Mathieu (Guillaume Canet), ein bekannter Pariser Schauspieler, kämpft mit einer Midlife-Crisis. Um Abstand zu gewinnen, reist er an die bretonische Westküste Frankreichs, wo er sich in ein Wellnesshotel in einem verlassenen Erholungsort einquartiert. Ganz in der Nähe lebt auch Klavierlehrerin Alice (Alba Rohrwacher) mit ihrem Mann und der gemeinsamen Tochter. Vor 15 Jahren, lange noch bevor Mathieu berühmt wurde, waren die beiden ein Paar. Als es zu einem Wiedersehen kommt, erwachen alte Gefühle, die sie ihre bisherigen Lebens- und Liebesentscheidungen überdenken lassen.
Bonusmaterial
TrailerFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.05.2024Fünf Sterne für ein Wiedersehen
Wenn Filmstars in Kurhotels einchecken, haben sie meist ein Problem. Mathieu ist keine Ausnahme. Die Fünf-Sterne-Suite, die er in einem Badeort an der französischen Atlantikküste bezieht, soll ihn von einem Burnout heilen - plötzliche Lebensangst, Panikattacken, Furcht vor dem Älterwerden, mangelndes Selbstvertrauen, das ganze Programm. Das Theaterprojekt in Paris, mit dem er seiner Schauspielerkarriere eine neue Wendung geben wollte, hat er hingeworfen, die Drehbücher, die er in seine Luxusklausur mitgenommen hat, liest er ohne Gewinn. Gelangweilt posiert er für die Selfies der Hotelangestellten, gehorsam lauscht er den telefonischen Ermahnungen seiner Freundin, einer Fernsehmoderatorin, und mit abnehmender Geduld erträgt er die Tiraden seines Meditationstrainers, der ihn über die kosmische Bedeutung des Atemholens aufklärt. Da, aus heiterem Himmel, erreicht ihn eine SMS. Alice, eine Frau, mit der er vor fünfzehn Jahren zusammen war, hat erfahren, dass er sich in dem Küstenstädtchen aufhält, in dem sie als Klavierlehrerin mit ihrer Familie lebt. Die beiden verabreden sich, essen, trinken, plaudern, laufen an der Steilküste und am Strand entlang, reden über das Leben, das sie führen, und jenes andere, gemeinsame, das sie nicht geführt haben, und es kommt ungefähr so, wie es kommen muss.
Stéphane Brizé hat diesen Film gedreht - derselbe Brizé, der sowohl mit neorealistischen Dramen aus der Arbeitswelt ("Der Wert des Menschen") als auch mit sensiblen Erkundungen der Unterwelt des Herzens ("Ein Leben", "Mademoiselle Chambon") Aufsehen erregt hat. "Zwischen uns das Leben" ist weder das eine noch das andere. Diese Wiedersehensgeschichte, die Brizé nach einem Drehbuch inszeniert hat, das er zusammen mit der Fernsehmoderatorin Marie Drucker verfasste, will ein Spiegel sein, in dem wir uns wiedererkennen, unsere Nostalgie der verpassten Gelegenheiten, unsere Sehnsucht nach einer zweiten Chance im Glücksspiel des Daseins. Aber der Spiegel bleibt blind, weil sich das, was man in "Hors-saison" (Originaltitel) sieht, nur selbst bespiegelt. Das liegt auch an der Besetzung, denn zwischen Guillaume Canet (der in Frankreich jener Star ist, den er hier spielt) und Alba Rohrwacher (die zu den großen Gesichtern des italienischen Kinos gehört) findet ebenjenes verzehrende Wiedererkennen nicht statt, das den Film über die zweite der beiden Kinostunden tragen würde, die er dauert. Stattdessen hangeln sich die beiden sehr professionell und wohltemperiert an den Plattitüden entlang, die das Skript für sie auslegt. Das ist eine Weile schön anzusehen, aber es zieht sich, und am Ende reicht es weder für die Bitterkeit, mit der Meryl Streep und Clint Eastwood in "Die Brücken von Madison County" auseinandergehen, noch für den nonchalanten Abschied von Scarlett Johansson und Bill Murray in "Lost in Translation".
Eine einzige Sequenz fällt aus dem gefühlsdunstigen Einerlei von "Zwischen uns das Leben" heraus. Sie zeigt die Hochzeitsfeier zweier Greisinnen, die in einem Altersheim eine gemeinsame späte Liebe gefunden haben. Brizé hat die Szenen mit Laiendarstellerinnen gedreht, die der Kamera keine Ausdrucksvirtuositäten schulden. Und sofort ist die Energie wieder da, die seine besseren Filme auszeichnet: eine Kraft, die sehr nah am Alltag und sehr weit von den wolkigen Höhen der Kurhotellerie entfernt ist. ANDREAS KILB
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wenn Filmstars in Kurhotels einchecken, haben sie meist ein Problem. Mathieu ist keine Ausnahme. Die Fünf-Sterne-Suite, die er in einem Badeort an der französischen Atlantikküste bezieht, soll ihn von einem Burnout heilen - plötzliche Lebensangst, Panikattacken, Furcht vor dem Älterwerden, mangelndes Selbstvertrauen, das ganze Programm. Das Theaterprojekt in Paris, mit dem er seiner Schauspielerkarriere eine neue Wendung geben wollte, hat er hingeworfen, die Drehbücher, die er in seine Luxusklausur mitgenommen hat, liest er ohne Gewinn. Gelangweilt posiert er für die Selfies der Hotelangestellten, gehorsam lauscht er den telefonischen Ermahnungen seiner Freundin, einer Fernsehmoderatorin, und mit abnehmender Geduld erträgt er die Tiraden seines Meditationstrainers, der ihn über die kosmische Bedeutung des Atemholens aufklärt. Da, aus heiterem Himmel, erreicht ihn eine SMS. Alice, eine Frau, mit der er vor fünfzehn Jahren zusammen war, hat erfahren, dass er sich in dem Küstenstädtchen aufhält, in dem sie als Klavierlehrerin mit ihrer Familie lebt. Die beiden verabreden sich, essen, trinken, plaudern, laufen an der Steilküste und am Strand entlang, reden über das Leben, das sie führen, und jenes andere, gemeinsame, das sie nicht geführt haben, und es kommt ungefähr so, wie es kommen muss.
Stéphane Brizé hat diesen Film gedreht - derselbe Brizé, der sowohl mit neorealistischen Dramen aus der Arbeitswelt ("Der Wert des Menschen") als auch mit sensiblen Erkundungen der Unterwelt des Herzens ("Ein Leben", "Mademoiselle Chambon") Aufsehen erregt hat. "Zwischen uns das Leben" ist weder das eine noch das andere. Diese Wiedersehensgeschichte, die Brizé nach einem Drehbuch inszeniert hat, das er zusammen mit der Fernsehmoderatorin Marie Drucker verfasste, will ein Spiegel sein, in dem wir uns wiedererkennen, unsere Nostalgie der verpassten Gelegenheiten, unsere Sehnsucht nach einer zweiten Chance im Glücksspiel des Daseins. Aber der Spiegel bleibt blind, weil sich das, was man in "Hors-saison" (Originaltitel) sieht, nur selbst bespiegelt. Das liegt auch an der Besetzung, denn zwischen Guillaume Canet (der in Frankreich jener Star ist, den er hier spielt) und Alba Rohrwacher (die zu den großen Gesichtern des italienischen Kinos gehört) findet ebenjenes verzehrende Wiedererkennen nicht statt, das den Film über die zweite der beiden Kinostunden tragen würde, die er dauert. Stattdessen hangeln sich die beiden sehr professionell und wohltemperiert an den Plattitüden entlang, die das Skript für sie auslegt. Das ist eine Weile schön anzusehen, aber es zieht sich, und am Ende reicht es weder für die Bitterkeit, mit der Meryl Streep und Clint Eastwood in "Die Brücken von Madison County" auseinandergehen, noch für den nonchalanten Abschied von Scarlett Johansson und Bill Murray in "Lost in Translation".
Eine einzige Sequenz fällt aus dem gefühlsdunstigen Einerlei von "Zwischen uns das Leben" heraus. Sie zeigt die Hochzeitsfeier zweier Greisinnen, die in einem Altersheim eine gemeinsame späte Liebe gefunden haben. Brizé hat die Szenen mit Laiendarstellerinnen gedreht, die der Kamera keine Ausdrucksvirtuositäten schulden. Und sofort ist die Energie wieder da, die seine besseren Filme auszeichnet: eine Kraft, die sehr nah am Alltag und sehr weit von den wolkigen Höhen der Kurhotellerie entfernt ist. ANDREAS KILB
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main