Los Angeles, 1969: Auf dem bestreikten Universitätsgelände verfolgt Mark gereizt eine heftige Diskussion zwischen militanten schwarzen und weißen Mitstudenten. Als er auf dem Polizeirevier eine Kaution für seinen verhafteten Kommilitonen Morty stellen will, wird er wegen Aufsässigkeit gleich selbst eingesperrt. Nach seiner Entlassung kauft sich Mark eine Pistole. Er sieht, wie die Polizei gewaltsam ein "Teach-In" auflöst, wobei ein Student erschossen wird. Mark will den Todesschützen erschießen, doch jemand anders kommt ihm dabei zuvor. Als Tatverdächtiger flieht Mark zum Flughafen und entkommt in einem gestohlenen Sportflugzeug. Über der Mojave-Wüste verfolgt er spielerisch das Auto der Sekretärin Daria; sie reist zu ihrem Chef Lee Allen, dessen Landerschließungs-Gesellschaft in der Wüste eine Luxussiedlung plant. Als Mark im Death Valley landet, bahnt sich zwischen ihm und Daria rasch eine romantische Beziehung an. Nahe dem Aussichtspunkt Zabriskie Point geben sie sich ihrer Leidenschaft hin, und plötzlich scheint das ganze "Tal des Todes" von Liebenden bevölkert. Mark will das gestohlene Flugzeug wieder nach Los Angeles zurückbringen, doch zuvor bemalt er es mit Daria zu einem Hippie-Kunstwerk. Als das bunte Flugzeug über dem Flughafen auftaucht, gehen Scharfschützen der Polizei in Stellung. Daria hört in ihrem Autoradio, dass Mark erschossen wurde, und hat eine schaurige Vision: Sie sieht die luxuriöse Hotelanlage in der Wüste, in der ihr Chef über neue Projekte verhandelt, durch eine gewaltige Explosion in die Luft fliegen.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - DVD-ROM-PartFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.05.2009Über die Liebe am Ende der Welt
Ein Sieben-Millionen-Dollar-Gedicht: "Zabriskie Point" von Michelangelo Antonioni
Michelangelo Antonioni: "Zabriskie Point".
Warner. 109 Minuten. Englisch, Deutsch, Untertitel. Keine Extras.
Womöglich sind die letzten sieben Minuten dieses Films die schönsten, die jemals auf Film gebannt wurden. Eine Zerstörungsorgie, eine Befreiungsphantasie, ein Bildgedicht. Man sieht, wie eine in die Felsen von Arizona gebaute Designer-Villa in Superzeitlupe in die Luft fliegt, erst von außen, dann von innen, wo es nacheinander einen Verandatisch, einen Kühlschrank, einen Fernseher, einen Kleiderschrank und ein Bücherregal zerreißt und die Dinge in unendlicher Langsamkeit durch ein himmlisches Blau driften, als hätten sie schon im selben Moment vergessen, welche Gewalt ihnen angetan wurde, und erfreuten sich an der plötzlichen Freiheit. Und dann dreht sich die junge Frau, die sich dieses Inferno aus Trauer über den Tod ihres Geliebten ausgemalt hat, mit einem rätselhaften Lächeln um und fährt davon in den Sonnenuntergang.
Endlich kann man diese Explosion in schönster Auflösung auf DVD bewundern, die Warner nun ein halbes Jahr nach der französischen Ausgabe auch bei uns auf den Markt bringt, dankenswerterweise nicht wie dort im 4:3-, sondern im 16:9-Letterbox-Format. (Nicht zu reden von der unsäglichen, an den Rändern beschnittenen Ausgabe von Complete Media im letzten Jahr.) Leider wurde auf jegliche Extras verzichtet, dabei gäbe es bei "Zabriskie Point" reichlich Stoff.
Nach dem Erfolg von "Blow-up" 1966 war Michelangelo Antonioni der berühmteste Regisseur der Welt und bekam von MGM sieben Millionen Dollar und freie Hand - ein Experiment, das selbstverständlich nur schiefgehen konnte. Denn die Vorstellungen des Italieners vom Filmemachen waren mit den Abläufen in Hollywood natürlich nicht vereinbar. Der Produzent Harrison Starr erinnerte sich später, dass Antonioni "wie ein Maler arbeitet. Er probiert etwas aus, betrachtet es, überlegt neu und macht es noch mal anders. Er sucht und wartet auf den exakten Moment, der die Wahrheit einer Szene erzählt. Die Hollywood-Crew war aber gedrillt wie eine Armee und nicht gewohnt, mit so viel Unsicherheit zu arbeiten."
Da war es auch nicht hilfreich, dass schon während der Produktion durchgesickert war, dass Antonionis Konzept "zehntausend Paare, die sich in der Wüste lieben", vorsah. Das rief die Sittenwächter auf den Plan, die pornographische Umtriebe befürchteten, und trug zum Generalverdacht bei, hier sei Antiamerikanismus am Werk. Denn als die Crew einen Studentenprotest in Oakland filmte, wurde sie von der einen Seite beschuldigt, den Aufruhr zu provozieren, und von der anderen, ihn zu instrumentalisieren. Auf dem Höhepunkt der Streitigkeiten versuchte der Staatsanwalt den Film zu stoppen, weil das Love-in in der Wüste gegen ein Gesetz von 1910 verstoße, das untersagt, Frauen "zu unmoralischen Handlungen oder zu Prostitutionszwecken" über die Staatsgrenze zu bringen. Die Sache wurde allerdings schnell fallengelassen, als sich herausstellte, dass Zabriskie Point fünfzehn Meilen jenseits der Grenze liegt.
Auch diese Halluzination der Frau, die Hasch raucht und ihren Liebesakt auf dem Wüstenboden im Tal des Todes in zahlreichen anderen Paaren gespiegelt sieht, gehört zu den visuellen Höhepunkten dieses Films, der das Ende der Welt am tiefsten Punkt der Erde findet, um sein Paar abseits aller Zivilisation zu sich finden zu lassen. Darum herum gestrickt ist eine Geschichte, die kaum mehr als eine Skizze ist: Ein Student klaut ein Sportflugzeug und fliegt in die Wüste, wo er quasi aus der Luft mit der jungen Frau im Wagen anbandelt. Bei den Aufnahmen, wie das Flugzeug knapp über das in voller Fahrt befindliche Auto streift, kam es zu einem beinahe fatalen Unfall. Denn das Vorderrad der Cessna zertrümmerte beim Überfliegen des Wagens die Windschutzscheibe. Die Hauptdarstellerin saß nur auf dem Beifahrersitz, doch der Stuntfahrer an ihrer Seite kam mit schweren Schnittverletzungen ins Krankenhaus, und das Flugzeug mit Antonioni an Bord musste erst drei Stunden den Tank leerfliegen, ehe es notlanden konnte.
Die Hauptdarsteller Daria Halprin und Mark Frechette wurden übrigens auch im wirklichen Leben ein Paar, aber wie im Film mit einem traurigen Ende. Frechette war damals Mitglied einer Sekte, die der Folkmusiker und Wirrkopf Mel Lyman in Boston gegründet hatte. Frechette spendete seine komplette Filmgage der Kommune, zog mit Halprin dort ein, spielte noch in zwei italienischen Filmen mit und wurde 1973 bei einem Banküberfall gefasst. Zwei Jahre später starb er im Gefängnis unter mysteriösen Umständen, von einer Hantel erdrosselt. Daria Halprin machte 1972 noch einen Film, lernte Dennis Hopper kennen, heiratete ihn, bekam 1974 ein Kind, trennte sich zwei Jahre später und gründete mit ihrer Mutter ein Institut für Tanztherapie in San Francisco.
Als Kuriosität kann man sich auf YouTube einen Auftritt in der Dick-Cavett-Show ansehen, wo Frechette kein gutes Haar am Regisseur lässt. Er habe etwas lernen wollen, aber Antonioni sei kein Lehrer gewesen. Es stehen eben hinter den besten Filmen nicht immer die glücklichsten Geschichten.
MICHAEL ALTHEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Sieben-Millionen-Dollar-Gedicht: "Zabriskie Point" von Michelangelo Antonioni
Michelangelo Antonioni: "Zabriskie Point".
Warner. 109 Minuten. Englisch, Deutsch, Untertitel. Keine Extras.
Womöglich sind die letzten sieben Minuten dieses Films die schönsten, die jemals auf Film gebannt wurden. Eine Zerstörungsorgie, eine Befreiungsphantasie, ein Bildgedicht. Man sieht, wie eine in die Felsen von Arizona gebaute Designer-Villa in Superzeitlupe in die Luft fliegt, erst von außen, dann von innen, wo es nacheinander einen Verandatisch, einen Kühlschrank, einen Fernseher, einen Kleiderschrank und ein Bücherregal zerreißt und die Dinge in unendlicher Langsamkeit durch ein himmlisches Blau driften, als hätten sie schon im selben Moment vergessen, welche Gewalt ihnen angetan wurde, und erfreuten sich an der plötzlichen Freiheit. Und dann dreht sich die junge Frau, die sich dieses Inferno aus Trauer über den Tod ihres Geliebten ausgemalt hat, mit einem rätselhaften Lächeln um und fährt davon in den Sonnenuntergang.
Endlich kann man diese Explosion in schönster Auflösung auf DVD bewundern, die Warner nun ein halbes Jahr nach der französischen Ausgabe auch bei uns auf den Markt bringt, dankenswerterweise nicht wie dort im 4:3-, sondern im 16:9-Letterbox-Format. (Nicht zu reden von der unsäglichen, an den Rändern beschnittenen Ausgabe von Complete Media im letzten Jahr.) Leider wurde auf jegliche Extras verzichtet, dabei gäbe es bei "Zabriskie Point" reichlich Stoff.
Nach dem Erfolg von "Blow-up" 1966 war Michelangelo Antonioni der berühmteste Regisseur der Welt und bekam von MGM sieben Millionen Dollar und freie Hand - ein Experiment, das selbstverständlich nur schiefgehen konnte. Denn die Vorstellungen des Italieners vom Filmemachen waren mit den Abläufen in Hollywood natürlich nicht vereinbar. Der Produzent Harrison Starr erinnerte sich später, dass Antonioni "wie ein Maler arbeitet. Er probiert etwas aus, betrachtet es, überlegt neu und macht es noch mal anders. Er sucht und wartet auf den exakten Moment, der die Wahrheit einer Szene erzählt. Die Hollywood-Crew war aber gedrillt wie eine Armee und nicht gewohnt, mit so viel Unsicherheit zu arbeiten."
Da war es auch nicht hilfreich, dass schon während der Produktion durchgesickert war, dass Antonionis Konzept "zehntausend Paare, die sich in der Wüste lieben", vorsah. Das rief die Sittenwächter auf den Plan, die pornographische Umtriebe befürchteten, und trug zum Generalverdacht bei, hier sei Antiamerikanismus am Werk. Denn als die Crew einen Studentenprotest in Oakland filmte, wurde sie von der einen Seite beschuldigt, den Aufruhr zu provozieren, und von der anderen, ihn zu instrumentalisieren. Auf dem Höhepunkt der Streitigkeiten versuchte der Staatsanwalt den Film zu stoppen, weil das Love-in in der Wüste gegen ein Gesetz von 1910 verstoße, das untersagt, Frauen "zu unmoralischen Handlungen oder zu Prostitutionszwecken" über die Staatsgrenze zu bringen. Die Sache wurde allerdings schnell fallengelassen, als sich herausstellte, dass Zabriskie Point fünfzehn Meilen jenseits der Grenze liegt.
Auch diese Halluzination der Frau, die Hasch raucht und ihren Liebesakt auf dem Wüstenboden im Tal des Todes in zahlreichen anderen Paaren gespiegelt sieht, gehört zu den visuellen Höhepunkten dieses Films, der das Ende der Welt am tiefsten Punkt der Erde findet, um sein Paar abseits aller Zivilisation zu sich finden zu lassen. Darum herum gestrickt ist eine Geschichte, die kaum mehr als eine Skizze ist: Ein Student klaut ein Sportflugzeug und fliegt in die Wüste, wo er quasi aus der Luft mit der jungen Frau im Wagen anbandelt. Bei den Aufnahmen, wie das Flugzeug knapp über das in voller Fahrt befindliche Auto streift, kam es zu einem beinahe fatalen Unfall. Denn das Vorderrad der Cessna zertrümmerte beim Überfliegen des Wagens die Windschutzscheibe. Die Hauptdarstellerin saß nur auf dem Beifahrersitz, doch der Stuntfahrer an ihrer Seite kam mit schweren Schnittverletzungen ins Krankenhaus, und das Flugzeug mit Antonioni an Bord musste erst drei Stunden den Tank leerfliegen, ehe es notlanden konnte.
Die Hauptdarsteller Daria Halprin und Mark Frechette wurden übrigens auch im wirklichen Leben ein Paar, aber wie im Film mit einem traurigen Ende. Frechette war damals Mitglied einer Sekte, die der Folkmusiker und Wirrkopf Mel Lyman in Boston gegründet hatte. Frechette spendete seine komplette Filmgage der Kommune, zog mit Halprin dort ein, spielte noch in zwei italienischen Filmen mit und wurde 1973 bei einem Banküberfall gefasst. Zwei Jahre später starb er im Gefängnis unter mysteriösen Umständen, von einer Hantel erdrosselt. Daria Halprin machte 1972 noch einen Film, lernte Dennis Hopper kennen, heiratete ihn, bekam 1974 ein Kind, trennte sich zwei Jahre später und gründete mit ihrer Mutter ein Institut für Tanztherapie in San Francisco.
Als Kuriosität kann man sich auf YouTube einen Auftritt in der Dick-Cavett-Show ansehen, wo Frechette kein gutes Haar am Regisseur lässt. Er habe etwas lernen wollen, aber Antonioni sei kein Lehrer gewesen. Es stehen eben hinter den besten Filmen nicht immer die glücklichsten Geschichten.
MICHAEL ALTHEN
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