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Die Südsee 1944: Auf der Insel Saipan tobt eine Schlacht. Ein GI brüllt in einer mysteriösen Sprache Geschützkoordinaten in ein Funkmikrophon – und entscheidet damit den Kampf. Dies ist eine der Schlüsselszenen von „Windtalkers“, dem neuesten Film von Action-Großmeister John Woo. Das packende Kriegsepos mit Nicolas Cage in der Hauptrolle erzählt die außergewöhnliche Geschichte der indianischen Funker im 2. Weltkrieg – und das Drama eines Mannes der sich zwischen Freundschaft und Pflichterfüllung entscheiden muss.
Bonusmaterial
- Kapitel- / Szenenanwahl - Schauspieler-Soldatentraining - 4
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Produktbeschreibung
Die Südsee 1944: Auf der Insel Saipan tobt eine Schlacht. Ein GI brüllt in einer mysteriösen Sprache Geschützkoordinaten in ein Funkmikrophon – und entscheidet damit den Kampf. Dies ist eine der Schlüsselszenen von „Windtalkers“, dem neuesten Film von Action-Großmeister John Woo. Das packende Kriegsepos mit Nicolas Cage in der Hauptrolle erzählt die außergewöhnliche Geschichte der indianischen Funker im 2. Weltkrieg – und das Drama eines Mannes der sich zwischen Freundschaft und Pflichterfüllung entscheiden muss.

Bonusmaterial

- Kapitel- / Szenenanwahl - Schauspieler-Soldatentraining - 4 ungeschnittene Filmsequenzen die den Szenenaufbau verdeutlichen - Audiokommentare von Nicolas Cage u.a. - Fotogalerie
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.07.2002

Gefangen im Code
Kriegskino nach ästhetischem und politischem Muster: John Woos Film "Windtalkers"

Zwei Männer, einander gegenüberstehend, die Blicke ineinander gebohrt, die Körper zu Stein erstarrt. Jeder mit einer Pistole in der ausgestreckten Hand, den Finger am Drücker, die Mündung an der Schläfe des anderen. So harren sie, reglos. Und die Kamera umkreist sie, einmal, zweimal, solange der Augenblick der Ewigkeit dauert, der Augenblick vor dem Schuß. Stille. Und dann ein Wimpernschlagen, ein Schmetterlingsflügel, der sie zerreißt.

Film ist eine Sprache. Und Sprache besteht, neben Wörtern und Sätzen, aus rhetorischen Figuren. Dies hier, die tödliche Umklammerung zweier Männer, die einander hilflos ausgeliefert sind, ist die rhetorische Figur des John Woo. Irgendwann in den achtziger Jahren hat Woo diese Figur erfunden, irgendwo in Hongkong, bei den Dreharbeiten eines Actionfilms, der auf englisch "A Better Tomorrow" hieß. Und seither, seit mehr als fünfzehn Jahren, arbeitet er daran, seine Erfindung, die aus unerfindlichen Gründen als Mexican stand-off in die Wörterbücher des Kinos eingegangen ist, mit Leben, Geschichten, Situationen zu füllen und sie so zum Sprechen zu bringen.

Auch in Woos neuem Film "Windtalkers" kommt ein Mexican stand-off vor. Ein amerikanischer Soldat ist beim Kampf um die Pazifikinsel Saipan in einen japanischen Schützengraben eingedrungen. Plötzlich sieht er sich einem der Verteidiger gegenüber. Die beiden halten einander auf Armlänge in Schach, die Karabiner im Anschlag. "Töte ihn!" ruft ein anderer Amerikaner. Aber Ben Yahzee schafft es nicht.

Ben Yahzee (Adam Beach) ist ein Navajo-Indianer im Dienst der amerikanischen Marinestreitkräfte. Sein Schicksal beruht auf einer wahren Geschichte. Im Zweiten Weltkrieg war es den Japanern immer wieder gelungen, den Code des gegnerischen Funkverkehrs zu knacken - bis sich die Amerikaner auf die ethnischen Ressourcen ihres Landes besannen. Sie entdeckten, daß die Sprache der Navajo-Indianer sich hervorragend für die Verschlüsselung militärischer Nachrichten eignete. Ab 1942 wurden die Navajos im großen Stil zu codetalkers oder windtalkers ausgebildet. Jene Codesprecher, die an vorderster Front eingesetzt waren, liefen allerdings ständig Gefahr, in die Hände der Japaner zu fallen und unter der Folter womöglich ihr Geheimnis preiszugeben. Deshalb wurde ihnen jeweils ein Marinesoldat als Aufpasser mitgegeben - mit dem Auftrag, den Code "unter allen Umständen" zu schützen. Sollte das heißen, daß die Marines im Notfall ihre Kameraden erschießen mußten, bevor der Feind sie zum Sprechen bringen konnte? Kein einziger Fall einer solchen Tötung ist überliefert. Dennoch ist es natürlich gerade dieses Motiv, das John Woo an der Geschichte der windtalkers fasziniert hat.

Zwei Männer auf dem Weg zur Front. Der eine, Ben Yahzee, nimmt Abschied von Frau und Kind, sitzt dann im Ausbildungslager und bekommt den Funkcode eingehämmert, bis er ihn im Schlaf beherrscht, und erreicht schließlich als schüchterner Rekrut seine Einheit. Der andere, Joe Enders (Nicholas Cage), hat Mühe, sich aus seinem Rollstuhl zu erheben. Enders ist der einzige Überlebende seines Platoons aus der Schlacht um Guadalcanal. Im Kampf hat er die Hälfte seines Gehörs verloren; durch das linke Ohr, das keine Töne mehr aufnimmt, sprechen nun die Geister seiner sinnlos geopferten Kameraden zu ihm. Daß ausgerechnet der traumatisierte Enders dazu ausersehen wird, den Codesprecher Yahzee zu beschützen, ist eine jener epischen Ironien, ohne die das Kino nur eine brave Geschichtenerzählmaschine wäre - aber es ist, wenn es gelingt, ja viel mehr, es ist die Lunte, die eine Geschichte zur Explosion bringt, und der Pfeil, der sie ins Auge des Betrachters jagt, und bei John Woo ist es das alles schon gewesen.

Nur diesmal klappt es nicht. Der Furor, mit dem "Windtalkers" begonnen hat, bekommt einen ersten Knick, als Ox Henderson (Christian Slater) auftaucht, ein zweiter Marinesergeant, der mit seinem Navajo-Schützling Charlie Whitehorse eine Art Gegenpaar zu Enders und Yahzee bildet. Schon die Verdoppelung des Zentralmotivs vom Hirten und seinem Lamm wirkt wie eine Ausflucht, eine Kapitulation vor den Widersprüchen der Geschichte, die in die Breite ausgewalzt statt in ihrem Mittelpunkt verdichtet werden. Zwar dämmert Yahzee im Verlauf des Films immer handfester, daß Joe Enders gegebenenfalls zu seinem Mörder werden könnte, aber dann ist es doch nur sein Navajo-Kumpel Charlie, dem die Gefangennahme durch die Japaner droht, nachdem dessen Aufpasser Ox in einer allerdings atemberaubenden Sequenz mit einem Samurai-Schwert geköpft wurde. Und daß auch noch ein Soldat namens Chick (Noah Emmerich) dazu herhalten muß, die Vorurteile des durchschnittlichen Marines gegen Indianer in Uniform herunterzubeten - und später zu widerrufen -, macht die Handlung endgültig zum politisch korrekten Planspiel. In seinem vorletzten Film "Face/Off" (1997) hatte Woo den Mut, Nicholas Cage und John Travolta ihre Gesichter vertauschen zu lassen und beider Identität in einem abenteuerlichen Verwirrspiel bis zur Ununterscheidbarkeit zu vermischen. Hier fehlt ihm sogar die Kaltblütigkeit, seine zwei Helden tatsächlich in die Falle laufen zu lassen, die das Sujet für sie bereithält. Der stand-off, die tödliche Umarmung zwischen Freund und Freund, ist der Geschichte wie ein Geburtsmal eingeprägt; doch er findet nicht statt.

Statt dessen erlebt man einen Kriegsfilm, der von Sam Fuller stammen könnte, hätte dessen Ästhetik die achtziger Jahre überlebt. In "Windtalkers" sieht man noch den Schützen beim Schuß, das Opfer beim Einschlag, und die Granatsalve eines Kriegsschiffs wird in Archivaufnahmen dokumentiert. Daß dieser Lehrbuchrealismus durch Computereffekte und reichlich explodierendes Benzin aufgemöbelt ist, macht ihn nicht besser. Nur einmal, als die Marines ins Feuer ihrer eigenen Artillerie geraten und der Navajo sich als Japaner ausgibt, um an das feindliche Funkgerät zu kommen, zeigt Woo, welche Kombinationen in seiner Story stecken. Denn Joe Enders darf auch hier seinen Schützling nicht allein lassen; also geht er als Gefangener mit. Der Moment, in dem er erkennt, auf was er sich da eingelassen hat, ist einer der wenigen Augenblicke wahren Schreckens in Woos Film.

Kann sein, daß die Schwäche von "Windtalkers" auch ein Übersetzungsproblem ist. In "Bullet in the Head" (1990) hat Woo eindrucksvoll die Erlebnisse dreier Chinesen im Vietnamkrieg geschildert. Für die Empfindungen der anderen Seite, der Amerikaner, fehlen ihm offenbar gewisse Feinheiten des kinematographischen Codes. Nur am Anfang und am Ende, in den Aufnahmen der Navajo-Welt am Monument Valley, ist sein Film ganz bei sich selbst. Vielleicht sollte John Woo anfangen, die Geschichte der Indianer zu erzählen.

ANDREAS KILB

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