Marktplatzangebote
6 Angebote ab € 3,00 €
  • DVD

In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts gilt er nach Django Reinhardt als "der zweitbeste Gitarrist der Welt": Der Jazzmusiker Emmet Ray (Sean Penn), der sich mit Engagements in Nachtclubs über Wasser hält und seine Gagen ab und zu als Teilzeit-Zuhälter aufbessert. Der Legende nach ist er zweimal seinem Erzrivalen und heimlichen Gott Django Reinhardt begegnet - und jedes Mal in Ohnmacht gefallen. Neben der Musik interessieren ihn vor allem schnelle Autos, modische Kleidung und schöne Frauen. Alkoholexzesse, Spielschulden und Poolbillard prägen sein Leben. Doch wenn Emmet abends auf der Bühne…mehr

  • Anzahl: 1 DVD
Produktbeschreibung
In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts gilt er nach Django Reinhardt als "der zweitbeste Gitarrist der Welt": Der Jazzmusiker Emmet Ray (Sean Penn), der sich mit Engagements in Nachtclubs über Wasser hält und seine Gagen ab und zu als Teilzeit-Zuhälter aufbessert. Der Legende nach ist er zweimal seinem Erzrivalen und heimlichen Gott Django Reinhardt begegnet - und jedes Mal in Ohnmacht gefallen. Neben der Musik interessieren ihn vor allem schnelle Autos, modische Kleidung und schöne Frauen. Alkoholexzesse, Spielschulden und Poolbillard prägen sein Leben. Doch wenn Emmet abends auf der Bühne zur Gitarre greift, sichert er sich jedes Mal von neuem einen Platz im Jazz-Olymp - wenn er es schafft, einigermaßen nüchtern und pünktlich zu erscheinen. Als er die stumme Wäscherin Hattie (Samantha Morton) kennenlernt, scheint sein unstetes Leben für eine Weile zur Ruhe zu kommen. Doch Emmet ist viel zu sehr Egozentriker und selbstverliebter Künstler, als dass er sich ändern könnte. Er liebt weiterhin vor allem seine Gitarre, seine Ungebundenheit und seine nächtlichen Ausflüge zum Schrottplatz, wo er mit einer Pistole Jagd auf Ratten macht. Er verlässt Hattie und heiratet wenig später überraschend die glamouröse Blanche (Uma Thurman), eine halbseidene Möchtegern-Schriftstellerin. Als Emmet Blanche inflagranti mit dem zwielichtigen Leibwächter Al Torrio (Anthony LaPaglia) erwischt, verliert er gänzlich den Boden unter den Füßen. Sein letztes musikalisches Lebenszeichen ist die Aufnahme der von ihm komponierten Ballade "Unfaithful Woman". Wenig später gerät Emmet Ray in der Jazzszene in Vergessenheit.

Bonusmaterial

Beil.: Booklet
Autorenporträt
Woody Allen, geboren 1935 als Allen Stewart Konigsberg in New York, lebt in Manhattan; ist Autor, Regisseur, Schauspieler, Musiker, Intellektueller und gefeierter Film-Komiker unserer Zeit; Hollywood verlieh ihm 4 Oscars.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.03.2000

Des Lebens bunte Saiten
Lockender Jazz: Woody Allens Film "Sweet and Lowdown"

Die Täuschung ist vollkommen. Im Vertrauen darauf, als Aficionado des Jazz hinreichend ausgewiesen zu sein, wendet sich gleich zu Beginn Woody Allen höchstselbst an den Zuschauer, um ohne jedes Augenzwinkern an einer Legende zu stricken: von Emmett Ray, dem zweitbesten Jazzgitarristen der Welt, der nur einen neben sich gelten ließ, Django Reinhardt, "diesen Zigeuner aus Europa", in dessen Gegenwart er regelmäßig ohnmächtig zu werden pflegt vor Respekt. Und um die Behauptung von Emmett Rays Kunst nicht sofort Lügen zu strafen, schmeichelt sich im besten New-Orleans-Stil ein Gitarrenton so geschmeidig beim Zuschauer als Zuhörer ein, dass alle Zweifel davonswingen. "Warum Emmett Ray? Weil er interessant war", sagt Woody Allen: "Er war faszinierend. Und er war komisch. Oder vielleicht sollte man lieber sagen: Mitleid erregend? Er war extravagant und rüpelhaft und unausstehlich. Das Problem ist, man weiß so wenig über ihn. Nur, dass er ein toller Gitarrist war."

Als Kauz und Kenner der menschlichen Spezies, der nichts willkommener scheint, als leichthin und ironisch verführt zu werden, macht Woody Allen, wieder Drehbuchautor und Regisseur in einem, sich und uns das Vergnügen, in der Biografie eines ungemein begabten, unverschämt egozentrischen Musikers der dreißiger Jahre zu blättern, den es nie gegeben hat, der aber dennoch auf Anhieb in unserer Erinnerung existent scheint. Und während mit allem dokumentarischen Ernst, ähnlich wie in Allens früherem Film "Zelig", noch andere vorgebliche oder tatsächliche Experten wie Ben Duncan oder der Jazzkritiker Nat Hentoff aufgeboten werden, das Talent und Charisma dieses Magiers auf der Gitarre namens Emmett Ray zu bezeugen, verschmelzen historische Wahrheit und Fiktion zu einem rhapsodisch beschwingten, spielerisch eine Anekdote an die nächste knüpfenden Film, dessen Erfindungsfreude, musikalischer Witz und schauspielerische Hingabe geradezu ansteckend sind.

Mit "Sweet and Lowdown" huldigt Woody Allen nicht weniger manisch und ichbezogen als sein Protagonist jener Stilrichtung des Jazz, die er jeder anderen Musik vorzieht, aber die unvergleichliche Leichtigkeit des Erzählens und die Virtuosität dieses Regisseurs sparen alles Dozieren und Verdeutlichen aus. Was die so genannten Experten, die immer wieder vor neutralem Hintergrund ins Bild rücken, aus ihren Erinnerungen an Emmett Ray kramen, stellt der Film szenisch nach: schwelgend in seinen Dekors, aber nicht damit protzend; stimmungsvoll, aber nicht sentimental im Beschwören der Zeit und der Atmosphäre von Opiumkaschemmen oder Billardsalons, im Rampenlicht oder Hinterzimmer der Jazzgeschichte. Und weil niemand seiner Erinnerung sicher sein darf, kann eine bestimmte Episode auch leicht in drei Varianten nacheinander erzählt werden.

Den mehr als zwei Dutzend mittlerweile klassischen Jazztiteln jener Jahre, die in historischen Aufnahmen etwa von Django Reinhardt und Eddie Lang erklingen oder von einem um den Gitarristen Howard Alden formierten Jazzensemble kongenial nachgespielt werden, kommt gewiss die entscheidende Rolle zu. Aber ohne die hinreißende schauspielerische Equilibristik dieses Films ließe sich die Fiktion nicht so mühelos camouflieren. Emmett Ray, wie Sean Penn ihn vorführt: mit schmissiger Haartolle, bübischem Grinsen unterm Schnurrbart und einem Was-kostet-die-Welt-Schieberschritt aus zurückgebogenen Schultern, vorgeschobenen Hüften und aus raumgreifend schlenkernden Armen heraus - dieses Naturtalent also, andere für sich einzunehmen, ist ein Schwerenöter wie aus dem Bilderbuch, empfänglich für Alkohol und schöne Frauen, ein Spieler und Verspieler, ein Blender mit zu grellen Hemden, zu bunten Krawatten und viel zu engen Anzügen. Sein Charme steckt in den Fingerspitzen, mit denen er die Saiten zupft, und seine Passion ist der inneren Einkehr beim Spielen abzulesen, wenn alles Leben aus der unverschämten Visage zu schwinden und das Gesicht ganz Konzentration zu sein scheint.

Eigentlich geht Emmett Ray wegen seiner notorischen Unzuverlässigkeit dauernd etwas schief; eigentlich schaut wegen seiner seltsamen Gewohnheit, nächtlich Müllhalden aufzusuchen und auf Ratten zu schießen oder ehrfürchtig Zügen beim Vorüberfahren zuzusehen, jeder auf ihn herab; aber trotzdem behält er den Kopf die längste Zeit oben. Und wie viel inszenatorischen Witz Woody Allen wieder investiert hat, wird aus einem winzigen Augenblick offenbar, wenn ein Güterzug eine Bogenbrücke passiert und im Durchblick durch die Stahlstreben aus der Wagenaufschrift Pennsylvania das Wort Penn ausgeschnitten wird. Der Darsteller häufig plakativ großmäuliger, schlagkräftiger Kerle findet in diesem seinem besten Film zu einem nuanciert differenzierten Ausdruck, den man ihm nicht ohne weiteres zugetraut hätte. Und spätestens wenn er in stupend antrainierter Fingerfertigkeit die Gitarre locken lässt, kann diesem Emmett Ray keiner mehr böse sein.

Auch Hattie aus der Wäscherei nicht, das Mädchen, das er auf der Seepromenade eloquent umwarb, bis er entsetzt feststellen musste, dass es stumm ist und ihm nur mit flehentlichen oder verzehrenden, barschen oder belustigten Blicken antworten kann. Samantha Morton mit ihrem umwerfenden Lächeln aus Unbeholfenheit und Neugier macht die Liebesgeschichte aus Versehen zu einem Juwel im Zentrum des Films. "Ich mag Frauen", wirft sich Emmett Ray in die Brust: "Ich bin gern mit ihnen zusammen. Aber ich brauche sie nicht. Das ist so bei wahren Künstlern." Also stiehlt er sich aus ihrem Leben so unversehens wieder, wie er zuvor in dieses Leben eingebrochen war. Bei Hattie, die er ziemlich lange nicht mehr loswird und für seine Verhältnisse verblüffend lieb gewinnt, soll ihm die schnöde Abkehr noch einmal leid tun. Bei der Gelegenheitsschriftstellerin Blanche, einer mondänen Person (Uma Thurman), die sich auf der Stelle von Emmett Ray heiraten lässt und dann einige Phantasie investiert, ihn wieder loszuwerden, hält sich seine Besinnung in Grenzen. Aber immerhin verdanken wir dieser Frau, so will es die Fiktion, den schwermütigen Titel "Unfaithful Woman", den Dick Hyman, der musikalische Leiter, eigens für Woody Allens Film komponiert hat.

Wie Musikstücke zuweilen unmerklich ausgeblendet werden, so verflüchtigt sich Emmett Ray am Ende aus seiner Geschichte. Der Versuch, auf unzählige Male erprobte Weise eine weibliche Zufallsbekanntschaft mit der Gitarre zu betören, schlägt ihm, dem jäh unverstandenen Künstler, so kläglich fehl, dass er das Instrument zertrümmert. Und damit - selbst Woody Allen kann das beim besten Willen nicht mehr ändern - ist auch seine Existenz zerschlagen.

HANS-DIETER SEIDEL

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr