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Als Elisabeth zum wiederholten Mal von ihrem Mann Rolf geschlagen wird, verfrachtet ihr Bruder Göran sie kurzerhand zusammen mit ihren beiden Kindern Eva und Stefan in seinen bunt bemalten VW-Bus und bringt sie in seiner Kommune am Stadtrand von Stockholm unter.
Dort diskutiert man über Marxsche Leitsätze, makrobiotische Ernährung, Emanzipation und Medititation, freie Liebe und Weltpolitik, kurz, über alles, was Elisabeth und ihre Kinder in ihrem bisherigen kleinbürgerlichen Dasein nicht kannten. Hier in der Kommune gilt Pippi Langstrumpf als Vertreterin kapitalistischen Gedankenguts, das…mehr

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Produktbeschreibung
Als Elisabeth zum wiederholten Mal von ihrem Mann Rolf geschlagen wird, verfrachtet ihr Bruder Göran sie kurzerhand zusammen mit ihren beiden Kindern Eva und Stefan in seinen bunt bemalten VW-Bus und bringt sie in seiner Kommune am Stadtrand von Stockholm unter.

Dort diskutiert man über Marxsche Leitsätze, makrobiotische Ernährung, Emanzipation und Medititation, freie Liebe und Weltpolitik, kurz, über alles, was Elisabeth und ihre Kinder in ihrem bisherigen kleinbürgerlichen Dasein nicht kannten. Hier in der Kommune gilt Pippi Langstrumpf als Vertreterin kapitalistischen Gedankenguts, das bekämpft werden muss, abspülen ist als bourgeois verpönt und man jubelt über den Tod des spanischen Diktators Franco.

In Anna, die sich vor kurzem von Ihrem Mann, der auch fester Bestandteil der Wohngemeinschaft ist, getrennt hat, und sich inzwischen als "Lesbe aus politischer Überzeugung" bezeichnet, findet Elisabeth schnell eine neue Freundin. Anna bestärkt sie in ihrem Wunsch nach einem eigenständigen Leben und versucht auch noch, ihr über diversen Flaschen Rotwein die Geheimnisse der fernöstlichen Meditation nahe zu bringen.

Doch auch das Leben der Kommune ändert sich drastisch mit dem Einzug der drei Neuen: der kleine Tet, benannt nach der Tet-Offensive der Vietcong gegen die USA, kommt zum ersten Mal in seinem Leben in Kontakt mit echten Lego-Steinen und - sogar noch viel besser - Kriegsspielzeug. Schließlich findet sich sogar ein Fernseher im Kommunen-Wohnzimmer ein!

Die zurückgezogene Eva mit den dicken Brillengläsern freundet sich mit dem pummeligen Frederik von gegenüber an. Seinen Eltern ist die Lebensform der "Langhaarigen" trotz einer gewissen Faszination, die das Treiben im Nachbarhaus auf sie ausübt, äußerst suspekt, aber gegen die Freundschaft von Eva und Frederik sind die beiden machtlos.

Währenddessen sitzt Rolf alleine und leidend in der ehemals gemeinsamen Wohnung und versucht, sein Unglück im Alkohol zu ertränken - mit mäßigem Erfolg. Mit Hilfe seines neu gewonnen Freundes Birger versucht er schließlich, auf Elisabeth zuzugehen. Denn es ist auf alle Fälle besser, gemeinsam Haferbrei zu essen, als alleine Koteletts!

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Trailer von anderen Filmen - Biographien Crew - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Interviews - Fotogalerie - Produktionsnotizen - DVD-ROM Part
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.04.2001

Klas, Göran, Lena, Anna, Sigvard, Fredrik und die anderen
Schweden Mitte der siebziger Jahre: Lukas Moodyssons Film "Zusammen!" feiert die Kommune im Kino

Es gibt zwei Sorten von historischen Filmen: solche, die vor der Erfindung der Kinematographie, und jene, die zu ihren Lebzeiten spielen. Erstere datieren ihren Stoff durch die Kostüme, letztere durch die Filmausschnitte, die in ihnen zu sehen sind. In Joel und Ethan Coens "O Brother, Where Art Thou?" geht eine Gruppe Zuchthäusler mit ihren Wärtern ins Kino. Auf der Leinwand läuft ein primitiver Tonfilm. Er legt präzise die Zeit des Geschehens fest, die frühen dreißiger Jahre. Im technisch verfaßten Medium Film ist die Technik manchmal schon die ganze Geschichte.

Der schwedische Regisseur Lukas Moodysson datiert in "Zusammen!" den Zeitpunkt der Handlung ebenfalls durch ein Zitat. Aber Moodysson zitiert keinen einzelnen Film, sondern ein filmisches Stilmittel, den Zoom. Der Zoom, ein gleitender Wechsel der Brennweite durch das Vor- und Zurückschnellen des Objektivs in der Kamera, war bis zum Aufkommen der Italowestern ein eher selten gebrauchter Trick. In den siebziger Jahren wurde er epidemisch. Das Zoomen ist die ideale Blickbewegung für Filme, in denen die klassische Hierarchie zwischen den Figuren aufgehoben ist, Filme wie Altmans "Nashville" oder "Eine Hochzeit", die den Helden und die Heldin durch ein Ensemble von Charakteren ersetzen.

Auch "Zusammen!" ist so ein Gruppenfilm; vor allem aber ist es ein Film über die siebziger Jahre. Deshalb sind die zahllosen Zooms und Schwenks, mit denen Moodysson und sein Kameramann Ulf Brantas ihre Darsteller ins Bild rücken, keine Spielerei, sondern die schlechthin angemessene Ausdrucksform für diesen Stoff. Sie tauchen den Film ins Licht seiner Geschichte, so wie Kubrick Thackerays "Barry Lyndon" in den Kerzenschein des Rokoko getaucht hat. Noch bevor der erste Satz gefallen ist, riecht "Zusammen!" nach der Zeit, in der er spielt.

"Franco er död! Franco ist tot!" Wir sind im Jahr 1975, in einem Vorort von Stockholm. Elisabeth (Lisa Lindgren) hat ihren brutalen und versoffenen Mann Rolf verlassen, um mit den Kindern Stefan und Eva zu ihrem Bruder Göran (Gustaf Hammarsten) zu ziehen. Göran lebt mit Lena, seiner Freundin, in der neunköpfigen Wohnkommune "Tillsammans" (Zusammen), die sich mitsamt Che-Guevara-Poster, Flokatiteppich, Räucherstäbchen, Patchouli und Palästinenserschal in einem bürgerlichen Häuschen am Stadtrand eingenistet hat. Nebenan wohnen die Spießer: Vater Ragnar onaniert über seinen Pornoheftchen im Hobbykeller, Mutter Margit strickt Strümpfe, und Söhnchen Fredrik sehnt sich nach dem freieren Leben im Nachbarhaus.

Irgendwann sitzen Fredrik und die kleine Eva dann endlich gemeinsam in dem alten VW-Bus der Kommunarden, irgendwann kommt auch Papa Rolf vorbei, um nach seiner Frau und seinen Kindern zu sehen, und noch viel später steht sogar die unter ihren Feuchtigkeitscremes vertrocknete Margit vor der Tür, hinter der die schwule, die lesbische und die klassenkämpferische Liebe lauern. Aber bis dahin werden in diesem filmischen Zeitbild viele kleine Kästchen und Kreise und Arme und Beine und Mondgesichter ausgemalt und marxistische Täßchen in feministische Schränkchen gestellt, bis in "Zusammen!" wirklich alles beisammen ist, was man heute über die Wollpulloverwelt von damals zu wissen glaubt.

Der Concorde-Verleih, der "Zusammen!" herausbringt, hat die Darsteller um kurze Beschreibungen ihrer Figuren gebeten. Die entstandene Liste ist so treffend wie verräterisch: "Göran ist ein übertrieben optimistischer, konfliktscheuer Pazifist." - "Lena ist sehr emotional." - "Lasse ist der Zyniker der Kommune." - "Anna hat einen Sohn: Tet. Sie sucht Liebe." - "Signe hält an ihren Überzeugungen fest." - "Sigvard ist der totale Idealist." - "Klas liebt Sex und Wein." Zwei Klischees seien lächerlich, hundert Klischees erhaben, lautet der immer wieder gern zitierte Satz von Umberto Eco über "Casablanca". Mag sein, aber "Zusammen!" enthält eben nicht hundert Klischees, sondern nur fünfzehn, und das ist manchmal rührend und noch häufiger bloß banal.

Der Fluch des Zooms besteht darin, daß er den Raum auslöscht, der zwischen dem Betrachter und dem Betrachteten liegt. Die Dinge rücken ganz nah heran, aber die Bilder bleiben flach. So fehlt auch der rasanten erzählerischen Bewegung, mit der Moodyssons Film das Jahr 1975 an unser Auge heranreißt, die räumliche Tiefe. Noch seine schönsten Einfälle sind einen Hauch zu harmlos und gediegen. Als Göran in der Gemeinschaftsküche den Haferbrei kocht, erklärt er, dies sei das utopische Bild der Menschheit: lauter einsame Flocken-Individuen, die zu einem weichen, warmen, klebrigen Ganzen verschmölzen. Der Film "Zusammen!" ist dieser Vision oft näher, als er wahrhaben will, weil er über dem Typischen seiner Figuren deren Individualität vergißt. Unter der rauhen Schale seiner gezoomten und geschwenkten Bilder kocht der alte vulgärpsychologische Haferbrei: die siebziger Jahre, ein Pappfigurenkabinett.

Und so bemerkt man, als zum Abspann noch einmal das alte Abba-Lied "S.O.S." erklingt, mit bassem Erstaunen, aufquellender Wehmut und plötzlichem Herzweh, daß dieser kleine Song, von unserer Erinnerung beflügelt, den Geruch und den Geschmack jener Zeit besser aufbewahrt hat als das ganze lange Kinogedächtniswerk, das ihn zitiert.

ANDREAS KILB

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