Auf der Kanalinsel Jersey lebt Grace mit ihren zwei Kindern Anne und Nicholas völlig isoliert von der Außenwelt in einem einsamen - etwas unheimlichen Anwesen. Wegen einer Lichtallergie können Anne und Nicholas niemals direktem Sonnenlicht ausgesetzt werden. Als drei neue Bedienstete bei Grace vorstellig werden, gelten für sie daher drei Regeln: Immer muss das Haus in Halbdunkel getaucht sein. Immer müssen alle Vorhänge zugezogen sein. Immer muss die letzte Tür geschlossen und verriegelt werden, bevor die nächste geöffnet werden darf. Mrs. Mills, eine plump wirkende Hausdame um die 60, Mr. Tuttle, ein etwas verwirrter Gärtner, und Lydia, ein junges, stummes Zimmermädchen scheinen zunächst mit den Arrangements gut zurecht zu kommen. Doch kurz nachdem die drei angekommen sind, häufen sich unheimliche Vorfälle im Haus ...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Trailer von anderen Filmen - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Hinter den Kulissen - Interviews mit Schauspielern und Regisseur (ca. 15 Min.)Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.09.2001Die Blonde und die Dunkle
Unter Grazien: Das spanische Wunderkind Alejandro Amenábar und sein Film "Los Otros"
MADRID, im September
Diese Geschichte hat eine ästhetische, eine ökonomische, eine symbolische Ebene und so weiter. Sie hat aber auch eine private, genauer: eine Klatschebene. Vor knapp drei Jahren sahen der amerikanische Schauspieler Tom Cruise und seine damalige Ehefrau Nicole Kidman den Film "Abre los ojos" (Öffne die Augen) des jungen Spaniers Alejandro Amenábar. Tom (wir nennen ihn mal so, weil das in Hollywood so üblich ist) beschloß zweierlei: einmal, sich die Rechte für ein amerikanisches Remake von "Abre los ojos" zu sichern; und dann, etwas später, den erkennbar begabten Alejandro mit einem weiteren Film zu beauftragen. Er, Tom, wollte produzieren, Alejandro sollte schreiben und Regie führen, und sie, Nicole, sollte spielen. Damals war Nicole noch Toms Ehefrau.
In Alejandros Film, dem alten, spielt auch eine grazile, dunkelhaarige junge Spanierin namens Penélope Cruz mit. Wie das, was dann geschah, im einzelnen abgelaufen ist, kann kaum jemand erklären, weil es zu konstruiert klingt, um wahr zu sein: Tom macht mit Alejandro den Film, Nicole spielt darin, und auf einmal ist die Ehe von Tom und Nicole zerbrochen. Nun finden aber plötzlich Tom und Penélope (die mit diesem Film gar nichts zu tun hat) zueinander, so daß Nicole allein dasteht, während Tom mit seiner neuen Freundin, die er strenggenommen auf der Leinwand kennengelernt hat, öffentlich Händchen hält.
Dann läuft Alejandros neuer Film in den amerikanischen Kinos an, wird mit Erfolg in Venedig gezeigt (F.A.Z. vom 29. August) und startet kurz darauf in Madrid: Überall sieht man Nicole, die Hauptdarstellerin, schön wie Grace Kelly, sehr groß, blaß und rötlichblond, und alle wissen, daß man sie nicht auf ihren privaten Schmerz ansprechen darf, denn es tut noch zu weh. Die Presse würde sicherlich gern etwas Anzügliches darüber schreiben, daß die blasse Australierin von einer dunkeläugigen Spanierin verdrängt wurde, aber sie tut es nicht. Wohl aber wird zutreffend angedeutet, daß die blasse Australierin der Karriere eines dunkelhaarigen spanischen Regisseurs einen gewaltigen Schub gegeben habe.
Es ist beruflicher Respekt, nicht mehr, der Nicole und Alejandro, den kleinen, unscheinbaren Regisseur, miteinander verbindet. Manchmal fragt man sich auch, was Alejandro so gedacht haben mag über das komplizierte Leben der Stars, bis vor kurzem hatte er mit solchen Leuten ja noch nichts zu tun. Nicole und Penélope übrigens liefern sich diesen Monat in Spanien einen unerbittlichen Kampf um maximale Präsenz auf den Titelblättern der Magazine. Penélope posiert auf die temperamentvolle Art (fliegende Mähne, Spitzenunterwäsche, feuchter Sand), darunter steht: "Herzensbrecherin". Nicole dagegen schaut uns mit blauen Augen an, tief wie ein Bergsee, und darunter steht: "Jetzt bin ich alleinerziehende Mutter."
Das Schlimmste kommt noch: Tom nämlich hat sich nicht entblödet, das Remake von Alejandros altem Film "Abre los ojos" tatsächlich zu produzieren. Was spanisch war, wird also amerikanisch, nur daß Penélope neuerdings ja auch Englisch kann oder doch einigermaßen, so daß sie den spanischen Part, den sie damals, 1998, so gut gespielt hat, gleich noch einmal spielen durfte. Laut Presseberichten soll das Remake mit dem Titel "Vanilla Sky" über ihre Zukunft in Hollywood entscheiden.
Was hat sie drüben, weit weg von ihrer Heimat, in den letzten zwei Jahren nicht alles geschafft! Sie hat Englisch gelernt oder doch einigermaßen, geht in Los Angeles ins Kino, trägt Wäsche von Ralph Lauren, sie hat Matt Damon, Johnny Depp, Nicolas Cage und jetzt auch Tom Cruise geküßt - und noch immer fragt sich die amerikanische Filmkritik, wo sie nach Penélopes Schauspielkunst suchen soll. Dabei ist die Erklärung ganz einfach: Man muß sie nur in die richtigen Filme stecken und Spanisch sprechen lassen, so wie Alejandro Amenábar es in "Abre los ojos" getan hat oder Pedro Almodóvar in "Alles über meine Mutter". Vor allem sollte man sie nicht so penetrant als romantische leading lady einsetzen, wie es zur Zeit geschieht.
Soviel zum Klatsch. Dahinter jedoch verbirgt sich ein Phänomen, und daß es bisher wenig Staub aufgewirbelt hat, dürfte der Hauptfigur nur recht gewesen sein: Alejandro Amenábar, Jahrgang 1972, ist schon jetzt der erfolgreichste spanische Regisseur, den Hollywood je gesehen hat. Denn seit sechs Wochen hält sich sein dritter Film "Los Otros" (Die Anderen) in Amerika auf Platz vier des Box-office, überraschend für ein Kammerstück dieser Art, das nicht auf billige Effekte setzt. Mit einem Einspielergebnis von 74 Millionen Dollar in vierzig Tagen hat "Los Otros" auch Filme wie Steven Spielbergs "A.I. - Artificial Intelligence" hinter sich gelassen.
Es hat schon andere Spanier gegeben, die es in Hollywood probiert haben - Buñuel zum Beispiel, auch Fernando Trueba, und bei Pedro Almodóvar hielt sich nach dem Oscar für "Alles über meine Mutter", eine Weile das Gerücht, er gebe der amerikanischen Verlockung nach. Dann verstummte das Gerücht. Almodóvars nächster Film wird etwas mit Stieren und Pina Bausch zu tun haben. Alejandro Amenábar dagegen scheint es gleichsam nebenbei geschafft zu haben. Er mußte noch nicht einmal in Hollywood arbeiten: Die Handlung von "Los Otros" spielt auf der britischen Insel Jersey, wurde aber in Kantabrien gedreht.
Schaut man sich die kurze und steile Karriere dieses Regisseurs an, fehlen einem die Vergleiche. Schon Amenábars erster Film "Tesis", ein unkonventioneller Thriller über Snuff-Videos, verriet ein enormes Regietalent. "Abre los ojos", ein Drama zwischen Kafka und Science-fiction, gehört mit seinen verstörenden Bildmetaphern zum besten, was der spanische Film in den letzten Jahren hervorgebracht hat. In seinem dritten Film, einer Gespenstergeschichte, die mehr an Henry James und Julio Cortázar erinnert als an das Horror-Genre, erreicht Amenábar den höchsten Grad an Klarheit und Vereinfachung.
Nicht jeder wird das begrüßen, denn die kalkulierten Rätsel in den früheren Filmen waren nicht nur Ausschuß, ein Zuviel, sondern Teil der künstlerischen Handschrift - ein Zeichen für literarische wie für visuelle Intelligenz. Fast wünscht man Alejandro jetzt, er möge wieder einen Film ohne Toms Hilfe drehen. Nur Nicole, wenn sie möchte, sollte wieder mitmachen dürfen. Überhaupt hat die alleinerziehende Mutter, was die Schauspielerei betrifft, ihre Rivalin, die Herzensbrecherin, fürs erste ausgestochen.
PAUL INGENDAAY
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Unter Grazien: Das spanische Wunderkind Alejandro Amenábar und sein Film "Los Otros"
MADRID, im September
Diese Geschichte hat eine ästhetische, eine ökonomische, eine symbolische Ebene und so weiter. Sie hat aber auch eine private, genauer: eine Klatschebene. Vor knapp drei Jahren sahen der amerikanische Schauspieler Tom Cruise und seine damalige Ehefrau Nicole Kidman den Film "Abre los ojos" (Öffne die Augen) des jungen Spaniers Alejandro Amenábar. Tom (wir nennen ihn mal so, weil das in Hollywood so üblich ist) beschloß zweierlei: einmal, sich die Rechte für ein amerikanisches Remake von "Abre los ojos" zu sichern; und dann, etwas später, den erkennbar begabten Alejandro mit einem weiteren Film zu beauftragen. Er, Tom, wollte produzieren, Alejandro sollte schreiben und Regie führen, und sie, Nicole, sollte spielen. Damals war Nicole noch Toms Ehefrau.
In Alejandros Film, dem alten, spielt auch eine grazile, dunkelhaarige junge Spanierin namens Penélope Cruz mit. Wie das, was dann geschah, im einzelnen abgelaufen ist, kann kaum jemand erklären, weil es zu konstruiert klingt, um wahr zu sein: Tom macht mit Alejandro den Film, Nicole spielt darin, und auf einmal ist die Ehe von Tom und Nicole zerbrochen. Nun finden aber plötzlich Tom und Penélope (die mit diesem Film gar nichts zu tun hat) zueinander, so daß Nicole allein dasteht, während Tom mit seiner neuen Freundin, die er strenggenommen auf der Leinwand kennengelernt hat, öffentlich Händchen hält.
Dann läuft Alejandros neuer Film in den amerikanischen Kinos an, wird mit Erfolg in Venedig gezeigt (F.A.Z. vom 29. August) und startet kurz darauf in Madrid: Überall sieht man Nicole, die Hauptdarstellerin, schön wie Grace Kelly, sehr groß, blaß und rötlichblond, und alle wissen, daß man sie nicht auf ihren privaten Schmerz ansprechen darf, denn es tut noch zu weh. Die Presse würde sicherlich gern etwas Anzügliches darüber schreiben, daß die blasse Australierin von einer dunkeläugigen Spanierin verdrängt wurde, aber sie tut es nicht. Wohl aber wird zutreffend angedeutet, daß die blasse Australierin der Karriere eines dunkelhaarigen spanischen Regisseurs einen gewaltigen Schub gegeben habe.
Es ist beruflicher Respekt, nicht mehr, der Nicole und Alejandro, den kleinen, unscheinbaren Regisseur, miteinander verbindet. Manchmal fragt man sich auch, was Alejandro so gedacht haben mag über das komplizierte Leben der Stars, bis vor kurzem hatte er mit solchen Leuten ja noch nichts zu tun. Nicole und Penélope übrigens liefern sich diesen Monat in Spanien einen unerbittlichen Kampf um maximale Präsenz auf den Titelblättern der Magazine. Penélope posiert auf die temperamentvolle Art (fliegende Mähne, Spitzenunterwäsche, feuchter Sand), darunter steht: "Herzensbrecherin". Nicole dagegen schaut uns mit blauen Augen an, tief wie ein Bergsee, und darunter steht: "Jetzt bin ich alleinerziehende Mutter."
Das Schlimmste kommt noch: Tom nämlich hat sich nicht entblödet, das Remake von Alejandros altem Film "Abre los ojos" tatsächlich zu produzieren. Was spanisch war, wird also amerikanisch, nur daß Penélope neuerdings ja auch Englisch kann oder doch einigermaßen, so daß sie den spanischen Part, den sie damals, 1998, so gut gespielt hat, gleich noch einmal spielen durfte. Laut Presseberichten soll das Remake mit dem Titel "Vanilla Sky" über ihre Zukunft in Hollywood entscheiden.
Was hat sie drüben, weit weg von ihrer Heimat, in den letzten zwei Jahren nicht alles geschafft! Sie hat Englisch gelernt oder doch einigermaßen, geht in Los Angeles ins Kino, trägt Wäsche von Ralph Lauren, sie hat Matt Damon, Johnny Depp, Nicolas Cage und jetzt auch Tom Cruise geküßt - und noch immer fragt sich die amerikanische Filmkritik, wo sie nach Penélopes Schauspielkunst suchen soll. Dabei ist die Erklärung ganz einfach: Man muß sie nur in die richtigen Filme stecken und Spanisch sprechen lassen, so wie Alejandro Amenábar es in "Abre los ojos" getan hat oder Pedro Almodóvar in "Alles über meine Mutter". Vor allem sollte man sie nicht so penetrant als romantische leading lady einsetzen, wie es zur Zeit geschieht.
Soviel zum Klatsch. Dahinter jedoch verbirgt sich ein Phänomen, und daß es bisher wenig Staub aufgewirbelt hat, dürfte der Hauptfigur nur recht gewesen sein: Alejandro Amenábar, Jahrgang 1972, ist schon jetzt der erfolgreichste spanische Regisseur, den Hollywood je gesehen hat. Denn seit sechs Wochen hält sich sein dritter Film "Los Otros" (Die Anderen) in Amerika auf Platz vier des Box-office, überraschend für ein Kammerstück dieser Art, das nicht auf billige Effekte setzt. Mit einem Einspielergebnis von 74 Millionen Dollar in vierzig Tagen hat "Los Otros" auch Filme wie Steven Spielbergs "A.I. - Artificial Intelligence" hinter sich gelassen.
Es hat schon andere Spanier gegeben, die es in Hollywood probiert haben - Buñuel zum Beispiel, auch Fernando Trueba, und bei Pedro Almodóvar hielt sich nach dem Oscar für "Alles über meine Mutter", eine Weile das Gerücht, er gebe der amerikanischen Verlockung nach. Dann verstummte das Gerücht. Almodóvars nächster Film wird etwas mit Stieren und Pina Bausch zu tun haben. Alejandro Amenábar dagegen scheint es gleichsam nebenbei geschafft zu haben. Er mußte noch nicht einmal in Hollywood arbeiten: Die Handlung von "Los Otros" spielt auf der britischen Insel Jersey, wurde aber in Kantabrien gedreht.
Schaut man sich die kurze und steile Karriere dieses Regisseurs an, fehlen einem die Vergleiche. Schon Amenábars erster Film "Tesis", ein unkonventioneller Thriller über Snuff-Videos, verriet ein enormes Regietalent. "Abre los ojos", ein Drama zwischen Kafka und Science-fiction, gehört mit seinen verstörenden Bildmetaphern zum besten, was der spanische Film in den letzten Jahren hervorgebracht hat. In seinem dritten Film, einer Gespenstergeschichte, die mehr an Henry James und Julio Cortázar erinnert als an das Horror-Genre, erreicht Amenábar den höchsten Grad an Klarheit und Vereinfachung.
Nicht jeder wird das begrüßen, denn die kalkulierten Rätsel in den früheren Filmen waren nicht nur Ausschuß, ein Zuviel, sondern Teil der künstlerischen Handschrift - ein Zeichen für literarische wie für visuelle Intelligenz. Fast wünscht man Alejandro jetzt, er möge wieder einen Film ohne Toms Hilfe drehen. Nur Nicole, wenn sie möchte, sollte wieder mitmachen dürfen. Überhaupt hat die alleinerziehende Mutter, was die Schauspielerei betrifft, ihre Rivalin, die Herzensbrecherin, fürs erste ausgestochen.
PAUL INGENDAAY
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