John wünscht sich an Weihnachten nichts mehr als einen besten Freund und sein Wunsch geht magisch in Erfüllung als sein Teddybar zum Leben erwacht. Ted und John wachsen gemeinsam auf und werden aber nicht wirklich erwachsen. Der Schaffer von Family Guy hat mit Ted eine neue Kultfigur geschaffen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.08.2012Komik an der Gattungsgrenze
Die Filmkomödie "Ted" von Seth MacFarlane bringt Mann, Frau und einen Teddy in romantische Bedrängnis
In Seth MacFarlanes Fernsehserie "Family Guy" gibt es einen Hund namens Brian, der eindeutig der Hausintellektuelle ist. Entsprechend defätistisch verhält er sich zu den Dingen des Lebens in einer Zeichentrickfamilie, die von einem flegelhaften Vater dominiert wird. Gemeinsam mit dem dramatisch überqualifizierten Baby Stewie bildet Brian so etwas wie eine ohnmächtige Opposition der nicht ernst Genommenen. Und dann hat Brian auch noch ein Liebesleben, in dem er ständig an der Gattungsgrenze scheitert.
Wie diese konkret und anatomisch plausibel zu überwinden ist, zeigt nun der erste Spielfilm von Seth MacFarlane, der am Donnerstag in unsere Kinos kommt. In "Ted" gibt es einen Liebesakt zwischen einem Teddybären und einer Verkäuferin im Lager eines Supermarkts. Die Gemüsesorten, die dabei zum Einsatz kommen, werden genau genannt, woraus zweierlei hervorgeht: Ted ist kein Teddybär mit Kinderstube, und dies ist kein Film für Kinder. "Ted" ist vielmehr eine zum Teil drastische Satire auf einen Typus, der die amerikanische Populärkultur zurzeit beschäftigt: der Mann, der nicht in die Gänge kommt. In diesem Fall sind es sogar zwei.
John Bennett und sein Teddybär werden ein Paar, als John acht Jahre alt ist. In seiner Einsamkeit wünscht er sich, dass sein einziger Gefährte so lebendig wäre wie er selbst - und wie in vielen Märchen erweist sich auch hier die Erfüllung des Wunsches als tückisch. Denn fünfundzwanzig Jahre später, in der Erzählgegenwart des Films, sind John und Ted noch immer ein Paar. Nur ist der Bär inzwischen zu einem üblen Taugenichts herangewachsen, der sich am liebsten mittels der Wasserpfeife zudröhnt und die Tage auf der Couch verbringt. John (Mark Wahlberg) versucht, daneben einen Beruf in einer Mietwagenfirma auszuüben und eine Beziehung mit Lori (Mila Kunis) zu führen. Er ist schon vier Jahre mit ihr zusammen. Nun steht allmählich der nächste Schritt an, doch lässt sich der in einer Dreier-WG machen, in der immer ein schlecht erzogener Teddybär dabei ist?
Mit dieser Konstellation stellt "Ted" so etwas wie eine Quintessenz der amerikanischen Filmkomödie der Gegenwart dar. Denn Seth MacFarlane wagt sich hier an einen kühnen Genremix. Er verbindet nicht weniger als drei wesentliche Stränge des komischen Unterhaltungskinos (die männlich dominierte gross-out-comedy, die anthropomorphe Animationskomödie und letztendlich die klassische Familien-Sitcom) und wendet sie auf die kommerziell ergiebigste Form an, auf die romantic comedy. In dieser geht es um die störenden Momente, die dem Glück im Wege stehen, einem Glück, das per definitionem erreicht werden muss. Der Clou (und auch das Problem) an "Ted" ist, dass das retardierende Moment gewissermaßen komödientheoretisch überbesetzt ist. Denn der Teddybär hält in seiner anarchischen Fixierung auf Parties und Prostituierte auch eine grundsätzlich andere Option des Lachens offen, und er verhöhnt dabei noch (als putzig animiertes Tier) ein ganzes Pixar-Universum, das sich doch eindeutig auf eine familienfreundliche Heiterkeit festgelegt hat.
Die romantische Komödie in "Ted" bleibt angesichts der vielen Interessen seines Schöpfers fast auf der Strecke. Zwar hält sich MacFarlane penibel an die dreiaktige Struktur und findet auch eine schöne Lösung am Ende. Aber insgesamt ist das doch ein zentrifugaler Film, in dem die Nerd-Tendenzen sich ständig zu kleinen Zitatblöcken verselbständigen. MacFarlane ruft dabei auch jene Komödie auf, die sich am ehesten als Bezugspunkt für "Ted" nennen lässt: Mitte der Neunziger blieb "The Cable Guy" eines der großen Missverständnisse seiner Zeit, ein Starvehikel für Jim Carrey, das allzu seltsamen Phantasien und Symbolisierungen nachging, als dass daraus ein Erfolg hätte werden können. Weder Carrey noch der damals als Regisseur angetretene Ben Stiller haben sich von "The Cable Guy" jemals wieder erholt; beide mussten seither dutzendfach Frondienst im konventionellen Fach leisten, um diesen einen exzentrischen Höhepunkt gutzumachen.
Seth MacFarlane hat es da leichter, denn die Serie "Family Guy" hält sich trotz des übermächtigen Schattens der "Simpsons" gut in seinem Fach. Doch "Ted" hat nun, wie damals "The Cable Guy", auch etwas von einem missratenen Geniestreich, der an seiner eigenen Intelligenz zu ersticken droht. MacFarlane sucht nach einer Erfahrung, an die uns gerade die Zeichentrick-Sitcoms gewöhnt haben: dass man naiv und reflexiv zugleich zuschauen kann, mit dem Herzen und dem Gerümpel im Kopf. Doch finden die beiden Spuren in "Ted" nicht richtig zusammen. So kann man diesen eigentümlichen Solitär als Zeugnis ex negativo dafür nehmen, welche Reichtümer die amerikanische Komödie in ihren Teilbereichen geschaffen hat. "Ted" kann sie nicht integrieren, doch auch im Scheitern ist dies ein großer Film.
BERT REBHANDL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Filmkomödie "Ted" von Seth MacFarlane bringt Mann, Frau und einen Teddy in romantische Bedrängnis
In Seth MacFarlanes Fernsehserie "Family Guy" gibt es einen Hund namens Brian, der eindeutig der Hausintellektuelle ist. Entsprechend defätistisch verhält er sich zu den Dingen des Lebens in einer Zeichentrickfamilie, die von einem flegelhaften Vater dominiert wird. Gemeinsam mit dem dramatisch überqualifizierten Baby Stewie bildet Brian so etwas wie eine ohnmächtige Opposition der nicht ernst Genommenen. Und dann hat Brian auch noch ein Liebesleben, in dem er ständig an der Gattungsgrenze scheitert.
Wie diese konkret und anatomisch plausibel zu überwinden ist, zeigt nun der erste Spielfilm von Seth MacFarlane, der am Donnerstag in unsere Kinos kommt. In "Ted" gibt es einen Liebesakt zwischen einem Teddybären und einer Verkäuferin im Lager eines Supermarkts. Die Gemüsesorten, die dabei zum Einsatz kommen, werden genau genannt, woraus zweierlei hervorgeht: Ted ist kein Teddybär mit Kinderstube, und dies ist kein Film für Kinder. "Ted" ist vielmehr eine zum Teil drastische Satire auf einen Typus, der die amerikanische Populärkultur zurzeit beschäftigt: der Mann, der nicht in die Gänge kommt. In diesem Fall sind es sogar zwei.
John Bennett und sein Teddybär werden ein Paar, als John acht Jahre alt ist. In seiner Einsamkeit wünscht er sich, dass sein einziger Gefährte so lebendig wäre wie er selbst - und wie in vielen Märchen erweist sich auch hier die Erfüllung des Wunsches als tückisch. Denn fünfundzwanzig Jahre später, in der Erzählgegenwart des Films, sind John und Ted noch immer ein Paar. Nur ist der Bär inzwischen zu einem üblen Taugenichts herangewachsen, der sich am liebsten mittels der Wasserpfeife zudröhnt und die Tage auf der Couch verbringt. John (Mark Wahlberg) versucht, daneben einen Beruf in einer Mietwagenfirma auszuüben und eine Beziehung mit Lori (Mila Kunis) zu führen. Er ist schon vier Jahre mit ihr zusammen. Nun steht allmählich der nächste Schritt an, doch lässt sich der in einer Dreier-WG machen, in der immer ein schlecht erzogener Teddybär dabei ist?
Mit dieser Konstellation stellt "Ted" so etwas wie eine Quintessenz der amerikanischen Filmkomödie der Gegenwart dar. Denn Seth MacFarlane wagt sich hier an einen kühnen Genremix. Er verbindet nicht weniger als drei wesentliche Stränge des komischen Unterhaltungskinos (die männlich dominierte gross-out-comedy, die anthropomorphe Animationskomödie und letztendlich die klassische Familien-Sitcom) und wendet sie auf die kommerziell ergiebigste Form an, auf die romantic comedy. In dieser geht es um die störenden Momente, die dem Glück im Wege stehen, einem Glück, das per definitionem erreicht werden muss. Der Clou (und auch das Problem) an "Ted" ist, dass das retardierende Moment gewissermaßen komödientheoretisch überbesetzt ist. Denn der Teddybär hält in seiner anarchischen Fixierung auf Parties und Prostituierte auch eine grundsätzlich andere Option des Lachens offen, und er verhöhnt dabei noch (als putzig animiertes Tier) ein ganzes Pixar-Universum, das sich doch eindeutig auf eine familienfreundliche Heiterkeit festgelegt hat.
Die romantische Komödie in "Ted" bleibt angesichts der vielen Interessen seines Schöpfers fast auf der Strecke. Zwar hält sich MacFarlane penibel an die dreiaktige Struktur und findet auch eine schöne Lösung am Ende. Aber insgesamt ist das doch ein zentrifugaler Film, in dem die Nerd-Tendenzen sich ständig zu kleinen Zitatblöcken verselbständigen. MacFarlane ruft dabei auch jene Komödie auf, die sich am ehesten als Bezugspunkt für "Ted" nennen lässt: Mitte der Neunziger blieb "The Cable Guy" eines der großen Missverständnisse seiner Zeit, ein Starvehikel für Jim Carrey, das allzu seltsamen Phantasien und Symbolisierungen nachging, als dass daraus ein Erfolg hätte werden können. Weder Carrey noch der damals als Regisseur angetretene Ben Stiller haben sich von "The Cable Guy" jemals wieder erholt; beide mussten seither dutzendfach Frondienst im konventionellen Fach leisten, um diesen einen exzentrischen Höhepunkt gutzumachen.
Seth MacFarlane hat es da leichter, denn die Serie "Family Guy" hält sich trotz des übermächtigen Schattens der "Simpsons" gut in seinem Fach. Doch "Ted" hat nun, wie damals "The Cable Guy", auch etwas von einem missratenen Geniestreich, der an seiner eigenen Intelligenz zu ersticken droht. MacFarlane sucht nach einer Erfahrung, an die uns gerade die Zeichentrick-Sitcoms gewöhnt haben: dass man naiv und reflexiv zugleich zuschauen kann, mit dem Herzen und dem Gerümpel im Kopf. Doch finden die beiden Spuren in "Ted" nicht richtig zusammen. So kann man diesen eigentümlichen Solitär als Zeugnis ex negativo dafür nehmen, welche Reichtümer die amerikanische Komödie in ihren Teilbereichen geschaffen hat. "Ted" kann sie nicht integrieren, doch auch im Scheitern ist dies ein großer Film.
BERT REBHANDL
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