Zunächst scheint es nur eine weitere dieser Großstadtlegenden zu sein, man erzählt sich von einem Alptraumhaften Videoband, das jeden, der es sieht, nach sieben Tagen tötet. Doch dann sterben tatsächlich vier Teenager genau eine Woche nachdem sie das Band gesehen haben unter mysteriösen Umständen. Die Neugier der Journalistin Rachel Keller (Naomi Watts) ist geweckt. Von der düsteren Geschichte fasziniert, spürt sie das Band auf-und schaut es sich an. Die Legende wir wahr. Die Uhr tickt. Rachel bleiben nur sieben Tage, um das Geheimnis de Ringes zu lüften.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.02.2003Als die Bilder töten lernten
"The Ring": Gore Verbinskys Remake eines erfolgreichen japanischen Horrorfilms
Wenn es draußen dunkel ist und der Wind ums Haus pfeift, erzählt man sich solche Geschichten, um einander das Fürchten zu lehren. Es geht um eine unbeschriftete Videokassette, nach deren Ansicht das Telefon klingelt, und wer abnimmt, bekommt zwei Worte zu hören: "Sieben Tage." Und sieben Tage später sind alle, die das Band gesehen haben, tatsächlich tot, ohne daß es Hinweise auf irgendeine Form von äußerer Einwirkung gäbe. An Herzversagen gestorben und mit einem Ausdruck im Gesicht, an dem der Maler Francis Bacon seine helle Freude gehabt hätte. Das ist der Stoff, aus dem moderne Mythen sind, die sogenannten urban legends.
"The Ring" geht zurück auf den Roman "Ringu" des Japaners Koji Suzuki, der in den späten achtziger Jahren geschrieben und 1997 von Hideo Nakata mit so großem Erfolg verfilmt wurde, daß noch diverse Sequels und Prequels nachgeschoben wurden. Als eine Videokassette von "Ringu" bei Dreamworks landete, beschloß man dort eine Neuverfilmung, die man in die Hände von Gore Verbinsky legte, der in "Mäusejagd" und "The Mexican" gezeigt hatte, daß er ein Mann für alle Fälle ist. Die Geschichte mit der Videokassette soll auch das "Blair Witch Project" inspiriert haben, und ihr Auftauchen in Hollywood paßt gut zum Thema des Films selbst. Womöglich ist Video ohnehin die passendere Betrachtungsweise, weil es den Schrecken ins Wohnzimmer hinein verlängert - um so mehr, wenn dabei plötzlich das Telefon klingelt.
"The Ring" beginnt wie jeder Horrorfilm seit "Scream" mit zwei Mädchen, die allein zu Hause sind, dazu kommt die Geschichte von der Kassette, ein klingelndes Telefon und eine Kette von falschen Fährten und falschem Alarm - und gerade, als der Spuk vorbei zu sein scheint, endet er doch tödlich. Dieser Einstieg spielt nur mit bekannten Mustern; der Rest des Films ist dann doch origineller. Die Tante der Toten ist Reporterin und erfährt von anderen mysteriösen Todesfällen im Umfeld der Nichte, und natürlich führt die Spur zu einem gemeinsamen Wochenende in einem abgelegenen Motel - und einer unbeschrifteten Videokassette, welche die Tante einlegt, woraufhin das Telefon klingelt.
Die Reporterin wird gespielt von Naomi Watts, die als Blondine in "Mulholland Drive" entzückt hat, diesmal aber reichlich blaß wirkt. Aber wichtiger als die Besetzung der Hauptrolle ist natürlich das Video selbst, dessen Bilder offenbar töten können. Nach Aussagen von Kennern ist es im amerikanischen Remake weitgehend identisch mit dem japanischen Original - da wollte man sich in Hollywood anscheinend auf keinerlei Experimente einlassen. Zumal die Bilder einem Experimentalfilm entsprungen zu sein scheinen, der Buñuel und Dreyer, dem "Chien andalou" und "Ordet" gleich viel verdankt: windgebeugte Bäume, verwesende Tiere, freistehende Leitern und allerlei symbolisch aufgeladene Objekte, die gar nicht so willkürlich versammelt sind, weil sie alle in dem Rätselspiel nach und nach Bedeutung gewinnen. Und doch ist es bezeichnend, daß die Bilder von Klassikern des europäischen Autorenfilms als Schreckensvisionen in einem Hollywoodprodukt herhalten müssen.
Andererseits sehen manche Musikvideos auch nicht anders aus. Aber die sind für viele Eltern ohnehin der reinste Horror.
MICHAEL ALTHEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"The Ring": Gore Verbinskys Remake eines erfolgreichen japanischen Horrorfilms
Wenn es draußen dunkel ist und der Wind ums Haus pfeift, erzählt man sich solche Geschichten, um einander das Fürchten zu lehren. Es geht um eine unbeschriftete Videokassette, nach deren Ansicht das Telefon klingelt, und wer abnimmt, bekommt zwei Worte zu hören: "Sieben Tage." Und sieben Tage später sind alle, die das Band gesehen haben, tatsächlich tot, ohne daß es Hinweise auf irgendeine Form von äußerer Einwirkung gäbe. An Herzversagen gestorben und mit einem Ausdruck im Gesicht, an dem der Maler Francis Bacon seine helle Freude gehabt hätte. Das ist der Stoff, aus dem moderne Mythen sind, die sogenannten urban legends.
"The Ring" geht zurück auf den Roman "Ringu" des Japaners Koji Suzuki, der in den späten achtziger Jahren geschrieben und 1997 von Hideo Nakata mit so großem Erfolg verfilmt wurde, daß noch diverse Sequels und Prequels nachgeschoben wurden. Als eine Videokassette von "Ringu" bei Dreamworks landete, beschloß man dort eine Neuverfilmung, die man in die Hände von Gore Verbinsky legte, der in "Mäusejagd" und "The Mexican" gezeigt hatte, daß er ein Mann für alle Fälle ist. Die Geschichte mit der Videokassette soll auch das "Blair Witch Project" inspiriert haben, und ihr Auftauchen in Hollywood paßt gut zum Thema des Films selbst. Womöglich ist Video ohnehin die passendere Betrachtungsweise, weil es den Schrecken ins Wohnzimmer hinein verlängert - um so mehr, wenn dabei plötzlich das Telefon klingelt.
"The Ring" beginnt wie jeder Horrorfilm seit "Scream" mit zwei Mädchen, die allein zu Hause sind, dazu kommt die Geschichte von der Kassette, ein klingelndes Telefon und eine Kette von falschen Fährten und falschem Alarm - und gerade, als der Spuk vorbei zu sein scheint, endet er doch tödlich. Dieser Einstieg spielt nur mit bekannten Mustern; der Rest des Films ist dann doch origineller. Die Tante der Toten ist Reporterin und erfährt von anderen mysteriösen Todesfällen im Umfeld der Nichte, und natürlich führt die Spur zu einem gemeinsamen Wochenende in einem abgelegenen Motel - und einer unbeschrifteten Videokassette, welche die Tante einlegt, woraufhin das Telefon klingelt.
Die Reporterin wird gespielt von Naomi Watts, die als Blondine in "Mulholland Drive" entzückt hat, diesmal aber reichlich blaß wirkt. Aber wichtiger als die Besetzung der Hauptrolle ist natürlich das Video selbst, dessen Bilder offenbar töten können. Nach Aussagen von Kennern ist es im amerikanischen Remake weitgehend identisch mit dem japanischen Original - da wollte man sich in Hollywood anscheinend auf keinerlei Experimente einlassen. Zumal die Bilder einem Experimentalfilm entsprungen zu sein scheinen, der Buñuel und Dreyer, dem "Chien andalou" und "Ordet" gleich viel verdankt: windgebeugte Bäume, verwesende Tiere, freistehende Leitern und allerlei symbolisch aufgeladene Objekte, die gar nicht so willkürlich versammelt sind, weil sie alle in dem Rätselspiel nach und nach Bedeutung gewinnen. Und doch ist es bezeichnend, daß die Bilder von Klassikern des europäischen Autorenfilms als Schreckensvisionen in einem Hollywoodprodukt herhalten müssen.
Andererseits sehen manche Musikvideos auch nicht anders aus. Aber die sind für viele Eltern ohnehin der reinste Horror.
MICHAEL ALTHEN
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