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Tony Takitani ist ein Einzelgänger. Seine Mutter starb wenige Tage nach seiner Geburt, und sein Vater verbrachte mehr Zeit mit seiner Jazzband als mit seinem Sohn. Einsamkeit schien für Tony ein natürlicher Zustand zu sein. Sein Leben verändert sich jedoch grundlegend, als er sich in die attraktive Eiko verliebt, die er wenig später heiratet. Zum ersten Mal erlebt Tony das Glück von Nähe und Geborgenheit.
Dies wird allerdings getrübt durch Eikos exzessive Leidenschaft für Designer-Kleidung. Als sich ein ganzer Raum mit den teuren Kleidungsstücken füllt, bittet Tony seine junge Frau, ihre
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Produktbeschreibung
Tony Takitani ist ein Einzelgänger. Seine Mutter starb wenige Tage nach seiner Geburt, und sein Vater verbrachte mehr Zeit mit seiner Jazzband als mit seinem Sohn. Einsamkeit schien für Tony ein natürlicher Zustand zu sein. Sein Leben verändert sich jedoch grundlegend, als er sich in die attraktive Eiko verliebt, die er wenig später heiratet. Zum ersten Mal erlebt Tony das Glück von Nähe und Geborgenheit.

Dies wird allerdings getrübt durch Eikos exzessive Leidenschaft für Designer-Kleidung. Als sich ein ganzer Raum mit den teuren Kleidungsstücken füllt, bittet Tony seine junge Frau, ihre Einkäufe einzuschränken. Eiko stimmt ihm zu, doch keiner ahnt, welche dramatischen Folgen diese Entscheidung haben wird...

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Trailer von anderen Filmen - Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten
Autorenporträt
Haruki Murakami, geboren 1949 in Kyoto, die Eltern sind Lehrer für japanische Literatur. Studium der Theaterwissenschaften und des Drehbuchschreibens in Tokyo, aufkeimendes Interesse an amerikanischer Literatur und Musik. 1974 Gründung des Jazzclubs 'Peter Cat', den er bis 1982 betreibt. 1978 erste erfolgreiche Buchveröffentlichung. In den 80er Jahren dauerhaft in Europa ansässig (u.a. in Frankreich, Italien und Griechenland), geht er 1991 in die USA, ehe er 1995 nach Japan zurückkehrt. 2006 erhielt Haruki Murakami den Franz-Kafka-Literaturpreis. 2009 wurde ihm der Jerusalem Prize für sein literarisches Werk verliehen und 2014 wurde Haruki Murakami mit dem "Welt"-Literaturpreis ausgezeichnet. 2015 wurde er für den Hans Christian Andersen Literaturpreis ausgewählt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.06.2005

Der Gefangene des Kleiderzimmers
Wie man eine Erzählung von Haruki Murakami verfilmt: "Tony Takitani" von Jun Ichikawa bringt die Schrift zum Leben

Tony Takitani kniet am Strand; er baut ein Sandschiff. Das Schiff ist groß, stabil, präzise modelliert, wenn auch kein rechter Zeitvertreib für einen Jugendlichen. Ein Angestellter mit Mantel und Aktentasche geht vorbei, kopfschüttelnd. Dann sitzt Tony Takitani in der Kunstakademie, er soll eine Vase voller Blumen malen, doch er zeichnet ein einziges Blatt. Ein schwarzweißes Blatt mit allen Details der Maserung, exakt, perfekt, nur ohne Leben. Und eine Erzählerstimme sagt: "Tony Takitani war Tony Takitanis richtiger Name."

Dann beginnt, mit Archivaufnahmen, die Geschichte von Tonys Vater. Der, ein bekannter Jazzposaunist, hatte sich wegen Frauengeschichten nach Schanghai abgesetzt und war nach dem Krieg als Kollaborateur (dazu ein Bild: ein Mann, der in einer Gefängniszelle auf dem Boden kauert) interniert. Als er nach Tokio zurückkehrt (wieder Archivbilder), heiratet er eine entfernte Cousine (eine Frau im weißen Kleid unter Bäumen), die kurz nach der Geburt eines Knaben stirbt. Einer seiner Freunde, ein amerikanischer Offizier (Nahaufnahme eines Uniformierten), heißt Tony. So kommt das Kind zu seinem Namen.

Es ist fünfzig Jahre her, seit André Bazin die Weltliteratur für das Kino zum Abschuß freigegeben hat, aber die Frage, ob aus guten Büchern wirklich gute Filme werden können, bleibt unentschieden. Die Romane und Erzählungen des Japaners Haruki Murakami beispielsweise lassen sich extrem schlecht verfilmen, weil das, wovon sie reden, nicht das ist, wovon sie wirklich handeln. Sie reden, in meist sehr kurzen Sätzen, von alltäglichen Begegnungen, Phantasien, Popsongs, Mädchen, Liebschaften, Trennungen, Träumen. Und sie handeln von der Angst vor dem Sterben, der Einsamkeit, den eigenen Gefühlen, von der Sehnsucht nach Nähe, Geborgenheit, Wärme, all dem, was in der japanischen Gesellschaft (wie in anderen auch) so schwer zu bekommen ist. Murakamis Geschichten fordern jenen doppelten Blick, der zugleich auf die Dinge und hinter die Dinge schaut. Im Kino beherrschen ihn die wenigsten. Zu ihnen gehört der Regisseur Jun Ichikawa.

Ichikawa hat eine zehn Jahre alte Erzählung Murakamis verfilmt, die davon handelt, daß ein Mann, Tony Takitani, seine Frau verliert. Sie stirbt bei einem Unfall auf dem Rückweg von einer Boutique, in die sie auf Tonys Bitte eine Schrankladung ungetragener Haute-Couture-Kleider zurückgebracht hat. Bei ihrem Tod hinterläßt sie ein ganzes Zimmer voller Edelbekleidung, Schuhe, Mäntel, Röcke, Pelze, ein kleines Vermögen. Als Tony Takitani eine Haushaltshilfe einstellt, bittet er sie, bei der Arbeit die Kleider seiner toten Frau anzuziehen. Dann überlegt er es sich anders. "Alles ist vorbei, dachte er . . . Er rief die Frau an und bat sie, die Stelle zu vergessen." Wenig später verkauft er alle Kleider - und zuletzt auch die Plattensammlung, die er inzwischen von seinem Vater geerbt hat. "Als die Schallplatten verschwunden waren, war Tony Takitani wirklich allein."

Das Komplizierte an dieser Geschichte ist ihre Einfachheit. Man kann sie bebildern, wie sie geschrieben steht, dann zischt sie in einem Wimpernschlag vorbei. Oder man kann sie anhalten, verlangsamen, damit sich der Atem der Einsamkeit, der sie in Gang hält, auf die Leinwand überträgt. Das tut Ichikawa. Er übersetzt Murakamis pointillistische Prosa in eine Folge von Parallelfahrten, in denen Tonys Leben, von einer Klaviermusik Ryuichi Sakamotos begleitet, wie in einem Bilderbuch vorüberzieht. Da ist die Kunstakademie, die Karriere, die späte Liebe, die Heirat mit Eiko; alles wie hinter Glas und lang vergangen.

Ichikawa, der, wie seine Filme seit 1987 bezeugen - bei uns lief nicht einmal sein Meisterwerk "Tokyo Lullaby" -, ein großer Verehrer Ozus ist, nimmt seine Darsteller wie dieser bevorzugt aus Hüfthöhe auf, rückt sie aber weiter von der Kamera weg und betont so ihr Alleinsein. Sie alle sind Reste japanischer Großfamilien, tote Äste wie Tony Takitani oder hektisch blühende Triebe wie seine Frau. Nach Tonys Hochzeit ändert sich die Gangart der Bilder, jetzt gibt es kleine Idyllen, ironische Aperçus einer Welt im Gleichgewicht; aber nicht für lange. Einmal, als Tony mit Eiko ein Konzert seines Vaters besucht, sieht man in Zeitlupe ein Glas zerspringen. Es bricht in tausend Teile, aber man hört keinen Laut. So zerspringt Tonys Leben, und auch ihm gab kein Gott zu sagen, was er leidet.

Ichikawa hat seinen Film so gebaut, "daß wie bei einer Drehung um 360 Grad die einzelnen Abschnitte der Geschichte aufeinander folgen". Dem entspricht auch die Besetzung der Hauptrollen: Issey Ogata spielt Tony und seinen Vater Shozaburo, Rie Miyazawa die kaufsüchtige Eiko und die Haushaltshilfe Hisako. Ein Leben spiegelt sich im anderen, jeder Mensch ist eine Wiederholung. Am Ende stellt "Tony Takitani" das Bild des Sohns im ausgeräumten Kleiderzimmer neben das des Vaters in seiner Zelle in Schanghai. Wenn man diese filmische Pointe sieht, vergißt man fast, wie sehr sie Interpretation ist, so zwanglos geht sie aus den Bildern selbst hervor. In diesem Augenblick triumphiert der Film über den Text, dem er zuvor hingebungsvoll gedient hat. Beides, die Hingabe und der Triumph, zeichnet die großen Literaturverfilmungen aus, und beides hat seinen Preis. Er besteht im Verzicht auf alles, was Action heißt, auf Feuer und Blut. Bei Murakami brennen nur die Seelen. Aber auch an ihnen kann sich, wie man in "Tony Takitani" sieht, das Kino entzünden.

ANDREAS KILB

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