Seit über vier Jahren sind Rosie und Vincent Boyd nun glücklich verheiratet. Doch dieses Glück bekommt Sprünge, als sie ein Baby wollen. Ein Jahr lang Sex nach Stundenplan, tägliches Temperaturmessen, regelmäßige Arztbesuche, gesunde Kost - und dennoch wird Rosie partout nicht schwanger. Langsam liegen die Nerven blank. Es beginnen die Schuldzuweisungen. Die Lust bleibt irgendwann genauso auf der Strecke wie die Liebe.
Ausgerechnet in diese Ehekrise platzt Benoit, Rosies französischer Brieffreund aus Jugendtagen, der so ganz anders ist als der machohafte und verstockte Ex-Polizist Vincent, der Rosie zuliebe seine Karriere aufgegeben hat. Je eifersüchtiger Vincent auf seinen Nebenbuhler reagiert, desto mehr fühlt Rosie sich zu Benoit hingezogen. In ihren alten Briefen erkennt sie, dass ihr Leben ganz anders verlaufen ist, als sie sich es einst erträumte. Als sie Vincent beim Fremdgehen erwischt, steht ihr Entschluss fest: Sie schmeißt ihren verhassten Job hin und verlässt den Mann, den sie die letzten zehn Jahre geliebt hat.
Ausgerechnet in diese Ehekrise platzt Benoit, Rosies französischer Brieffreund aus Jugendtagen, der so ganz anders ist als der machohafte und verstockte Ex-Polizist Vincent, der Rosie zuliebe seine Karriere aufgegeben hat. Je eifersüchtiger Vincent auf seinen Nebenbuhler reagiert, desto mehr fühlt Rosie sich zu Benoit hingezogen. In ihren alten Briefen erkennt sie, dass ihr Leben ganz anders verlaufen ist, als sie sich es einst erträumte. Als sie Vincent beim Fremdgehen erwischt, steht ihr Entschluss fest: Sie schmeißt ihren verhassten Job hin und verlässt den Mann, den sie die letzten zehn Jahre geliebt hat.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Animiertes DVD-Menü - Englische Fassung mit dt. Untertiteln (nicht ausblendbar) - BookletFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.01.2000Die Ehe ist kein Drama
Quadratur des Kammerspiels: "With or Without You" im Kino
Der Kamerablick erkundet gerne Fensterfronten, Glaswände und verspiegelte Glitzerfassaden. Das ist kein Zufall. Vincent (Christopher Eccleston) ist Glaser. Und Rosie, seine Frau (Dervla Kirwan), glänzt als Empfangsdame im Kulturzentrum, dessen moderne Glasarchitektur weite Aussichten auf das Zentrum von Belfast eröffnet. Der Regisseur Michael Winterbottom kontrastiert hier die Transparenz der Glaselemente dem Brett vorm Kopf, das den privaten Horizont seiner beiden Hauptfiguren verstellt. Rosie und Vincent, jahrelang glücklich, sind seit einiger Zeit besessen von nur einem Wunsch: Sie brauchen ein Baby. Doch Rosie wird und wird nicht schwanger, trotz penibler Liebesmühen und peinigender Arztkonsultationen.
In "With or Without You" umkreist der englische Regisseur eine meist verdrängte Grenze der Planbarkeit: den Umstand, dass sich eine Schwangerschaft zwar perfekt vermeiden, nicht aber mit Sicherheit herbeiführen lässt. Erneut versucht Winterbottom eine eigenwillige Mischform: das architekturbewusste Kammerspiel. Ähnlich wie er in dem kürzlich angelaufenen Film "Wonderland" London-Panorama und Familienporträt verschränkt, verbindet er nun ungewohnte Blicke auf Belfast mit Szenen einer Ehekrise. Nach einem Drehbuch des Iren John Forte interessieren Winterbottom in der nordirischen Hauptstadt nicht schlagzeilenträchtige Terrorakte, sondern leise, intime Konflikte. Mit Sinn für Details und Paradoxien schildert er, wie der unerfüllte gemeinsame Wunsch Rosie und Vincent einander entfremdet. Fatal verbiegt sich die Frage nach den Ursachen der Kinderlosigkeit in wechselseitige Schuldzuweisungen.
Wo zwei sich so verletzen, ist der Dritte, ist die Vierte im Bunde bald zur Stelle. Rosie begrüßt den französischen Brieffreund von einst, der plötzlich in Belfast auftaucht, als Hoffnungsträger. Benoit (Yvan Attal), unverändert jung im einst von Rosie gestrickten Ringelpullover, scheint zu haben, was sie an Vincent vermisst: eine Art Frischhaltepackung für den Glanz des Lebens. Bei Konzertbesuchen mit Benoit, beim Stöbern in verträumten Briefen fühlt Rosie sich in Teenagertage zurückversetzt. Freilich übersieht sie dabei, dass sie und Benoit sich nie enttäuschen konnten, weil sie überhaupt nie zusammenlebten. Vincent seinerseits knüpft wieder Kontakte zur Polizeitruppe der Royal Ulsters, die er zu Gunsten der Glaserei des Schwiegervaters verließ. Eifersüchtig auf Benoit, wirft er sich in die Arme der Friseuse, der er früher mit guten Gründen Rosie vorzog.
Wenn das Trio Vincent, Rosie und Benoit zusammentrifft, vermitteln Reißschwenks zwischen den Nahaufnahmen der Beteiligten die zum Zerreißen gespannte Atmosphäre. Folgt gleich die Trennung? Winterbottom und Forte vereinfachen nicht. Sie stellen sich den - auch dramaturgisch - interessanteren Ambivalenzen. So wird die Bindung des Paars noch in beider Fluchtversuchen sichtbar. Wenn Vincent beispielsweise zum Golfspielen mit den früheren Kollegen davonzieht, zeigt sich auf Schritt und Tritt in geistesabwesenden Fehlreaktionen, dass er in Gedanken nur bei Rosie ist. Wenn Rosie und Benoit sich zum ersten Mal wie magnetisiert küssen, geschieht dies ausgerechnet, während sie Rosies und Vincents Hochzeitsvideo sehen. Winterbottom bringt den Dreieckskonflikt auf die knappestmögliche visuelle Formel, indem er den sich anbahnenden Ehebruch mitten in das Eheversprechen hinein schneidet. Dabei lässt er offen, welche Realität stärker ist, die gemeinsame Geschichte des Ehepaars oder die frische Leidenschaft.
Im spannenden Finale bewegt ein zunächst ungeöffneter Brief des Gynäkologen Vincent zur Suche nach seiner verschwundenen Frau. Dabei setzt er alles auf eine Karte, die Ansichtskarte, die er vom früheren Lieblingsplatz Rosies und Benoits findet. Sie führt ihn an einen einsamen Strand, an dem sich das Dreieck teils drastisch, teils subtil auflöst. In raffinierter Doppelstrategie verschränkt Winterbottom Aufbrüche und Verfolgungsjagden mit indirekten Kommunikationslinien. Die Ehe, schrieb Kierkegaard in "Entweder-Oder", habe ihre Pointe in der Dauer und tauge deshalb, anders als die romantische Liebe, kaum zum Drama. "With or Without You" entpuppt sich schließlich als Film über eine Ehe, die auf dramatischen Umwegen zur Dauer findet.
EVA-MARIA LENZ
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Quadratur des Kammerspiels: "With or Without You" im Kino
Der Kamerablick erkundet gerne Fensterfronten, Glaswände und verspiegelte Glitzerfassaden. Das ist kein Zufall. Vincent (Christopher Eccleston) ist Glaser. Und Rosie, seine Frau (Dervla Kirwan), glänzt als Empfangsdame im Kulturzentrum, dessen moderne Glasarchitektur weite Aussichten auf das Zentrum von Belfast eröffnet. Der Regisseur Michael Winterbottom kontrastiert hier die Transparenz der Glaselemente dem Brett vorm Kopf, das den privaten Horizont seiner beiden Hauptfiguren verstellt. Rosie und Vincent, jahrelang glücklich, sind seit einiger Zeit besessen von nur einem Wunsch: Sie brauchen ein Baby. Doch Rosie wird und wird nicht schwanger, trotz penibler Liebesmühen und peinigender Arztkonsultationen.
In "With or Without You" umkreist der englische Regisseur eine meist verdrängte Grenze der Planbarkeit: den Umstand, dass sich eine Schwangerschaft zwar perfekt vermeiden, nicht aber mit Sicherheit herbeiführen lässt. Erneut versucht Winterbottom eine eigenwillige Mischform: das architekturbewusste Kammerspiel. Ähnlich wie er in dem kürzlich angelaufenen Film "Wonderland" London-Panorama und Familienporträt verschränkt, verbindet er nun ungewohnte Blicke auf Belfast mit Szenen einer Ehekrise. Nach einem Drehbuch des Iren John Forte interessieren Winterbottom in der nordirischen Hauptstadt nicht schlagzeilenträchtige Terrorakte, sondern leise, intime Konflikte. Mit Sinn für Details und Paradoxien schildert er, wie der unerfüllte gemeinsame Wunsch Rosie und Vincent einander entfremdet. Fatal verbiegt sich die Frage nach den Ursachen der Kinderlosigkeit in wechselseitige Schuldzuweisungen.
Wo zwei sich so verletzen, ist der Dritte, ist die Vierte im Bunde bald zur Stelle. Rosie begrüßt den französischen Brieffreund von einst, der plötzlich in Belfast auftaucht, als Hoffnungsträger. Benoit (Yvan Attal), unverändert jung im einst von Rosie gestrickten Ringelpullover, scheint zu haben, was sie an Vincent vermisst: eine Art Frischhaltepackung für den Glanz des Lebens. Bei Konzertbesuchen mit Benoit, beim Stöbern in verträumten Briefen fühlt Rosie sich in Teenagertage zurückversetzt. Freilich übersieht sie dabei, dass sie und Benoit sich nie enttäuschen konnten, weil sie überhaupt nie zusammenlebten. Vincent seinerseits knüpft wieder Kontakte zur Polizeitruppe der Royal Ulsters, die er zu Gunsten der Glaserei des Schwiegervaters verließ. Eifersüchtig auf Benoit, wirft er sich in die Arme der Friseuse, der er früher mit guten Gründen Rosie vorzog.
Wenn das Trio Vincent, Rosie und Benoit zusammentrifft, vermitteln Reißschwenks zwischen den Nahaufnahmen der Beteiligten die zum Zerreißen gespannte Atmosphäre. Folgt gleich die Trennung? Winterbottom und Forte vereinfachen nicht. Sie stellen sich den - auch dramaturgisch - interessanteren Ambivalenzen. So wird die Bindung des Paars noch in beider Fluchtversuchen sichtbar. Wenn Vincent beispielsweise zum Golfspielen mit den früheren Kollegen davonzieht, zeigt sich auf Schritt und Tritt in geistesabwesenden Fehlreaktionen, dass er in Gedanken nur bei Rosie ist. Wenn Rosie und Benoit sich zum ersten Mal wie magnetisiert küssen, geschieht dies ausgerechnet, während sie Rosies und Vincents Hochzeitsvideo sehen. Winterbottom bringt den Dreieckskonflikt auf die knappestmögliche visuelle Formel, indem er den sich anbahnenden Ehebruch mitten in das Eheversprechen hinein schneidet. Dabei lässt er offen, welche Realität stärker ist, die gemeinsame Geschichte des Ehepaars oder die frische Leidenschaft.
Im spannenden Finale bewegt ein zunächst ungeöffneter Brief des Gynäkologen Vincent zur Suche nach seiner verschwundenen Frau. Dabei setzt er alles auf eine Karte, die Ansichtskarte, die er vom früheren Lieblingsplatz Rosies und Benoits findet. Sie führt ihn an einen einsamen Strand, an dem sich das Dreieck teils drastisch, teils subtil auflöst. In raffinierter Doppelstrategie verschränkt Winterbottom Aufbrüche und Verfolgungsjagden mit indirekten Kommunikationslinien. Die Ehe, schrieb Kierkegaard in "Entweder-Oder", habe ihre Pointe in der Dauer und tauge deshalb, anders als die romantische Liebe, kaum zum Drama. "With or Without You" entpuppt sich schließlich als Film über eine Ehe, die auf dramatischen Umwegen zur Dauer findet.
EVA-MARIA LENZ
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