Norma und Arthur Lewis sind eigentlich ein ganz normales junges Ehepaar mit einem kleinen Sohn und einem Haus am Rande der Stadt. Ihr idyllisches Leben gerät eines Tages plötzlich aus den Fugen, als sie ein Paket vor ihrer Haustür finden, das eine seltsame kleine Box mit einem roten Knopf enthält. Kurz darauf erscheint ein mysteriöser Fremder, der den Sinn dieser Box wie folgt erklärt: Drücken Norma und Arthur den roten Knopf, sind sie um 1 Million Dollar reicher. Allerdings, so die Botschaft, wird dadurch auch ein Mensch irgendwo auf der Welt sterben. Fortan sieht sich das ohnehin in finanziellen Schwierigkeiten steckende Ehepaar in einer teuflischen Zwickmühle. Hin- und hergerissen zwischen Verlockung und Moral entwickelt sich das Leben von Norma und Arthur zu einem albtraumhaften Horrortrip, aus dem es keine Rettung zu geben scheint.
Bonusmaterial
- Die Entstehung von The Box (ca. 11. Min.) - Richard Matheson mit seinen eigenen Worten (ca. 5 Min.) - Die Entstehung der Spezialeffekte (ca. 4 Min.) - Die Vorgeschichte (ca. 2 Min.) - Interviews (ca. 21 Min.) - Darsteller-InfosFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.03.2010Der Flügelschlag des Schmetterlings
Richard Kellys Film "The Box" handelt von einem teuflischen Angebot, das man nicht so leicht ablehnen kann
Richard Kelly: "The Box".
Highlight. 115 Minuten. Englisch, Deutsch, Untertitel.
Am Morgen kommt das Paket, am Nachmittag die Erklärung: Richard Kellys Film "The Box" hält sich streng an den Arbeitstag einer amerikanischen Familie, die gut zu tun hat, alle ihre Rechnungen zu bezahlen. Es ist noch dunkel, aber Arthur und Norma Lewis (James Marsden und Cameron Diaz) sind schon wach, als es an ihrer Tür klingelt. Sie finden ein Paket vor und sehen gerade noch einen Mann davongehen. In dem Paket ist ein seltsames Ding: ein Apparat, auf dem ein Knopf angebracht ist. In Fernsehstudios sieht man gelegentlich solche Knöpfe, wenn jemand von einem heißen Stuhl weggewählt werden soll oder die Antwort auf eine Frage weiß. Aber in "The Box" geht es um eine existentielle Entscheidung, für zwei Menschen und einen Unbekannten.
Als am späten Nachmittag ein Mann mit grauenhaft entstelltem Gesicht zurückkommt, ist nur Norma zu Hause, eine schöne Frau, von der wir in der Zwischenzeit erfahren haben, dass auch sie eine entsetzliche Entstellung trägt. Der Mann stellt sich als Arlingdon Steward (Frank Langella) vor und unterbreitet der Familie Lewis ein Angebot, das die Form eines Dilemmas hat: Arthur und Norma haben vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit, um den Knopf auf dem Kasten zu drücken. Wenn sie es tun, wird irgendwo auf der Welt ein Mensch sterben, doch im Gegenzug sollen sie eine Million Dollar in bar erhalten.
Richard Kelly hat zu diesem frühen Zeitpunkt seines Films schon ausreichend zeitgenössische Welt ("The Box" spielt in den siebziger Jahren im Hi-Tech-Einzugsgebiet der amerikanischen Hauptstadt) und familiäre Lebenswelt etabliert, um dieses haarsträubende Angebot plausibel erscheinen zu lassen. Es entwickelt einen ungeheuren Sog, sowohl für das Ehepaar als auch für die ganze Geschichte des Films, die sich mit beinahe jeder neuen Einstellung auf ungeahnte Dimensionen hin öffnet.
"The Box" ist der dritte Spielfilm von Richard Kelly, der mit "Donnie Darko" (2001) eines der vielversprechendsten Debüts des letzten Jahrzehnts präsentiert hatte. Die perfekte Balance zwischen Phantasie und Plausibilität ergibt nun in "The Box" geradezu atemberaubende Momente: Denn das Kammerspiel, mit dem alles beginnt, weitet sich schließlich ins Kosmische, und die chaostheoretische Platitude, dass ein Schmetterling an anderer Stelle der Welt einen Wirbelsturm auslösen kann, wird hier konsequent auf eine ebenso spekulative wie durch konkrete Montage überzeugende Theorie kommunizierender Welten hin weitergedacht.
Die literarische Vorlage zu "The Box" stammt von Richard Matheson, der dem Kino schon oft durch ganz einfache, aber an Implikationen überreiche Szenarien große Stoffe beschert hat ("Duel" von Steven Spielberg, "The Omega Man" von Boris Sagal). Kelly malt sich die knappen Vorgaben der Geschichte "Button, Button" nicht so sehr aus, als dass er sie weiterdenkt. Er durchmisst dabei die Abgründe des kreatürlichen Miteinanders, die im Zentrum der Versuchungsanordnung stehen: Der Knopf appelliert an eine abstrakte Idee von Menschheit, konkret kann man darauf hoffen, dass der erwirkte Tod weit genug weg eintreten wird. Die ethische Herausforderung, die das Gesicht eines gegenüberstehenden Menschen ausmacht, wird durch den Knopf suspendiert. Es stellt also eine Zivilisationsleistung dar, sich dieses Gesicht, diese unvorstellbare Existenz, deren Schicksal das Ehepaar Lewis in der Hand hat, vorzustellen. Diese Zivilisationsleistung wird in "The Box" gemessen und gleichzeitig auf grandiose Weise erbracht.
BERT REBHANDL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Richard Kellys Film "The Box" handelt von einem teuflischen Angebot, das man nicht so leicht ablehnen kann
Richard Kelly: "The Box".
Highlight. 115 Minuten. Englisch, Deutsch, Untertitel.
Am Morgen kommt das Paket, am Nachmittag die Erklärung: Richard Kellys Film "The Box" hält sich streng an den Arbeitstag einer amerikanischen Familie, die gut zu tun hat, alle ihre Rechnungen zu bezahlen. Es ist noch dunkel, aber Arthur und Norma Lewis (James Marsden und Cameron Diaz) sind schon wach, als es an ihrer Tür klingelt. Sie finden ein Paket vor und sehen gerade noch einen Mann davongehen. In dem Paket ist ein seltsames Ding: ein Apparat, auf dem ein Knopf angebracht ist. In Fernsehstudios sieht man gelegentlich solche Knöpfe, wenn jemand von einem heißen Stuhl weggewählt werden soll oder die Antwort auf eine Frage weiß. Aber in "The Box" geht es um eine existentielle Entscheidung, für zwei Menschen und einen Unbekannten.
Als am späten Nachmittag ein Mann mit grauenhaft entstelltem Gesicht zurückkommt, ist nur Norma zu Hause, eine schöne Frau, von der wir in der Zwischenzeit erfahren haben, dass auch sie eine entsetzliche Entstellung trägt. Der Mann stellt sich als Arlingdon Steward (Frank Langella) vor und unterbreitet der Familie Lewis ein Angebot, das die Form eines Dilemmas hat: Arthur und Norma haben vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit, um den Knopf auf dem Kasten zu drücken. Wenn sie es tun, wird irgendwo auf der Welt ein Mensch sterben, doch im Gegenzug sollen sie eine Million Dollar in bar erhalten.
Richard Kelly hat zu diesem frühen Zeitpunkt seines Films schon ausreichend zeitgenössische Welt ("The Box" spielt in den siebziger Jahren im Hi-Tech-Einzugsgebiet der amerikanischen Hauptstadt) und familiäre Lebenswelt etabliert, um dieses haarsträubende Angebot plausibel erscheinen zu lassen. Es entwickelt einen ungeheuren Sog, sowohl für das Ehepaar als auch für die ganze Geschichte des Films, die sich mit beinahe jeder neuen Einstellung auf ungeahnte Dimensionen hin öffnet.
"The Box" ist der dritte Spielfilm von Richard Kelly, der mit "Donnie Darko" (2001) eines der vielversprechendsten Debüts des letzten Jahrzehnts präsentiert hatte. Die perfekte Balance zwischen Phantasie und Plausibilität ergibt nun in "The Box" geradezu atemberaubende Momente: Denn das Kammerspiel, mit dem alles beginnt, weitet sich schließlich ins Kosmische, und die chaostheoretische Platitude, dass ein Schmetterling an anderer Stelle der Welt einen Wirbelsturm auslösen kann, wird hier konsequent auf eine ebenso spekulative wie durch konkrete Montage überzeugende Theorie kommunizierender Welten hin weitergedacht.
Die literarische Vorlage zu "The Box" stammt von Richard Matheson, der dem Kino schon oft durch ganz einfache, aber an Implikationen überreiche Szenarien große Stoffe beschert hat ("Duel" von Steven Spielberg, "The Omega Man" von Boris Sagal). Kelly malt sich die knappen Vorgaben der Geschichte "Button, Button" nicht so sehr aus, als dass er sie weiterdenkt. Er durchmisst dabei die Abgründe des kreatürlichen Miteinanders, die im Zentrum der Versuchungsanordnung stehen: Der Knopf appelliert an eine abstrakte Idee von Menschheit, konkret kann man darauf hoffen, dass der erwirkte Tod weit genug weg eintreten wird. Die ethische Herausforderung, die das Gesicht eines gegenüberstehenden Menschen ausmacht, wird durch den Knopf suspendiert. Es stellt also eine Zivilisationsleistung dar, sich dieses Gesicht, diese unvorstellbare Existenz, deren Schicksal das Ehepaar Lewis in der Hand hat, vorzustellen. Diese Zivilisationsleistung wird in "The Box" gemessen und gleichzeitig auf grandiose Weise erbracht.
BERT REBHANDL
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