Cary Grant ist John Robie, ein ehemaliger Juwelen-Dieb, berüchtigt als "Die Katze", in diesem spannungsgeladenen Hitchcock-Thriller. Robie gerät in Verdacht, eine neue Reihe von Juwelendiebstählen in den Luxushotels an der Riviera begangen zu haben. Um sich selbst zu entlasten, macht er Jagd nach dem wahren Dieb. Dabei trifft er auf die verwöhnte Erbin Frances (Grace Kelly). Robie sieht seine Chance , den geheimnisvollen Dieb mit dem berühmten Schmuck von Frances Mutter (Jessie Royce Landis) zu ködern. Er tappt jedoch in seine eigene Falle - aber Frances, die ihn für schuldig hält, beweist ihm ihre Liebe, indem sie ihm trotzdem zur Flucht verhilft. In einem nervenzerreißenden Höhepunkt wird der wahre Dieb entlarvt.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Schreiben und Casting von "Über den Dächern von Nizza" - Alfred Hitchcock - Eine Ehrung - Edith Head: Die Paramount Jahre - Foto - und Postergalerie - Weitere Untertitel: SerbischFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.08.1999Porträt der Hure H.
Wie man sein Gesicht verkauft: Alfred Hitchcock in seiner besten Rolle
In "To Catch a Thief" (Über den Dächern von Nizza) wird nicht nur ein Juwelenräuber gejagt, sondern auch ein Mann, der Grace Kellys Herz gestohlen hat. Verlustanzeige erstattet sie mit ihrem Kuss in der offenen Hotelzimmertür. Für diese Szene hätte der Film viel eher als sein neun Jahre älteres Pendant den Titel "Notorious" (Berüchtigt) verdient. Denn Hitchcock erklärte seine Wahl der Hauptdarstellerin mit einer berühmt gewordenen Formulierung: "Ich brauche Damen, wirkliche Damen, die dann im Schlafzimmer zu Nutten werden."
Gerade die beiden Frauen, die den heutigen Zuschauern als die emanzipiertesten in Hitchcocks Filmen erscheinen wollen - Ingrid Bergman in "Notorious" und Grace Kelly in "To Catch a Thief" -, waren nicht umsonst in den Augen ihres Regisseurs die verworfensten. Beide waren für ihn Huren: die Nazitochter, die sich für ihre neue Heimat prostituiert und einen Verschwörer heiratet, um ihn auszuspionieren, und die millionenschwere höhere Tochter, die in ihren ersten Auftritten noch das Gegenstück zu ihrer vulgären Mutter zu bilden scheint, in Wahrheit aber nur mit einem Dieb schlafen will. Mit vertauschten Geschlechterrollen hat Hitchcock diese Manie später noch einmal verfilmt, aber Sean Connery ist in "Marnie" als Kunde ausgewiesen, der für seine Leidenschaft bezahlt, während sich Grace Kelly ohne eigenes Opfer hingibt: "Was hätte er dir schon Wichtiges rauben können?", blafft die Mutter.
Ingrid Bergman ist die leidende Hure, Grace Kelly die genießende, die Nutte. Beide werden sie durch riskante Autofahrten charakterisiert, beide setzen eine mondäne Maske auf, hinter der sich ihre wahren Emotionen verbergen. "Die Menschen drücken nicht ihre innersten Gefühle aus", war Hitchcocks Credo. "Sie wollen im Bild ihres Gegenübers lesen." Die Verweigerung dieses Bildes macht die beiden Frauen so berechnend. Ihre Mimik ist in den entscheidenden Sequenzen ganz Opfer ihrer Schönheit. Hitchcock inszeniert ihre Gesichter als Projektionsflächen, die leer bleiben. Der Zuschauer muss sie füllen: nicht als Voyeur, sondern wie ein Freier, der auf die Prostituierte seine Wunschvorstellungen überträgt.
Doch auch der Voyeur findet bei Hitchcock seine Hure, und zwar auf eigentümliche Weise: Der Regisseur prostituiert sich selbst. Der notorische Auftritt in jedem seiner Filme ist nichts anderes als ein Quickie, in dem Hitchcock mit stoischer Miene die Zudringlichkeiten des Publikums erduldet. Er legte Wert darauf, seine Cameo-Auftritte rasch hinter sich zu bringen, doch einmal angefangen, musste er ihnen sein Leben lang treu bleiben - das ist die Ingrid Bergman in Hitchcock. Doch er hatte auch Vergnügen an der Prostitution. Seine Abwesenheit in "Rope" (Cocktail für eine Leiche), wo nur über einen seiner Filme (bezeichnenderweise "Notorious") gesprochen wird, oder die berühmte Werbung für das Schlankheitsmittel "Reduco" in "Lifeboat" sind ohne Lust an der Hingabe ans Publikum nicht vorstellbar. Hier inszenierte sich Hitchcock als erotisches Objekt, das durch seine Abwesenheit die Gier der Bewunderer zu steigern versteht. Das ist die Grace Kelly in ihm.
Hitchcock war eine Hure. Sein Gesicht ist zu einem Markenzeichen geworden, mit dessen Bekanntheit es in der Filmgeschichte nur noch Charlie Chaplin aufnehmen kann. Und er verkaufte sich an alle. An die Buchverlage, denen er für die Geschichtensammlungen "Alfred Hitchcock's Mystery Magazine" Namen und Konterfei zur Verfügung stellte. Ans Fernsehen, für das er unter dem Titel "Alfred Hitchcock presents . . ." mehr als 230 Folgen mit kurzen Detektiv- und Gruselstückchen moderierte (von denen er siebzehn selbst gedreht hat, die unbekannten Hitchcocks). Und sogar an die Kinder, als er 1964 noch einmal Gesicht und Namen für Robert Arthur freigab, den Verfasser der beliebten Jugendkrimiserie "Die drei Fragezeichen".
"Ständig scheine ich etwas zu empfehlen oder vorzustellen", beginnt er sein Vorwort zum ersten Band dieser Reihe. Vor allem aber preist er sich selbst an. Daneben steht eine Zeichnung seines Gesichts, den Mittelfinger waagrecht übers Kinn gelegt, den Zeigefinger senkrecht aufgestellt. Der Spagat ist für Hitchcock eine Fingerübung. Seinen Namen hat er zum Synonym für Spannung gemacht, sein Gesicht vor alle Augen gebracht: die zugekniffenen Augen, das Hängekinn, die Glatze - es ist das Antlitz eines harmlosen Junggesellen. Ruf und Äußeres waren deshalb nur schwer zur Deckung zu bringen: Hitchcock kokettierte mit seinem Image und beschrieb die Frauen, die sich ihm auf Gesellschaften zunächst mit Abscheu näherten: "Nur weil ich mich mit Verbrechen und solchen Sachen beschäftige. Dabei bin ich ganz anders." Das ist die Argumentation der Huren aus den Groschenromanen: Ich bin nicht so schlecht, wie es scheint. Der taxierende Blick aus den Augenschlitzen behauptete das Gegenteil. Das Rätsel Hitchcock blieb ungelöst.
In "Shadow of a Doubt" (Im Schatten des Zweifels) liest der biedere Schwager des Frauenmörders Charlie Cokley ein Krimimagazin namens "Unsolved Crimes". Unaufgeklärte Verbrechen haben ihren Zauber auf Hitchcock ausgeübt: Sie bleiben unter der Decke, und das haben sie mit der Prostitution gemein. Auch das Verbrechen von Onkel Charlie bleibt unaufgeklärt. Nur seine Nichte kennt die Wahrheit, und sie verschweigt sie um des Familienfriedens willen: nur nicht daran rühren. Dieser Kampf um den Fortbestand der Illusion einer Unschuld, hinter der die Obsessionen wuchern können, zeichnet die besten Hitchcocks aus. Der Regisseur selbst hat seine Filmarbeit niemals anders betrieben als die Inszenierung von Grace Kelly in "To Catch a Thief". Hinter der handwerklich perfekten Fassade und selbst hinter der psychologischen Raffinesse der Geschichte steckt eine Hure. Doch die ist ein Mann, der sich mit Haut und Haaren seinem Publikum verkauft. Und der daran seinen Spaß hat. Ein Mann wie Grace Kelly.
ANDREAS PLATTHAUS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie man sein Gesicht verkauft: Alfred Hitchcock in seiner besten Rolle
In "To Catch a Thief" (Über den Dächern von Nizza) wird nicht nur ein Juwelenräuber gejagt, sondern auch ein Mann, der Grace Kellys Herz gestohlen hat. Verlustanzeige erstattet sie mit ihrem Kuss in der offenen Hotelzimmertür. Für diese Szene hätte der Film viel eher als sein neun Jahre älteres Pendant den Titel "Notorious" (Berüchtigt) verdient. Denn Hitchcock erklärte seine Wahl der Hauptdarstellerin mit einer berühmt gewordenen Formulierung: "Ich brauche Damen, wirkliche Damen, die dann im Schlafzimmer zu Nutten werden."
Gerade die beiden Frauen, die den heutigen Zuschauern als die emanzipiertesten in Hitchcocks Filmen erscheinen wollen - Ingrid Bergman in "Notorious" und Grace Kelly in "To Catch a Thief" -, waren nicht umsonst in den Augen ihres Regisseurs die verworfensten. Beide waren für ihn Huren: die Nazitochter, die sich für ihre neue Heimat prostituiert und einen Verschwörer heiratet, um ihn auszuspionieren, und die millionenschwere höhere Tochter, die in ihren ersten Auftritten noch das Gegenstück zu ihrer vulgären Mutter zu bilden scheint, in Wahrheit aber nur mit einem Dieb schlafen will. Mit vertauschten Geschlechterrollen hat Hitchcock diese Manie später noch einmal verfilmt, aber Sean Connery ist in "Marnie" als Kunde ausgewiesen, der für seine Leidenschaft bezahlt, während sich Grace Kelly ohne eigenes Opfer hingibt: "Was hätte er dir schon Wichtiges rauben können?", blafft die Mutter.
Ingrid Bergman ist die leidende Hure, Grace Kelly die genießende, die Nutte. Beide werden sie durch riskante Autofahrten charakterisiert, beide setzen eine mondäne Maske auf, hinter der sich ihre wahren Emotionen verbergen. "Die Menschen drücken nicht ihre innersten Gefühle aus", war Hitchcocks Credo. "Sie wollen im Bild ihres Gegenübers lesen." Die Verweigerung dieses Bildes macht die beiden Frauen so berechnend. Ihre Mimik ist in den entscheidenden Sequenzen ganz Opfer ihrer Schönheit. Hitchcock inszeniert ihre Gesichter als Projektionsflächen, die leer bleiben. Der Zuschauer muss sie füllen: nicht als Voyeur, sondern wie ein Freier, der auf die Prostituierte seine Wunschvorstellungen überträgt.
Doch auch der Voyeur findet bei Hitchcock seine Hure, und zwar auf eigentümliche Weise: Der Regisseur prostituiert sich selbst. Der notorische Auftritt in jedem seiner Filme ist nichts anderes als ein Quickie, in dem Hitchcock mit stoischer Miene die Zudringlichkeiten des Publikums erduldet. Er legte Wert darauf, seine Cameo-Auftritte rasch hinter sich zu bringen, doch einmal angefangen, musste er ihnen sein Leben lang treu bleiben - das ist die Ingrid Bergman in Hitchcock. Doch er hatte auch Vergnügen an der Prostitution. Seine Abwesenheit in "Rope" (Cocktail für eine Leiche), wo nur über einen seiner Filme (bezeichnenderweise "Notorious") gesprochen wird, oder die berühmte Werbung für das Schlankheitsmittel "Reduco" in "Lifeboat" sind ohne Lust an der Hingabe ans Publikum nicht vorstellbar. Hier inszenierte sich Hitchcock als erotisches Objekt, das durch seine Abwesenheit die Gier der Bewunderer zu steigern versteht. Das ist die Grace Kelly in ihm.
Hitchcock war eine Hure. Sein Gesicht ist zu einem Markenzeichen geworden, mit dessen Bekanntheit es in der Filmgeschichte nur noch Charlie Chaplin aufnehmen kann. Und er verkaufte sich an alle. An die Buchverlage, denen er für die Geschichtensammlungen "Alfred Hitchcock's Mystery Magazine" Namen und Konterfei zur Verfügung stellte. Ans Fernsehen, für das er unter dem Titel "Alfred Hitchcock presents . . ." mehr als 230 Folgen mit kurzen Detektiv- und Gruselstückchen moderierte (von denen er siebzehn selbst gedreht hat, die unbekannten Hitchcocks). Und sogar an die Kinder, als er 1964 noch einmal Gesicht und Namen für Robert Arthur freigab, den Verfasser der beliebten Jugendkrimiserie "Die drei Fragezeichen".
"Ständig scheine ich etwas zu empfehlen oder vorzustellen", beginnt er sein Vorwort zum ersten Band dieser Reihe. Vor allem aber preist er sich selbst an. Daneben steht eine Zeichnung seines Gesichts, den Mittelfinger waagrecht übers Kinn gelegt, den Zeigefinger senkrecht aufgestellt. Der Spagat ist für Hitchcock eine Fingerübung. Seinen Namen hat er zum Synonym für Spannung gemacht, sein Gesicht vor alle Augen gebracht: die zugekniffenen Augen, das Hängekinn, die Glatze - es ist das Antlitz eines harmlosen Junggesellen. Ruf und Äußeres waren deshalb nur schwer zur Deckung zu bringen: Hitchcock kokettierte mit seinem Image und beschrieb die Frauen, die sich ihm auf Gesellschaften zunächst mit Abscheu näherten: "Nur weil ich mich mit Verbrechen und solchen Sachen beschäftige. Dabei bin ich ganz anders." Das ist die Argumentation der Huren aus den Groschenromanen: Ich bin nicht so schlecht, wie es scheint. Der taxierende Blick aus den Augenschlitzen behauptete das Gegenteil. Das Rätsel Hitchcock blieb ungelöst.
In "Shadow of a Doubt" (Im Schatten des Zweifels) liest der biedere Schwager des Frauenmörders Charlie Cokley ein Krimimagazin namens "Unsolved Crimes". Unaufgeklärte Verbrechen haben ihren Zauber auf Hitchcock ausgeübt: Sie bleiben unter der Decke, und das haben sie mit der Prostitution gemein. Auch das Verbrechen von Onkel Charlie bleibt unaufgeklärt. Nur seine Nichte kennt die Wahrheit, und sie verschweigt sie um des Familienfriedens willen: nur nicht daran rühren. Dieser Kampf um den Fortbestand der Illusion einer Unschuld, hinter der die Obsessionen wuchern können, zeichnet die besten Hitchcocks aus. Der Regisseur selbst hat seine Filmarbeit niemals anders betrieben als die Inszenierung von Grace Kelly in "To Catch a Thief". Hinter der handwerklich perfekten Fassade und selbst hinter der psychologischen Raffinesse der Geschichte steckt eine Hure. Doch die ist ein Mann, der sich mit Haut und Haaren seinem Publikum verkauft. Und der daran seinen Spaß hat. Ein Mann wie Grace Kelly.
ANDREAS PLATTHAUS
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