In einem verräucherten Bierlokal in Wetzlar - so die von ihm selbst publizierte Legende - soll Jules Massenet Feuer gefangen haben für Goethes Werther-Roman: "Diese aufwühlenden Szenen, diese fesselnden Bilder - was musste das alles hergeben!" Die Handlung des Drame lyrique "Werther" konzentriert sich ganz auf die beiden Charaktere Charlotte und Werther, auf deren Leidenschaften und Konflikte bis hin zu Werthers Freitod. Der junge Werther verliebt sich leidenschaftlich in Charlotte, die Tochter des Amtmanns. Doch diese ist mit Albert verlobt. Werther verliert sich immer mehr in seine schwärmerische Leidenschaft und gerät in einen Sog, aus dem für ihn bald nur noch der Selbstmord als Ausweg bleibt. Jules Massenets Oper aus dem Jahr 1892 basiert auf dem Briefroman "Die Leiden des jungen Werthers" von Johann Wolfgang Goethe. Goethes Vorlage diente dabei aber lediglich als Inspiration für die Librettisten, die Figuren, Motive und einzelne Szenen aus dem Roman an die Konditionen eines Opernlibrettos anpassten und entsprechend veränderten. Bei Massenet ist dagegen Charlotte die eigentliche Heldin, die - anders als bei Goethe - ehrlich in Werther verliebt ist. Vier große Duette zwischen den beiden Liebenden bilden das Rückgrat der Oper. Massenets gefühlvolle, atmosphärisch dichte Musik zeichnet die Seelenportraits zweier Liebender, die nicht zu einander finden können.