen, doch das bleibt in diesem Japan ein Traum. Wer hier, so lautet die Botschaft, im Namen des Individuums aufbegehrt, kann höchstens ein feiger, alkoholkranker Sonderling sein.
Die Gemeinschaft der Anzugträger, Plapperpüppchen und Zubodengucker ist eben auch die einzige, die im Reiche Nippons existieren kann. Die Alternative wäre kein besseres, mutigeres oder wahrhaftigeres Japan, sondern gar kein Japan mehr. Befangen sein in der Lüge, diese das Leben nennen und es aus Einsicht in seine Unentrinnbarkeit lieben sind eins in Sabus als neurotisch präsentiertem Heimatland. "Monday", bei der letztjährigen Berlinale mit dem Preis der internationalen Filmkritik ausgezeichnet, spielt am ersten Tag der Woche, weil eine neue Schöpfung am Fuße des Fujiyama nottäte und zugleich undenkbar ist. Sabus patriotischer Unterhaltungsfilm will über dieses Paradoxon zu lachen lehren. Liebevoll verhöhnt er ein Land, das zu künstlich ist, um bloß erfunden zu sein.
ALEXANDER KISSLER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Monday": Sabus märchenhafte Satire über das Japan der Neurotiker im Kino
Wer zu früh seine Erinnerung modelliert, den bestraft die Gegenwart mit Blut, Gewalt und Sturzbächen von Alkohol: Schön ist ein junger Mann, solange er im Sarg vor sich hin döst, solange Herren in identischen dunklen Anzügen und weißen Hemden geometrisch geordnet vor ihm knien, um ihn trauern. Ein "Haarmodel" ist der Verblichene gewesen, schluchzend gedenkt die Schwester seiner Verdienste. Wenigstens, so tröstet sie sich beim Blick in den Sarg, wird er nun für alle Zeiten adrett und hübsch gekämmt in ihrer Erinnerung bleiben. Vier Minuten später jedoch ist der Leichnam explodiert, weil der Arzt des Bruders den Herzschrittmacher auszustellen vergaß und weil der Trauergast Takagi das falsche Kabel durchtrennte. Dahin ist die Schönheit, geschändet die Erinnerung, noch ehe sie begann.
Im Japan dieses Films ist selbst der Tod ein künstliches Ereignis. Erst wenn die Batterie dem Herzen zu schlagen untersagt, hat es ein Ende mit dem normierten Dasein. Millimetergenau wahren die knieenden Herrschaften Distanz, peinlich genau im rechten Winkel zum Geschehen ist die Kamera plaziert. Der Regisseur Sabu und der Kameramann Kazuhiko Sato zeichnen das bekannte Bild eines allzu engen Landes, das fehlende Weite durch akribisch gestaffelte Innenräume ersetzt hat. Die Gesellschaft und ihr Interieur gehorchen demselben Gesetz der paarweise angeordneten Zahl; jedem Angestellten ist ein Vorgesetzter, jedem Stuhl ein Platzhalter, jedem Verhalten eine Regel zugewiesen. Daß der Hauptdarsteller gegen diese Welt rebelliert, kann nicht behauptet werden. Anders als der von Michael Douglas 1993 verkörperte Arbeitslose mit dem Bürstenhaarschnitt, der in "Falling down" den amerikanischen Traum nicht minder brutal, aber ungleich reflexionsfreudiger beerdigte, scheut Koichi Takagi das Philosophieren. Doch wenn der Alkohol die Sinne des Modellautosammlers umfängt, lacht er unbändig, wird albern und schießt.
Glücklich muß sich deshalb seine Freundin schätzen. Yuki sagt sämtliche dreiundzwanzig Stadtteile Tokios fehlerfrei auf, als sitze ihr der Dorflehrer aus Grundschulzeiten gegenüber. Statt dessen aber blickt Yuki in das tranige Gesicht von Koichi (Shinichi Tsutsumi), der mit jedem Stadtteil, der ihren Mund verläßt, nur tiefer noch zu Boden schaut und stiller wird. Wäre Koichi Takagi damals im Restaurant, wenige Stunden nachdem der Leichnam explodierte, schon im Vollbesitz seiner alkoholischen Kräfte gewesen, hätte die Freundin wenig, er aber unendlich viel zu lachen gehabt. Männer, die ihre Frauen stumm gewähren lassen, neigen in Japan offenbar zu kompensatorischen Amokläufen.
Den Montag verbringt Koichi zwischen Hotelbett und Whiskyflasche, denn am trauervollen Sonntag durchmaß er feixend, wankend, schießend Tokio. Im Zimmer 5122 will er vom Rausch genesen und sein Gedächtnis wiederfinden, das aber ohne die Hilfe des Fernsehens verschwunden bliebe. Das kleine Gerät im einundfünfzigsten Stock zeigt nämlich Koichis sonntägliche Tat. Nachrichtensendungen und Expertenrunden erfreuen sich an dem, was er am Vorabend mit dem Gewehr in der Hand vollbrachte. Das Hotel, muß Koichi erfahren, ist längst umstellt und geräumt. Zimmer 5122 ist zur Einzelzelle geworden in Tokios bestbewachtem Gefängnis.
Einen Gesandten Gottes nennt der Rächer ohne Willen sich selbst in einer märchenhaften Szene voll tanzender Polizisten und schwebender Frauen. Diese Worte, daran läßt Regisseur Sabu keinen Zweifel, würde Koichis whiskygetriebenes Hirn gerne entäußern, die große Revolte gegen den Konformismus würde der Massenmensch gerne vollziehen, doch das bleibt in diesem Japan ein Traum. Wer hier, so lautet die Botschaft, im Namen des Individuums aufbegehrt, kann höchstens ein feiger, alkoholkranker Sonderling sein.
Die Gemeinschaft der Anzugträger, Plapperpüppchen und Zubodengucker ist eben auch die einzige, die im Reiche Nippons existieren kann. Die Alternative wäre kein besseres, mutigeres oder wahrhaftigeres Japan, sondern gar kein Japan mehr. Befangen sein in der Lüge, diese das Leben nennen und es aus Einsicht in seine Unentrinnbarkeit lieben sind eins in Sabus als neurotisch präsentiertem Heimatland. "Monday", bei der letztjährigen Berlinale mit dem Preis der internationalen Filmkritik ausgezeichnet, spielt am ersten Tag der Woche, weil eine neue Schöpfung am Fuße des Fujiyama nottäte und zugleich undenkbar ist. Sabus patriotischer Unterhaltungsfilm will über dieses Paradoxon zu lachen lehren. Liebevoll verhöhnt er ein Land, das zu künstlich ist, um bloß erfunden zu sein.
ALEXANDER KISSLER
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