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Saigon, Ende der 90er Jahre: Während die Millionenmetropole ihre Kultur an die Moderne verliert, suchen fünf Menschen nach dem kleinen Glück: Der fleißige Rikschafahrer Hai liebt das Callgirl Lan und spart unermüdlich Geld für eine Nacht mit ihr. Die Lotuspflückerin Kain An verhilft einem durch Lepra entstellten Dichter zu neuer Inspiration. Woody, der Bauchladenjunge, büßt seinen Warenkoffer ein und Hager, der ehemalige US-Marinesoldat, sucht seine Tochter und findet Frieden...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - B-Roll

Produktbeschreibung
Saigon, Ende der 90er Jahre:
Während die Millionenmetropole ihre Kultur an die Moderne verliert, suchen fünf Menschen nach dem kleinen Glück: Der fleißige Rikschafahrer Hai liebt das Callgirl Lan und spart unermüdlich Geld für eine Nacht mit ihr. Die Lotuspflückerin Kain An verhilft einem durch Lepra entstellten Dichter zu neuer Inspiration. Woody, der Bauchladenjunge, büßt seinen Warenkoffer ein und Hager, der ehemalige US-Marinesoldat, sucht seine Tochter und findet Frieden...

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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.02.1999

Sogar die Luft ist heiß
"Three Seasons" von Tony Bui aus Vietnam im Wettbewerb

Der vietnamesische Wettbewerbsbeitrag "Three Seasons" ist ein Film, der zwiespältige Eindrücke hinterläßt. Aufmerksamkeit weckt zunächst die Tatsache, daß Harvey Keitel darin eine Rolle übernommen hat, er tritt freilich nur in wenigen Sequenzen auf. Bedeutsamer erscheint schon, daß Keitel auch als Produzent des Films firmiert. Das Interesse der zahlreichen Kinogänger, die diesen Schauspieler schätzen, dürfte "Three Seasons" damit gesichert sein. Stellt sich die Frage: Hat Regisseur Tony Bui den Starbonus von Keitel zu nutzen gewußt?

Er hat. "Three Seasons" präsentiert sich als hochästhetisiertes Gesellschaftspanorama des heutigen Vietnam. In diesem Gegensatz von Ästhetisierung und sozialkritischem Anspruch liegt auch die Problematik des Films, der vielleicht gar zu schön fotografiert ist und allzu schwelgerisch in Bildern badet, um seine Kritik am Strukturwandel noch mit dem nötigen Biß vorbringen zu können. Andererseits, so könnte man einwenden, spiegelt "Three Seasons" auf diese Weise lediglich subtropisches Phlegma wider - eine aus mörderischer Hitze und sintflutartigen Regenfällen zusammenkochende Trägheit, die dazu führt, daß sich die Modernisierung des Landes weitgehend ohne Beteiligung seiner Bewohner vollzieht. So lautet jedenfalls ein Fazit von "Three Seasons". Am Beispiel Saigons wird der Gegensatz von stillem Umland und sich erneuernder Metropole sowie die Gleichzeitigkeit von Tradition und Modernität in Vietnam aufgezeigt. Zwischendurch platzen dann immer wieder alles verwischende Wolkenbrüche ins Bild.

"Mit jedem Hotel, das sie bauen, wird der Schatten größer, in dem wir leben", sagt eine der fünf Hauptfiguren des Films, der mehrere Episoden locker miteinander verknüpft. Die simple Klassenlogik des Gegensatzes von "Sie" und "Wir" strukturiert den Satz der jungen Frau, doch ihre Konsequenz ist unerwartet: nicht Gegenwehr, sondern Anpassung. Als Prostituierte genießt sie Zugang zu der von wohlhabenden Ausländern dominierten Hotelwelt Saigons; der Preis, den die Seele dafür zahlt, ist bekannt und kann mit Dollarnoten nicht aufgerechnet werden.

Der gestelzt wirkenden Dialogzeile hätte es allerdings nicht bedurft. An anderer Stelle versteht "Three Seasons" ganz gut, seine Aussage auch ohne Worte zu machen: Ein kleiner Junge, der als Verkäufer mit einem Bauchladen voller Talmi durch die Straßen zieht, betritt das Foyer eines Hotels, die Kamera folgt ihm dabei auf Augenhöhe. Der Blick des Jungen wandert nach oben, zum unerreichbar hohen Kronleuchter. Der Leuchter verstrahlt sein Licht als Inbild einer funkelnden Gegenwelt.

Reden die Charaktere oft auch etwas hochgestochen, so sind ihre Biographien doch interessant genug, um sie nicht als bloße Ideenträger erscheinen zu lassen. Zu der Prostituierten und dem Jungen gesellt sich eine junge Lotuspflückerin, die alle Eigenschaften des unschuldig-betörenden Blumenmädchens vorzuweisen hat. In der vertrauensvollen Beziehung zu ihrem leprakranken Arbeitgeber geben sich Kitsch und Poesie die Hand - man weiß nicht recht, wo das eine aufhört und das andere beginnt. Ähnlich die Geschichte des von Harvey Keitel verkörperten Ex-Marines, der Saigon auf der Suche nach seiner im Vietnamkrieg gezeugten Tochter durchstreift: Ein gehöriger Schuß Sentimentalität nach Art von "Miss Saigon" fließt mit ein.

Insgesamt ist der Episoden-Cocktail wohl eine Spur zu süß geraten. Eine Ausnahme bildet ausgerechnet die riskante Episode um die Prostituierte und einen Rikschafahrer, der sie treu umsorgt. Dieser beharrliche Mensch, der seit Jahren dasselbe Buch liest, gibt dem Zuschauer zu verstehen, daß hinter subtropischem Phlegma nicht notwendig Fatalismus steckt, sondern vielleicht auch die Zielstrebigkeit des Igels, der den Hasen besiegt. Beim Rennen der Rikschafahrer fährt der Held als erster durchs Ziel; und auch seine stille Werbung um die Hure findet einen schönen und bewegenden Schluß. Hier zumindest gelingt es auf überzeugende Weise, die Wunde, die der Fortschritt schlug, zu schließen.

Schade, daß Tony Bui seinen Film nun nicht enden läßt, sondern so lange fortfährt, bis sämtliche Handlungsfäden miteinander verknüpft und alle Wunden glatt vernäht sind. Ein Spritzer Säure hätte "Three Seasons" gutgetan. STEFFEN JACOBS

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