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Cincinnati, 1998. Der erfolgreiche Wirtschaftsanwalt Rob Bilott (Mark Ruffalo) gerät in einen Zwiespalt, als ihn zwei Farmer auf merkwürdige Vorgänge in Parkersburg, West Virginia, aufmerksam machen, wo eine große Zahl von Kühen auf rätselhafte Weise verendet ist. Die Farmer vermuten dahinter den Chemiekonzern DuPont, für den Bilott selbst als Anwalt arbeitet. Trotz dieses Interessenskonflikts will der gewissenhafte Jurist den Fall vorbehaltlos aufklären und findet tatsächlich schnell belastende Indizien, die auf einen Umweltskandal von ungeheurem Ausmaß hindeuten. Unterstützt von seinem Boss…mehr

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Produktbeschreibung
Cincinnati, 1998. Der erfolgreiche Wirtschaftsanwalt Rob Bilott (Mark Ruffalo) gerät in einen Zwiespalt, als ihn zwei Farmer auf merkwürdige Vorgänge in Parkersburg, West Virginia, aufmerksam machen, wo eine große Zahl von Kühen auf rätselhafte Weise verendet ist. Die Farmer vermuten dahinter den Chemiekonzern DuPont, für den Bilott selbst als Anwalt arbeitet. Trotz dieses Interessenskonflikts will der gewissenhafte Jurist den Fall vorbehaltlos aufklären und findet tatsächlich schnell belastende Indizien, die auf einen Umweltskandal von ungeheurem Ausmaß hindeuten. Unterstützt von seinem Boss Tom Terp (Tim Robbins) und seiner Frau Sarah (Anne Hathaway) stürzt sich Bilott aufopferungsvoll in eine langwierige Auseinandersetzung, die ihn seinen Ruf, seine Gesundheit, privates Glück und vielleicht sogar sein Leben kosten könnte...

Bonusmaterial

Trailer, OV-Trailer, B-Roll, Mini-Making-Of (deutsch), Featurettes (englisch), Interviews (englisch)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2020

Man stirbt nur zweimal

Ein Anwalt nimmt es mit einem großen Chemiekonzern auf, ein junges Mädchen kämpft gegen den Krebs, und in Haiti und Paris sprechen die Lebenden und die Toten miteinander

Wenn der Countrysong "Take me Home, Country Roads" in einem Film zu hören ist, hat das einen von zwei Gründen: Amerika, speziell das ländliche Amerika, wird nostalgisch gefeiert. Oder kritisch ironisiert. Das ist kein Song, den man einfach so spielt. Geschrieben 1971 und für Johnny Cash gedacht, sang ihn Songwriter John Denver dann selbst und gewann dafür Platin und später einen Grammy; inzwischen ist er auch die Staatshymne von West Virginia, über dessen Landstraßen er singt. In West Virginia spielt auch "Vergiftete Wahrheit", der neue Film von Todd Haynes. Und nicht nur deshalb passt das Lied dort so perfekt hinein. Hier ist es beides: Anklage und Sehnsucht. Und überrascht einen beim Zusehen. Der Thriller nach wahren Ereignissen ist nicht nur wahnsinnig präzise, er öffnet auf einmal auch Raum für Pathos. Oder ist es doch Zynismus?

Der Song wird gespielt, als der Anwalt Rob Bilott (Mark Ruffalo) im Auto die Kleinstadt Parkersburg verlässt. Es sind die frühen neunziger Jahre. Eigentlich vertritt Bilott große Chemiekonzerne, doch sein neuer Mandant, für den er in seine Heimatstadt zurückgekehrt ist, ist ein Farmer, Wilbur Tennant (furios gespielt von Bill Camp). Seit die Chemiefirma Dupont ihre Abfälle auf seinem ehemaligen Grundstück entsorgt, erkranken und sterben seine Kühe in großer Zahl. Bilott, der selbst als Kind auf seinem Grundstück gespielt hat, wird die Seiten wechseln, einen riesigen Umwelt- und Gesundheitsskandal aufdecken - obwohl seine Kanzlei selbst für Dupont arbeitet. Wäre die Geschichte nicht so geschehen, müsste man es für unglaubwürdig halten, dass Bilotts Vorgesetzter es ihm erlaubt, einen der eigenen Mandanten zu verklagen. Die Ereignisse sind aber wahr.

Immer tiefer verbeißt sich Bilott in den Fall, darunter leiden seine Gesundheit und seine Familie. Die stereotype Rolle von Anne Hathaway, die als vernachlässigte Ehefrau vor allem dazu da ist, zu zeigen, wie viel Einsatz ihrem Mann der Fall abfordert, ist das einzige Ärgernis dieses Films. Mit dem Kläger Tennant hat Bilott einen ähnlich sturen Mitkämpfer zur Seite. Tennant lehnt die Abfindung im Zivilprozess ab. "Die ganze verdammte Welt soll wissen, was sie gemacht haben", sagt Tennant. Auch der Film ist natürlich Teil des Versuchs, seinem Anspruch gerecht zu werden.

Ein Film wie "Vergiftete Wahrheit" ist moralisch so wahr und so richtig, dass man sich fragen kann, wie er es schaffen kann, nicht bloß der Illustration eines Kampfs gegen Ungerechtigkeit zu dienen, nicht ganz im guten Willen des Anliegens verlorenzugehen. Todd Haynes gelingt das mit einer großen erzählerischen Unabhängigkeit. Einerseits orientiert er sich stark an der klassischen Struktur des Aufklärungsthrillers à la "All the President's Men". Besonders geschickt hat er die Informationsvergabe gelöst: Natürlich muss er seinem Publikum erklären, was es mit den Chemikalien auf sich hat, und das gelingt ihm, ohne plakativ zu sein. Die Szene, in der er alle Ergebnisse zusammenträgt, die Dreistigkeit der Firma offenlegt, ist eine der stärksten. Andererseits macht er sich das Genre ganz zu eigen, verleiht ihm und den grünstichigen, genau gestalteten Bildern eine nachdenkliche Melancholie, die sehr gut zur aktuellen Lage Amerikas passt. Viele amerikanische Filmkritiker verstehen "Vergiftete Wahrheit" auch als einen Kommentar zum täglichen Kampf gegen Trumps Lügen. Dieser Film, der bei allem Kampfgeist auch trauert, um eine Idee Amerikas und eine Idee von Gerechtigkeit, kommt genau zur richtigen Zeit ins Kino.

Wenn man einen Film in Begleitung sieht und hinterher jeder eine andere Lieblingsszene und eine andere Lieblingsfigur hat, dann spricht das schon einmal für ihn. Es bedeutet allerdings noch nicht, dass es einfach wird, seine Magie zu benennen. Dass es eine Magie gibt im Regiedebüt "Milla Meets Moses" der jungen australischen Regisseurin Shannon Murphy, das steht allerdings fest. Sie hat zu tun mit der Welt aus Eigenwilligkeit und Skurrilität, die der Film erschafft.

"Milla Meets Moses" erzählt von der Teenagerin Milla und irgendwie auch von dem einige Jahre älteren Drogendealer Moses (Toby Wallace, der in Venedig für diese Rolle den Marcello-Mastroianni-Preis für filmischen Nachwuchs gewann). Die beiden lernen sich an einem U-Bahn-Gleis kennen. Er bittet sie um Geld, sie bittet ihn, ihr dafür die Haare abzuschneiden. Bald nämlich werden sie ihr ohnehin ausfallen. Milla hat Krebs. Eltern hat sie auch (Essie Davis als Anna und Ben Mendelsohn als Henry). Und es sind gerade sie, Anna und Henry, die als skurrile, auf eine Art dysfunktionale und auf eine andere Art wundervolle und emotional präsente Familie dafür sorgen, dass "Milla Meets Moses" dieser merkwürdige, verwirrende, beglückende Film ist, der er ist.

Ja, Menschen können gleichzeitig tablettenabhängig und untreu sein und eine krebskranke Tochter haben. Ja, Filme können gleichzeitig verspielt sein und herzzerreißend. Sie können das aber nur mit einer Hauptdarstellerin wie Eliza Scanlen. Schon als schüchterne, klavierspielende Schwester in Greta Gerwigs "Little Women" blieb sie im Gedächtnis, "in ,Babyteeth', a Star Is Born", wie die Filmseite Indiewire jetzt zu Recht schreibt. Sie ist hier ein Star mit wechselnden bunten Perücken und einer Anziehungskraft, die so gelungen zwischen Lebenswillen und Schwermut changiert, dass man ihr für immer dabei zusehen will. Auch von dieser Sehnsucht weiß der Film und fängt sie auf in einer der schönsten Abschiedsszenen des Kinos.

JULIA DETTKE

Wo Zombies sind, wo Voodoo regiert, da fließen Blut und andere Säfte, da geschehen grauenvolle, rational unbegreifliche Dinge, da praktizieren vornehmlich schwarze Männer schwarze Magie. Das ist so ungefähr das Vorurteil über das Untoten-Genre. Es war schon falsch, als Jacques Tourneur 1942 sein fabelhaftes B-Movie "I Walked With a Zombie" machte, es traf auch nicht annähernd den Kern der Zombie-Filme von George Romero, die mehr über die amerikanische Gesellschaft wussten als die Filme, die direkt von ihr erzählten. Der Zombie-Film erkundet die vielfältigen Verbindungen zwischen den Lebenden und den Toten, und jeder Regisseur, der das Genre ernst genommen hat, weiß das.

Das gilt auch für Bertrand Bonello, den französischen Autorenfilmer, dessen Werk sich vor allem durch seine Unberechenbarkeit in Themen und Tonlagen auszeichnet. "Zombi Child" flirtet nicht bloß mit dem Genre. Er begibt sich neugierig hinein, und am Ende scheint es, als habe er die Neugier durch die Überzeugung ersetzt, dass da Geister von Verstorbenen existieren, die mit den Lebenden sprechen, dass sie eine reale Macht sind und nicht einfach Phantasmagorien, die sich in den Köpfen psychisch labiler Menschen häuslich einrichten.

"Zombi Child" spiegelt diese Haltung in seiner Struktur. Im Grunde sind es zwei Filme in einem, wobei bis zum Ende fraglich ist, ob diese zwei wirklich zu einem werden. Oder ob nicht die permanente Unsicherheit, in wessen Vorstellungswelten man gerade ist und wie diese miteinander zusammenhängen, ihn zu einem Film macht, der nicht ganz bei sich ist. Bonello erzählt von einem Mann auf Haiti, der lebendig begraben und dessen Körper gestohlen wird. Er wird zum Arbeitssklaven, willenlos, seelenlos, folgsam. Er nutzt parallel dazu ein zweites Genre: eine Teenie-Geschichte aus einem Mädchen-Eliteinternat in Paris, in der es um Girls' Gangs, erste Liebe und kleine Geheimnisse geht. Und mittendrin Mélissa, ein Mädchen aus Haiti, mit einer Tante, die eine "Mambo" ist, eine Voodoo-Priesterin mit ungewissem Geschäftsbereich, und einem Großvater, der ein Zombie gewesen sein soll.

Lange berühren diese beiden Geschichten einander nur flüchtig, das ist natürlich gewollt, sie differieren auch visuell sehr deutlich. Das Trennende ist ausgeprägter als das Verbindende - bis eines der verwöhnt-liebesverzweifelten Mädchen, das gegoogelt hat, was "Mambo" bedeutet, selber wissen will, was Voodoo vermag. Bonello zeigt, wie wenig sie von dieser Welt begreift, wie sie hineingerät in etwas, was ihr über den Kopf wächst. Parallel dazu sieht man, was auf Haiti passiert mit dem erlösten Zombie, der angeblich ein zweites Mal sterben darf. Und für Freunde der Postcolonial Studies ist längst glasklar, dass die Existenz der lebenden Toten auch ein Gleichnis ist für das Schicksal der Kolonisierten.

PETER KÖRTE

Das Berliner Arsenal richtet im Oktober eine komplette Bertrand-Bonello-Werkschau aus. Mehr unter www.arsenal-berlin.de

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